Reizüberlast / Übermut/ Springbeissen bei 20 Mon. jungem Rüden

  • Hallo, zu mir gehört ein 20 Mon. junger Tibet Terrier Jungspund. Seit seinem 5. Lebensmonat lebt er bei mir, er ist mein Traumhund.


    Bei seinem Züchter ist er sehr gut vorgeprägt/ sozialisiert worden, Beisshemmung ist also vorhanden.


    Dennoch "kippt" er immer wieder zwischendurch, mit "Springbeissen".


    Dazu hatte ich hier bereits einige hilfreiche Beiträge gelesen, z.B. "Hund fliegt mir um die Ohren" vs. "dolle 5 Minuten".


    Mir fällt auf, dass es ohnehin schwierig geworden ist, eine "reizarme", friedliche Umgebung zu finden, weil - zumindest im Ruhrgebiet - viele Hundestrecken "überfüllt" scheinen, meistens eine Autobahn/ Zugstrecke in der Nähe lärmt und hier ohnehin eher aggressive Hunde anzutreffen sind, die ich natürlich vermeide oder nur mit grosszügiger Distanz und Splitten passiere.


    Das Hunde-Miteinander schien mir vor ca. 10 Jahren noch völlig anders, entspannter und rücksichtsvoller zu sein.

    Das Springbeissen passiert meiner Meinung nach aussschliesslich bei Reizüberlast (z.B. Autobahnrauschen, neben dem Spazierweg/ Spielwiese usw., ist im Ruhrgebiet kaum vermeidbar), bei Sensorik-Auslösern (Wasser aus dem Bachlauf, nasse ungemähte Wiese, Schnee, Meer o.ä.), im Übermut beim Spielen oder bei mangelnder Frustrations-/ Impulskontrolle, z.B. bei "ungeduldiger" Futterspiel-Suche. Oder eben bei einer Kombination aus diesen Auslösern.


    Das Springbeissen zeigt er - wenn dann - alle paar Wochen und ausschliesslich im Freilauf, bei o.g. Triggern.


    Es kündigt sich durch "schnauben" und "starren Blick" an, er lässt sich dann kurz zurückfallen und "attackiert" mich dann.


    Er ist dann nicht mehr ansprechbar, wie in Trance; Alternativ-Verhalten kann ich dann von ihm nicht erwarten und er lässt sich dann auch nicht um-lenken.


    Ein Abbruch-Signal haben er und ich bereits etabliert und meist kann ich diesen Spuk mit Ruhe, Souveränität und einem "Beruhigungsgriff" (um seine Schultern/ Brustkorb) zügig beenden.


    Ansonsten ist er zu 99% ein absolut friedlicher und "angenehmer" Begleiter; er und ich fühlen uns rundum wohl miteinander.

    Er ist offen, unbefangen freundlich zu Mensch und Tier und souverän im Alltag. Lernt spielerisch und freudig.


    Insgesamt ist er ein (hoch-)sensibler, überaus intelligenter, pfiffiger und sehr anhänglicher Hund, der auch sehr präzise kommuniziert und für mich "gut lesbar" ist.


    Eine "Rangordnungsproblematik" kann ich in unserem Miteinander nicht erkennen und auch keine "Bindungsstörung" o.ä.

    Nachts schläft er 10-12 Std. und tagsüber 5-7 Std.

    Er und ich verteilen ca. 60-120 Min. Spaziergang auf 3 Gänge über den Tag, mit ausgiebigen Ruhepausen zwischendurch, mal 10 Min. nur "Ruhe und Gucken", auf einer Bank oder einem Baumstamm.


    Ab und an machen er und ich spielerisch 5 Min./ Tag Kopf-Arbeit in reizarmer Umgebung/ zu Hause.

    1-2 Mal/ Woche verabreden wir uns zum Laufen/ Spielen mit souveränen, erwachsenen Hundekumpels. Danach ist er meist völlig überdreht und braucht Stunden, um wieder runterzukommen.


    Sein Futter ist nicht zu proteinhaltig.


    Vom 5.-7. Lebensmonat hat er das Springbeissen auch im Haus gemacht, das konnte ich über "Rudel-Ausschluss", also: er für 10-30 Sek. ins Gäste-WC oder Flur, ihm abgewöhnen.


    Vom 5. - 10. Lebensmonat hat er Leinenbeissen gemacht und sich re-aktiv verhalten, also einen "Konflikt-Übertrag" gemacht, mich mit Springbeissen attackiert, wenn er von anderen Hunden angepöbelt wurde. Auch das konnte ich ihm mit Geduld und Ruhe abgewöhnen.


    Übrig geblieben bis heute, zum 20. Lebensmonat, ist also "nur" das oben beschriebene Springbeissen, im Freilauf, mit definierten Auslösern.


    Long Story short - gibt es hier Erkenntnisse, ob/ wann das Springbeissen aufhört, z.B. nach Beendigung der pubertätsbedingten "Umbau-Arbeiten" in seinem Köpfchen oder wird es auch langfristig so sein, dass es gut ist, vorgenannte Auslöser-Situationen zu vermeiden?

    Dies ist kein "Alarm-"Thema, sondern eher eine Frage nach Euren Erfahrungen, hier habe ich ja bereits einiges sehr Hilfreiches mitlesen können, wofür ich mich an dieser Stelle bei den Autorinnen bedanke.

  • Hey :winken:

    Das Springbeissen kündigt sich durch "schnauben" und "starren Blick" an, er lässt sich dann kurz zurückfallen und "attackiert" mich dann.

    Ich glaub, das ist so ein Terrierding. Ich kenne das Verhalten auch von meinem Wheaten Terrier, wenn er gleich "ausflippen wird".


    Bei uns findet das oft nach dem Gassi im Garten statt, wir zergeln noch etwas, und er "niest" oder "schnaubt" so komisch, fixiert mich (oder damals, als wir noch zwei Hunde hatten, den anderen, auch einen Terriermix), und dann ging die Post ab mit Scheinangriffen, hochspringen und auch mal probeweise kneifen.


    Ich hab es als überdrehtes (Jagd)Spiel begriffen, das ich in Bahnen gelenkt hab. Zb habe ich schon in der Junghundzeit sehr schnell auf ein Spielzeug umgelenkt. Auf "Wo ist das Spieli?" rennt er los und holt dann sein Plüschtier, das dann herumgeworfen, geschüttelt und bearbeitet wird.


    Wir spielen auch mal körperlich, aber sobald es zu doll wird, gibt's ein Schlusssignal. Er ist eigentlich sehr höflich und vorsichtig, aber wenn er es übertreibt, dann hört er normalerweise auf "Nee, das machen wir nicht" und wegdrehen sofort auf. Kriegt er nicht sofort die Kurve, geh ich weg. Ich biete ihm auch gern eine Alternative an. Er liebt es zb versteckte Sachen im Garten zu suchen, das machen wir dann stattdessen.


    Schaukelt er sich zu sehr hoch, ist es schwer, ihn wieder einzufangen energetisch, weil er dann wie im Wahn ist. Deshalb ist es mir wichtig, ihn vorher abzufangen, wenn er noch ansprechbar ist.


    So lässt sich das dann sehr gut händeln für uns.

  • Was genau meinst du mit Springbeißen?

    Ist das spielerisch oder nicht? Jagdverhalten?

    Wie stark beißt er zu?

    Kann es sein, daß er einfach ein junger Rüpel ist, der eine eindeutige Ansage braucht, daß Grobheiten dieser Art ein NoGo sind?


    Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, daß eine feuchte Wiese oder Matsch oder das Hintergrundrauschen einer Autobahn einen gut aufgezogenen und umweltgewöhnten Hund so an den Rand seiner Nervenkraft bringen, daß er seine Leute beißen "muß". :denker:

  • DerFrechdax

    Tibet Terrier sind keine Terrier, eher Hütehunde.


    Zum Thema:


    Mein Hund, 2,5 Jahre macht das auch ab und an, draußen nach einem Spiel mit mir. Bei uns ist es Übermut, noch zu viel Energie und einfach Lust auf "mehr".

  • Ach so, meiner hat das auch manchmal beim Gassi. Dann dreht er total auf und schnappt sich ständig Äste oder was so rumliegt und springt in großen Bocksprüngen damit durch die Gegend.


    Aber nur, weil er beim Gassi nicht mit mir spielen/mich nicht anspringen darf, das hab ich von klein an strikt unterbunden, weil mir ein Stolpern und Leinenverheddern zu gefährlich war. Außerdem hab ich dadurch ein Loch gekriegt in Pulli und Strickweste, weil auch klein Mini-Jackwelpi schon bis zu meinem Ellenbogen hochspringen konnte :ugly:



    Ich seh es als nicht dramatisch an, würde es aber unterbinden, vor allem, wenn die Ohren deutlich auf Durchzug erscheinen in dem Moment.

  • Danke für Eure Antworten.

    Wie beschrieben: er ist dann so in "Trance", dass er nicht ansprechbar ist und auch nicht umlenkbar ist oder ein Alternativ-Verhalten erreicht werden kann.

    Jagdtrieb hat er nicht.


    Es ist ein rotzfreches mich-anrempeln, mich anspringen und dabei schnappen, "beissen" wäre übertrieben gesagt.


    Ja, genau, ist ein junger Rüpel, der Grenzen testet und klare Ansagen von mir bekommt.


    Deshalb hatte ich beides, "Übermut" und "Reizüberlast" in meine Kopfzeile geschrieben. Energie-Überschuss und Frechheit.


    Er macht das auch mit anderen Hunden, genauso grob, auch im Spiel, und wird von ihnen ebenso gemassregelt.


    Meine Frage war ja auch, ob ich das genauso mit der Zeit "raus-gearbeitet" bekomme wie ich sein anfängliches Springbeissen im Haus oder sein pubertäres Leinenbeissen mit Ruhe und Konsequenz in den Griff bekommen habe.


    Welche Erfahrungen Ihr da gemacht habt und teilen möchtet?

  • Meine Frage war ja auch, ob ich das genauso mit der Zeit "raus-gearbeitet" bekomme wie ich sein anfängliches Springbeissen im Haus oder sein pubertäres Leinenbeissen mit Ruhe und Konsequenz in den Griff bekommen habe.

    In deine Zukunft gucken kann ich nun nicht :sweet:

    Ich weiss nur, dass krasse Korrekturen meinen Hund in dem Moment nur noch mehr anstacheln. Dann hilft halt was ich oben beschrieben habe oder unterwegs auch die kurze Leine.



    Pass auf, wenn er dieses Verhalten bei anderen Hunden zeigt und die ihn dann massregeln. Das kann schnell kippen und in einer Beißerei enden. Ich hab das früh unterbunden, wenn der andere Hund gezeigt hat, dass er da kein Bock drauf hat. Kommt halt die Leine dran.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!