"Der Halter macht den Hund" - viel Wahres dran oder eher eine Binse?

  • Da wäre es eben gut, wenn ich mir bewusst von, was ich da grad selber so ausstrahle.

    Da denkst du an Verhalten, das aus Unsicherheit resultiert? (Deiner oder der des Hundes?)

    Ja, das ist ein gutes Beispiel.

    Unsicherheit beim Halter ist sicher eines der größten Probleme.

    Sobald ich etwas an Verhalten beim Hund bewirken will, ich selbst aber mir dessen, was ich tue oder will nicht sicher bin, dann wirkt sich das meiner Ansicht nach unter Garantie auf den Hund aus.

    Individuell ist dann wieder wie stark und wie gravierend die Auswirkungen sind.

    Will ich, dass der Hund z.B. Verhalten unterlässt, das für den Hund selbst eine hohe Wertigkeit hat, muss ich mir sicher sein, dass ich das Verhalten notfalls beenden kann. Strahle ich das aus, reicht das ja oft schon.

    Oder auch, dass meine Unsicherheit überhaupt erst Verhalten beim Hund auslöst oder fördert, das er gar nicht gezeigt hätte, wenn ich Sicherheit und Gelassenheit ausgestrahlt hätte.

  • Ich meine, dass ich in der Interaktion mit dem Hund, nicht nur den Hund, sondern auch mich im Blick habe.

    Wie ist mein innerer Zustand, wie atme ich, bin ich aufgeregt, nervös, hektisch? Bin ich klar in meiner Körpersprache oder gebe ich widersprüchliche Signale...?


    Danke für deine Erklärung, darauf habe ich noch nie geachtet. Ich gehe einfach mit meinen Hunden und spreche idR gar nicht. Schnuppern sie am Wegesrand warte ich mal, gehe aber auch oft einfach weiter. Sie folgen mir, laufen aber auch gerne mal voraus.


    Machen wir eine Pause, um zB Ball zu spielen, dann lobe ich immer wieder, wenn sie mir den Ball in den Schoß fallen lässt, aber irgendwann sage ich "Pause", stecke den Ball weg und das wars. Dann wird wieder geschnuppert und wir gehen langsam heim. So wirklich wüsste ich jetzt nicht was da meine Atmung zB beeinflussen könnte. Im normalen Alltag mit meinen Hunden gebrauche ich gar keine Kommandos.

  • ich glaub die Wahrheit ist irgendwie in der Mitte. Einerseits bringt jeder Hund sein Päckchen an Genetik und Charakter mit und andererseits ist man als Halter da um damit zu arbeiten.

    Aber dennoch wird man nicht grundlegende Eigenschaften verändern können. Damit arbeiten, sie in richtige Bahnen lenken aber nicht sie verändern.


    man kann aus Shelties keine Malis machen und aus dem Pudel keinen Sennenhund.


    Was ich aber lernen durfte - nimmt man sich mental starke Rassen brauchen die einen Besitzer der dies auch ist. Wo es ein Pudel gut wegsteckt wenns Frauchen sehr sensibel ist, zurückhaltend oder gar vom ängstlichen Typ wird ein Terrier oder ein Schäferhund dies als Zeichen mangelnder Führungskompetenz sehen und selber die Führung übernehmen.

  • Soll ja Menschen geben, die mehr als einen Hund haben und obwohl man immer der gleiche Mensch ist, sind die Hunde sehr, sehr unterschiedlich :p


    Nee, also wenn ich mich da so angucke: Ich verhalte mich den Hunden gegenüber ja zu sicher 98% der Zeit gleich und gehe gleich mit ihnen um, nur dass ich mit dem selbstbewussten Chichi manchmal konsequenter bin und weniger "sanft" sein muss als mit dem ängstlich-braven Yorkie-Dorkie. Trotzdem sind die Hunde sehr unterschiedlich, das Yorkie ist im Freilauf zu 99,9% zuverlässig und Selbstläufer, der Chihuahua braucht deeeutlich mehr Anleitung und Grenzen. Der Chichi bleibt superduperentspannt alleine, die Yorkiehündin hatte damit jahrelang ein großes Problem.


    Also, natürlich macht es allgemein was aus, wie ich mit meinem Hund umgehe: Wie klar meine Signale sind, wie eindeutig meine Körpersprache ist, ob ich in der Kommunikation mit dem Hund nervös und hysterisch bin oder überwiegend gelassen und positiv gestimmt. Aber dadurch erklären sich für mich nicht die großen genetischen Unterschiede je nach Hundetyp, aber auch Individuum, die sich halt auch im Verhalten zeigen.

    Und dann sind da natürlich noch etwaige Vorerfahrungen des Hundes etc.

  • Zum ersten Absatz: meiner Ansicht nach gibt es sicher schwierigere und einfachere Charaktere, wobei natürlich auch wieder individuell ist, was der Halter als schwierig empfindet. Das erfordert dann halt mehr Arbeit, Konsequenz und Selbstreflexion als wenn man einen easy- going- Hund hat.

    Ausserdem ist ja auch die Frage, in welchen Bereich man den Hund als schwierig empfindet.

    Wenn der Hund in jeder Lebenslage als schwierig empfunden wird, fehlt es bereits ab den basalen Dingen, denke ich.

    Das hört sich für mich weiterhin so an als wären alle schwierigen Hunde hausgemacht. Da gehe ich nicht mit. Und zwar nicht nur deshalb weil ich selbst einen größtenteils schwierigen Hund habe. Natürlich gibt es die hausgemachten schwierigen Hunde, es gibt aber halt auch einfach welche da bringt es die Genetik, vorheriges Leben usw. mit. Natürlich macht es dann nochmal einen Unterschied ob solche Hunde in sehr erfahrene Hände kommen oder nicht. Der Besitzer hat immer irgend einen Anteil dran in welche Richtung sich das ganze entwickelt. Trotzdem ist es nicht zwingend der Hauptanteil den das ausmacht.

  • Der Spruch "der Halter macht den Hund" ist ja nur der halbe Satz.

    Vollständig heißt es so: "Der Züchter macht den Welpen, der Halter macht den Hund", und da ist sicher viel Wahres dran.

    Der Züchter legt die Grundlagen, wählt die Verpaarung und gestaltet die Aufzucht, danach ist aber der Halter dran und bestimmt auf dieser Grundlage die weitere Entwicklung zum erwachsenen Hund.

    Der Halter bekommt keinen Klumpen Knete in die Hand, der nach Belieben geformt werden kann. Der Hund bringt ja bereits bestimmte Eigenschaften mit, angeborene Neigungen und alle die Erfahrungen, die er seit der Geburt machen konnte oder eben nicht.


    Ich erinnere mich an Zeiten vor Jahrzehnten, da wurde insbesondere in Tierschutzkreisen jedes auftretende Problem auf den Halter geschoben. "Der Mensch macht was falsch!"

    Dabei wurde übersehen, daß Hunde auch bestimmte Rasse- oder Typeigenschaften mitbringen, die einfach nicht zu jedem Menschen und zu jedem Lebensumfeld passen. Soweit ich sehe. ist diese Einstellung heute eher selten und Rasseeigenschaften sind ein wichtiges Thema geworden.



    Ich gehe einfach mit meinen Hunden und spreche idR gar nicht. Schnuppern sie am Wegesrand warte ich mal, gehe aber auch oft einfach weiter. Sie folgen mir, laufen aber auch gerne mal voraus. ...


    So wirklich wüsste ich jetzt nicht was da meine Atmung zB beeinflussen könnte. Im normalen Alltag mit meinen Hunden gebrauche ich gar keine Kommandos.

    Du vermittelst hier das Bild einer souveränen Hundehalterin, die in sich ruht und an der sich die Hunde daher ganz selbstverständlich orientieren. So soll es sein! :smile:


    Das Dumme ist, daß unerfahrene und eher unsichere HundehalterInnen das nicht einfach kopieren können. Daher die oft ebenso verzweifelte wie verkopfte Suche nach Anleitung. Ich weiß nicht, inwieweit diese Suche Erfolg haben kann, weil mein eigener Weg mit Hunden schon als Kind mit Ausführhunden - und ohne jede Anleitung - begann. Daher war die Entwicklung von Souveränität im Umgang mit Hunden für mich ein intuitiver Weg.

    Wer erst als Erwachsener so nahe mit Hunden in Kontakt kommt, steht vor einer wesentlich größeren Hürde, besonders, wenn er oder sie alles richtig machen will und sich damit selbst unter Druck setzt.


    Wie gesagt, ich weiß nicht, ob man das lehren kann, wil es aber auch nicht ausschließen. Man kann zumindest diverse Fertigkeiten lehren, die zusammen mit wachsender Erfahrung mehr Sicherheit gegen und damit auch mehr Sicherheit und bestenfalls Gelassenheit.

  • ich denke nicht, daß der Halter den Hund macht, aber natürlich ist da ein Zusammenspiel der Gesamtheit, und da gehört die eigene Stimmung, Ausstrahlung, Umgang und Anleitung in diversen Situationen etc mit dazu. Deswegen stört mich das bei den Anfragen in Foren, wenn es um Verhaltensprobleme geht und die Fixierungvon den Forenmitgliedern ausschließlich auf das Hundeverhalten zielt, aber selten auf das Analysieren des Verhaltens des Besitzers.


    Klassiker ist ja zb der Leinenpöpler und ein unsicherer Halter nimmt, oft unbewußt, die Leine fester oder kürzer und prompt startet der Hund durch. Oder die konträre Körpersprache von dem was man verbal vom Hund fordert, zb zu kommen, mit dem Körper aber eigentlich "bleib weg" signalisiert. Der Mensch ist eben nicht immer gleich und es lohnt sich durchaus, erst mal bei sich selbst anzufangen, wenn der Hund irgendwie Probleme hat.

    Und sei es dann nur: Wie gehe ich als Mensch richtig damit um, damit ich meinem individuellen Hund helfen kann. Und zwar mental und nicht irgendwelche oberflächlichen Traininstips.


    Als aufmerksamer Halter kann man auch durchaus "das Beste" in seinem Hund fördern, wobei das beste nicht der einfache problemlose Hund ist, sondern ein Hund, der sich nach seinen Fähigkeiten entfalten kann.

  • Ein ganz wesentlicher Punkt ist auch, was für Erwartungen habe ich an meinen Hund und was soll (muss) er leisten.


    Das beeinflußt das eigene Verhalten und die Einstellung natürlich auch.


    Diego war der perfekte Hund, nur sein Leinenpöbeln bei manchen Hunden hat mich gestresst.

    Das hat nie länger als ein paar Sekunden angehalten und ansonsten gab es nicht eine Baustelle oder Probleme.


    Da ein bisschen mehr Lässigkeit rein zu bringen ist mir auch in 13 Jahren nicht gelungen.

    Ich wollte ihn halt auch in dieser Beziehung "perfekt" haben.

    Jammern auf hohem Niveau, aber es war halt mein Wunsch und Diego hat meine Unsicherheit gnadenlos ausgenützt.


    Bei Wilma habe ich natürlich auch hohe Ansprüche: sie ist ein Listenhund und ich will (und darf) nicht unangenehm auffallen.


    Sie ist sogar noch perfekter!

    Da habe ich gar keine Baustelle und dementsprechend entspannt bin ich unterwegs.

    Sie achtet auf mich und findet mich souverän und klar agierend.

  • Mir fehlt da ein Aspekt, die ganze Zeit geht es um bewusstes Einfluss nehmen, dabei gibt es da noch viel mehr.


    Mir ist irgendwann ab Tier X aufgefallen, es gibt so Dinge, die haben sie alle und zwar nicht von Anfang an, sondern entwickeln sich mit der Zeit. Da geht's aber um Nuancen, charakterlich und vom Typ waren sie doch sehr unterschiedlich.

    Um mal ein konkretes Beispiel zu nennen, meine Tiere sind Trampel, nicht zu verwechseln mit stumpf oder büffelig. Dabei ist es ganz egal ob es sich um ein zartes Sensibelchen oder den körperlichen Kumpeltyp handelt. Und auch, ob sie es bei Einzug schon sind oder nicht und auch gestandene Persönlichkeiten bewahren nicht davor.


    Das lässt sich auch innerhalb meiner Familie beobachten, die Tiere von X sind tendenziell Y. Spannend das auch vererbte Tiere sich assimilieren. Anfangs haben wir ja noch vermutet, dass man sich unbewusst Tiere mit genau diesen Eigenschaften aussucht, aber nach einigen Besitzerwechseln aufgrund von Todesfällen war klar, dass es daran eher nicht liegt.

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