Familienhund... das erste mal... oder doch nicht? Thema Angst

  • Fenjali :

    Eine meiner allerwichtigsten Aufgaben als Teampartner meines Hundes ist es, dafür zu sorgen, daß mein Hund erst gar keinen Anlass zum Knurren oder gar Schnappen hat. Also jede Interaktion zwischen Mensch und Hund sorgfältig beobachten und rechtzeitig eingreifen. Beispiel: eine demenzkranke Dame möchte Cara vor lauter Begeisterung fest an sich drücken statt sie nur zu streicheln. Dann greife ich ein, gebe der Dame ein Leckerchen oder ein Hundespielzeug zum Werfen in die Hand und lenke die Aktion auf diese Weise um. Beide sind zufrieden.


    Ein Hund, der im Besuchsdienst arbeiten soll, muß tatsächlich überdurchschnittlich zugewandt und geduldig sein und darf auch auf übergriffiges Verhalten nicht durch Schnappen reagieren. Nicht jeder Hund ist dafür geeignet. Es sollte zwar im Einsatz niemals vorkommen, aber falls es eben doch mal passiert, darf der Hund nicht zubeißen. Er darf und soll sich aber zurückziehen.


    Testsituationen in der Wesensprüfung sind u.A: dem Hund wird Fressbares weggenommen, er wird an den Halsseiten mit den Händen festgehalten und frontal angestarrt, ein schweres Buch fällt hinter ihm knallend auf den Boden, ein schimpfender Mensch bedroht ihn und anderes mehr. Ausweichen ist erlaubt und gewünscht, knurren, drohen, schnappen nicht.

    Der Wesenstest testet ja nicht, ob der Hund "normal" reagiert - Agressionsverhalten gehört selbstverständlich zum normalen Hundeverhalten in provokanten Situationen - sondern ob er für eine spezielle Tätigkeit mit speziellen Anforderungen in Frage kommt.

    Hundezähne in der papierdünnen Haut von Hochbetagten sind kein Spaß, da muß soweit möglich jedes Risiko ausgeschlossen werden.


    Wenn der Hund im Einsatz knurrt und meint, durch Drohen seinen Wohlfühlabstand herstellen zu müssen, ist er sicher kein geigneter Hund für den Besuchsdienst. Er zeigt ja dadurch, daß er sich unter fremden Menschen, die mit ihm interagieren wollen, nicht wirklich wohl fühlt. Außerdem können die Besuchten häufig gar nicht "richtig" auf seine Warnung reagieren, weil sie sie nicht verstehen, Hochbetagte ebenso wie auf sonstige Weise eingeschränkte Menschen oder kleine Kinder.


    Es kam im Verlauf von Caras Lebenszeit vielleicht dreimal vor, daß sie meinen Neffen angeknurrt hat. Der Grund war jedesmal, daß er sie auf ihrem Schlafplatz nicht in Ruhe gelassen hat. Ich habe dann immer zügig eingegriffen und dafür gesorgt, daß Cara ihre Ruhe hatte.


    Trotzdem würde er wohl aufgrund seines Temperaments nicht in ein Altersheim gelassen werden. :lol:

    Da bin ich gar nicht so sicher, vorausgesetzt, er rennt die alten Herrschaften nicht um. :smile: Es muß nicht jeder Besuchshund das gleiche tun. Cara hielt zum Beispiel nicht ganz soviel vom Streicheln, dafür umso mehr von Wurf- Such- und Zerrspielen und natürlich von Leckerli, führte auch gerne Tricks vor. Entsprechend habe ich die Interaktionen gestaltet. Es gibt andere Besuchshunde, die lassen sich liebend gerne auf dem Bett oder Schoß durchkuscheln.


    Einer meiner liebsten Besuchsdamen, eine körperlich sehr eingeschränkte, aber geistig wache ehemalige Chirurgein, hätte der Besuch deines Boxers sicher die allergrößten Herzchen in die Augen gezaubert. Ihr erster Hund war ein Boxer gewesen, mit dem sie auch im Hundesport aktiv war und von dem sie noch immer voller Begeisterung erzählt hat. Da habe ich immer ein bißchen bedauert, daß ich "nur" einen Pudel bieten konnte... :roll:

  • Deshalb würde ich jetzt einfach mal als Vorschlag den Cairn Terrier einwerfen.

    Die sind klein, aber recht kräftig gebaut. Die sind mit Menschen meist netter, aber auch psychisch recht robuste Hunde. Für Terrier eine eher gemäßigtere Rasse und im Vergleich zum West Highland Terrier deutlich gesünder.

    Außerdem sind sie rauhaarig und Haaren kaum bis garnicht ( müssen Allerdings regelmäßig getrimmt werden ), haben also eine Fellart die ebenfalls recht häufig gut von Allergikern vertragen wird.

    Ja so ist unser Skyler: absolut furchtlos, sozial kompatibel, der Chef im Wald aber wenn mal ein großer Agressiver Hund kommt, kommt er auch damit klar. Wir können mit ihm in überfüllte Restaurants mit Life Musik gehen und er legt sich dann in die Mitte und hat alles gut im Blick. Wir gehen regelmäßig zum Trimmen aber dafür verliert er zu Hause keinerlei Haare und bürsten vergesse ich meist. 😀

    Jap das mit anderen Hunden ist mir dazu auch eingefallen.

    Susi war bspw auch absolut in der Lage einem Großhund ggü Eindruck zu schinden. Zumindest bei Hunden die zwar nett aber einfach nur trampelig waren.

    Wenn einer wirklich blöde Absichten hatte sah das wieder anders aus, da hat sie aber auch wirklich viele blöde Erfahrungen gehabt.

    Aber ein Labrador oder Golden Retriever bspw, der hat definitiv kapiert dass man die Terrine definitiv nicht übern Haufen rennen sollte.


    Achso so als Zusatz Info wenn man die Rassen nicht so kennt : Westies entstanden aus dem Cairn Terrier und daher sind die beiden Rassen vom Wesen her noch sehr sehr ähnlich. Nur haben die Westies leider gesundheitlich gelitten dadurch dass die in Mode waren, das blieb den Cairns erspart.


    Was mir zwischenzeitlich auch noch eingefallen ist :

    Irish Soft Coated Wheaten Terrier

    Die sind mittelgroß, für Terrier ebenfalls Light Version, vielleicht auch ne Idee zum anschauen? Soweit ich weiß wollen die allerdings bisschen mehr tun.

    Das Fell ist da wie Menschenhaar, muss man kämmen und regelmäßig nachschneiden, haart meines Wissens aber auch kaum ( also vergleichbar mit Pudelfell, nur eben in glatt ).

  • Nochmal, es sind zwei absolut verschiedene Dinge. Man kann einen ausgebildeten Besuchshund mit wenigen Einsätzen im Monate nicht mit einem normalen Familienhund vergleichen, der dauerhaft in einer Familie lebt, in der es emotionale Instabilität gibt.

    Das hängt von so viele Faktoren ab, ob es in dieser individuellen Familie funktioniert. Ganz maßgeblich eben von den Eltern, wie sie selbst als Hundeführer (und ich benutze dieses Wort bewusst) aufgestellt sind und wie sie den Umgang mit Hund und Kindern moderieren sowie dem Hund Ruhezeiten und Freizeit gönnen. Das gilt für eine Familie mit kleineren Kindern sowieso und erst recht mit einem Kind mit special needs.

    Und das ist völlig unabhängig von der Rasse. Denn jeder Hund jeder Rasse kann bei dauerhaft falschem Zugang gestresst werden oder überfordert sein oder genervt und dann zuschnappen.

  • Spannende Diskussion. Gefühlt wohl fast die schwierigere Frage, was hier dann zu uns passen würde 😅


    Es ist nicht so dass 24/7 nur geschrien wird. Aber es wird halt regelmässig, kann auch mehrmals täglich sein, bestimmt etwas lauter und hektischer.

  • charakterlich würde ich hier auch eher Richtung Terrier denken, die können meist gut was ab. Pudel finde ich schon beinah zu sensibel. Labrador? Gerade die Hündinnen sind meist noch eine schöne Größe, nicht so riesig. Und fett füttern muss man ja nicht.

  • Ich würde ja den Whippet empfehlen. Aus der Zucht meiner Mädels sind einige Hunde in den Therapiebereich gegangen oder leben in Familien mit Kindern mit teilweise besonderen Bedürfnissen.


    Was Lärm angeht sind meine Whippets aber auch der Hammer: wir sind mit der Arbeit in einen Neubau gezogen. In den Räumen unter uns wird noch immer gebaut und gebohrt. Und aus irgendeinem Grund besonders viel direkt unter dem Platz, an dem ich sitze und demzufolge meine Mädels pennen. Es ist teils so laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Meine Mädels pennen einfach weiter.


    Whippets sind zwar sensibel für Stimmungen, aber gleichzeitig auch hart im Nehmen und gehen durchaus auch selbstständig aus Situationen, die ihnen nicht gefallen oder gehen sogar aktiv auf Menschen zu, die gerade ihre Unterstützung benötigen.


    Whippets sind für fast alles zu begeistern, so lange sie es zusammen mit ihren Menschen machen. Tricks, Obedience, Agility, Mantrailing, Flächensuche oder einfach "nur" Familienhund. Sie brauchen regelmäßig Gelegenheit, ihre Beine strecken zu können - also richtig rennen zu können. Aber ansonsten sind sie wahnsinnig anpassungsfähig.


    Im Haus sind Whippets auch ohne großes Training ruhige und entspannte Hunde.


    Und nein, Whippets sind weder zart noch zerbrechlich. Das täuscht nur. Whippets sind robuste Muskelpakete.


    Der Vorteil des Whippets gegenüber dem Pudel ist, dass erheblich weniger Fellpflege anfällt. Nur die Krallen müssen regelmäßig (meist alle 1-3 Wochen) gekürzt werden.

  • Es ist nicht so dass 24/7 nur geschrien wird. Aber es wird halt regelmässig, kann auch mehrmals täglich sein, bestimmt etwas lauter und hektischer

    Darunter kann man sich eben nichts vorstellen. Es ist nun auch nicht so, dass in anderen Haushalten nicht geschrien wird oder hektisch ist. Die Familie nebenan hat 6 kleine Kinder, die schreien gefühlt den ganzen Tag und heulen tut auch immer eines. Der Hund immer mittendrin und ein absolutes Schaf.

    Aber die sorgen auch für Einzelzeit für den Hund, 1h Gassi alleine mindestens oder Laufen am Rad. Und diverse Gassigänger gibt es ebenfalls, wenn die Zeit zuhause zu knapp ist oder man selbst nicht kann.

    Man muss sich organisieren können. Ansonsten hängt es wie gesagt von eurer Moderation als Eltern ab. Die Umstände klingen (bis auf deine Angst vor anderen Hunden) gut. Dementsprechend würde ich an deiner Stelle erstmal daran arbeiten, beispielsweise indem du eine Hundeschule kontaktierst und da ohne Hund geschult wirst, zB über Körpersprache oder auch bei gestellten kontrollierten Situationen durch den Hundetrainer. Denn du musst sicher sein. Für das Tier und für dein Kind. Auch wenn man ganz einsam wohnt oder ganz umsichtig geht, dann kann es passieren, dass ein Hund in euch rein kracht usw.

  • Was ist euch außer der Größe und der Eigenschaft "muss Lärm und Trubel aushalten" noch wichtig? Wie sieht es mit Jagdtrieb aus - ok oder eher ein Problem? Hütetrieb? Fellpflege - eher mehr oder eher weniger? Usw



    Hier lebt ja ein Entlebucher Sennenhund zusammen mit unserem autistischen Sohn. Die erste Zeit hat der Hund auch mal geknurrt, da es unserem Sohn (mittlerweile fast 14) schwer fällt Grenzen zu respektieren. Mittlerweile kommt das eigentlich nicht mehr vor - trotzdem vermeiden wir es Hund und Sohn länger alleine zu lassen. Sollte es doch vorkommen werden sie räumlich getrennt, der Hund bleibt dann im Wohnzimmer und Sohn darf dort nicht hinein. Funktioniert gut.

    Wichtig ist es wirklich dass das Kind lernt dass der Hund auch Grenzen hat die eingehalten werden. Dass der Hund einen Rückzugsort bekommt wo er sicher sein kann dass er seine Ruhe hat. Das ist viel Management am Anfang, teilweise auch stressig. Aber wenn das sitzt dann funktioniert das Zusammenleben.

  • Das ist viel Management am Anfang, teilweise auch stressig.

    Den Punkt finde ich sehr wichtig und möchte ihn daher aufgreifen.


    Ein Hund hat auch seine Themen und wird euch ebenfalls fordern. Egal welche Rasse, da ist auch ein Eigenleben drin, das von euch respektiert und in entsprechende Bahnen gelenkt werden muss. Das ist auf gut deutsch eine Mehrbelastung. Es mag Fälle geben, da läuft der Hund einfach so nebenbei mit, das ist aber nicht die Regel. Endergebnis "braver Hund" ist Arbeit und die kann keinesfalls Wochen, eher Monate, aber tendenziell auch Jahre in Anspruch nehmen.


    Stell dir den Hund vom Aufwand her vor wie ein weiteres Kind, nur stattdessen mit hündischen Bedürfnissen. Ein Hund möchte auch seine Auslastung, seine Zeit mit dir, seine Ruhezeiten.



    Was den Kontakt mit anderen Hunden angeht: Den finde ich sehr wichtig und die Zeit dafür solltest du dir auch nehmen. Eine Hundeschule ist nett, ersetzt aber nicht den freien Sozialkontakt mit befreundeten Hunden.

    Vielleicht hilft es dir: Ich habe ebenfalls Angst bzw. Unsicherheiten mit Hunden gehabt, bevor ich mir selbst einen angeschafft habe.

    Mein eigener Hund hat mir da aber viel Sicherheit gegeben. Ich habe mich fürs Flauschihündchen sogar mal einer riesigen Dogge in den Weg gestellt (war unfassbar unspektakulär, weil die freundlich und dann doch eigentlich ganz höflich war).

  • Also zur Situation zu Hause. Der ältere Sohn 8 ist autistisch. Grenzüberschreitungen sind bei ihm überhaupt kein Problem, er ist eher zurückhaltend. Gerade gegenüber Tieren (von Nachbaren, "Besuchskatze", unsere Mäuse, er geht auch reiten). Grenzüberschreitungen sind sicher eher ein Thema beim kleinen (adhs) aber das kriegt man in den Griff. Der ältere schwebt wenn ein Tier nur in Sichtweite ist. Ein anderer Mensch.


    Es gibt halt einfach durch den Tag durch Überforderungen und Reizen dann jeweils Zusammenbrüche. Die zwischenmenschlicher Natur sind.


    Der Hund würde natürlich ganz klar von beiden Erwachsenen einzelzeiten kriegen, er würde auch immer mit zum Angeln kommen (immer sehr sehr ruhig dort). Wir haben auch einen kleinen eingezäunten Garten welcher dem Hund zur Verfügung steht. Drinnen ist eh Platz genug.


    Was uns wichtig ist:


    - Grösse ist nicht das wichtigste, etwas Kleineres wäre halt praktisch aber nicht höchste Prio.

    - Hypoallergen (meine Frau reagiert auf alles was irgendwie Hypoallergen ist nicht, auf normale schon).

    - Da es unser erster Hund ist, wäre uns natürlich ein guter "Will to please" und einfache Erziehung gut. Da macht uns der Terrier sorgen, kriegen wir das als Anfänger hin?

    - Reizschwelle sollte er eben haben, dass er auch mal ruhig bleibt.

    - Von der Arbeit her müsste er gerne auf Spaziergänge mitkommen und sicher auch TrickArbeit auf kleinem Niveau wäre Thema.

    - Jagdtrieb... schreckt von der Idee her eher etwas ab. Geht aber wieder ins Thema Erziehung, kriegen wirs hin? Ich habe kein Problem an Orten mit viel Wild den Hund an der Leine zu führen, aber wenn jedes Fahrrad oder jede Krähe als die Beute des Tagesgesehen wird... Da fehlt mir die Erfahrung. Kühe gibts hier gerade über den Zaun, aber ich denke da werden die Hunde clever genug sein ;-)

    - Herde Thema, Beschützerinstinkt. Wenn das gemeint ist gegenüber Fremden, im kleinen Rahmen aktzeptabel.

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