Aus dem Leben einer Kayla

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    Willkommen in einer Welt, wo Trainer kein geschützter Begriff ist und jeder Seppel eine Prüfung machen kann, um sich Trainer zu nennen. Ja sogar du und ich.


    Nur weil sich jemand Trainer nennt, heißt es eben nicht, dass derjenige auch für dich hilfreich ist.

    Mal unter uns - mir ist ja egal was da aufm Papier steht. Jemand kann theoretisch noch so gut sein, aber ohne praktische Erfahrung ist das nix wert. Ich kann also eigentlich besser mit jemandem arbeiten, der bereits viele solcher Hunde trainiert hat selbst wenn ihm nen Schein fehlt für die Theorie :ka:

  • Auf einem Bücherflohmarkt habe ich das Buch gefunden:

    Lehrbuch der Hundesprache - Oertel u. Spörer


    Gar nicht wegen dem Wissen über Hundesprache, sondern wegen einem bestimmten Satz im Buch an dem ich hängengeblieben bin: "Es sind gerade die Unsichersten, die am meisten Aggressivität zeigen!"


    Ein souveräner und für sie sichererer und vertrauenswürdiger Hundeführer bin ich nicht, indem ich ihrem Verhalten mit derselben Energie begegne. Der Unterschied ist, dass es kein Sofortergebnis gibt wie bei manchen der erlebten Trainingsmethoden da man erst etwas aufbauen muss. Es bringt nichts, wenn ich zwar souverän bin aber sie sich nicht an mir orientiert.


    Ich glaube mittlerweile nach den ganzen Trainern, dass man in der Hundesprache gar nicht das Rad neu erfinden muss. Sondern dass weniger Schnickschnack und mehr Einfachheit und Klarheit vielleicht sogar mehr sind.


    Das hat mir im Prinzip dieses Buch gezeigt, zurück zu den basics der Hundesprache. Sie macht eigentlich sehr viel lesbares, bevor ein Konflikt überhaupt entsteht. Damit meine ich nicht bevor sie fixiert, sondern noch weiter vorher. Sich z.B. die Art des Schnüffelns verändert und andere Signale, dass sie schon in der Situation drin ist. Bevor ich als Mensch überhaupt mitbekomme, das noch um die Ecke für mich nicht sichtbar demnächst vielleicht ein Hund in unserer Richtung kommt.


    Ich kann es nicht riechen, aber ich kann ihr Verhalten sehen. Und ihr dann viel früher sagen, ich hab es bemerkt und ab hier übernehme ich die Situation. Je länger das dauert, desto eher meint sie dafür zuständig zu sein.

  • Wir haben einen Fortschritt gemacht. Sie ist nun zuverlässig aus der Situation heraus abrufbar. Meistens reagiert sie sogar sofort, manchmal braucht es eine zweite Ansprache aber dann dreht sie um, wendet sich von der Situation ab und wendet sich mir zu. Das führt dazu, dass ich sie von Situationen ablenken kann bis z.B. der andere Hund außer Sichtweite ist (oder wir um die Ecke) ohne, dass bei ihr der Stresspegel hochschießt.


    Sie ist dann mit den Übungen beschäftigt und guckt in der Zeit nicht mehr auf den anderen Hund. Auch, wenn sie den Störfaktor schon gesehen und beobachtet hatte, war sie mehrmals aus so einer Situation heraus abrufbar.


    Teilweise bemerke ich Berührungspunkte mit dem, was die vorherigen Trainer für Ideen hatten. Zum Beispiel in so einer Situation die Leine locker zu lassen. Ja, um nicht zusätzlich Anspannung rein zu bringen. Aber einfach nur lange Leine und sonst nichts zu machen, das führte nicht dazu das sie aufhörte zu pöbeln. Auch die damals erste Trainerin die meinte, man soll sie am Halsband mitziehen und zütig weiter gehen. Verstehe ich als ein Baustein eines Ganzen, aber auch nicht als alleinige Methode gegen ihre Leinenaggression.


    Was bei allen Trainern irgendwie gefehlt hatte war, ihr anstatt dem Pöbeln auch eine alternative Verhaltensweise beizubringen. Es ging immer nur darum, dass der Hund das unterlässt, aber keine Alternative was sie stattdessen tun kann. Nichts war für sie keine Option, da sie mit ihrer Aufregung die entsteht dann auch irgendwo hinmuss.


    Ich habe den Eindruck, dass sie auch für manche Ideen der Trainer noch nicht weit genug war. Bei ihr fing man ja nicht bei null an, sondern eher im Minusbereich da sie an Umweltfaktoren überhaupt nichts kannte.

  • Unser bisheriges Training (begleitet) lief eigentlich ganz Ok. Wir haben auch was für die Bindung gemacht, aber es gab auch Punkte wo ich den Sinn nicht so ganz verstanden hatte.


    Zum Beispiel ein Suchspiel unter ein paar Pylonen. Der Hund sollte warten, und dann auf Ansprache suchen gehen. Mein Problem dabei war, dass sie nach dem "such" machen konnte, was sie wollte. Also quasi freigegeben wurde. Es gab keine Zusammenarbeit, sie hat nicht nach mir geschaut und sich an mir zu orientieren wurde nicht gefördert.


    Ich hätte es gerne so gemacht, dass man ihr beibringt bei "such" die eine betreffende Pylone abzusuchen. Und wenn sie fertig ist mit dieser einen Aufgabe, dass sie sich dann wieder an mir orientiert, für die nächste Aufgabe. Also sucht, den Keks findet, mit der Aufmerksamkeit wieder zu mir kommt und sie dann das nächste "such" für die nächste Pylone bekommt. Sodass sie eben nicht (oder weniger) selbst entscheidet, also den Rahmen ihres Handlungsspielraums einfach etwas enger stecken.


    Warum wir das so nicht gemacht haben lag daran, weil ich zu machen hatte was die Trainerin für richtig hält. Das zeigte sich leider dann noch deutlicher beim letzen Mal Training.


    Kayla war an dem Tag irgendwie nicht bei der Sache, alles andere drum herum war interessanter, ihre Nase war fast nur auf dem Boden des Trainingsplatzes. Wir waren da schon 7x und die letzen Male lief es besser. Sie war zwar abrufbar aber schwer, sobald sie den Keks genommen hatte ging die Nase wieder irgendwo anders hin.


    Die Trainerin stand etwas ratlos da und meinte, was wir denn jetzt machen würden. Mein Vorschlag war, dass wir eben gucken was Kayla heute hinbekommt. Ich wurde dann etwas verständnislos angegangen, dass das nicht ihre Vorgehensweise wäre und wenn ich bei ihr trainieren möchte, dann wird es so gemacht wie sie es vorgibt. Da Kayla eben in der Situation auch die Leckerchen nicht so spannend fand, die sonst bisher aber auch funktionierten. Kann ich ja vorher nicht ahnen.


    Kayla reagiert etwas ernährungssensibel, weshalb ich noch nichts gefunden habe das lecker genug aber geeignet ist. Wenn es toll riecht/schmeckt ist meistens der Fettgehalt recht hoch, oder es sind Zusätze mit drin.


    Ich hätte die Situation als eine gute Möglichkeit gefunden, mir Handlungsmöglichkeiten zu zeigen wenn Kayla eben genau nicht mit der Aufmerksamkeit bei mir ist. Genau das ist ja ihr Kernthema, Ablenkbarkeit von der Umwelt. Sie hat die Nase auf dem Boden, interessiert sich für irgendwas anderes: Was kann ich tun um mich spannender zu machen? Ohne, dass ich bei jedem Gassi ein halbes KG Rindersteak mitnehmen muss, um sie mit Essen von jeder Situation abzulenken.


    Und irgendwann wird sie auch die schmackhaftesten Snacks langweilig finden, weil es nichts besonderes mehr ist (wir trainieren ja täglich immer ein Bisschen) und dann stehe ich da und habe wieder keine Handlungsmöglichkeit. Oder ich hab mal keinen Keks dabei oder der Beutel ist irgendwann leer, und dann stehe ich auch wieder blöd da und habe keine Ablenkung.

  • Kayla bekommt aktuell seit etwa 1 Woche Gabapentin, nicht wegen der Psyche aber ich habe gefragt ob Gaba eine Wahl wäre, da es zusätzlich Angstlösend und beruhigend wirkt. Es war das Beste was ich hätte tun können und ich ärgere mich, für sie, wirklich sehr, dass ich so etwas nicht schon viel früher durchgesetzt hatte! Da ich im November auch schon über unterstützenden Psychopharmaka nachdachte und mir das bisher leider ausreden ließ. Und doch noch weiter die Zeit abwarten usw.


    Nein, es legt sie nicht lahm, aber ein zu hoher Stresspegel verhindert, dass sie umlernen kann. Das Gaba zaubert mir keinen entspannten Hund, aber sie ist dadurch draußen ansprechbar und überhaupt fähig, Impulskontrolle zu haben, da sie nicht durch diverse Auslöser immer wieder von Stresshormonen überflutet wird und dann einfach nur noch kopflos drauf los agiert.

    Es ändert auch nichts am Training, das war mir vorher auch klar und auch nicht der Sinn dahinter. Aber es ändert für sie, dass sie mit Stressfaktoren überhaupt anders umgehen kann. Und ich finde es auch nicht fair für sie, einem Hund der das scheinbar nicht selbstständig umsetzen kann, das weiter und weiter abzuverlangen und es einfach auf die Zeit zu schieben.


    Sie kann sich seitdem draußen viel mehr wie ein normaler Hund verhalten, ist bei Spaziergängen deutlich mehr mit Zeitunglesen beschäftigt weil sie irgendwelche Menschen und alles drum herum viel weniger interessieren. Ja, sie ist weiterhin wachsam, aber sie guckt und geht dann auch weiter ohne zu starren und immer die ganze Welt kontrollieren wollen zu müssen.


    Ich habe es auch mit einer Psychiaterin und Verhaltenstherapeutin aus der Humanmedizin besprochen, für die war das nicht verwunderlich, dass Kayla es bei dem Stresspegel und der langen Zeit in der sich ihr Verhalten eingefahren hat, nicht durch Training alleine schafft. Manchmal braucht es dann ein Psychopharmaka, um den automatischen Verhaltenskreislauf erstmal zu durchbrechen und um die Erfahrung zuzulassen, dass die Welt wirklich nicht untergeht, wenn man sich nicht gegen alles verteidigt.


    Die meisten Tiermediziner sind nur leider keine Psychologen und Neurotransmitter wie Gaba und Glutamat waren bisher leider auch kein Thema bei Tierärzten. Ein Ungleichgewicht kann (ebenso beim Mensch) auch zu psychischen Symptomen führen.


    Besondere Bedeutung für die Wirksamkeit von GABA hat der Neurotransmitter Serotonin, der die GABA-Synthese stimuliert und die GABA-Rezeptoraffinität erhöht. Bei Serotoninmangel ist auch die Wirksamkeit von GABA eingeschränkt. Weitere GABA-Mimetika sind Theanin, Taurin und Rhodiola, die ebenfalls am GABA-Rezeptor angreifen und die GABA-Wirkung verstärken. Dazu kommt bei einigen wie z.B. Taurin ein Glutamat-antagonistischer Effekt.


    GABA wirkt anxiolytisch, analgetisch, relaxierend, antikonvulsiv und blutdruckstabilisierend. Außerdem besitzt GABA eine noch über Serotonin und Melatonin hinausreichende schlaffördernde Wirkung.


    Komplikationen des GABA-Mangels sind Heißhunger auf Zucker/Süßigkeiten, Parästhesien, Muskelverspannungen, Ohrgeräusche (Tinnitus), veränderte Geruchsempfindungen, nächtliches Schwitzen, Hyperventilation, Tachykardien, Gedächtniseinbußen, Impulsivität, Ungeduld, Ängste.

  • Es ist so schön :( Sie hat sich die letze Zeit sehr positiv verändert, neu hinzu gekommen sind an sich normale Verhaltensweisen, die aber auch zeigen dass sie lockerer wird und die erhöhte Wachsamkeit immer mehr ablegt.


    Wir haben miteinander gespielt, völlig ausgelassen herum geblödelt und sie war einfach für diese Zeit so losgelöst und hat gar nicht daran gedacht, zu meinen aufpassen zu müssen. Sie hatte sogar angefangen im Spiel zu brummeln (kein Brummen und auch nicht böse, sondern normale Spiellaute) und andere Töne von sich zu geben, und sie war im ersten Moment kurz perplex, dass diese Geräusche von ihr kommen. So ausgelassen hatte sie bisher noch nie gespielt.


    Sie ist nun auch nicht mehr so im Stress draußen, sodass sie mehr bewusst von ihrer Umwelt mitzubekommen scheint. Anstatt in ihrem Film festzustecken und pauschal schon mit hochgekrämpelten Ärmeln herum zu laufen, haben wir nun die Ruhe um oft einfach stehen zu bleiben und sie sieht dann auch selbst, dass alles in Ordnung ist.

    Früher konnten wir natürlich auch stehen bleiben, aber sie war so am permanenten Abchecken der Umwelt, dass wenn sie nach links geguckt hat sie nochmal nach rechts geguckt hat, denn vielleicht kam da zwischenzeitlich ja was. Also selbst wenn tote Hose war, hörte sie nicht auf permanent darauf vorbereitet zu sein, dass falls doch irgendwas kommt.


    Man hat ihr das neulich richtig angesehen, dass sie nun dastand, sich umgeguckt hat und aussah als würde sie sich darüber wundern dass überall tote Hose ist und es keinen Grund für Stress gibt. Sie hatte erstmal wieder ihr übliches "ich bereite mich schonmal vor" Verhalten aufgebaut, Ohren hoch, Anspannung nahm zu (ohne, dass da irgendwer war, außer ne Wegkreuzung..) und dann standen wir da, sie guckte sich um und merkte selbst, da ist gar nichts. Der Gesichtsausdruck... xD


    Der Unterschied zu vorher ist, dass sie nun fähig ist sich auf die Situation einzulassen und zu bewerten, also zu überlegen bevor sie handelt und nicht pauschal zu handeln, und auch bisheriges Verhalten umzulernen.

    Wir beobachten draußen gerade sehr viel, es wirkt so, als ob sie die Umwelt neu kennen lernt. Von der anderen Straßensteite aus beobachten wir z.B. Menschen, die da einfach laufen und sie macht jedes Mal die Erfahrung, dass überhaupt niemand von denen was von ihr will. Die sind da und laufen da rum, aber es passiert auch gar nichts wenn sie nicht wachsam ist. Sowas wäre vorher bzw. war vorher nicht möglich, da sie immer pauschal damit rechnete, dass irgendwas passieren könnte.


    Ich muss sie aber immernoch oft daran erinnern, dass alles in Ordnung ist, da sie manchmal beim Gassi auch automatisch (also ohne Stressfaktor) wieder in diesen Modus zu kommen scheint. Sie fängt dann wieder gestresst an, stärker zu ziehen, Gesichtsausdruck ist wieder so im Tunnelblick und ich muss sie kurz ansprechen, damit sie wieder bei der Sache ist.


    Alle anderen Tipps von vorher, wie das "Schau" sind für sie nun auch besser umsetzbar. Und wenn doch ein Stressfaktor wie ein fremder Hund auftauchen sollte, dann kommt sie vor allem danach auch wieder zeitnah runter. Es war dann aufregend Ok, dann schnaufen wir durch und dann kann sie es aber auch wieder abhaken und entspannt weiter gehen.

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