Menschliches Mindset beim Hundetraining

  • Uuuuuua. Mein Schwachpunkt. |)


    Mit Dina habe ich für solche Überlegungen den perfekten Hund. Sie reagiert sehr deutlich auf meine Einstellung und macht dann entweder den Hooligan (bzw. inzwischen nur noch den Dickschädel) oder den Streber.


    Den Hooligan bekomme ich:

    - wenn ich nicht 100% bei der Sache bin sondern (unbewusst) innerlich mit noch was anderem beschäftigt bin

    - wenn ich ungeduldig werde,

    - wenn ich dem Chaos in meinem Kopf keine Struktur geben kann

    - wenn ich zu sehr "in der Situation" bin/ wenn ich keinen Abstand habe (*)


    Den Streber bekomme ich, wenn ich

    - einen klaren Plan habe, der auch Unvorgesehenes, inklusive kurzfristige Totalausfälle (meinerseits oder vom Hund), abfangen kann

    - im besten Sinne "neben mir stehe", also ausreichend innerlichen Abstand halten kann um die Situation gleichzeitig zu erleben und zu betrachten/ analysieren (*)


    Die beiden mit (*) markierten Punkte gehören zusammen und erscheinen mir ziemlich wichtig. Aber ich fürchte, ich kann sie nicht gut in Worte fassen, was auch bedeutet, dass ich mir nicht richtig klar darüber bin, was genau meine Einstellung/ mein Mindset dabei ist und wie ich das erreiche. Wie gesagt: Mein Schwachpunkt.

  • ah, da habe ich ein schönes Beispiel 😊



    Als ich vor… hm 🤔 9 Jahren ungefähr, mit Mojito angefangen habe, den Apport aufzubauen, ist mir aufgefallen dass er sehr oft zögerlich, und einmal sogar meidend zurück kam.


    Ich stand da, hab die Welt nicht verstanden. Niemals wird hier das Zurückkommen mit Druck aufgebaut. Wieso also mied der Hund dermassen??


    Nun bin ich ziemlich gut im reflektieren und beobachtete:

    Wen ich mich konzentriere ist meine Mimik etwas hart. Die Körperhaltung eher steif. Und das hat für diesen sensiblen Junghund ausgereicht.


    Hatte ich aber ein inneres Lächeln, war alles ganz anders! Aber sowas von komplett unterschiedlich.


    Für mich war das damals ein riesiges Aha Erlebnis als Hundeführerin.

    Seither gehe ich - meistens - mit einem inneren Lächeln ins Training, gewürzt mit viel Wohlwollen und Geduld, sowie Klarheit über das eigene Vorgehen.

    Denn wenn ich nicht weiss, was ich trainieren will, bin ich unklar und es schaut kaum was Sinnvolles dabei raus.


    Und wenn’s mal nicht klappt im Training und ich keine Lösung , keine Nerven oder sonstwas nicht habe, breche ich ab. Aufhören, bevor man Quatsch macht.

  • Ich hab mir da ehrlich noch nie Gedanken drüber gemacht, aber interessantes Thema.


    Bei mir sind es wohl in der Hauptsache zwei Seiten derselben Medaille, die mein Hundetraining prägen (ich rede da von Sport (Hoopers, Agi und just for Fun RO), nicht von Alltag, da haben wir kein gezieltes Training).


    Mein erster Gedanke, wenn irgendwas nicht klappt, ist immer: ok, war zu schwer, helfe ich was mehr oder gehe einen Schritt zurück. Klappt es immer noch nicht, wechseln wir zu einer Übung, die sicher klappt und Spaß macht. Ich denke tatsächlich nie, der Hund hört schlecht zu oder hm, ja was? Mich ärgern will er ja sowieso nicht. Und falls ihm mal was keinen Spaß, ist es an mir, den Spaß zu wecken oder mich zu fragen, warum er einen schlechten Tag hat. Den hat jeder mal.

    Die Kehrseite davon: ich bin im Sporttraining relativ Konfliktscheu (vor allem auch schwierigeren Übungen gegenüber :tropf:) und neige dazu, meine Hunde auch dann zu loben, wenn sie es nur so halbgut gemacht haben. (Wie oft ich von meiner Agi-Trainerin schon gehört hab: "Nein, die bekommt jetzt keine Belohnung dafür"... "Aber sie hat sich Mühe gegeben und das war doch schon gar nicht schlecht." ... "Sie kann das besser! Und sie soll merken, dass es die Belohnung nur für "besser" gibt!"
    So ungefähr...)

    Und so allgemein verlasse ich ungerne unsere Komfortzone, was aber wenig Sinn macht, wenn man weiter kommen will :roll: .

    So ein wenig mehr Ehrgeiz täte vermutlich gut...


    (Auf Turnieren hätte ich dagegen gerne etwas mehr Gelassenheit :see_no_evil_monkey: , wird aber langsam besser)

  • Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob es genau zum Thema passt, aber was für mich im Training extrem hinderlich ist, ist meine Schüchternheit. Gerade in neuen Situationen, abseits von der gewohnten Gruppe, fühle ich mich doch oft unwohl. Dadurch habe ich zum Beispiel oft Sachen akzeptiert, die ich sonst nicht akzeptieren würde, einfach weil es mir unangenehm gewesen wäre dann im "Mittelpunkt" zu stehen.

    Einen Vorteil hat das aber schon. Wenn ich alleine trainiere bin ich schnell ungeduldig, impulsiv und leider auch oft verärgert. In den Situationen in denen meine Schüchternheit überwiegt habe ich aber wirklich eine Engelsgeduld und auch eine absolute innere Ruhe.

  • Ich trainiere ja nicht wirklich viel, weil meine Hunde nicht viel können müssen. Hier reicht ein funktionierender Abbruch, Rückruf und weder Mensch noch andere Tiere jagen. Was on top kommt, sind Spaßübungen. Und die mache ich eben auch, wenn wir Spaß dran haben :smile:


    Ich gucke nicht großartig auf mein „Mindset“, sondern achte mehr auf meinen Körper, wenns doch in Trainingsituationen geht. Sind die Schultern und die Kniee locker, Stirn und Kiefer entspannt, bin ich leidlich schmerzfrei und habe keine Tage. Dann habe ich eine gute Basis fürs Training.

  • Oh wie schön, danke für die vielen Antworten und Gedanken und ganz persönlichen Erfahrungen! Ich hab mal wild Zitate eingesammelt, manchmal auch nur eines stellvertretend für mehrere Menschen, die etwas Ähnliches beschrieben haben.


    Achtsamkeitsgedanke der Dankbarkeit

    Das kann ich total nachvollziehen, ich glaube auch, dass sich die ganze Einstellung der Umwelt gegenüber mit Übung durch so eine Haltung verändert. Unter anderem deswegen finde ich auch so spannend, mal genau hinzuschauen, wer ich eigentlich bin, was mich und mein Denken ausmacht, denn das wird sich in meinem Handeln (und damit auch im Hundetraining) wiederfinden.


    Sei klar in deinem Denken, deinen Formulierungen und deinem Tun.

    Der Punkt gehört z.B. zu meinen Schwächen, glaube ich. Und zu meinen Stärken. :lol: Ich beobachte total gerne, ich nehme viel wahr, und dann fangen drei Neuronen aus drei Ecken an, die Dinge gleichzeitig aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, hinterfragen sich gegenseitig, und ich brauche einen Moment, bis ich das auseinandersortiert habe. Das ist auf der einen Seite manchmal hinderlich, weil es einer ganz direkten Klarheit im Weg stehen kann, und andererseits mag ich unterschiedliche Perspektiven total gerne. Ich nenne es ab sofort meine Schwärke. :nicken:


    weniger über morgen denken

    OT: Hier sind sich meine drei Neuronen einig und sortieren das sofort zu "übermorgen weniger denken". :ka: :lol:


    Danke für Deine vielen, prägnanten Gedanken! Es lohnt sich bei jedem einzelnen, da nochmal einen kleinen Scheinwerfer darauf zu richten.


    Ohne Druck arbeiten Jack und ich am besten zusammen.

    "Druck", das Stichwort taucht auch immer wieder auf. Dabei scheint es ein Unterschied zu sein, ob ich Druck ganz gezielt und genau dosiert im Training einsetze, oder ob ich mich unter Druck setze(n lasse) und dann nicht mehr klar und "in meiner Mitte" bin. Hm, darüber denke ich nochmal in Ruhe bei mir nach, setze ich mich selbst unter Druck, und wenn ja, wann genau und warum.


    Seither gehe ich - meistens - mit einem inneren Lächeln ins Training

    Genau sowas meinte ich mit der Frage, ob ihr - ähnlich wie körperliche Aufwärmübungen vor einem Training - schon bewusst in einer bestimmten Geisteshaltung ins Training geht. Mir hilft das sehr. Danke, dass Du es so schön beschrieben hast!


    Und so allgemein verlasse ich ungerne unsere Komfortzone

    Ich glaube, das ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Komfort ist eben Komfort! Geht mir ganz genauso. Manchmal bin ich auch mutig und denke, wenn ich meine Komfortzone erweitere, dann kann ich was Neues dazulernen und bin immer noch in meiner Komfortzone. :lol: Man muss die drei Neuronen nur manchmal austricksen. |)


    Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob es genau zum Thema passt, aber was für mich im Training extrem hinderlich ist, ist meine Schüchternheit. Gerade in neuen Situationen, abseits von der gewohnten Gruppe, fühle ich mich doch oft unwohl. Dadurch habe ich zum Beispiel oft Sachen akzeptiert, die ich sonst nicht akzeptieren würde, einfach weil es mir unangenehm gewesen wäre dann im "Mittelpunkt" zu stehen.

    Einen Vorteil hat das aber schon.

    Ich finde, es passt total, und gleich der nächste Absatz beschreibt in meinen Augen auch was wirklich wichtiges: was auf der einen Seite vielleicht eine Schwäche sein mag, kann in einer anderen Hinsicht sogar eine großen Stärke sein. (Eine Schwärke eben. :nicken:) Ich muss mir das selber immer wieder bewusst machen, weil es mir dann dabei hilft, mich einfach so zu sehen, wie ich bin, ohne da einen Stempel "gut" oder "schlecht" draufzudrücken. So bin ich! Das bin ich! Das finde ich eine richtig große Stärke. Danke, dass Du das so erzählt hast!


    Ich gucke nicht großartig auf mein „Mindset“, sondern achte mehr auf meinen Körper, wenns doch in Trainingsituationen geht. Sind die Schultern und die Kniee locker, Stirn und Kiefer entspannt, bin ich leidlich schmerzfrei und habe keine Tage. Dann habe ich eine gute Basis fürs Training.

    Ach toll, dass Du das erwähnst, auch wenn bei Dir das Mindset gar nicht im Fokus steht. Ich finde nämlich, das ist ein Riesenpunkt gerade auch fürs Mindset. Wenn ich Geige unterrichte, achte ich genau drauf, was die Körpersprache und die Mimik meines Schülers gerade sagt. Ist eine Stelle schwierig, und der Schüler runzelt automatisch die Stirn, zieht womöglich die Schultern nach vorne, usw., dann ist genau das mein erster Ansatzpunkt. Das Hirn folgt dem Körper, wenn mein Körper suggeriert, dass alles easy going ist, Schultern entspannt, Stirn glatt, Augen freundlich, Unterkiefer locker, dann fällt es dem Hirn superschwer, angespannt zu sein. (Oft erledigen sich beim Geigen sogar manche geigerischen Probleme von selbst, wenn eben Körper- und damit Geisteshaltung stimmen.) Eine gute Körperhaltung ist ein toller Hebel auch fürs Mindset!

  • Interessantes Thema, hihi.


    Ich würde mich selbst als unglaublich ruhig bezeichnen und das strahle ich auch meinen Hunden meistens aus. Leider werde ich schnell genervt oder gereizt, wenn etwas garnicht nach Plan läuft. Wenn dann noch negative Kritik (oder dumme Kommentare, von am besten nicht Hundehaltern) kommt, krieg ich wohl genauso wie Hunde, einen Totalausfall (im Sinne von weinen, Stress, Überforderung)

    Mir hilft dann, mich auf mich selbst zu fokusieren. Das es egal ist was die anderen denken oder erwarten. Die kleinen Dinge die gut laufen, halte ich mir vor Augen. Mache etwas mit den Hund das uns beiden gut tut, Dinge bei denen ich nicht viel erwarte z.B. Laufen, Spielen. Einfach um meinen Stress nicht noch mehr auf den Hund zu übertragen ( - sie spürt es ja sowieso schon genug).


    Meine Große merkt es schnell wenn ich gestresst bin, reagiert dementsprechend auch. Wenn ich das vorher spüre, mache ich keine Dinge die große Herausforderungen für uns sind (z.B. Menschenmengen, Besuch). Dann wird das eben vertagt, an einen Tag an dem ich meinem Hund die nötige Ruhe und Atmosphäre geben kann um neue Dinge zu lernen.


    Klappt natürlich auch nicht immer, vorallem wenn es Dinge Zuhause sind (kann man ja schlecht raus aus der Situation). Aber selbst da, ist der Weg - einfach raus laufen - immer eine Gute Entscheidung um wieder runter zu kommen.

  • Mir fällts im ersten Schritt auch leichter, am Körper zu arbeiten. So ein paar schnelle Übungen (PME) helfen mir ungemein, wenn ich doch gestresst bin. Darüber kriege ich dann auch irgendwann das Kopfkarussel ruhig. Letztlich ist es das, was ich geistig haben will, wenn ich mit den Hunden unterwegs bin und übe: Ruhe und Gelassenheit. Dann kommt die gute Laune auch von selbst, wenn ich mit den Hunden unterwegs bin, die erlauben keine schlechte Laune.


    Was mur tatsächlich am Zielsichersten querschießt, ist 1-2 Tage im Monat meine Periode. Aber da lasse ich es mit dem Training halt. Ist eh nur noch ne kurze Zeit :lol:

  • Was mur tatsächlich am Zielsichersten querschießt, ist 1-2 Tage im Monat meine Periode.

    Es ist erschreckend. Nimm das und ein wenig Schlafmangel, und die Borderdamen verkriechen sich hier quasi in den Wandschrank.

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    Bei mir geht's ja hauptsächlich um Agi, und es ist unglaublich und erstaunlich, wie sehr die Mädels meine Stimmung da aufnehmen. Dee hat schon immer extrem auf mich reagiert, dass Cessna es nun auch tut, nunja, eine Herausforderung :ugly:

    Wenn wir Parcours trainieren, denke ich am Start immer an den "Song 52". "I got my head shaved.... from a jumbo jet...[....] Woooo-hooooo!!!".... Dann muss ich lächeln und mit diesem Wooo-hooo-Gefühl laufe ich am liebsten. Cessna auch :)

    Generell bin ich sehr wohlwollend, gut, Cessna ist ein kleines Streberlein. Ich muss nur aufpassen, mich in den Kriterien nicht allzusehr zu verhaspeln, weil ich so wohlwollend urteile (wie Lucy_Lou ). Parcours trainiere ich ausschließlich mit Trainer, und meine Trainer sind dann zum Glück schon genauer. Wenn ich keinen Parcours trainiere, mache ich mir vorher Gedanken, was ich erreichen will und wie ich das aufbaue, was möglicherweise auch ein gutes Zwischenergebnis sein könnte, wenn ich nicht ganz zum Gewünschten komme. Sonst kommt Hund auch durcheinander. Zum Beispiel bei Übungen an einem Sprung die Wendungen verbessern oder an einer größeren Distanz oder mit Verleitungen arbeiten. Nicht alles auf einmal. Oder eine Slalom-Einheit mit diesem oder jenem Eingang. Das gewöhnt man sich einfach an, wenn man Halle ohne Trainer bucht, sonst geht zu viel Zeit verloren. Deswegen bin ich da auch viel weniger emotional, dadurch, dass ich schon in Ruhe überlegt habe, was wahrscheinlich einfach/schwierig ist.

    Nervös bin ich teilweise noch, wenn ich auf Seminar fahre. Ich weiß gar nicht unbedingt, warum. Dass es dann nicht klappt, hängt aber an deutlichen Fehlern von mir wie "kurz verlaufen", "Schritt zuwenig" und sowas, was halt kommt, wenn man im Hirn keine Ruhe hat. Da ärgere ich mich manchmal ein wenig über mich selber, aber Cessna darf das echt nicht merken, sonst bezieht sie es auf sich.

    -s-

  • Kommt auf den Hund drauf an. Von dominant-herausfordernd mit Reibungspunkten über sachlicher Fahrschullehrer bishin zum wohlwollenden Motivator trainiere ich ein breites Spektrum und muss mich je nach Hund anpassen.


    Wichtig finde ich aber in jeden Fall ein Trainingsumfeld in dem man gewertschätzt wird und sich wohlfühlt, so dass man frei in seiner Art trainieren kann und ein sachlicher Austausch möglich ist.


    Scham, Neid oder Unwohlsein sind kontraproduktiv.

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