Wesensprüfung für Begleithunde?

  • Wo sind die Schweizer, wenn man sie braucht? xD Vielleicht kann jemand mein rudimentäres Wissen vervollständigen bzw. nötigenfalls korrigieren.


    Meines Wissens ist in der Schweiz vorgeschrieben, dass alle Hunde, die in die Zucht gehen, eine Wesensüberprüfung machen müssen. Diese Wesensüberprüfung wird von den jeweiligen Vereinen durchgeführt und die Vereine bestimmen auch, was genau die Hunde da zeigen müssen/sollen/dürfen oder eben nicht zeigen dürfen. Das Ergebnis der Prüfung kann einen Hund von der Zucht ausschließen oder zu Auflagen für den möglichen Zuchteinsatz führen.

    Bin ja da.... :roll:


    Ja das stimmt, aber auch der VDH schreibt eine Wesensüberprüfung vor - nur eben ohne konkrete Vorgaben/Leitlinien. Ich hatte es ja schon im Qualzuchtthread geschrieben, ich habe sowas von einem Witz erlebt, und diese Bestimmungen zur Zuchtzulassung sind in dem betreffenden Verein noch immer gültig. Konkret wurde ich als Figurant rekrutiert, am Ende eines langen Ausstellungstages. Da durften dann die bereits völlig reizüberfluteten jungen Hunde getestet werden. Grüppchen Leute im Ring, Hund wird angeleint durchgeführt. Dann holt man einen freundlichen Fremdhund dazu, der auch angeleint rumsteht. Prüfling wird angefasst, wie schon beim Richten. Das war's - die Wesensüberprüfung bestanden! :klugscheisser:


    In der Schweiz gibt die SKG einen gewissen standardisierten Rahmen vor. Auch dürfen nur geprüfte Verhaltensrichter den Test durchführen. Aber die Rasseclubs können durchaus auch spezielle Tests für rassetypisches Verhalten einbringen. HIER findet man die Richtlinien für die Körverhaltensbeurteilung. Ganz wichtig ist auch, dass es sich nicht um einen Hundeführerschein handelt - der HF hat sich zurückzunehmen. Nach der Begrüssung kommt die Leine ab, und man muss die Taschen umdrehen und alle Leckerli abgeben. Kommandos sind nicht erlaubt.


    Das hat noch lange nicht skandinavischen Standard, erlaubt aber doch eine aussagekräftigere Prüfung als ich sie oben beschrieben habe.....

  • Hm, für meine persönliche Welpenwahl empfände ich solche Tests als weniger relevant

    Du bist aber auch nicht die Tante Frieda vom Stadtrand die mit dem Dackelsche Paulchen am WE immer die Enkel besuchen fährt und dafür durch die Innenstadt zum Bahnhof muss - dann noch in einen überfüllten Zug - am Ziel angekommen an drei Ponyhöfen vorbei - endlich angekommen


    Und jetzt sollte Paulchen am Besten noch gut gelaunt und lustig sein - mit einer völlig überreizten hysterischen Furie dürfte Tante Frieda nämlich nicht mehr die Familie besuchen können.

    Verstehe ich nicht. Wenn ich einen wesensfesten Dackel für eben diese Anforderungen suche, dann würde ich mich ebenfalls am Zuchtziel der infrage kommenden Züchter orientieren und mir im Zweifel einen Züchter suchen, der seine Dackel unter ähnlichen Bedingungen hält und eben genau Wert auf diese Eigenschaften legt. Ich habe ja nicht gesagt, dass es keinen Sinn macht, dass die Elterntiere entsprechend getestet sind, sondern nur, dass die Aussagekraft eines Testes, von dem ich nur die Bewertung auf einem Papier lesen kann, mir als Käufer weniger Sicherheit gibt als das Erleben der Elterntiere und der Verwandtschaft in eben genau diesem Kontext und die Beratung durch einen ehrlichen Züchter. Also genau für meinen einen Welpen, den ich da hole, spielen solche Tests keine so große Rolle, solange es eben noch genügend Züchter und Hunde gibt, die eben auf die von mir gewünschten Eigenschaften in ihrer Zucht wert legen. Aber für die Zucht als solche, sind diese Tests elementar wichtig, damit es eben auch noch in Generationen rassetypische und wesensstarke Hunde meiner gewünschten Rasse gibt.

    Der DK wäre ja nun ein perfektes Bsp. für eine Zuchtpolitik, wie sie mir vorschweben würde. Gibt aber immer noch genug Rassen, da braucht es nur drei Ausstellungsergebnisse und die Gesundheitsuntersuchungen und schon geht es ans fleißige vermehren.



  • Ja die Zuchtvereine sind - unter der Schirmherrschaft des SKG - für die Durchführung der Wesens- und Anlageprüfungen zuständig.


    zum Beispiel bei den Retriever-Rassen läuft es folgendermassen:


    Soll ein Hund zur Zucht zugelassen werden, wird überprüft, ob er die im Rassestandard definierten Eigenschaften in Bezug auf Anatomie, Wesen und Arbeitsanlagen mitbringt.

    Dabei geht es NICHT darum, ob der Hund die Aufgaben mit Hilfe des Hundeführers macht. Sondern grösstenteils alleine. Im Gegenteil: zu grosse Einwirkung durch den HF wird nicht gerne gesehen und ein Hund, der nur am HF klebt kann negativ bewertet werden. Man will rassetypiwche Eigenschaften sehen, keine Ausbildung.


    Der Parcours dauert inklusive viel Warterei ca 3h.


    Wesensrichter Teil

    1) Dabei gibt es einen Teil Freilauf, Interaktion zwischen den Hunden, Sozialkompetenz. Dabei fällt ein Schuss. Jegliche Agressivität führt zu Auschluss.

    2) Dann der Bereich Aussenreize mit lauten Menschen, Fahrräder, Kettensäge, Flatterbänder, Gitter am Boden etc. Der Hund läuft dabei frei und soll sich sicher bewegen, neugierig erkunden und keine Ängste zeigen. Man darf ihn aber auch animieren, sich etwas von nahem anzuschauen. Dabei fällt ein Schuss.

    3) Schwimmen, der Hund muss aktiv ins Wasser und herum paddeln

    4) freie Suche, ohne Kommandos durch den HF, es liegen Dummy im Gras oder in den Büschen, man will sehen dass der Hund mit der Nase darauf reagiert

    5) Apport, der Hund soll Interesse an Markierungen zeigen, holen und aufnehmen. keine Ausbildung nötig, aber natürlich üben das alle zu Hause. Ein Schuss fällt.

    6) Formwert, Beurteilung durch den Formwert-Richter bezüglich Anatomie und Gangwerk. Anfassen lassen, Zähne Kontrolle, traben, stehen für die Beurteilung.


    So, was dabei als Resultat rauskommt ist vom jeweiligen Richter abhängig und kann Modeströmungen unterliegen. Denn die Auslegung des Rassestandards lässt immer Spielraum für Interpretationen.

    Da die Schweiz bei den Retriever Rassen keine Unterscheidung macht in Sachen Arbeits- und Showlinien, kann das je nach Hund zu bestimmten Auflagen bezüglich Zucht führen.

    Und natürlich ist es vom Richter abhängig, wie er den Rassestandard auslegt, wie viel Arbeitsanlagen vorhanden sein müssen, wie leicht oder schwer gebaut ein Hund sein darf oder muss.


    Tauge die Bewertungstage etwas? ja, auf jeden Fall. Wesensschwache, unsichere, agressive oder schussscheue Hunde fallen raus. Der Rest ist Spielraum. Kann man für die Bewertungstage üben? teilweise. Apportieren ja klar, Schuss Sicherheit bringt ein Hund mit oder nicht, der Rest ist Wesensstärke.

  • Ich muss gestehen, dass mir persönlich in meinem Alltag die vielen nerven- bzw. wesensschwachen Begleithunde vom Verbandszüchter, von denen hier im Forum zu lesen ist, nicht über den Weg laufen. Bevor ich da eine Entscheidung über Für und Wider einer Wesensprüfung treffen wollte - geschweige denn ermitteln wollte, wie die aussehen sollte - würde ich erst mal eine Bedarfsanalyse fahren.


    Also erstmal klären, was das Problem ist. Enttäuschte Käufererwartungen? Vermehrte Beißvorfälle durch verbandsgezüchtete Hunde? Erhöhte Überforderung von Haltern mit Resultat Rückgabe an den Züchter, Abgabe an den Tierschutz oder private (ggf. mehrfach) Weitervermittlung?


    Erst mit dieser Basis könnte ich für mich Konkreteres sagen und schauen, wo genau die Lücke zwischen dem liegt, was bei der Zuchtzulassung mit abgefragt wird und dem, was als wünschenswert betrachtet würde.


    Ich hab hier aktuell meinen ersten Hund aus Verbandszucht (Großpudel). Die hat eine gewisse Sensibilität und mehr Zurückhaltung bei Fremden, als mein früherer Aussie-Terrier-Labbi Mix aus Ups-Produktion, was aber weder Probleme verursacht, noch mich wundert, noch den Hund im Setting hier unglücklich macht. Ich hab aber auch wenig vorgefertigte Erwartungen an das Wesen eines Hunds.

  • Was mich nun interessiert - aber wahrscheinlich kaum jemand wirklich beantworten kann:


    Sieht es in der Schweiz denn besser aus bzgl. der Wesensfestigkeit von Begleithunden (= hier def. als die Hunde, für die es keine rassespezifische Arbeitsprüfung eh schon gibt und die gekauft und gehalten werden, um Menschen im Alltag zu *begleiten*)?

  • Was mich nun interessiert - aber wahrscheinlich kaum jemand wirklich beantworten kann:


    Sieht es in der Schweiz denn besser aus bzgl. der Wesensfestigkeit von Begleithunden (= hier def. als die Hunde, für die es keine rassespezifische Arbeitsprüfung eh schon gibt und die gekauft und gehalten werden, um Menschen im Alltag zu *begleiten*)?

    keine Ahnung, wahrscheinlich nicht besser als in den umliegenden Ländern

  • Ja das stimmt, aber auch der VDH schreibt eine Wesensüberprüfung vor - nur eben ohne konkrete Vorgaben/Leitlinien. Ich hatte es ja schon im Qualzuchtthread geschrieben, ich habe sowas von einem Witz erlebt, und diese Bestimmungen zur Zuchtzulassung sind in dem betreffenden Verein noch immer gültig. Konkret wurde ich als Figurant rekrutiert, am Ende eines langen Ausstellungstages. Da durften dann die bereits völlig reizüberfluteten jungen Hunde getestet werden. Grüppchen Leute im Ring, Hund wird angeleint durchgeführt. Dann holt man einen freundlichen Fremdhund dazu, der auch angeleint rumsteht. Prüfling wird angefasst, wie schon beim Richten. Das war's - die Wesensüberprüfung bestanden! :klugscheisser:

    Ich kenne solche Prüfungen ebenso, die den Namen nicht verdienen.

    Aber ich muss auch ehrlich sagen, dass da kaum ein Hund überhaupt bestanden hätte, wenn man es genau genommen hätte. Manche Rasse stehen als gesamtes einfach ganz mies dar. Und ich spreche von Gebrauchsrassen. Da wird bei Zulassungsprüfungen wirklich massivst geholfen, wo man bei anderen Rassen schon dreimal durchgefallen wären.


    Nun kann sich eine knallharte Selektion aber auch nicht jede Rasse leisten, vor allem, wenn der züchterische Nachwuchs ausbleibt und man nur noch zum verkaufen züchtet.


    Und dann hab ich Rassen erlebt, die haben sowieso überzeugt und es geht mehr um Feinheiten so man sich eine Selektion auch zahlenmäßig leisten kann.


    Nun gibt es aber natürlich auch Rassen, die werden einfach mit falschem Fokus selektiert und man könnte es sich durchaus leisten den ein oder anderen rauszuselektieren.

    Manchmal menschelt es dafür aber auch zu sehr.

  • als das Erleben der Elterntiere und der Verwandtschaft in eben genau diesem Kontext und die Beratung durch einen ehrlichen Züchter. Also genau für meinen einen Welpen, den ich da hole, spielen solche Tests keine so große Rolle, solange es eben noch genügend Züchter und Hunde gibt, die eben auf die von mir gewünschten Eigenschaften in ihrer Zucht wert legen.

    Genau - du brauchst so etwas eher nicht - ich auch nicht - ich mag gerne ein Gefühl für die Mutterhündin bekommen

    Ich kenne einige Linien - ich unterhalte mich mit der Züchterin und dann merke ich ja, ob sie einen ähnlichen Blick auf Hunde hat, wie ich - ob sie mit ihren Hunden zusammen lebt und ob bei ihr daher das Wesen genauso an erster Stelle steht, wie bei mir - logischerweise gibt es da auch Züchter, die nicht mit ihren Hunden in Urlaub fahren und deren Mann nicht zufällig Gemeindepfarrer ist, wo es zugeht, wie im Taubenschlag - sondern bei denen das jagdliche die höchste Gewichtung hat

    Der DK wäre ja nun ein perfektes Bsp. für eine Zuchtpolitik, wie sie mir vorschweben würde

    Das braucht aber halt auch Züchter, denen das wichtig ist - ich war mal bei einem mir ne übriggebliebene Junghündin angucken, die wäre ja so brav und so irre toll geeignet für mein Leben

    Ehrlich, ich lebe 24/7 mit dem Hund zusammen - die hat keine halbe Sekunde stillgehalten - fiddel fieps hüpf quick schleck - wie der Züchter auf die Idee kam, dass sei ein prima Hund um sie mitzunehmen in 24 Stunden Dienste mit verhaltensoriginellen Jugendlichen blieb rätselhaft

    Ups-Produktion

    Und wenn man da ein wenig fachlich draufschaut, lassen sich ja auch darunter echte Traumhunde finden - für eine ordentliche Beurteilung eines Solchen habe ich auch hier schon geworben - und die Eltern einer erfahrenen Userin - die auch Background hatte das Wesen der Mutter einzuschätzen - haben wohl einem Traumhund ein Traumzuhause geben können - alle happy


    Ich hab aber auch wenig vorgefertigte Erwartungen an das Wesen eines Hunds.

    Und auch in solchen Konstellationen entstehen ja keine Probleme


    Schwierig wird es ja erst für die Leute, die Erwartungen und spezielle Anforderungen haben - aber die es nicht erkennen, ob der Hund passen könnte und woran sie es verdammt noch mal erkennen könnten

  • Unsere Körung war ein kleiner Slalom durch die anderen Körlinge, einmal angucken, Zähne, Hoden, allgemein anschauen und fertig. :ka:

    Ich glaub es gibt kaum leichtere Körungen als die der Collies :no: Wir mussten auch nur im Slalom um die anderen rum, die dann wiederum alle um uns, und damit war der „Wesenstest“ erledigt (plus natürlich Formwertbeurteilung sowie Sichtung der nötigen Zuchtuntersuchungen und der beiden erforderlichen Ausstellungsergebnisse).


    Bei den WSS, denen ja hier im Forum häufig „Wesensschwäche“ nachgesagt wird, haben die potenziellen Zuchthunde einen viel anspruchsvolleren Wesenstest, angelehnt an den der deutschen Schäferhunde.

    Und sie müssen die Zuchtzulassung nach 2 Jahren wiederholen, erst dann gilt sie auf Lebenszeit.


    In wieder anderen Zuchtvereinen wird dann nicht nur von den Hunden deutlich mehr verlangt. Bei den Sennenhunden und den Leonbergern weiß ich, dass da die Deckrüdenbesitzer auch erst mal einen Züchterlehrgang mit anschließender Prüfung besuchen müssen, bevor sie ihre gekörten Rüden anbieten dürfen.

  • Die Vorschläge des VDH betreffen alle Rassen, nicht nur die Begleithunde. Hier mal die betreffende Seite mit dem Beispielvideo und Erklärungen:

    VDH Verhaltensstichproben


    Haltet ihr das für einen sinnvollen und tauglichen Ansatz, der evt. für verbindlich erklärt werden sollte?

    Nach der Bedrängung durch die Gruppe versucht der Rotti erstmal sein Frauchen anzurammeln.

    Ich denke der ist durch.


    Und so sehr ich es auch menschlich verstehen kann und ganz bestimmt kein Prüfer sein will — das Zähne zeigen und einschieben fällt beim großen Hund doch wesentlich knapper und dezenter aus, als beim kleinen Hund.


    Auf der einen Seite denke ich, das erklärte Ziel: „Vollkatastrophen und Wunderkinder identifizieren“ wird damit schon erreicht.

    Um die Graustufen dazwischen geht’s ja nicht.


    Auf der anderen Seite würde das auch auf jeder Ausstellung erreicht, wenn die Richter nur konsequent aussortieren würden.

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