Frustriert und verzweifelt: Mein Hibbelhund bekommt nie genug / Jagdtrieb

  • Natürlich sind die Spitze grundsätzlich erstmal menschenfreundlich, aber das ist leider keine Lebensgarantie und erst recht kein Selbstläufer. Ein gelangweilter und/oder schlecht geführter Arbeitshund sucht sich nun mal Ersatzbeschäftigungen, und Action wie Menschen erst ankläffen und dann irgendwann treiben, kann aus Hundesicht sehr unterhaltsam und lohnend sein.


    Aber jetzt mach dich bitte erstmal nicht verrückt, erst recht nicht, wenn's dein erster Hund ist. Anderthalb ist bei diesen Temperamentsbolzen ein wahnsinnig anstrengendes Alter, Körperkraft und Abenteuerlust schon maximal ausgeprägt, Hirnchen hängt noch irgendwo im Kindesalter fest. Ich hab da beim Terrier (und das ist immerhin mein achter Hund und nicht der erste dieser Sorte) auch manchmal nur noch gestanden, dem Kondensstreifen nachgestarrt und gedacht: "Das KANN doch jetzt nicht sein?!"


    Aber eben: Das bleibt nicht so. Mit dem Erwachsenwerden reift dann auch das Hirn endlich nach, mit drei kannst du sie dann schon mal ansprechen und sie fangen an zu denken, BEVOR sie abgehen. Mit fünf sind es dann meist schon sehr angenehme Zeitgenossen, und sobald sie altern, lachst du wehmütig über die wilde Jugend.


    Also: Nur Mut, das wird schon werden, wenn ihr jetzt die Kurve kriegt. Und dafür tust du doch, was du kannst!

  • IsiBolti

    Der im Avater ist ein Laika Mix und ja der bleibt immer an der Schlepp. An der kurzen Leine würde der völlig durchdrehen weil der nie die Möglichkeit zur Eigenständigkeit hat da ich keinen Garten habe.

    Der andere ist ein Lapinporokoira und kommt dem Islandhund recht nah würde ich sagen. Der kann aber immer frei laufen.

    Schade dass du so weit weg wohnst, euch würde ich gern mal kennen lernen.

  • Die Welpenbilder, einfach zum dahinschmelzen :smiling_face_with_hearts:Irgendwie sieht er gar nicht nach Problemen aus, sondern wie ein richtig toller cooler Hund und sehr fotogen und eine super Fotografin. Wäre ich bei Instagram, hättest du jetzt einen Follower mehr

  • Hei,

    viel Wichtiges wurde hier schon gesagt, deswegen will ich nur ne Anekdote da lassen in der Hoffnung, dass es hilft:

    Mein Hund, der vom Typ/von der Rasse her denke ich recht ähnlich ist, war mit etwa anderthalb die absolute pure Pest. Das sage ich nicht kokett, sondern es war wirklich so. Er wäre zu jedem Hund hingerannt, war super stressanfällig, hatte vor allem möglichen und unmöglichen Angst und hat geschrien und gekreischt, wenn er auch nur minimal frustriert war, dass einem die Ohren klingelten.

    Es gab Tage, da hätte ich ihn auf den nächsten LKW werfen können... und es gab auch Tage, da habe ich mich wie Du gefragt, ob ich ihm wohl einfach nicht das bieten kann, was er braucht.

    Nun, mittlerweile ist er 4 und neulich meinte meine Chefin, als wir nach dem langen Bürotag noch in der Kneipe um die Ecke waren und mein Hund unterm Tisch lag und brav auf ein paar Pommes wartete "So einen unkomplizierten Hund habe ich noch nie kennengelernt, der macht ja echt alles einfach nur lieb mit, der Wahnsinn". Und da hatte ich so einen richtigen "Schockmoment" und habe realisiert, wie viel besser alle unsere Baustellen peu á peu geworden sind. Man merkt es manchmal nicht, weil es schleichende Prozesse sind, aber es geht voran (natürlich nicht von selber automatisch, aber es ist ja nicht so, als würdest Du nicht dran arbeiten). Und anderthalb ist - meiner Erfahrung nach zumindest - ein wirklich schlimmes Alter.

  • Ach du Arme, lass dich erst mal etwas trösten 🥰

    Islandhunde sind wunderbare Hunde, halt nur etwas anders. Und das solltest du auch berücksichtigen....du wolltest ja auch einen etwas "anderen" Hund oder?

    Ein Isi ist unglaublich feinfühlig und sensibel. Er merkt sofort, wenn es dir nicht gut geht, wenn du (auch unterdrückt) nervös wirst, wenn du etwas von ihm willst, was er gerade nicht leisten kann....oder will 😁

    Und Islandhunde sind eigenständig und meinungsstabil, wenns draufan kommt. Wobei es da inzwischen auch wirklich sehr viele unterschiedliche Typen gibt, ich hab das Gefühl, der "Will to please" wird ein wenig hervorgezüchtet und die Lautstärke in der Zucht auch etwas heruntergeregelt.

    Deiner scheint aber sehr ursprünglich zu sein und deshalb glaubst du, du kannst ihm nicht gerecht werden, mit dem was du ihm bietest. Dabei ist er auch nur ein Hund, er kennt die Weiten von Island nicht, kann sie darum auch nicht vermissen.

    Versuch es mal ganz anders: hör auf, ihn nach deinem Willen formen zu wollen, er ist dein Freund, nicht dein Feind. Du musst ihn nicht in seinem Wesen bekämpfen, sondern ihn sehen und annehmen, so wie er ist. Das heißt nicht, dass du ihn alles machen lässt was er möchte. Das geht in unserer Gesellschaft gar nicht. Aber statt an ihm herumzuerziehen kannst du manches auch einfach managen. Viele Islandhunderüden sind ein wenig, oder mehr artgenossenunverträglich. Wenn man das annehmen kann, dann kann man auch raus aus dem täglichen Kampf...indem du ihm den Abstand gibst, bei dem er sich wohlfühlt. Bei uns hat es etwas mehr gebraucht als das, weil Ari fast von einem Riesenschnauzer getötet wurde. Aber selbst er kann wieder an anderen Rüden vorbei gehen (ich füttere sie ihm schön 🤣 und nehme ihn ganz zu mir, gehe Bögen, rede mit ihm, wenn er doch aufgeregt wird und sage ihm, wie toll er ist, wenn er es gut geschafft hat.) Und wenn nicht? Wenn er doch mal kläffend in der Leine hängt? Ja mei, egal! Ich bin sogar draufgekommen, dass er so gut wie immer Recht hat und der andere Rüde tatsächlich unangenehm reagiert...z.B. beim nächsten Hund, den dieser passiert.

    Was ich sagen will...genießt mal einfach die Zeit ein wenig miteinander, er muss nicht der perfekte Hund sein, er ist ein Wikinger! Wikinger sind nun mal wild!

    Ich kann Ari nicht ableinen....was haben wir geübt und trainiert.....aber ehrlich! Es gibt zum wandern "blöde" Flexis, da kann er sich ungestresst bewegen und muss dennoch nicht Runden mit isländischem Radius drehen. Wir wandern so schon auch mal 20-30 km....hin und wieder. Manchmal schlurfen wir auch einfach nur in der Gegend herum.

    Nimm den Fokus mal weg von ihm, lebe dein Leben und lass ihn dabei sein, auch wenn er sich daneben benimmt. Ich war mit Ari sogar schon drei mal in Venedig (jeweils eine Woche), selbst das geht, wenn du einfach stolz bist auf deinen wilden Hund, statt ihn komplett ummodeln zu wollen. Und weißt du was? Genau das wird ihn entspannen....der Moment, in dem du auslässt und ihn als das siehst, was er ist: ein ursprünglicher, unverwüstlicher Kämpfer mit dem Herzen am rechten Fleck 🥰🥰🥰


    Frag mich, was immer du willst, liebe Grüße von Angelika und Ari Eskilson fra Vin Islandingum

  • Hallo zusammen,


    erstmal sorry, daß ich mich so lange nicht zurück gemeldet habe. Ich war irgendwie total überwältigt von den vielen guten Kommentaren und habe es nicht mehr geschafft, Schritt zu halten :flushed_face:


    In den letzten Monaten hat sich einiges getan und daher will ich mal berichten:


    Bolti ist mittlerweile (gute zwei Monate nach Threaderöffnung) doch deutlich ruhiger und vernünftiger. Ob es nur an der Hitze liegt oder daran, daß er bald zwei Jahre wird, oder daran, was wir in letzter Zeit alles gemacht haben… wer weiß das schon. Wahrscheinlich ne Kombination daraus.


    Wir waren viel in Sachen Alltagstraining unterwegs: In München und Rosenheim, an der Isar, am Inn und der Mangfall, in den Bergen und an Seen. Haben bekannte Hundekumpels getroffen, aber auch mal neue. Haben Leinenspaziergänge mit anderen Hunden unternommen. Sind aber auch rumgesessen und haben Nichtstun geübt.


    Daheim waren wir, solang es temperaturmäßig ging (in den letzten Wochen also eher nicht) ca. ein Mal pro Woche mit dem Fahrrad unterwegs, haben an der Leine zusammen gemäuselt (ist für ihn bisher das beste Rückruf- und Teamworktraining), sind auch oft Hin-und-zurück-Wege gegangen statt Runden. Sehr selektiv gibt's Freilauf.


    Wenn er sich übermäßig hochpusht, muß er ein Weilchen bei Fuß laufen, bis er wieder bei mir ist. Es scheint ihm auch zu helfen, daß ich ihn einrahme und eine Pause verordne, wenn er mal wieder gar nicht weiß, wohin mit sich. Und manchmal hilft auch eine klare Ansage à la "Hör mal junger Mann, wir machen das jetzt so und hier wird jetzt nicht eskaliert!"


    Wir hatten außerdem ein paar Einzelsessions mit Hundetrainerin; da ging's vor allem um Aufbau eines Stopsignals und um Boxentraining, auch Clickern haben wir angefangen.


    Allgemein trau ich mir mittlerweile mehr Verbindlichkeit zu und bin entspannter geworden. Ich weiß besser, was ich von ihm erwarten darf und er, was ich von ihm erwarte. Er dankt es, indem er mehr Rücksprache hält und tatsächlich auch mehr Körperkontakt sucht. Ich merke auch, daß er mehr vertraut, zB bei Pfotenpflege und Kletten-aus-dem-Fell-dröseln. Da mußte er bis vor gar nicht so langer Zeit alles genauestens überwachen, jetzt läßt er mich meistens einfach machen :smiling_face:


    Es fühlt sich gerade einfach an, wie wenn er endlich zu meinem Hund wird wird und ich zu seinem Frauchen, und das feier ich gerade enorm :smiling_face_with_hearts:

    Klar haben wir weiterhin Baustellen und es wird sicher auch immer wieder mal Rückschritte geben. Vor allem was Rückruf bei Jagdreizen und Leinenreaktivität angeht, will ich noch besser werden mit ihm. Aber auch da haben wir schon einiges erreicht.

    Mein wilder Junghund wird erwachsen. Einerseits toll, andererseits ist es so kraß, wie die Zeit verfliegt… :exploding_head:

    Wenn du schreibst, du hast eine Grundangst, ihm nicht gerecht zu werden - ggf beginnt da schon das grundlegende Problem?


    Vllt versuchst du einfach sehr oft, dem Hund entgegen zu kommen, weil du latent ein schlechtes Gewissen hast und bist dadurch nicht klar auf der einen Seite, bietest ihm aber zu viel verschiedene Action auf der anderen Seite?

    Oh, da triffst du absolut ins Schwarze! Das denke ich mir schon einige Zeit, daß das die zugrundeliegende Problematik ist. Aber eben, allein das Wissen darum sorgt noch nicht für Besserung…

    Wow, Bolti ist ein wunderschöner Hund!


    Dankeschön <3


    Für ein Treffen melde Dich doch mal per PN - ich wohne zwischen Erding und Markt Schwaben.

    Sehr gerne. Ich denke, ich bin demnächst mal in eurer Ecke, vielleicht geht da ja was zamm :-)

    Mit dem Erwachsenwerden reift dann auch das Hirn endlich nach, mit drei kannst du sie dann schon mal ansprechen und sie fangen an zu denken, BEVOR sie abgehen. Mit fünf sind es dann meist schon sehr angenehme Zeitgenossen, und sobald sie altern, lachst du wehmütig über die wilde Jugend.


    Also: Nur Mut, das wird schon werden, wenn ihr jetzt die Kurve kriegt. Und dafür tust du doch, was du kannst!

    Ja, das merke ich gerade sehr. Danke <3

    Irgendwie sieht er gar nicht nach Problemen aus, sondern wie ein richtig toller cooler Hund und sehr fotogen und eine super Fotografin. Wäre ich bei Instagram, hättest du jetzt einen Follower mehr

    Danke! Im Grunde ist er das ja auch. Ich muß halt nur noch lernen, mit so viel Energie umzugehen :smiling_face_with_hearts:

    Mein Hund, der vom Typ/von der Rasse her denke ich recht ähnlich ist, war mit etwa anderthalb die absolute pure Pest. Das sage ich nicht kokett, sondern es war wirklich so. Er wäre zu jedem Hund hingerannt, war super stressanfällig, hatte vor allem möglichen und unmöglichen Angst und hat geschrien und gekreischt, wenn er auch nur minimal frustriert war, dass einem die Ohren klingelten.

    Es gab Tage, da hätte ich ihn auf den nächsten LKW werfen können... und es gab auch Tage, da habe ich mich wie Du gefragt, ob ich ihm wohl einfach nicht das bieten kann, was er braucht.

    Nun, mittlerweile ist er 4 und neulich meinte meine Chefin, als wir nach dem langen Bürotag noch in der Kneipe um die Ecke waren und mein Hund unterm Tisch lag und brav auf ein paar Pommes wartete "So einen unkomplizierten Hund habe ich noch nie kennengelernt, der macht ja echt alles einfach nur lieb mit, der Wahnsinn".

    Danke dir! Es tut immer so gut von anderen zu erfahren, wo es ähnlich war und die dann doch noch die Kurve gekriegt haben :smiling_face_with_hearts:


    Es ist ja auch so, daß wir je nach Situation viel Komplimente und Bewunderung ernten, wie gut erzogen er doch sei, wie lieb usw. Dann sag ich immer, ihr habt ihn ja nur noch nicht in seinen schlechten Momenten erlebt.


    Mittlerweile werden die schlechten Momente aber überschaubar und ich bin grad doch ziemlich stolz auf das, was wir schon alles hingekriegt haben. Und ja, einiges davon waren/sind schleichende Prozesse, und dann fällt es einem immer mal wieder auf: Hoppla, das ist ja irgendwie gar kein Problem mehr! :relieved_face:


    Muß die Nachricht aufteilen, da zu lang…

  • Hey danke, ich freu mich sehr über deine Erfahrung&Sicht! Und du sprichst mir mit so vielem, was du schreibst, aus der Seele <3 :smiling_face:


    Um ehrlich zu sein, ich war gar nicht auf der Suche nach einem "anderen" Hund, sondern bin mir einfach kurz bevor Bolti aufgetaucht ist, darüber bewußt geworden, daß der Isi viele Eigenschaften mitbringt, die ich mir bei einem Hund wünsche. Und war bezüglich der "herausfordernden" Seiten etwas naiv, da ich die Rasse bisher nur von Island kannte, wo diese halt nicht so auffallen.


    Bolti kennt eben die Weiten Islands sehr wohl, zumindest das, was man in 17 Lebenswochen davon kennenlernen kann, und das ist für den Horizont eines Welpen ziemlich viel :D


    Du beschreibst genau meine Erfahrung: Hochsensibel, eigenständig und dabei sehr willensstark/meinungsstabil :D


    Und "ursprünglich" kommt auch hin; ich kenne mich zwar mit den Zuchtlinien nicht aus, aber er stammt eben von Hofhunden ab und wurde auch als solcher aufgezogen (was auch mein schlechtes Grundgewissen erklärt).


    Weißt du, ich habe mir erst heute morgen beim Gassi gedacht, wie schön es ist, als Freunde unterwegs zu sein. Klar gebe ich im Zweifel die Richtung vor, aber ich versuche ihm auch die Freiheiten zu gewähren, die er braucht, auch an der Leine, so lange es nicht ausartet (er findet es zB suuuper toll, daß ich aktuell viel mit ihm mäuseln gehe und ihm tolle Löcher zeige. Dafür läuft er dann auch brav nebenher, wenn ich das vorgebe - selbst über Mäuseterrain…) Im Moment fahren wir gut damit.


    Venedig, wow! Zu welcher Jahreszeit?


    Genau, es sind wilde, charmante, schlaue kleine Freigeister. Und das ist gut so. Ich hab gestern auf Insta ein Video gesehen von zwei Obi-Assen, die millimetergenau bewegt wurden. Und so bewundernswert das ist, wenn der Hund funktioniert wie ein Soldat, aber so einen würde ich niemals wollen. :upside_down_face:

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