Was versteht ihr unter einem "sorgfältig ausgewählten Tierheimhund"?

  • Mir ist bei meiner Frage wegen "Hundeschule-schwierig" immer wieder mitgeteilt worden, ein sorgfältig ausgewählter Hund sei das Allerwichtigste.


    Das ist so eine Formulierung,die sich gut anhört und wo jeder erst mal zustimmend nickt. Aberwas meint ihr genau damit? Natürlich rennt man, wenn man vorab über einen Hund nachdenkt, nicht ins Tierheim, greift sich den nächstbesten Hund, der einem optisch zusagt, und nimmt ihn mit. Abgesehen davon macht das sowieso kein seriöses Tierheim mit.


    Also "sorgfältig" aussuchen. In meinen Augen heißt das:

    Überlegen, welche Hundegrösse passt in meine Wohnungsgrösse, so dass der Hund sich dort wohlfühlt. (Ein Bernhardiner gehört nicht in eine 60qm Wohnung) Welches Energielevel beim Hund kann ich gut abdecken? (Ein Arbeitshund will beschäftigt werden, ein Hütehund oder Jagdhund oder Husky hat in der Stadt, ohne Riesengarten nichts verloren. ) Will/muss ich oft mit Zug oder Öffis fahren? Dann sollte der Hund eine Größe haben, die sich dafür einigermaßen eignet. (Obwohl ich schon oft große, brave Hunde im Bus getroffen habe. ) Will ich einen Hund, den ich ständig bürsten, kämmen, trimmen muss? (Wenn nein, scheiden etliche Hunde vorab aus.) Vorher mit "Wunschhund" spazierengehen, Pfleger ausfragen und zuhören.


    Soweit, so gut. Alles andere (Wesen, Veranlagung,Charakter, Erziehungsstand, Sozialisation) kann man im Tierheim nicht aussuchen. Nur versuchen, etwas darüber herauszubringen. Mehr geht nicht. Will ich einen Welpen vom Züchter, mit vorheriger Rassewahl, sieht das Ganze anders aus. Ich möchte aber einen Hund aus einem Tierheim.


    Bin gespannt auf eure Meinungen und Kriterien zu einem "sorgfältig ausgewählten Hund ".

  • Überlegen, welche Hundegrösse passt in meine Wohnungsgrösse, so dass der Hund sich dort wohlfühlt. (Ein Bernhardiner gehört nicht in eine 60qm Wohnung)

    DAS finde ich z.B. Schwachsinn. Ja, einen Herdenschutzhund in eine 40qm Wohnung in der Innenstadt zu quetschen ist meist keine gute Idee, aber es gibt zahllose größere Hunde, die glücklich und zufrieden, in einer durchschnittlichen Wohnung leben, warum auch nicht?

    Beschäftigung und Bewegung finden ja draußen statt. Zu 90% liegt ein Hund zuhause rum und pennt.

    Welches Energielevel beim Hund kann ich gut abdecken? (Ein Arbeitshund will beschäftigt werden, ein Hütehund oder Jagdhund oder Husky hat in der Stadt, ohne Riesengarten nichts verloren. )

    Denkst du, ein Hüte- oder Jagd- oder Schlittenhund beschäftigt sich im Riesengarten und ist davon "ausgelastet"? Das hat mit der Realität nämlich nicht viel zu tun. Ja, es gibt Hunde, die ihren Garten lieeeben und schätzen, aber das ersetzt halt keinesfalls die sinnvolle und an Rasse und Individuum angepasste Beschäftigung und natürlich auch nicht die Bewegung im Sinne von Spaziergängen.

    Also nein, man braucht absolut nicht zwingend 'nen Garten, um einen Hüte- oder Jagdhund gut halten zu können.

  • Alles andere (Wesen, Veranlagung,Charakter, Erziehungsstand, Sozialisation) kann man im Tierheim nicht aussuchen. Nur versuchen, etwas darüber herauszubringen. Mehr geht nicht.

    Wie meinst du das? :???:


    Wenn du einen Tierheimhund intensiv kennenlernst und erstmal eine Weile mit ihm Gassi gehst, merkst du ja recht bald, welchen Charakter du da vor dir hast, welche Veranlagungen ein Hund mitbringt, wie es mit Erziehungsstand und Sozialisation aussieht. Und entweder das passt dann und du suchst dir genau den Hund aus oder du suchst eben weiter.


    Bei einem Welpen vom Züchter kennst du dagegen nur das rassetypische Idealbild. Ob sich genau der Hund, den du dir dann aussuchst, dann auch wirklich so entwickelt, steht in den Sternen.

  • Mir ist bei meiner Frage wegen "Hundeschule-schwierig" immer wieder mitgeteilt worden, ein sorgfältig ausgewählter Hund sei das Allerwichtigste.


    Das ist so eine Formulierung,die sich gut anhört und wo jeder erst mal zustimmend nickt. Aberwas meint ihr genau damit?

    Das Forum meint damit: einen Bolonka oder neuerdings einen Pudel. Oder vielleicht einen Bolodoodle bzw. Pulonka (aber nur aus dem Tierschutz, nicht vom Vermehrer).

    Die werden in jedem Anfänger-Thread empfohlen.

  • Wenn du dich für einen Tierheimhund entscheidest ist die Wahl des Tierheims meiner Meinung nach echt wichtig. Es gibt gute und es gibt leider auch weniger gute Tierheime. Über gute Tierheime wird leider oft gesagt dass sie keine Tiere vermitteln wollen und man kaum die Ansprüche erfüllen könne. Viele dieser Aussagen kommen Erfahrungsgemäß von Leuten die (als übertriebenes Beispiel) mit ihren 2 Kindern interessiert an dem Schäferhund mit übersteuertem Beutefangverhalten haben und diesen dann vermutlich eher nicht bekommen.


    Gute Tierheime sind daran interessiert wo der Hund in Zukunft hinkommt, welche Anforderungen der zukünftige Halter mitbringt, aber eben auch welches Können und welche Erfahrung. Was sind die Umstände, "wofür" wird der Hund gesucht? Den 4 jährigen Jack Russel würde ich eher bei sportlichen Leuten sehen die ambitioniert sind mit Sport o.Ä. zu machen, während ich den Malteserwelpen auch durchaus als puren Familienhund abgeben würde. Das Ziel von Tierheimen ist es die Tiere langfristig in einem für sie passenden Zuhause unterzubringen, die Chance auf Rückläufer zu minimieren und vor allem zu vermeiden dass es zu (weiteren) Beißvorfällen, Vernachlässigungen etc. kommt. Niemandem bringt es etwas wenn der oben beschriebene Schäferhund in die Familie kommt und dann das hinfallende Kind gebissen hat. Dann kommen die Aufschreie wieso das Tierheim so einen Hund überhaupt an die Familie gegeben hat.



    Bei einem guten Tierheim wirst du vor allem als Anfänger sehr gut beraten und dir werden passende Hunde vorgestellt. In den wenigsten mir bekannten Tierheimen geht man einmal durch den Hundebereich und schaut sich mal alle "Insassen" an, einem werden die einzelnen Tiere vorgeschlagen und vorgestellt. Bei dem Gespräch und dem kennenlernen erfährt man durch die Mitarbeiter einiges über das Tier, lernt die Eckdaten kennen. Man nimmt den Hund auch nicht direkt am ersten Tag mit und hat dann seinen Hund. Man lernt ihn bei ein paar Besuchen kennen, geht Gassi. Wie lange der Prozess dauert ist vom Tierheim abhängig. Ich begrüße das System (welches leider so viele als Umständlich ansehen) sehr, so kommt der Hund nicht sofort zu völlig fremden Menschen in eine komplett fremde Umgebung. Auch der Hund hat so die Möglichkeit seinen eventuell neuen Halter kennenzulernen.



    Unterm Strich: Such dir ein gutes Tierheim aus, schreibe eine Mail hin (oder rufe an, das geht wohl bei manchen Tierheimen auch) und schildere deine Situation. Selbst wenn aktuell kein passender Hund da sein sollte - die Tierheime bekommen öfter als man denkt freundliche anfängergeeignete Hunde die ein Zuhause suchen. Oft kann man sich "vormerken" lassen und wird kontaktiert wenn ein passender Hund da ist.

  • Bei der Suche im Tierheim oder bei einer Orga ist es wichtig, etwas zu dir zu erzählen - deine Lebensbedingungen; wo gehst du Gassi (Stadtparkt mit Leinenpflicht, Wald, Feld, Wohnung mitten in der Stadt oder am Stadtrand, Treppen oder Lift - womit muss der Hund im Alltag klarkommen? - Viele Menschen als Dauerzustand, viele Radfahrer, Alltagsgeräusche Stadtverkehr, Sirenen,...)


    Was suchst du für Charaktereigenschaften beim Hund? Mit welchen Verhaltensweisen (z.B. Panik vor Umweltgeräuschen, Aggression gg. Artgenossen,... oder mit gar nichts dieser Art?) könntest du umgehen?

    Was willst du mit dem Hund im Alltag konkret machen.


    Deine Erfahrungen mit Hunden und auch, ob du mobil bist oder auf Öffis angewiesen bist...


    All das teilst du dem TS (ob TH oder Inlandorga mit und bittest darum, dir passende Kandidaten zu kennenlernen zu suchen.


    Du nimmst dir einen Trainer mit, der sich Hund und dich mit dem Hund anschaut und einschätzt.


    Von jeglichen Direktimporten aus dem Ausland rate ich strikt ab.



    Einen Hund zu finden, der sowohl in deinem Umfeld und deiner Unerfahrenheit passt, wird lang dauern - also Geduld.

  • Überlegen, welche Hundegrösse passt in meine Wohnungsgrösse, so dass der Hund sich dort wohlfühlt.

    Die Wohnungsgröße ist dem Hund egal, der fühlt sich auch auf 20qm wenn der Rest passt. Zur Erinnerung, die gesetzliche Anforderung an die Zwingergröße eines großen Hundes sind 12qm. Der Zugang zur Wohnung (Treppe, ebenerdig) ist bei großen Hunden da wesentlich brisanter als die Größe der Wohnung.

    Ein Arbeitshund will beschäftigt werden, ein Hütehund oder Jagdhund oder Husky hat in der Stadt, ohne Riesengarten nichts verloren.

    Auch das ist Unsinn.

    Ein großer Garten bietet keine Beschäftigung oder gar Auslastung. Der Jagdhund in der Stadt, der seinen Anlagen gemäß ausgelastet und gearbeitet wird, wird 1000mal zufriedener sein, als der der aufm Dorf im großen Garten hockt und vielleicht mal zum kurzen Gassi rauskommt.


    Da geht deine Vorstellung von guter Hundehaltung und passender Umgebung einfach an der Realität vorbei.



    Alles andere (Wesen, Veranlagung,Charakter, Erziehungsstand, Sozialisation) kann man im Tierheim nicht aussuchen. Nur versuchen, etwas darüber herauszubringen. Mehr geht nicht.

    Auch das ist falsch.

    Natürlich kannst du dir auch das aussuchen, du musst nur genug Zeit, Wissen und Bereitschaft mitbringen, diesen einen Hund zu finden.

    Das ist ja gerade das Pro Argument für einen erwachsenen Hund, dass man vieles von ihm bereits weiß, wo man vom Welpen nur die genetisch angelegte Richtung weiß.

    Ein seriöses Tierheim sollte dir genaue Angaben zu den Hunden machen können, die länger bei ihnen sind. Ja, es stimmt, dass man nicht alle Eventualitäten 100% abdecken kann, aber wenn mir ein TH bei einem Hund der sich eine gewisse Zeit in deren Obhut befindet nichts über das Wesen, den Erziehungszustand oder den Charakter des Hundes sagen kann, dann nehme ich meine Beine in die Hand und sehe zu, dass ich von da weg komme.

    Und natürlich kann ich auch da dann aussuchen. Den unerzogenen Rüpel mit Hang zur Aggression und starker Jagdleidenschaft, den nehm ich dann halt einfach nicht, wenn ich das nicht will.


    Den richtigen Hund im Tierschutz zu finden, dauert Zeit. Man muss sich Zeit nehmen, vermeintlich passende Hunde zu finden, aber dann auch, um sie kennenzulernen.

  • Ich finde es nicht so nett, daß, was jemand schreibt, als Quatsch zu bezeichnen. Man kann auch freundlich damit umgehen, wenn man anderer Meinung ist. :winking_face:


    Schäferterrier, das stimmt. Allerdings ist das nächste Tierheim ziemlich weit weg von mir, täglich zum Spazierengehen dorthin fahren wird nich klappen. Das Tierheim dort vermittelt ziemlich schnell. Man kann schon versuchen, den Hund besser kennenzulernen, es kann dann aber passieren, dass jemand anderer schneller entschlossen ist und den Hund dann kriegt. Nach dem Motto, wer zuerst ja sagt, hat den Hund. Ist Freunden von mir passiert. Die waren den Tränen nahe, als "ihr" (angeblich reservierter) Hund plötzlich weg war.

  • Ich bin Neuling, mir wurde damals mitgeteilt:

    1) das Normalste:

    Spricht mit den momentanen Pflegern des Hundes. Sag denen, was du suchst.


    Zudem;

    2) Du willst mit dem Hund tricksen? Ein futtermotivierter macht es dir leicht. Und nimm keine Rasse, die für ihre Eigenständigkeit bekannt ist (nordische, Solitärjäger,..)

    4) Du willst Obedience machen? Der Hund sollte grundlegend halbwegs bei sich sein. Lass einen Schlüsselbund hinter den Hund fallen und nimm einen Hund, der sich da nicht zu Tode erschreckt.

    5) Du willst einen Anfängerhund? Geh mal (wenn er angeleint ist) "doof" auf ihn zu, deute ggf. ein Kopftätscheln an und guck, dass er höchstens knurrt, aber nicht schnappen möchte.


    Tja, was soll ich sagen..der erste Hund war dennoch kein Match, sondern hat meine (gröberen) Anfängerfehler so heftig quittiert, dass mir seitem eine tiefsitzende Angst eingraviert ist.

    Also selbstgelernte Lektion 6)

    Schisser wie ich nehmen einen kleineren, eher fiddelnd veranlagten Hund und keinen, der bei Unsicherheit nach vorn geht. :upside_down_face: (Was aber weder seine Pflegestelle noch ich vorher wussten. So viel zu: sprich vorher mit den Leuten. Überraschungen kann es trotzdem geben.)


    Ich mache leider trotz aller Bemühung immernoch Anfängerfehler, aber die Diva fliegt mir nicht um die Ohren, sondern lässt eher die ihrigen hängen, wodurch mein Lerneffekt trotzdem einsetzt.


    Es gibt natürlich auch noch andere Tests, zT bleibt es aber ein Glücksspiel und man muss sich drauf einlassen. Ist dir aber ja eh schon bewusst. :nicken:

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