14 jährige, demente, Dalmatinerhündin

  • Wenn du sie mit Blick von außen betrachtest... würdest du sagen da ist noch Lebensqualität geschweige denn Freude bei Vicky?


    Besser zwei Wochen zu früh als einen Tag zu spät. Lass sie in Würde gehen wäre jetzt (nur anhand deiner Erzählungen) meine Einschätzung.

  • Ich denke, da ist noch Lebensqualität. Musst schon einige Tiere gehen lassen und bei Vicky sieht es noch nicht so aus, als ob sie keinen Lebenswillen mehr hätte. Das sieht anders aus. Sie meldet sich, wenn sie muss. Sie frisst selbständig. Vicky weiß, wo die Wasserschüssel steht und läuft auch dahin. Ich halte nur das Hebegeschirr fest, für den Fall, dass sie stolpert. Im Garten lasse ich sie auch ohne Hilfe laufen. Wenn sie da mal stolpert, ist das nicht schlimm, der Rasen ist weich. Die letzte Nacht war furchtbar. Aber, die Nächte davor waren okay. Alle zwei Stunden aufstehen, gehört bei Demenz dazu. Mein Sohn hat ADHS und er fing erst mit sechs Jahren an durchzuschlafen. Welpen müssen auch öfter raus. Damit komme ich klar.

  • Demenz heißt leider nicht, dass man fröhlich schusselig wird. (Aus meiner Erfahrung mit dementen Menschen gesprochen.)

    Es bedeutet, dass einem vertraute Dinge plötzlich fremd vorkommen. Dass man sich an Neues nicht gewöhnen kann. Dass einem immer mehr die Orientierung fehlt.


    Selbst vertraute Menschen sind einem irgendwann fremd — gleichzeitig will man nicht allein sein. Ist es aber unter Fremden.

    Dazu kommt noch eine nicht greifbare Unruhe. Demente wandern ziellos umher. Das kann deine Vicky nicht, was aber den Drang nicht nimmt.

    irgendwann ist das Gehirn soweit kaputt, das trinken und schlucken nicht mehr geht, sondern versehentlich eingeatmet wird. Wenn nicht an Stürzen, sterben die meisten Demenzkranken an Lungenentzündung durch eingeatmetes Essen und Trinken.


    Ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute.


    Das Vicky manchmal da liegt und Angst hat (vor Fliegen und Mäusen) und sich selbst nicht helfen kann (durch weglaufen), machten jeden Tag bestimmt sehr schwer.

  • wichtig ist, den objektiven Blick nicht zu verlieren


    Es geht um die Lebensqualität des Hundes. Um nichts anderes mehr.

    Und diese Qualität muss jeden Tag gut genug sein. Nicht nur einmal pro Woche.

    Angst und Stress sind Begleiter von Demenz. Daher ist es äusserst wichtig, fut abzuwägen wie sehr das den Hund beeinträchtigt.


    Daher gefällt mir der Ausdruck von Chris. Man eiert rum, man wägt ab. Und man muss entscheiden. So oder so.

  • Es gibt Hunde, die können aufgrund einer Lähmung etc. nicht mehr laufen. Ich kenne einen Hund, der läuft halt mit einem Rolli. Vicky ist aber ein absolut lauffauler Dalmatiner. Sie hat mehr Zeit ihres Lebens in meinem Bett verbracht als sonst wo. Nachdem sie mit ca. einem Jahr an einen Weidezaun gekommen ist, hatte sie beschlossen, dass Spazierengehen nichts für sie ist. Wenn sie musste, ist sie rausgegangen, aber das war es dann auch schon. 2ha Grundstück und sie ging nur in den Garten. Also, das selbständige Laufen fehlt ihr eher nicht. Ich kenne meine Hunde und kann sie einschätzen. Vor drei Monaten konnte sie noch ganz normal laufen und was hat sie den ganzen Tag gemacht? Sie lag tagsüber auf ihrer Liege und nachts im Bett. Sie wollte auch nie mit den anderen Hunden spielen. Ist nicht ihr Ding. Ein Rolli wäre sonst längst hier.

    Die Angst, die sie plötzlich entwickelt hat (gehört zur Demenz dazu, ich weiß), die möchte ihr gerne nehmen.

    Es ist aber was anderes, wenn man die Wahl hat sich zu bewegen, wenn man es möchte, als wenn man es einfach nicht mehr kann und wohl auch schmerzen dabei hat.


    Gelähmte Hunde haben einen Rolli, können sich oft auch anders fortbewegen. Lähmungen sind oft auch mit Verlust von Gefühl ergo schmerzen verbunden, sodass das für mich etwas anderes ist, als ein alter hund, der nicht mehr aufstehen kann. Ansonsten ist es bei gelähmten Hunde in meinen Augen oft eine Einzelfallentscheidung, wie viel Lebensqualität dann da gegeben ist.


    Aber du dir ja doch ziemlich sicher, dass es für deinen Hund so passt und außer Menschen vor Ort kann das keiner endgültig feststellen.


    Von außen betrachtet durch Schrift ohne den Hund zu kennen, bleibe ich bei meiner Meinung.

  • Ich möchte halt nichts unversucht lassen. Ein anderer Tierarzt und eine Tierheilpraktikerin werden jetzt hinzugezogen. Mal sehen, was die sagen. Wenn nichts mehr geht, dann lasse ich Vicky gehen. Aber einfach so das Handtuch schmeißen, das möchte ich nicht. Wie gesagt, die letzte Nacht war furchtbar, aber bis dahin ging es.

  • Für mich ist die große Frage immer die nach der Lebensqualität. Womit ich nicht nur ein teilnahmlsoses Dahindämmern meine sondern: ist noch so etwas wie Lebensfreude spürbar?


    Manchmal hilft ja ein Pro und Contra Liste, um sich selbst ein besseres Bild zu machen.

    Woran hat die Hündin noch Freude, und wieviel Zeit am Tag nehmen diese Dinge oder Aktivitäten ein?

    Worunter leidet sie (Angst, Stress, Schmerzen?) und wieviel Zeit am Tage nimmt das in Anspruch?


    Meine persönliches Credo ist: wenn eine realistische Aussicht auf Besserung besteht, mute ich einem Tier, auch einem alten, durchaus Leiden zu, in der begründeten Aussicht auf Licht am Ende des Tunnels.

    Bei einem Tier in der absehbar allerletzten Lebensphase frage ich mich dagegen, was hat das Tier wirklich von der Verlängerung des augenblicklichen Zustands?

  • Ich muss nicht lange überlegen, ehrlich gesagt.. Wenn du ihr wirklich helfen willst, dann lass sie gehen..

    Warum?

    Weil sie leidet. Eine Demenz und ihre extrem unangenehmen Begleiterscheinungen sind irreversibel. Die Angst kannst du ihr nicht nehmen und die Verwirrtheit auch nicht. Wenn das so einfach wäre, dann würde man es beim Menschen ja auch machen..


    Nicht falsch verstehen, die Demenz alleine ist natürlich kein Grund, einen Hund einzuschläfern, aber wenn die Demenz dafür sorgt das der Hund nicht mehr nur einfach vergesslich und "dusselig" ist, sondern leidet, dann ist das ein Grund. Und im Gegensatz zum Menschen kann man einen Hund erlösen.

  • Demenz ist eine sehr schwierige und individuelle Erkrankung. Dazu kommt, dass alte Hunde ja sowieso schon kompliziert sind. Machts also auch nicht leichter.


    Meine Hündin ist auch dement. Seit Jahren. Eins ihrer ersten Anzeichen (im Nachhinein) war Panik vor Alltagsgeräuschen. Sie ist über Wochen total panisch geworden, wenn Geschirr oder Metall geklappert hat. Die Fliegenphase hatten wir auch. Das war schrecklich. Sie hat sich daheim nicht mehr ins Wohnzimmer getraut. Im Urlaub war es dann mal so schlimm, dass ich mit ihr vorzeitig das Lokal verlassen musste, weil sie blind in ihrer Panik an mir hochklettern wollte und versucht hat sich aus ihrem Geschirr zu winden.

    Die Phase ging irgendwann vorbei, aber besser wurde es deshalb nicht, nur anders. Damals war sie abgesehen davon aber noch ein normaler, gesunder Hund.


    Die Lebensqualität bei einem richtig alten (dementen) Hund darf man natürlich nicht mit der eines jungen Hundes vergleichen!

    Mir ist bei meiner Hündin zB inzwischen wichtig, dass sie noch Freude und Interesse empfinden kann, dass sie angst- und schmerzfrei ist und dass sie gut frisst.


    Ob deine Hündin jetzt am Ende ihres Lebens angekommen ist, kannst nur du (zusammen mit eurem Tierarzt, der sie im besten Fall schon eine Weile kennt) entscheiden.

    Wenn du dich momentan gegen eine Euthanasie entscheidest und sagst, du willst noch schauen, ob es "besser" wird bzw. ob du ihre Lebensqualität verbessern kannst, dann gibt es allerhand Medikamente, die man ausprobieren kann.

    Ob das bei deiner Hündin angebracht ist, wird dir hier keiner sagen können, weil euch hier niemand kennt.

    Achso was ich auch noch wichtig finde - man sollte schauen, was man selbst leisten kann. Man sollte sich nicht selbst kaputt machen, nur um den Hund um jeden Preis am Leben zu halten. Davon hat niemand was.


    Ich wünsche euch alles Gute :kleeblatt:

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