Stadthunde

  • Anju war zwei Jahre Stadthund und kam zum Schluss hin überhaupt nicht mehr damit zurecht. Mit 8,5 Wochen ist sie bei mir eingezogen und die ersten Monate war auch alles in Ordnung. (Oder ich habe die ersten Anzeichen schlicht übersehen) Je mehr Monate vergingen, umso ängstlicher wurde sie plötzlich. Anfangs habe ich es auf normale Angstphasen geschoben, die junge Hunde so durchlaufen können, aber als es so gar nicht besser wurde, war eigentlich klar, dass wir da weg müssen. Wäre ich dort wohnen geblieben, hätte ich Anju - ihr selbst zuliebe - weggeben müssen. Da bin ich mir sicher.


    Wir mussten fast täglich raus aufs Land fahren, damit Anju auch mal abschalten kann und aus ihrem Dauerstress rauskam. Meine Großeltern hatten dort zum Glück einen Schrebergarten und fuhren eh jeden Tag dorthin. Die Wohnungssuche gestaltete sich recht schwierig. Wir haben erst in der Region der Stadt gesucht, aber Rottweiler waren nirgends erwünscht. Letztendlich haben wir eine Wohnung 100km entfernt von unserer Stadt gefunden und sind dort auch eingezogen. Vorher waren wir hier hin und wieder zum wandern, sodass ich wusste, dass Anju sich hier wohlfühlt.


    Die Zeit kurz vor dem Umzug war am schlimmsten. Da fing Anju sogar an, Fluchtversuche zu unternehmen. :verzweifelt: Ich war mir nicht mal sicher, ob es wirklich reicht, nur in eine/n Kleinstadt/Kurort zu wechseln, oder ob ein richtiges Dorf vielleicht doch noch besser gewesen wäre. Aber kaum kamen wir in der neuen Wohnung an, hat man Anju richtig angesehen, wie eine Last von ihr abfällt. Die ganze Körperhaltung wurde entspannt und sie hat sich von der ersten Sekunde an Pudel bzw. Rottiwohl in ihrem neuen Zuhause gefühlt. Auch die ersten Gassigänge waren direkt Angst- und Stressfrei.


    8 Jahre später leben wir noch immer hier und ich kann wirklich sagen, es war die beste Entscheidung, aus diesem Großstadthund einen Kleinstadthund zu machen.

    Heute fahren wir nur noch ganz selten in die "Heimat", aber sobald Anju da aus dem Auto oder aus dem Zug steigt, ist sie wieder angespannt, gestresst und ängstlich. Deshalb treffen wir uns meistens zu Familientreffen im Garten meiner Großeltern auf dem Land oder schauen, dass Anju gar nicht mitkommen muss.



    Ich denke also nicht, dass jeder Hund mit dem Stadtleben zurechtkommt. Anju ist ein Extrembeispiel, aber ich kenne auch einige andere Hunde, die sich in einer kleineren Stadt oder gar auf dem Land deutlich wohler fühlen würden. Genauso kenne ich aber auch Hunde, die in der Stadt super zurechtkommen.. denen ein Leben mit weniger Trubel vielleicht sogar zu langweilig wäre. :lol:

    • Neu

    Hi


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    • Glaub, bei einem weißen Pudel sagt da keiner was. Bei meiner gelben Boxerhündin gab es auch nur höchst selten den Hinweis auf Maulkorb. Bei meinem dunkelgestromten Rüden jetzt wird das öfter mal verlangt.

      Genau so. Mit unserer weißen Großpudelhündin hatten wir in den Berliner Öffis zwar immer nen Maulkorb dabei, mussten ihn aber nie draufsetzen.

      Sie war aber auch so schäfchen wie sie aussah und wurde zusätzlich gut geschützt, wenn es zu voll wurde

      Da habt ihr beide sicherlich Recht, und mein Großpudel ist tatsächlich auch sehr brav, aber ich will da auch fair bleiben, es wird ja irgendwie von allen erwartet. Davon ab haben die Berliner Öffis mittlerweile ne ganz eigene Art von Eskalationsstufe erreicht, das halt ich als Mensch schon manchmal schwer aus, das muss der Hund nicht mitmachen wenn nicht wirklich nötig xD ist auch ein Stück weit eine egoistische Entscheidung.


      Waldhörnchen Hut ab! Für viele wäre da der Hund quasi „weggekommen“, sieht man ja immer wieder in den Kleinanzeigen. Find ich total schön, dass ihr da euren Weg gefunden habt und du sie auch nicht „im Stich gelassen“ hast. War bestimmt nicht einfach für dich, deswegen meine Hochachtung :thumbs_up: Wenn Merlin hier die Stadt nicht vertragen hätte, hätten wir sicher auch so ne Lösung gesucht. Aber die Wohnung hier aufgeben wär schon ein arger Verlust.

    • Ich lebe seit knapp 30Jahren mit Hunden in der Großstadt/Metropole. Seit vielen Jahren sogar im dicht besiedelsten Bezirk DeutschLands.


      3 von 5 Hunden waren Tierschutzhunde die als (junge) Adults ihren Weg zu mir gefunden haben.

      1 von 5 war aus wirklich gruseliger Aufzucht

      1 von 5 aus VDH Zucht


      Ich habe ein Faible für Gebrauchshundrassen, also keine Rassen die als „Mitläufer” bekannt sind. Die TS Hunde hatten dazu ihr Päckchen Problemchen an denen ich parallel schrauben musste. Meine DSH Hündin aus schlechter Aufzucht und Wildwurf (erster Hund) war zudem lebenslang kein unkomplizierter Hund. Unterm Strich, Rasseveranlagung war immer ähnlich, aber vom Wesen/Charakter sind alle fünf sehr unterschiedlich (gewesen).


      Alle fünf sind gut zurecht gekommen bzw. kommen gut zurecht in der Grosstadt. Bus, Bahn, dichter Straßenverkehr, Menschenmengen, Kinder, Jogger, Radfahrer, Scooter, allem bummsegal.


      Wahrscheinlich hatte/habe ich viel Glück. Aber ich achte auch sehr darauf wie die Tage aussehen, forciere viel Routine, ausreichend Ruhe, und weiß Signale zu deuten.


      Ich meide aber keine Stresssituationen, sondern führe dann eng durch diese hindurch. Weil ich überzeugt bin, eine gewisse Stressresistenz lernt mein Hund nur, indem er sie kennen- und bewältigen lernt. Ich bin ja da und passe auf ihn auf :smile: .


      Wären meine Hunde ländlich glücklicher (gewesen)? Keine Ahnung. Spielt(e) auch keine Rolle für mich, weil es nie zur Debatte stand.


      Mit meinem Boxer bin ich noch einen Schritt weiter gegangen. Wir führen ein Leben das aufgeteilt ist in „Wohnung“ und „Camper“. 120-140Tage im Jahr sind wir unterwegs in D und Europa. Die restlichen Tage zuhause, wo ich viel Routine forciere. Dazu 1x/Woche Hundesportverein.

      Ich denke so mancher Hund wäre damit wahrscheinlich überfordert. Mein Hund wäre es temporär wahrscheinlich auch, wenn ich die Anzeichen nicht früh merken und gegensteuern würde.


      Ich denke es hängt viel vom Hund selbst ab, aber mir hilft auch meine inzwischen nicht wenige Erfahrung mit Hunden, um Zeichen richtig zu deuten und die richtigen Prioritäten zu setzen. Ich weiß was ich von meinen Hund erwarten kann und mache dafür dann halt Abstriche an anderer Stelle.

    • Ich schließe mich der breiten Meinung hier im Thread an. Es kommt wirklich auf den Hund an und gar nicht so auf die Gewöhnung. Wenn man Pech hat, ist es so wie bei Waldhörnchen und tatsächlich war es bei uns auch ähnlich. Wir haben zwar in einer Kleinstadt damals gelebt und Ruby hat von Anfang an Cafés, die (wirklich kleine und nicht überlaufene) Innenstadt kennen gelernt, aber man hat ihr im Laufe der Zeit immer mehr angemerkt, dass sie einfach immer nur Stress hatte, wenn wir dorthin gegangen sind. Dabei hätte ich so gern einen Café-Hund gehabt damals. :tropf:

      Wir mussten fast täglich raus aufs Land fahren, damit Anju auch mal abschalten kann und aus ihrem Dauerstress rauskam.

      Genau so war es auch bei uns. Und das war zwar in dem Fall kein Problem, da wir nur 5 Minuten bis zum Feld oder Wald fahren mussten, aber ich habe einen wirklich deutlichen Unterschied gemerkt an Rubys Verhalten als wir umgezogen sind. Zwar in die Großstadt, dafür aber weit ab von der Innenstadt und fußläufig in verschiedene Richtungen sehr tolle Auslaufgebiete hatten. Das nahm ihr ganz viel Stress. Noch besser wurde es 2020, als wir an den Waldrand gezogen sind, da war es dann auch leiser um uns herum, kaum noch Sirenen von Notarzt oder Krankenwagen, kaum Autogeräusche usw. Da kam sie dann so richtig runter und zeigt mir, dass Stadt nicht gleich Stadt ist bzw. man sogar eher Innenstadtleben sagen sollte. Denn in der Kleinstadt war es schwieriger (weil zentraler) als hier in der Großstadt.


      Freilauf bekommen meine Hunde hier in der Stadt übrigens nicht weniger als während der 3 Jahre, die ich zwischendurch in einer niederösterreichischen Kleinstadt am Fuße der Weinberge gelebt habe. Stadt ist halt nicht gleich Stadt. Ich liebe ja die Natur und Ausflüge im Grünen, aber das kann ich hier bzw von hier aus auch haben. Die Vorteile des Stadtlebens schätze ich sehr, mittlerweile denke ich, dass ich dauerhaft gar nicht auf dem Land leben wollen würde.

      Das bringt meinen Punkt auch nochmal gut zum Ausdruck. :nicken:


      Iloy ist jetzt ja auch den ÖPNV gewöhnt und scheint damit gar kein Problem zu haben, sie hält sich halt auch sehr an mich und vertraut mir. Ruby war mehr im Außen und wusste nicht wohin mit sich bei Stress und ich war wahrscheinlich auch zu unerfahren. Dennoch sehe ich da einfach auch den Unterschied zwischen den Hundetypen wieder.

    • Cara war von Anfang an ein Markt- und Messetierchen.


      Als sie ein Junghund war, so zwischen 4 und 6 Monaten, nahm ich sie mit zu einer Veranstaltung, es war eine Art Tag der offenen Tür von Theater und Oper. Das fand in einem größeren Innenhof statt, mit Bühne und Buden. Ich machte einen kleinen Rundgang, hielt mich aber nicht lange auf, es sollte hauptsächlich zur Caras Gewöhnung dienen und ich wollte sie auf keinen Fall überfordern.

      Nachdem wir das Gelände verlassen hatten, wurde Cara merkwürdig zögerlich. Um herauszufinden, was sie wollte, gab ich ihr die Leine frei mit dem Hörzeichen "jetzt darfst du". Stracks führte sie mich zurück ins Gedränge. Und zu den Freßständen. Märkte und Messen waren für Cara Orte, an denen Menschen sich treffen, die Pommes auf den Boden werfen, um Pudel glücklich zu machen. :roll: Die Verknüpfung saß für's Leben.


      Wäre Cara nicht von Natur aus eine coole Socke gewesen, hätten ein paar Pommes auf dem Boden sie natürlich nicht von der Harmlosigkeit der Situation überzeugen können. Sie war kein besonders mutiger, aber ein sehr wesenssicherer Hund.


      Erst im hohen Alter verlor sie diese Vorliebe und zeigte, daß sie sich an stark belebten Orten unwohl fühlte. Da hatten Augen und Ohren nachgelassen und sie fühlte sich deshalb unsicher. Natürlich habe ich dann darauf Rücksicht genommen und sie wann immer möglich zuhause gelassen.

    • Ich denke, es liegt einmal daran wie der Hund so ist. Rassen mit hoher Reizschwelle haben es bestimmt einfacher. Überhaupt sind die wesensfesten Hund mit stabilen Nerven da im Vorteil. Mein erster Hund war ein purer Großstadthund. Der hatte mit nichts Probleme. Dagegen fand er es im Wald todeslangweilig. Mit zweiter Hund mit weniger guten Nerven und einer übersensiblen Grundunsicherheit fand ihr Landleben definitiv besser. Hatte sie einmal mit in der Großstadt, nie wieder. Aber sie ist da auch nicht aufgewachsen wie der erste Hund. Eros ist so halb halb. Er hat die guten Nerven für die Großstadt und vor allem die Neugier. Er könnte da stundenlang schnüffelnd und glotzend durch die Straßen tigern. Aber er mag auch sein Landleben, schon allein aus dem Grund, weil er viel offline laufen kann. Wald findet er auch öde. Jeder meiner Hunde fand/findet Wald doof. Ich verstehe das gar nicht. Ich liebe Wald 😢

      Ich wüsste gar nicht, was ich mit einem Hund machen sollte, der Wald doof findet, das ist ja schrecklich. Wenn ich nichts vorhabe und selber unentschlossen bin, frage ich ihn öfter, da lang? Und zeige Richtung Auto (wegfahren größere Aktivität) oder Richtung Siedlung oder Richtung Wald, da entscheidet er sich meistens Richtung Wald und dann bummeln wir ein Stündchen durch einen meistens matschigen Auwald. Auf Platz 1 ist aber trotzdem Meer mit Strand

    • Wir waren just heute Vormittag bei uns in der Stadt. Eigentlich musste ich nur ein Buch für meinen Sohn abholen. Also kam Nando mit. Wir sind dann noch auf dem Rückweg durch die Stadt und den Samstagstrubel gelaufen. Hat alles super geklappt. Seit er kastriert ist, sind andere Hunde zwar noch interessant, aber er dreht nicht mehr völlig ab. Angst hat er keine, weder vor vielen Menschen, noch vor den Geräuschen. Wir wären wohl auch so jemand, bei dem du dich wundern würdest, wie problemlos das klappt.


      Es war aber nicht immer so. Nando hatte ja sein Thema mit anderen Hunden und wurde dann sehr schnell sehr laut vor Aufregung. Meine Jules mochte Stadt nie wirklich gern. Sie hat gelernt es auszuhalten, aber man hat generkt, dass es sie sehr angestrengt hat. Meine Lilly, war immer überall dabei, die war so ein Sonnenschein. Ihre war das alles wurst, Hauptsache dabei.


      Alle Hunde kamen aus eher ländlichen Gegenden und waren doch so unterschiedlich, wie sie mit dem Stadtleben klargekommen sind. Wir haben aber das Glück, dass wir am Stadtrand wohnen, was sehr ländlich ist, aber auch in max. 10 min in der Innenstadt sind. Wenn es nicht geht, muss daher kein Hund mit, aber wenn es passt, begleiten sie uns ab und an.


      Mir ist es vor allem daher wichtig, da wir unsere Hunde immer im Urlaub dabei haben und da lässt sich mal Stadt oder größere Menschenmengen nicht immer ganz vermeiden.

    • Zitat

      Nun stellt sich mir die Frage: Kann es sein, dass es für die allermeisten Hunde vor Allem eine Frage der Gewöhnung ist, ob sie mit dem Stadtleben klarkommen?

      Ich würde mich auch nachdrücklich denen anschließen, die gesagt haben, es kommt total auf die Genetik des Hundes an. Entweder er ist für die Stadt geboren, oder er ist es nicht. Meine erste Hündin ,Pudeldackelterrierschnauzer, war ein Landei, das zum ersten Mal Großstadt erlebte, als wir zusammen zum Studium nach Hamburg zogen. Von Null auf hundert - und sie LIEBTE es von Anfang an. Kam überall klar, war entsprechend überall dabei, fand alles großartig und zeigte ihre Prioritäten später sehr deutlich, als wir wieder ruhiger wohnten: Zog ich die "Ab nach draußen!"-Klamotten an, verdrückte sie sich möglichst, aufgebrezelt und Aktentasche hatte ein dringendes "NIMM MICH MIT!!!" zur Folge.


      Die Nachfolgerin, Airedale, erledigte City so brav und unaufgeregt wie alles andere, war aber deutlich lieber draußen. Und für beide Russells wäre dieses Umfeld der absolute Horror gewesen, die hatten/haben schon Probleme mit all den Reizen in der Kleinstadt-Fußgängerzone.


      Mein Fazit daraus wäre wirklich: Stadthunde werden erstmal geboren - sie dann auch entsprechend zu erziehen, ist einfach. Muß man aber sehr viel arbeiten, um den Hund überhaupt nur an dieses Umfeld zu gewöhnen, würde ich mich schon fragen, ob es das richtige ist.

    • Cara fand Wald keineswegs doof. Aber Weihnachtsmarkt fand sie besser. Alljährlich im Dezember stiegen wir öfters mal an einer Station aus, wo beides direkt in der Nähe lag. Wenn ich dann in Richtung Wald abbog, gab es vorwurfvolle Blicke und demonstratives hinterherhängen an der Leine. Da mußte sie aber durch nach dem Motto: erst die Pflicht, dann das Vergnügen. :roll:

      • Neu

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