Wie übt man Freilauf?

  • Hallo zusammen,


    Bucky (3-jähriger Rüde, z.Zt. gechipt) ist ja zum einen jagdlich ambitioniert und zum anderen findet er andere unkastrierte, große Rüden oft mist, da pöbelt er schonmal rum. Da es im Freilauf vor vielen, vielen Monaten mit einem anderen mal Rüden geknallt hat, ich also weiß, er würde auch "drauf gehen", kommt er seitdem nicht mehr von der Leine.

    Seine Antipathie gegen andere Rüden versuche ich zu akzeptieren, auch wenn es schwer fällt. Aber dafür brauch ich halt Management.


    Also Schlepp dran, Trainer her und geübt, geübt, geübt.


    An der kurzen Leine haben wir so mittlerweile einen guten Weg gefunden, wie wir das managen. Leinenführigkeit klappt auch inzwischen recht gut. Da können wir 2x ein Häkchen setzen.

    Ansonsten trainieren wir seit Monaten an der Schlepp Umorientierung und den Rückruf.


    Das alles klappt an der Schlepp inzwischen richtig gut. Selbst wild umherhüpfenden Hasen wird nicht mehr nachgesprungen. Auch wenn uns Hunde entgegen kommen lässt er sich inzwischen wunderbar zurückrufen, bzw. meist guckt er von selbst zu mir und wartet drauf, was ich "zu dem Thema" sage. Ebenso kann er Stopp auf Distanz.


    Aber... alles nur an der Schlepp.



    Und nun weiß ich nicht, wie es weiter geht. Wie ist nun der nächste Trainingsschritt zum Ziel "Kontrollierter Freilauf"?

    Wann weiß ich, jetzt ist der Punkt, wo das Training gut genug sitzt, dass er auch im Freilauf ausreichend hört, so dass ich mich darauf verlassen kann.

    Wie übt man das? Richtiger Freilauf und Schleppleinentraining sind halt zwei verschiedene paar Schuhe, der Hund ist ja nicht blöd.


    Spiel mit anderen Hunden machen wir nur mit Freunden. Mit Fremdhunden gar nicht. Und nur in umzäunten Gegenden.

    Aus dem Spiel heraus klappt der Rückruf nicht immer, ich sag mal so, da ist unsere Quote 3:1.

    Kann man das als Richtwert nehmen? Wenn das IMMER klappt, dann ist er soweit?


    Ich würde ihm soooo gerne wieder Freilauf ermöglichen, aber nur, wenn ich sicher sein kann, dass er keine Gefahr für andere Tiere ist. Egal ob Hase oder Hund.

  • Die ersten Freilaufversuche würde ich auf jeden Fall wo machen, wo:

    - kein Wild ist

    - keine rennenden Kinder

    - möglichst keine Fremdhunde

    - möglichst generell keine Ablenkung.


    Dann dabei anfangs auf einen möglichst geringen Radius achten, sodaß er nicht meilenweit weg ist, sollte sich ein Rückruf als notwendig erweisen. Je näher er bei Dir ist, desto einfacher abrufbar, eh klar.


    Dann im Laufe der Zeit langsam den Radius steigern. Sobald Ablenkung im Spiel ist, den Radius wieder deutlich verringern (also einfach früher abrufen, ihn nicht so weit weglassen)! Und immer alle Faktoren im Kopf haben bei der Entscheidung "Freilauf oder nicht":


    - Aufregungslevel des Hundes aktuell (muß man dreimal rufen, damit er zurückkommt, kommt die Leine dran, hatte er grad ne blöde Hundebegegnung, isser eh schon auf 179,9 - dann kein Freilauf!)

    - Wetter: wenns feucht-warm ist, entwickeln sich Gerüche besonders gut, auch zB Wildspuren. Dann wird der Abruf um Längen schwieriger.

    - Ablenkungsgrad

    - generell wildreiche Gegend, da eher wenn überhaupt Freilauf, mit nur geringem Radius!

    - Auslastungsgrad des Hundes: je weniger ausgelastet, desto eher switcht der Hund ins Jagen.

    - Umgebung: ist es Haupgassiroute, muß man mit fremden Rüden rechnen, dann eher kein Freilauf oder nur mit wenig Distanz.

    - nicht in der Dämmerung am Waldrand, wenn der Hund gern jagt... :smiling_face_with_horns:

    - hatte er am Vortag starke jagdliche Trigger (Spaziergang im Wald, Rehbegegnung, whatever) oder eine doofe Hundebegegnung, dann in dem Moment KEINEN Freilauf, erst ein paar Tage warten, bis der Streß verarbeitet ist vorm nächsten Freilauf - sonst isser gleich weg beim Ableinen, weil die Streßhormone im Körper über mehrere Tage noch aktiv sind!


    Zwischendurch immer mal die Ansprechbarkeit testen. Einfach leise rufen - guckt er, gibts Leckerlie, weiterlaufen lassen. Guckt er nicht, isser schonmal abgelenkt. Nochmal rufen - reagiert er nicht, ist spätestens jetzt bei mir die Leine am Hund. Auch unterwegs das Tempo des Hundes beachten: gondelt er vor sich hin, oder ist er eher stöbernd-interessiert-zügig unterwegs. Je schneller der Hund wird, desto spannender scheint die geruchliche Ablenkung zu sein, desto eher kommt er mal an die Leine. Und je nach Tagesform entscheid ich dann: kommt er an der Leine schnell wieder runter und hat die Aufmerksamkeit bei mir, kriegt er noch ne Chance. Ist er mir zu aufgeregt (jagdlich "angefixt") unterwegs, bleibt er dann an der Leine.


    Achja - bevor ich den Hund von der Leine lasse, mach ich 1-2 Gehorsamsübungen, die ich dann mit Leckerlies bestätige. Allein, damit der Hund im Hinterkopf hat, ich hab Leckerlies dabei, Kommandos zu befolgen könnte positive Folgen haben *gg

    Und ab und an was Lustiges einfallen lassen schadet auch nicht: mal ne Runde zusammen rennen, oder an einer Stelle nach Leckerlies suchen lassen o.ä. - damit er merkt, bei Fraule gibts immer mal was Lustiges, es lohnt sich, dazubleiben.


    Nochwas: IMMER wird der Rückruf nicht klappen. Das ist utopisch. Daher Freilauf dann, wenn die Wahrscheinlichkeit relativ hoch is, daß er zurückkommt. Und am Anfang, wenn Du noch unsicher bist, dann halt erstmal 5 Minuten frei. Damit er seine Chance nicht beim ersten Mal schon nutzt *gg Wenn Du ihn dann anleinst, mach nen Spaß daraus damit er nicht verknüpft, daß Rückruf doof ist, und ruf ihn, während er frei läuft, auch 1-2mal her und gib ihm ein Leckerlie und schick ihn weiter, damit er das Rückrufen nicht mit "jetzt wird angeleint und der Spaß ist zu Ende" verknüpft. Sonst machst Dir den bislang gut erarbeiteten Rückruf wieder hin.


    Die ersten Versuche kurz halten, und nicht bei jedem Gassi versuchen. Nur, wenn Du gut genug drauf bist und ganz sicher, daß Du ihn 100% im Kopf hast und selbst nicht abgelenkt bist. Also nicht in Gedanken sein, sondern Hund beobachten und LESEN können, und das auch tun - und rechtzeitig eingreifen, wenn er zu aufgeregt wird, oder am Horizont ein Hund aufzutauchen scheint. Ich finde auch eine ne gute Verknüpfung vorteilhaft, die man angeleint trainiert: fremder Hund taucht irgendwo auf, Du sprichst Deinen an und gibst ihm ein Leckerli, sofort nachdem er den entdeckt hat. Wenn er verknüpft hat, daß es bei Hundesicht ein Leckerlie gibt, wird er im Freilauf eher zu Dir zurückkommen, wenn er nen Hund sieht, weil er muß ja zu Dir, wenn er das Leckerlie haben möchte. Zumindest aber Dich im Hinterkopf haben, sobald er den Hund sieht, und damit für einen Rückruf besser ansprechbar sein.


    Hast Du evtl. nen Superpfiff oder ein Abbruchsignal, für Fälle, in denen er losstarten würde zu nem Fremdhund?

    Ansonsten: es hält Dich auch niemand davon ab, dem Hund im Freilauf nen Mauli draufzusetzen, wenn Du ganz sicher gehen möchtest.... :winking_face: Netter Nebeneffekt: dann kann er auch keinen Mist aufnehmen unterwegs.


    Viel Erfolg!

  • Ich kenne das klassische Schleppleinentraining tatsächlich so dass man die Schlepp erst in der Hand hält, dann schleifen lässt (OHNE SCHLAUFE) und sie schlussendlich immer weiter einkürzt.


    Dieses Schlepp ist dran und man ruft den Hund ran und knipst sie ab und sagt dem Hund womöglich noch "okay los" differenzieren Hunde natürlich sehr deutlich.


    Ziel ist es ja dass die Schleppleine zum Schluss nur noch eine NOTabsicherung ist aber kein für den Hund fühlbares Instrument mehr.

    Du solltest ihn also vorm endgültigen Freilauf so an der Schlepp behandeln wie als wäre sie gar nicht da.


    Und manche Hunde brauchen eben situativ immer eine (schleppende) Leine, das ist erstmal nix dramatisches wie ich finde.

  • Hast Du evtl. nen Superpfiff oder ein Abbruchsignal, für Fälle, in denen er losstarten würde zu nem Fremdhund?

    Ansonsten: es hält Dich auch niemand davon ab, dem Hund im Freilauf nen Mauli draufzusetzen, wenn Du ganz sicher gehen möchtest.... :winking_face: Netter Nebeneffekt: dann kann er auch keinen Mist aufnehmen unterwegs.


    Viel Erfolg!

    Danke für Deine mega lange Ausführung! Ich hab jetzt ma nur einen Teil zitiert, damit es nicht so lang wird.l


    Viele Deiner Sachen hatte ich selbst auch im Kopf, einiges war mir tatsächlich neu. Z.B. das sich Stresshormone so lange im Körper halten, das hätte ich nicht gedacht.


    Bucky ist grundsätzlich ein sehr gechillter Hund. Auch wenn er vor unserem Training mal an der Leine Stress mit einem anderen Rüden hatte und nach vorne gepöbelt hat, war das Thema immer sofort durch, sobald wir an dem Hund vorbei waren. Da war er dann sofort wieder entspannt.

    Jetzt, wo wir das trainiert haben und er sich gut "zusammenreißen" kann, ist es meist so, dass er dran vorbeigeht, sich nach ein paar Metern einmal den unterdrückten Stress abschüttelt und gut ist.

    Aber ich werde das auf alle Fälle im Kopf behalten.



    Das wiederum ist natürlich ein ganz anderer Ansatz. Die Leine schleppen lassen, das mache ich auch immer wieder. Halt in etwa so nach den Vorgaben, die @DieBoss für den Freilauf erwähnt hat. Allerdings hängen bei uns noch 25m dran, damit ich im Notfall halt auch noch sinnvoll eingreifen kann.


    Die Leine einzukürzen ist mir allerdings noch nicht in den Sinn gekommen.

    Dass heißt ein Teil der Leine, also die letzten Meter, bleiben am Ende immer dran? Damit der Hund "denkt" da ist noch mehr? Denn eine Absicherung für mich, ist es ja nicht mehr wirklich, wenn die Leine nur noch 5 m ist und der Hund 10 m entfernt :)


    Aber die Idee, wenn ich es richtig verstanden habe, finde ich auch gut. Danke!

  • Bei mir schleppt die Schleppleine. Am Boden. Und, wenn ich sie ein halbes Jahr nicht mehr - also wirklich gar nicht mehr, sie war in der Zeit nur Deko - nutzen musste, obwohl alle Knackpunktsituationen mehrfach in dem Zeitfenster aufgetreten sind, mache ich sie einfach ab. Sie hat dann für die Kontrolle ja eh keine Bedeutung mehr.


    Allerdings hängen bei uns noch 25m dran, damit ich im Notfall halt auch noch sinnvoll eingreifen kann.

    Solange Du diesen Gedanken hast, ist es noch nicht so weit.

  • Da ich mich das auch schon gefragt hatte (noch sind wir nicht so weit, aber man überlegt ja schon mal) habe ich mich hier mal eingeklingt.


    Vielen Dank für die tollen Tipps worauf man erst einmal achten sollte!

  • Dir wurde auf jeden Fall schon sehr viel Gutes empfohlen, dazu möchte ich nur noch hinzufügen, dass man auch an sehr vielen Orte umzäunte Gebiete mieten kann (manche Hundeschulen machen das zB auch), wo du ihn auch frei laufen lassen kannst und trainieren kannst, mit noch ein Absicherung.

  • Dir wurde auf jeden Fall schon sehr viel Gutes empfohlen, dazu möchte ich nur noch hinzufügen, dass man auch an sehr vielen Orte umzäunte Gebiete mieten kann (manche Hundeschulen machen das zB auch), wo du ihn auch frei laufen lassen kannst und trainieren kannst, mit noch ein Absicherung.

    Ja, das gibt es bei uns auch und habe ich auch schon viel genutzt. Da übe ich halt den Rückruf aus dem Spiel, mit befreundeten Hunden. Alleine bringt mir das gar nichts, denn ohne Ablenkung hört Bucky 1a :woozy_face:



    Bei mir schleppt die Schleppleine. Am Boden. Und, wenn ich sie ein halbes Jahr nicht mehr - also wirklich gar nicht mehr, sie war in der Zeit nur Deko - nutzen musste, obwohl alle Knackpunktsituationen mehrfach in dem Zeitfenster aufgetreten sind, mache ich sie einfach ab. Sie hat dann für die Kontrolle ja eh keine Bedeutung mehr.


    Allerdings hängen bei uns noch 25m dran, damit ich im Notfall halt auch noch sinnvoll eingreifen kann.

    Solange Du diesen Gedanken hast, ist es noch nicht so weit.

    Das heißt, ich muss mich auch erstmal gedanklich lösen und überzeugter sein, dass er es kann? Nicht so einfach...


    Aber grundsätzlich finde ich den Gedanken gut, das so zu trainieren. Und vielleicht tatsächlich mal nach und nach etwas einkürzen, damit die Leine für den Hund zwar präsent ist, aber ich selbst etwas Abstand von gewinne.



    Wird man beim zweiten Hund eigentlich entspannter? :woozy_face:

  • Wenn Du jetzt schon nicht entspannt bist, nicht zwangsläufig.

    Bei zwei Hunden gleichzeitig kommt ja noch einmal eine ganz andere Dynamik rein. Das muß man bei der Erziehung auch bedenken.

  • Ich schneide meine Leinen nicht ab. Dafür sind die mir zu teuer und ich halte das auch für unnötig. Denn, wenn man in der Phase, wo man sich nicht sicher ist, kürzt und braucht sie dann doch, wird es schnell zum Wettrennen mit dem Hund und man übt dann letztendlich nur, dass der Hund lernt schneller zu werden ...

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