Probleme mit Radfahrern

  • Ich hatte angefangen, das "Ding", was da kommt, zu benennen.

    Trainiert habe ich das ganz einfach; erst einmal das Fahrrad benennen, dann ein Sitz an der Seite einfordern und entweder den Hund körperlich geblockt oder mich hingehockt, sie Pfötchen geben lassen oder auch die Leberwursttube vor die Nase gehalten. Problem ist bei meiner nur, ist sie angespannt, nimmt sie keine Leckerchen oder so. Aber wenigstens geschnüffelt hat sie an der Leberwursttube und war damit in ihrer Konzentration auf den Radfahrer etwas abgelenkt.


    Mittlerweile heißt das ganz einfach: "Zara, Fahrrad". Dann setzt sie sich hin, guckt zum Fahrrad und wartet bis ich das Weiter-Kommando gebe. Ging sogar relativ fix.

  • Ich versuche auch im Moment nicht zu reden sondern versuche selbstbewusst weiterzugehen, ihn stramm zu halten, in der Hoffnung, der Hund denkt ich hab alles im Griff und muss nicht beschützt werden.

    Ich klink mich mal ein, weil ich einen Hund mit recht ähnlichen "Problemen" habe.


    Kurz zur Vorgeschichte: Dino ist mittlerweile 8,5 Jahre alt, lebt seit Februar 2019 bei mir, und wir hatten wirklich JAHRELANG mit dem Thema Radfahrer zu kämpfen. Egal, ob die von vorne oder hinten kamen. Neben dem Problem ist er auch mit fremden Menschen und Hunden allgemein eher schwierig, er trägt deshalb und wegen eines Beißvorfalls beim Spazierengehen immer einen Maulkorb.

    Das wäre auch etwas, was ich dir grundsätzlich empfehlen würde, weil es dir dann auch einfach die Sicherheit gibt "er kann nicht beißen". Davon abgesehen ist's eh gut, wenn der Hund den Maulkorb kennt und zumindest problemlos trägt. Zu dem Thema lässt du dich am besten hier beraten: Wo vernünftigen Maulkorb kaufen ?

    In deinem Fall braucht dein Hund den MK ja nicht dauerhaft, aber vielleicht ist das für die Trainingssituationen etwas, das dir mehr Sicherheit gibt.


    So, aber weiter im Text.

    Bei Dino hab ichs auch erst gehandhabt wie du: kein Drama daraus machen, selbstbewusst* weitergehen und ihn kurz halten. Hat nicht so wirklich geklappt, weil der Hund in der Situation ja trotzdem noch "ohne Führung" ist und nicht weiß, was von ihm erwartet wird.


    *: Naja, das war eher "fake it til you make it" :pfeif: Man ist natürlich nervös. Man denkt sich "oh gott, schon wieder ein Radfahrer, der Köter wird gleich wieder laut, na toll", und das merkt der Hund natürlich ... da hilft's, sich die Situation positiv umzudichten: "Oh, ein Radfahrer! Geil, dann trainieren wir jetzt einfach mal" ;)


    Dann haben wir nen anderen Ansatz probiert: absitzen und gucken lassen. Der Aufbau davon braucht grundsätzlich erstmal etwas Zeit, war für uns aber schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Ziel ist, dass der Hund lernt, sich ruhig mit dem Reiz auseinander zu setzen - Problem: dafür sind am Anfang oft größere Distanzen notwendig. Wir haben den Grundaufbau auf einem Feld auftrainiert. Dino konnte sich die entsprechenden Reize (andere Hunde, Radfahrer, Menschen...) aus einer Distanz angucken, die für ihn noch erträglich war, sodass er auch relativ ruhig war. Wenn er sich aufs Signalwort (z. B. "Prima") zu mir umorientiert hat, gabs einen Keks für ihn. Mit der Zeit konnten wir dann auch die Distanz verringern; wir sind am Anfang noch ins Feld/in den Straßengraben/Grundstücke etc. ausgewichen.


    Das hat uns noch nicht DEN Durchbruch gebracht, aber wir haben damit immerhin einen Schritt in die Tür bekommen, sodass wir das nach und nach auch im Alltag auf unseren üblichen Gassistrecken einbauen konnten. Nach ner Zeit kam dann aber leider ein "Einbruch" und die Methode hat für uns nicht mehr wirklich funktioniert.


    Was bei uns wirklich geholfen hat, sind klare Ansagen, was der Hund zu tun hat. In unserem Fall ist das für Dino ein "Bei mir" (das Alltagsfuß quasi) - heißt für ihn, er darf nur neben mir laufen und hat sich an mein Tempo anzupassen. Da er das Hundeplatz-Fuß schon kennt, hat er das recht schnell verstanden. Wichtig ist, dass du dabei immer zwischen dem Hund und z. B. dem Fahrradfahrer bist. Der Hund läuft dann also auf der abgewandten Seite.

    Zusätzlich dazu nehm ich Dino kurz. Sobald ich sehe, dass er auch nur den kleinsten Ansatz zum Pöbeln/NachVorneGehen/sonstwas zeigt, gibt's eine bestimmte und deutliche, aber dennoch nicht böse oder laute Erinnerung an das, was er eigentlich machen soll: stumpf bei mir laufen und mich die Sache regeln lassen. Und wenn er es dann doch mal nicht schafft, den Schnabel zu halten, gibt's eben eine deutliche Ansage. Das muss keine Standpauke sein - bei mir isses oft ein "Samma, hast du den Arsch offen?!" |)


    Es ist eine Sache, dem Hund durch reine Aktionen zu zeigen, wie du die Sache händelst. Aber wenn das alleine noch keine Besserung bringt, dann müssen mMn auch verbale Ansagen dazu, damit bei dem Hund wirklich ankommt "Ok, Herrchen/Frauchen regelt das, das ist jetzt nicht mein Job, ich mach Sache X und dann ist gut".

    Bis das im Hundehirn allerdings ankommt, kann's dauern. Vor allem, wenn noch andere Probleme existieren. Bei mir und Dino hat's sicher mehrere Jahre gebraucht, bis wir auf dem jetzigen Stand angekommen sind. Mittlerweile können wir in 90% aller Fälle recht problemlos an Radfahrern vorbei... WENN ich sie rechtzeitig wahrnehme.


    Das ist (zumindest bei uns) ein weiteres Problem. Viele Radfahrer machen sich nicht rechtzeitig bemerkbar. Wenn die an dem Hund und mir vorbeizischen, erschreckt sich der Hund natürlich und ich kann oft nicht mehr rechtzeitig reagieren. Dementsprechend flippt Dino dann eben aus...

    Ich hab mir deshalb angewöhnt, mich regelmäßig nach hinten umzudrehen, vor allem, wenn ich das Gefühl habe, hinter mir kööönnte ein Radfahrer sein :ugly: Man wird mit der Zeit ein bisschen paranoid, das nervt ein bisschen und man kommt sich oft blöd vor, aber mei. Es hilft. Meistens. :lol:


    Kurzum: bring mehr Struktur rein, sag dem Hund klipp und klar, was du von ihm erwartest. Arbeite gerne mit Leckerlies und auf alle Fälle mit deutlichem, verbalen Lob (oder was auch immer dein Hund wirklich cool findet), aber scheu dich auch nicht davor, dem Hund eine klare Ansage zu machen, wenn er Mist baut. Erst recht dann, wenn der Hund eigentlich (!) weiß, was du von ihm erwartest. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint mir das aber noch gar nicht der Fall zu sein. Daher, geh es langsam an, bau das Schritt für Schritt auf, und stell wirklich sicher, dass dein Hund weiß, welches Verhalten du von ihm sehen möchtest.


    Edit, noch was: du sagst, du versucht, ihn strammzuhalten. Das kann mitunter auch dafür sorgen, dass der Hund erst recht aufgeregt wird, weil er die wortwörtliche Spannung natürlich merkt. Hast du die Möglichkeit, die Leine zwar kurz zu nehmen, aber nicht sooo kurz, dass sie wirklich gespannt ist?

    Bei Dino ist es mittlerweile so, dass er solche Situationen wesentlich unaufgeregter meistert, wenn er etwas "Luft" an der Leine hat. Würde ich ihn komplett stramm halten, würde er sich dadurch nur selbst aufputschen, weil er sich denkt "oh gott hilfe, gleich passiert was, omg omg omg, PANIK!!11!11" :rollsmile:

    Heißt natürlich nicht, dass du die Leine durchhängen lassen sollst, keineswegs! Aber zumindest etwas locker darf sie schon sein. Zusätzlich dazu solltest du dir angewöhnen, deinen Hund eher körperlich auf seinen Platz zu verweisen, z. B. indem du ihm in den Weg läufst oder den Weg nach vorne blockierst usw. Braucht etwas Übung, bis man das drauf hat, aber ich find das wesentlich effektiver als ewig mit/an der Leine rumzuhantieren.

  • Weißt du, welche andere Rasse in eurem Hund steckt? Das könn

    nte wichtig sein, für den Trainer.


    Und dass der Hund sich bei dir anders verhält, als bei deinem Mann oder anderen Menschen, das finde ich auch sehr wichtig!

    Wo wohnt ihr denn, so ungefähr? Wegen Trainerempfehlungen von erfahrenen Usern falls ihr solche haben wollt?

  • Könnte auch Kontrollverhalten aus dem Jagdverhalten heraus sein. Wenn ein instinktiv verankertes Verhalten eine Rolle spielt, ist es im Grunde egal, ob Du mit Brust rein oder raus weitermarschierst. Vielleicht sollte sich das mal ein Trainer anschauen.

  • Ich schließe mich Karpatenköter an: Hier auch gerne mal ein Thema mit Radlern und eScootern, allerdings Großstadt und Dutzende Begegnungen täglich. In unserem Fall ist es eine Kombi aus schneller Bewegung, Territorium und Reizüberflutung beim Hund.


    "Zeigen und benennen" haben wir gemacht, der Hund kann vermutlich inzwischen "Fahrrad" buchstabieren. Das war ein Anfang, aber kein Durchbruch. Zusätzlich Impulskontrolle, kann man ja bekanntlich für alles brauchen.


    Aber letztendlich ist hier ein emotionsloses "Bei mir" sowie ein nicht diskussionswürdiges "Nein" angesagt, sobald sie die Backen aufbläst.


    Der Schlüssel zum Glück ist bei uns in allen Situationen (Aufregen über Gott und die Welt, Leinenführigkeit) die Devise: Ich geh spazieren und du kannst mitkommen. Ich bleibe stehen, wenn du schnüffeln willst, aber ich sag, wann es weitergeht. Ich bestimme den Weg, mit wem ich rede und mit wem nicht. Ich entscheide, was gefährlich ist und was nicht.


    Oder in schnulzig: Ich führe dich.

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