Kleinanzeigen: Hunde von privat abzugeben

  • Wir haben vor 11 Monaten unseren Archie bei Kleinanzeigen entdeckt. Er ist bei uns eingezogen und einer der tollsten Hunde, die ich kenne.


    Man muss sich da etwas auskennen. Es gibt natürlich auch viele Anzeigen mit Hunden, die nicht so einfach sind.


    Ich persönlich würde keinen Hund nehmen, der aus Grund xy dringend, am Besten noch sofort, weg muss.


    Gut ist es auch, wenn die Vorbesitzer einen Schutzvertrag machen. Das ist meistens ein gutes Zeichen.

  • Antwort zur Ursprungsfrage:

    ich persönlich finde Kleinanzeigen nicht negativ und wie hier schon von vielen geschrieben wurde ist es bei Privatabgaben eine gute Möglichkeit den Hund in seinem Zuhause kennen zu lernen.

    Menschen, die ihren Hund abgeben müssen/wollen, sollten sich nach positivem Telefonkontakt die Zeit für einen Interessentenbesuch nehmen, auch um die Menschen, zu denen ihr Hund ziehen würde, etwas einschätzen zu können.

  • Bei vielen Tierschutzhunden ist die Einschätzung oft schwierig, weil die Hunde sich häufig in einer Ausnahmesituation befinden. Dort zeigen sie oft nicht ihr ganzes Verhalten. Da ist es definitiv von Vorteil, wenn ein Hund in einer Familie besichtigt werden kann. Wobei auch unter diesen Umständen der Hund so gestresst sein kann, dass er sich anders zeigt, als er zukünftig sein wird.


    Ich würde mich immer in einem deutlich höheren Anteil an der Rasse bzw. bei Mischlingen den beteiligten Rassen orientieren. Meiner Erfahrung nach ist Genetik sehr stark.

    Ich denke, damit muss man immer rechnen, dass sich der Hund im Tierheim/in der Pflegestelle anders benimmt, weil gestresst u.a., als er sich dann im neuen Zuhause benimmt, wenn er dort "angekommen" ist und sich einigermaßen sicher und wohl fühlt. Dann zeigen manche Hunde wahrscheinlich erst, was wirklich in ihnen steckt - sowohl positiv als auch vielleicht manchmal, wenn es um Vorbelastungen aus der Vergangenheit geht, problematische Verhaltensweisen. Aber ich vermute mal, ein Hund, der im gestressten Zustand friedlich ist, wird sich im neuen Zuhause nicht als Beißer und "Flucht nach vorn"-Hund entpuppen. Oder ein im gestressten Zustand eher ängstlicher Hund als wilder Draufgänger. Aber sonst ist in dem Überraschungspaket Second-Hand-Hund sicher im neuen Zuhause noch einiges drin, was man nicht gedacht hätte. :smiling_face:


    Zu deinen letzten Sätzen würde ich gern noch was fragen: kann man denn halbwegs davon ausgehen, dass die Hinweise und Beschreibungen bei den Rassen stimmen? Ich lese momentan viel zu Spitzen und Terrier nach, und das gehen die Beschreibungen in den üblichen Hunde-Rasse-Vorstellungsbüchern manchmal schon auseinander. Von "Spitze kläffen sehr viel und laut" bis hin zu "Spitze können etwas lauter werden, kann man ihnen aber mühelos abgewöhnen", über "Terrier sind extrem temperamentvoll" bis hin zu "Terrier sind fröhliche, agile Hunde" kann man da viel lesen.

    Wahrscheinlich geht es vor allem um die Tendenz, also ob eine Rasse zum Jagen neigt, zum Hüten etc.? Und dann gibt es ja noch die Rassehunde (oder Mischlinge), die völlig "aus der Art" fallen und so gar nicht das tun, was sie laut Rasse tun sollten. Insofern kann doch die Rasse(n) immer nur ein Hinweis sein, aber keine Aussage, wie der konkrete Hund tatsächlich ist? Oder sehe ich das falsch?

  • Dasselbe gilt auch für die als "Anfängerhunde" empfohlenen Rassen. Wenn man manchen glaubt, sind als Anfängerhunde nur Mini-Hunde (obwohl die auch ganz schön dickköpfig, erziehungsresistent und eigen sein können) geeignet oder die berühmt-berüchtigten Pudel, die anscheinend jeder halten und erziehen kann. Warum auch immer. Klingt so, als wären Pudel, egal bei wem, immer lammfromm und man könnte bei ihnen absolut nichts verkehrt machen.


    Irgendwie blicke ich bei diesen ganzen Rasse-Empfehlungen und Beschreibungen nicht ganz durch, was da jetzt stimmt und was nicht.

  • Aber ich vermute mal, ein Hund, der im gestressten Zustand friedlich ist, wird sich im neuen Zuhause nicht als Beißer und "Flucht nach vorn"-Hund entpuppen. Oder ein im gestressten Zustand eher ängstlicher Hund als wilder Draufgänger.

    Aus eigener Erfahrung! Doch, absolut! Und das ist oft das riesige Problem bei Direktadoptionen ausm Ausland (was du ja nicht vor hast, weiß ich)


    Nehmen wir einen Hund aus einem rumänischen Shelter der dort in einer groooßen Hundegruppe lebt, darin quasi "verschwindet", die Pfleger die ihn einschätzen sollen können ihn herlocken, anfassen, streicheln. Der Hund sieht vielleicht etwas ängstlich aus, aber alles kein Drama. In Wahrheit ist er im permanenten "freeze" und einfach nur froh wenn er wieder zwischen all den Hunden "verschwinden kann". Sie geben ihm halt, mit Menschen hatte er seinen Lebtag nie wirklich was zutun. Er hat da schon massive Angst aber durch die Hunde um ihn herum verschwimmt das alles.


    Er wird nach Deutschland gebracht, in eine Wohnung (kennt er nicht), zu einem 3 Personen Haushalt (kennt er nicht), Tag und Nacht sind plötzlich Menschen bei ihm die ihn ansprechen und offensichtlich was von ihm wollen (kennt er nicht), manchmal wird er sogar angefasst oder festgehalten (kennt er nicht), soll "Gassi gehen?!" und an einer kurzen Leine (kennt er nicht) mit einem Menschen zu dem er Null Bezug hat in einem Wohngebiet spazieren gehen mit tausend Eindrücken.


    So... da passiert es nicht selten dass so einem Hund der im Shelter doch so nett und nur bisschen zurückhaltend war, dass dem scheinbar in seinem neuen sicheren Zuhause in Deutschland die Sicherungen durchknallen und/oder Verhaltensweisen auftauchen (Besuch wird gestellt, Ressourcenverteidigung, Angstbeißer,...) die so im Shelter niemals nicht beobachtet worden wären.

    Er war ja "so friedlich" dort.



    Klingt so, als wären Pudel, egal bei wem, immer lammfromm und man könnte bei ihnen absolut nichts verkehrt machen.


    Dabei geht's (wie so oft) um Wahrscheinlichkeiten.


    Genetik hallo!

    Wenn mich jemand nach nem Anfängerhund fragt könnte ich auch breit erklären dass das schwierig zu beantworten ist (mach ich auch) oder ich empfehle eben Bolonka und Co wenn ich weiß die Leute wollen "einfach nur einen Hund" haben. Mehr nicht.


    N junges Mädel, hat jahrelang im Tierschutz ausgeholfen, sie möchte unbedingt Hundesport ernsthaft betreiben, stand schon als Kind mit aufm Platz wenn Papa trainiert hat mit den Familienschäfis, kennt die Worst Cases, möchte nun jetzt endlich ihr eigenes Malimädchen und mit ihr so richtig durchstarten, hat sich mit Linien und Zuchtstätten auseinandergesetzt


    Warum zur Hölle sollte man da zu nem Bolonka oder so raten? Trotz "Ersthund". Ich hoffe du verstehst worauf ich hinaus möchte.

  • kann man denn halbwegs davon ausgehen, dass die Hinweise und Beschreibungen bei den Rassen stimmen?

    Kommt darauf an, was Du mit "stimmen" meinst und auf welche Quellen Du Dich beziehst. Von Privatpersonen und Rasseliebhaber*innen geschriebene Portraits enthalten mEn häufig eine gute Portion (unbewusste) Schönfärberei. Da wäre ich also vorsichtig mit. Das heißt nicht, dass sie nicht stimmen! Aber sie beziehen sich häufig auf die positiven Eigenschaften einer Rasse unter idealen Haltungsbedingungen. Und verschweigen/verniedlichen die Eigenschaften, die vor allem unter nicht idealen Bedingungen (bspw wenn eine Rasse nicht in ihrer ursprünglichen Verwendung eingesetzt wird) zum Störfaktor werden.


    Auf so großen Tierbedarf-Websites (o.ä.) veröffentlichte Rasseportraits sind eigentlich nur Clickbaits, also eine Art bessere Werbung, damit man auf deren Seite landet. Die sind häufig recht eindeutig mit KI geschrieben und wenig zuverlässig.


    Ich finde Rasseportraits von Nothilfe-Seiten häufig ganz gut, denn bei denen landen schon die Fälle, bei denen die rassetypischen Merkmale Probleme machen, dementsprechend sind die häufig nicht so rosarot.

  • Bei Rassebeschreibungen in Büchern oder auf Internetportalen schreiben die Menschen in der Regel ab, was irgendjemand anderes irgendwo geschrieben hat. In der Regel sind die Schreiber keine Halter der Rasse. Realistischer ist es sich die Vermittlungstexte bei rassespezifischen Notvermittlungen zu lesen. Tauchen dort bestimmt Sachen immer wieder auf, sind es meisten Rasseeigenschaften. (An denen die Menschen dann häufig eben gescheitert sind, weil sie es ich schön geredet haben.)


    Eine tolle Seite, die in meinen Augen den tatsächlichen Spitz (durch die Zucht auf Fellmassen und Verzwergung sind viele Spitze vom Wesen leider nicht mehr das, was sie eigentlich mal sein sollten) gut beschreibt, ist diese:


    Mistkläffer | Mistkläffer? Hackenbeißer? – Die Mär vom "falschen" Spitz

  • So... da passiert es nicht selten dass so einem Hund der im Shelter doch so nett und nur bisschen zurückhaltend war, dass dem scheinbar in seinem neuen sicheren Zuhause in Deutschland die Sicherungen durchknallen und/oder Verhaltensweisen auftauchen (Besuch wird gestellt, Ressourcenverteidigung, Angstbeißer,...) die so im Shelter niemals nicht beobachtet worden wären.

    Er war ja "so friedlich" dort.

    Vielen Dank für deine ausführliche Schilderung, wie das auch laufen kann! Da habe ich jetzt doch geschluckt und wirklich wieder was dazugelernt, denn diese Abläufe, wie du sie beschreibst, waren mir überhaupt nicht bewusst und klar. Wie du ja schon geschrieben hast, ich will definitiv keinen Auslandshund, trotzdem gilt das, was du beschrieben hast, vielleicht auch für Hunde aus dem Tierheim, bei denen man ja auch oft nicht weiß, woher sie kommen und was sie schon hinter sich haben.


    Auch deine Anmerkungen zu Rasseempfehlungen verstehe ich. Das war ein sehr hilfreicher Beitrag!

  • Der Unterschied bei einem Hund aus dem Tierheim vor Ort ist halt, dass du ihn mehrfach besuchen und kennenlernen kannst. Da gibts Gassigänge usw. Ausserdem lebt der Hund schon hier und kennt die Umwelt. Das ist bei Auslandshunden auch oft ein Problem. Selbst tiefenentspannte Auslandshunde können hier komplett anders sein weil sie ganz anders leben müssen.

  • Bei Rassebeschreibungen in Büchern oder auf Internetportalen schreiben die Menschen in der Regel ab, was irgendjemand anderes irgendwo geschrieben hat. In der Regel sind die Schreiber keine Halter der Rasse. Realistischer ist es sich die Vermittlungstexte bei rassespezifischen Notvermittlungen zu lesen. Tauchen dort bestimmt Sachen immer wieder auf, sind es meisten Rasseeigenschaften. (An denen die Menschen dann häufig eben gescheitert sind, weil sie es ich schön geredet haben.)


    Eine tolle Seite, die in meinen Augen den tatsächlichen Spitz (durch die Zucht auf Fellmassen und Verzwergung sind viele Spitze vom Wesen leider nicht mehr das, was sie eigentlich mal sein sollten) gut beschreibt, ist diese:


    http://beta.mistklaeffer.de/

    Danke für beide Tipps! Die rassespezifischen Notvermittlungen habe ich zumindest für Spitze jetzt auch entdeckt bzw. weiß, wo ich suchen muss, wenn ich schauen will, ob auf dem Weg vielleicht - nicht jetzt gleich, aber in einigen Monaten - ein Hund dabei sein könnte, der zu mir passt (und zu dem ich passe).

    Für Terrier muss ich noch schauen, wie und wo man solche Notvermittlungen findet. Besonders die Jack Russell haben es mir angetan. Kann aber gut sein, dass diese Temperamentsbündel mit Jagdtrieb und Dickschädel für mich als Anfänger nicht das Richtige wären.

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