"Der Halter macht den Hund" - viel Wahres dran oder eher eine Binse?

  • Ich denke, jeder Hund hat eine gewisse Spannbreite von "Verhaltensausprägung", Menschen genauso. Wie sehr und in welche Richtung sich beide als Hund-/Halter-Team beeinflussen, ist vermutlich in jeder Konstellation komplett unterschiedlich.

  • Nur wie beeinflusse ich durch mich als Person und durch mein Handling sowie die innere Haltung den Hund richtungsweisend?

    Äh... Ich bin mir nicht ganz sicher ob ich das richtig verstehe.

    Ich beeinflusse den Hund durch Erziehung. Meine innere Haltung hat da nicht viel mit zu tun da ich nur Methoden wähle mit denen ich gut leben kann.

    Und eben, wie schon oft gesagt, durch überlegtes Aussuchen des Hundes. Wähle ich als nervöse Person eine nervöse Rasse wirds sicher wenig entspannt, da hab ich dann eben schon bei der Auswahl der Rasse versagt.

    Aber im Sinne von "Hund und ich leben zusammen" ist es Erziehung. Und zwar so wie es für mich und den Hund richtig ist. Nicht unbedingt so wie andere es vielleicht machen oder so wie es "in" ist, sondern so wie es für unser Zusammenleben wichtig ist. Weil juckt mich nicht was andere denken, ich lebe ja mit meinen Hunden.


    Bestes Beispiel: Rückruf.

    Ich trainiere da mit Hamilton bis heute dran. Wirklich zufriedenstellend wird das aber nie werden, das wußte ich aber von Anfang an das ich da nicht soviel erwarten sollte. Dennoch habe ich mein Bestes gegeben, weil kann ja sein. Hami hält aber generell von Kommandos nichts, das ist halt so.

    Er und ich kommen dennoch blendend klar. Ich setze den Rückruf nur sehr gezielt ein, an manchen Tagen kann es sein das ich ihn nicht einmal benutze. Wir haben andere Wege gefunden wie er kommt ohne sich gezwungen zu fühlen, klappt natürlich nicht immer, aber reicht mir völlig. Mit dem ist Gassigehen halt auch immer aufmerksam sein, aber das ist okay für mich.

    Arren, naja... 4 Hirnzellen hatte der kleine Hund, mit dem bin ich ganz andere Wege gegangen und der "konnte nix" in Sachen Hundeerziehung. War okay so, er konnte es halt wirklich nicht leisten und somit habe ich ihn damit nicht mehr gestresst. Er konnte so 5 Kommandos an guten Tagen, das war völlig ausreichend weil er halt eh ein Herzchen auf Beinen war mit dem Jagdtrieb eines Toastbrots. Mit dem Gassigehen auch aufmerksam sein, weil der halt null Sinn für Gefahren hatte, gepaart mit null Hirn war das eine ganz andere Herausforderung an mich als Hami und sein Jagdtrieb.

    Taro? Ganz andere Geschichte. Der möchte gefallen, der freut sich wenn ich was mit ihm mache. Da fordere ich sowas wie Rückruf auch ein, weil ich weiß er kann es und will mir gefallen.

    Ich gehe ja immer aufmerksam Gassi, aber der braucht das eigentlich nicht. Der ist eh nie besonders weit weg von mir, und ich nutze seine Begeisterung zum Üben.


    Drei sehr verschiedene Hunde, derselbe Mensch. Ich bin sehr pedantisch bei der Auswahl von Rassen eben weil ich lieber gelassen durch die Welt stiefel und mir nur Hunde aussuche wo ich sicher bin das die mit mir klarkommen und denen es in meiner Welt gut gehen kann.

  • Hm ich seh da schon Zusammenhänge. Allerdings würd ich diese Aussage eher mit meiner Beobachtung verknüpfen das Hunde die von Haus aus viel " nein , lass das, hör auf" / genervtes / negatives / gereiztes Verhalten ihnen gegenüber gezeigt kriegen ebenfalls von Grund auf gereizter / unsicherer im Umgang sind.

  • Ich bewundere alle HH, die sich jeden Tag mit ihren "schwierigen" Hunden auseinandersetzen und Situationen so akzeptieren können, wie sie einfach sind.


    Und die Fähigkeit der radikalen Akzeptanz ist ja ein großes Thema in der Psychologie und eben nicht so einfach.


    Nicht nur bei der Hundehaltung.

    Ich denke es kommt einfach auch viel drauf an was einem eher liegt und was nicht so.

    Ich kann bspw mir kernigeren Hunden besser als mit weicheren Hundetypen, Hunde die man bremsen muss find ich inzwischen angenehmer als Hunde die man dauernd motivieren muss, Hunde die aus Unsicherheit nach vorn gehen besser als Angsthunde die freezen oder schnell ins Fluchtverhalten kippen, Wachtrieb besser als Jagdtrieb...

    Aus dem Grund empfinde ich bspw meine Hündin nicht wirklich als einschränkend.

    Hätte ich bspw nen richtigen Angsthund oder ein mega Sensibelchen würde mich das viel mehr einschränken, einfach weil mir sowas weniger liegt und teils auch garnicht in mein Umfeld passt.

    Ich empfinde bspw bei Lilo auch tatsächlich den Jagdtrieb am Nervigsten. Dass sie einige Hunde und fremde Menschen nicht leiden kann, nunja ich mag ja selber auch viele Menschen nicht und brauche beim Gassi auch keine fremden Hunde um mich rum.

    Wenn ich mir jetzt allerdings vorstelle dass ich dauernd aufpassen müsste dem Hund ggü nicht zu deutlich zu werden weil der sonst zusammen zuckt, oder mit dem Hund kaum wo hingehen zu können weil er vor allem flüchten möchte oder vor Angst erstarrt... Das passt halt einfach weniger.

    Ich denke wenn einem ein Problem liegt, ist das schon die halbe Miete. Manchmal muss man da evtl erstmal den richtigen Weg finden, manchmal darf es auch nerven, aber wenn man mir etwas überhaupt nicht klar kommt oder es einen zu arg stresst/einschränkt, ist das ganze schon wieder fraglich.

  • Sehe ich gar nicht so.

    Ich sehe es schon so, dass man sich die Zeit geben soll, die es braucht. Wenn manche Dinge lange brauchen, bis sie so laufen, wie ich es haben will, dann ist es halt so.

    Für mich ist oft schon der Weg das Ziel. Wenn etwas nicht funktioniert, habe ich ja auch wieder was gelernt.

    Grundsätzlich bin ich, denke ich, ein sehr geduldiger Mensch. Ich gehe schon gar nicht davon aus, dass alles immer gleich so klappt, wie man es sich vorstellt. Aber ich bleibe trotzdem dem Ziel treu und schau dann, wie ich mich und mein Verhalten anpassen muss, damit der Hund sein Verhalten so anpassen kann, wie ich es haben will. (Dabei passieren Fehler. Das ist für mich klar und auch das frustriert mich nicht).

    Ich finde, auch beim jagdaffinen Hund, der erfolgreich gejagt hat, ist sehr gute Kontrollierbarkeit am Wild zu erreichen. Erfordert halt Konsequenz und viel Einsatz und Arbeit, was ja aber eh in der Hundezeit stattfindet. Wüsste nicht, warum das frusten sollte.

    Ich sehe schon, dass es immer besser funktioniert. Und bei Rückschlägen sehe ich auch, wo der Fehler bei mir lag. Ist immer der gleiche: ich hab mich ablenken lassen (meist von meinen Nichten, die Blödsinn machen), hab mich mental kurzzeitig komplett aus der Verbindung zum Hund ausgeklinkt. Kommt dann in dem Moment ein starker Wildreiz, springt sie erstmal darauf an, denn es wird ja nicht reguliert.

    Resultat in diesem Jahr: einmal drei Rehen ca. 200- 300m hinterhergehetzt, ehe sie auf Pfiff abbrach; einmal unbemerkt die Böschung am Dorfrand hoch und dem Reh fast am Hintern gehangen, wobei ich sie aber abrufen konnte. Da ist mir der Arsch auf Grundeis gegangen, denn da war sie ganz dicht am Reh.

    Den befolgten Abbruf hab ich da mit dem Hund gefeiert.

    Ich bin da seit Jahren mit dem Hund dran und die Ausreißer werden weniger (also dass sie überhaupt dem Reiz nachgeht) und die Folgen dieser besser händelbar (ist stoppbar). Todesopfer in den letzten fünf Jahren: Keine (ausser Mäuse). Trotzdem manage ich teilweise, weil eben das Risiko bleibt, dass sie Wild killt, wenn sie es kriegt. Jetzt fängt es an, dass hier überall Kitze in den Wiesen liegen. Junghasen auch. Da bleibt sie momentan an der Fünf-Meter- Schlepp, weil da halt unter Umständen 10 Sekunden reichen, um das Kitz zu meucheln oder den Junghasen tot zu schütteln.

    Da will ich es nicht riskieren, dass sie die Lücke im System nutzt. Ich bin aber auch da gar nicht frustriert. Ist halt so.


    Lange Rede kurzer Sinn:

    Für mich ist es in allen Bereichen sinnvoll, immer weiter mit dem Hund in die Richtung zu arbeiten, bis ich dann da bin, wo ich sein will. Dazu werfe ich alles in die Wagschale, was ich habe, und neben Wissen und Erfahrung (also die kognitive Schiene), ist das auch die Persönlichkeit und das Mentale (die soziale Schiene). Und genau wie man Wissen und Erfahrung erwerben kann, kann man m.E. seinen Geist und seine Persönlichkeit formen.

    Und ja: natürlich ist das nicht auf den Umgang mit dem Hund begrenzt.

    Aller Umgang mit sozialen Wesen läuft so, dass du vor allem dein Verhalten steuern musst, um deren Verhalten zu beeinflussen. (Das einzige Wesen, das du sicher ändern kannst, bist du selbst.)

    Ich finde das spannend. Auch, dass man da eigentlich nie fertig damit ist.

  • Es gibt aber durchaus auch verschiedene Vorstellungen und Herangehensweisen an die Hundehaltung.


    Es gibt Menschen, die holen sich bewußt einen schwierigen Hund aus dem Tierschutz. Dann sind die Erwartungen so, dass es klar ist, dass eine lange Zeit oder vlcht. das ganze Hundeleben gearbeitet werden muss.


    Dann stimmt die Haltung und die Einstellung, jeder kleine Fortschritt wird gefeiert, Rückschläge nicht tragisch genommen und weiter geh's!


    Dann gibt es dir HH, die einen unkomplizierten Begleiter wollen und diesen sorgfältig auswählen. Die dann gestresst bis überfordert sind, wenn sich diverse Baustellen entwickeln oder herausstellen.


    Die müssen ihre Haltung überdenken und mehr an sich arbeiten, bis sie mit dem Hund dahin kommen, wie sie es sich vorgestellt und erwartet haben.


    Manchmal gelingt das gar nicht, dann muss die eigene Vorstellung und Haltung zum Hund komplett neu definiert werden.


    Es prallen einfach zwei Lebewesen aufeinander und es ist sowieso erstaunlich, dass es so oft funktioniert.


    Deshalb ist auch nicht immer das Ende der Leine schuld, wenn es halt nicht so harmoniert und der Hund "schwierig" bleibt.

  • Ja, sehe ich wie DerFrechdax

    Und ich füge hinzu, bzw. Will das nochmal betonen, dass auch ich Grenzen habe.

    Wenn der Aufwand immens ist, um dem Hund das Jagen „abzugewöhnen“, frage ich mich inwieweit das für beide Parteien sinnvoll ist. Was bleibt dabei auf der Strecke, wie sehr ändert das den Umgang usw. Ich wäre jetzt kein Typ, der den Hund ständig mit Kommandos und deren Umsetzung gängelt, ich mach’s pragmatisch, was heißt: Leine ran. Urlaub, fremde Umgebung: Leine rein. Da denke ich gar nicht drüber nach. Wäre bei meinem vorigen Hund völlig unnötig gewesen. Klar sind das Einschränkungen, aber es entspannt mich und damit auch meinen Umgang mit Hund. Eros kennt das Leinelaufen gut und hat grundsätzlich damit kein Thema.

  • Ich gehe schon gar nicht davon aus, dass alles immer gleich so klappt, wie man es sich vorstellt. Aber ich bleibe trotzdem dem Ziel treu und schau dann, wie ich mich und mein Verhalten anpassen muss, damit der Hund sein Verhalten so anpassen kann, wie ich es haben will.

    Mal ein anderes Beispiel als Jagen: HH stellt sich vor, wir wohnen hier so nett zwischen Parks und Hundewiesen, da kann der Hund fröhlich mit Artgenossen spielen und ich steh da am Rand und schau glücklich dem Hund beim interagieren zu, während ich selbst mit Menschen interagiere.
    Der eigene Hund spielt aber blöderweise nicht. Und der sucht sich seine Freunde sehr gut aus und hat keinerlei Bock auf alles darüber hinaus.
    Macht es mit der Zeit immer deutlicher, da der Mensch halt seinem Ziel treu bleibt...


    Ich wüsste auch nicht, warum man sich an einem Hund mit sehr eigenständig ausgelebtem Jagdtrieb tottrainieren sollte, statt zu genießen, was geht und mit dem halt an der Schlepp Spaß zu haben.


    Und vor allem wüsste ich nicht, was innere Einstellung damit zu tun hat. Ich kann die anderen Hunde auf der Hundewiese noch so sehr Ommm-gefallen mir bestaunen, ändert nichts beim Hund. Genauso wenig wie es ein Kaninchen vom Abendessen in einen Kaktus verwandelt.


    Alles darüber hinaus ist Training und vorausschauendes Führen. Was beides sehr viel Sinn macht, aber die innere Einstellung dahinter ist genau: Training und vorausschauendes Führen.

  • Hmmmm - ich bin verwirrt.

    Ich hab mal als Kind gelernt auf dem Pferd: Macht das Pferd etwas falsch, such den Fehler bei dir. Findest du den Fehler bei dir nicht, such ordentlicher.

    Und ja ich glaube schon, dass man da einiges auf die Hundewelt übertragen kann. Aber das kann man glaub ich nicht 1:1 übertragen.


    Ich glaube fast jedem hier in der Forumsbubbel ist bewusst, dass man sich selbst reflektieren muss. Aber ob man den Hund mit seinem Verhalten "macht"!? Ich weiß ja nicht...


    Meine Knalltüte spiegelt mich absolut in meinen Emotionen. Bin ich müde oder hab einfach einen schlechten Tag kann ich davon ausgehen, dass die Knalltüte einen besonders nervigen/anstrengenden Tag hat. Da kann ich mich noch so lange selbst reflektieren und an mir arbeiten. Den Tag ist gelaufen. Werde ich deshalb dann keine schlechten Tage haben!? Nö vermutlich nicht. Das einzige was da hilft ist, das Beste aus dem Tag machen und die Muster erkennen. Macht man eben einen Tag Blödsinn und ernsthaftes Training beginnt am nächsten Tag.


    Mach ich damit meinen Hund!? Sie ist wie sie ist. Sie bindet sich eng und spiegelt ihre Menschen einfach. Das liegt nicht in meiner Hand. Das ist halt Charakter.

    ABER meine Emotionen zu kennen ist halt in dem Fall wichtig. Denn läuft etwas schief, suche ich den Fehler bei mir und nicht bei ihr. Und so schätze ich die meisten der User hier ebenfalls ein. Außerhalb der Forumsbubbel geschieht dies vermutlich nicht immer so.

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