Wie zielführend sind künstliche Trainingssituationen für Impulskontrolle und Co.?
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Hi,
ich bin jetzt seit etwas mehr als einem Jahr Hundehalter, habe mich aber auch vorher schon sehr für Training interessiert, viele Bücher gelesen und Podcasts gehört. Ich kenne viele Trainingsansätze, Lerntheorie, usw. - mich fasziniert das Thema einfach und ich sauge alles auf.
Da mich das Thema begeistert, waren wir auch viel in der Hundeschule. Angefangen beim Welpen- und Junghundekurs, haben wir auch noch Themenkurse wie Leinenführigkeit, Rückruf, usw. besucht. Vieles davon hat großen Spaß gemacht und ich war oft fasziniert davon, wie schnell man zum Ziel kommt, wenn man den richtigen Ansatz hat.
Mittlerweile stelle ich mir aber mehr und mehr die Frage, wie zielführend manche Ansätze sind. Als Beispiel würde ich mal das Deckentraining nehmen, das sehr gerne für Frustrationstoleranz und Impulskontrolle gemacht wird. In einem Kurs, in dem ich war, wurde das wirklich sehr intensiv geübt. Insgesamt haben wir 5 Stunden fast ausschließlich Deckentraining gemacht, jeweils mit steigender Ablenkung und Hausaufgaben.
In der Stunde sah das dann so aus, dass die 8 Hunde jeweils auf ihren Decken liegen sollten und um sie herum passierte Ablenkung. Das ging damit los, dass ein Hund von der Decke durfte und zwischen den anderen hergelaufen ist (an der Leine) und endete mit starken Bewegungsreizen mit Nerf-Pistolen und herumgeschmissenen Futter. Dazwischen dann die Besitzer, die Leckerlis in die Hunde stecken, wenn diese auf der Decke bleiben.
Spätestens bei der 3. Wiederholung hat mich das sehr zum Nachdenken gebracht, weil das eine unglaublich künstliche Situation war, die uns sicherlich nie mehr so passieren wird. Mir ist klar, dass man künstliche Trainingssituationen herstellen muss, um die Schwierigkeit zu erhöhen, aber ich frage mich, inwieweit solche Übungen überhaupt zielführend sind. Kann man wirklich Frustrationstoleranz und Impulskontrolle mit extremen Trainingseinheiten verbessern?
Nicht falsch verstehen: ich halte Deckentraining für sinnvoll. Auch unsere Hündin muss ab und an auf ihrer Decke liegen bleiben, z.B. wenn wir in Ruhe essen wollen oder im Restaurant. Mit kleinen Korrekturen kann sie das auch problemlos. Interessanterweise ist sie aber im Kurs so richtig schlecht. Sie will nicht mal zu den Reizen rennen, sondern sie steht einfach auf und will etwas anderes machen. Teilweise hat sie mir in der Situation auch schon Tricks "angeboten", so frei nach dem Motto: "OK, ich habe jetzt 10 Minuten rumgelegen, können wir jetzt was sinnvolles machen, wenn wir schon draußen sind?".
Mich würde mal eure Meinung und Erfahrung dazu interessieren. Denkt ihr das "extremes" Deckentraining oder andere Übungen wirklich helfen?
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Hi
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Wir haben das auch so gemacht und uns hat das super viel gebracht.
Da haste ja genau den Frust ( Hund will lieber was anderes machen ) und wenn man das Mal durchsetzt , hat man bei vielen Sachen ein Stein im Brett ( also auch ganz andere Thermen).
Aber ich vermute die Mehrheit, sieht das anders .
Ich persönlich hab auch schon Stunden aus diskutiert und danach war die Sache für immer gegessen .
Die Mehrheit ist aber, denke ich , der Meinung ,dass in Frust Reinsteigern nichts bringt.
Man muss es halt schon bis zum bitteren Ende aussitzen . Auch wenns Stunden sind .
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Naja, also das allermeiste, was man so in der Hundeschule macht, dient ja eigentlich nicht (nur) dazu, dass der Hund da jetzt in diesem Moment was lernen soll, sondern der Halter lernt, wie er seinem Hund bestimmte Dinge beibringt.
Klar kann man einfach so ne Stunde mitmachen und hoffen, dass der Hund das auf möglichst viele Situationen überträgt, aber Sinn ist ja eigenltich, dass man das eben außerhalb der Schule im Alltag in möglichst vielen Situationen trainiert, wenn man möchte, dass etwas möglichst gut klappt...
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Ich glaube, das kommt auch etwas drauf an wofür man es braucht. Ich finde es gut und übe das mit allen Hunden von Anfang an regelmäßig. Zum einen für den Sport (Der Hund muss in der Ablage bleiben, egal was um ihn herum geschieht. Schüsse, Abrufen des anderen Hundes etc.) zum anderen nutze ich es auch in der Freizeit. Das hat hier u.a. schon oft bei Wildsichtung geholfen. Ein scharfes "Platz" bedeutet hier immer "Du bleibst liegen, bis ich was anderes sage und egal was um dich herum passiert". Je besser das klappt, desto mehr Freigang ermögliche ich.
Hund soll allerdings keinen Frust schieben dabei, sondern eher in konstanter Erwartungshaltung bleiben (den Fokus auf mich gerichtet). Leckerlis fliegen hier übrigens nur zum eigenen Hund als Bestätigung.
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Also wir besuchen zb Leinenbegegnungstraining in unserer HS. Dort verhält sich Rose wie ein Streber und reagiert gar nicht auf die Hunde. Sie lernt so aber in niedriger Erregungslage hinschauen und wegschauen, bzw. ruhiges vorbei gehen
Hier liegt es dann bei mir das ins echte Leben zu übertragen und die Reizlage langsam zu steigern.
In der HS bekommst du halt einfach die Werkzeuge an die Hand.
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Frustrationstoleranz übt man im Alltag, es macht trotzdem Sinn einen Gehorsam unter Ablenkung zu trainieren und wenn man da konsistent ist, dann adaptieren die Hunde das natürlich auch aufs gesamte Leben.
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Wenn mein Ziel ist, etwas Neues aufzubauen: Sehr sinnvoll.
Wenn mein Ziel ist, dass Hund im Alltag besser mit Verlockungen umgehen kann: Gar nicht sinnvoll.
Ich halte allerdings eh nicht viel von dem Konzept, dass man einem Hund Impulskontrolle (geschweige denn Frustrationstoleranz) im Sinne einer Persönlichkeitsentwicklung oder -veränderung beibringen kann.
Ein von Grund auf impulsiver Hund ist halt impulsiv. Ein von Grund auf schnell frustrierter Hund ist halt schnell frustriert. An solchen Persönlichkeitsmerkmalen kann man meiner Meinung nach nicht grundlegend was ändern.
Was ich aber machen kann: Dem Hund bessere Strategien an die Hand zu geben, um mit seiner Impulsivität und dem Frust umgehen zu können.
Ich kann meinem Hund zum Beispiel beibringen, dass es für ihn lohnenswerter ist, auf der Decke zu bleiben, als dem Impuls, aufzustehen, zu folgen. Und das kann man zunächst sehr gut in gestellten Situationen üben.
Aber dass der Hund dadurch prinzipiell von seiner Persönlichkeit her weniger impulsiv wird? Nee, daran glaube ich nicht. Falls jemand diesbezüglich ne Studie hat, die das Gegenteil beweist, immer her damit. Ich bin bislang jedenfalls fest davon überzeugt, dass ich durch Training zwar Verhalten, nicht aber den Charakter formen kann.
Das heißt für mich dann auch: Das, was ich in einer gestellten Situation erarbeitet habe (hier: "Es lohnt sich, auf der Decke zu bleiben"), muss ich dann noch auf meinen Alltag übertragen.
Je intensiver ich das mache, umso eher generalisiert der Hund natürlich und umso öfter wird er das gewünschte Verhalten in vergleichbaren Situationen von sich aus anbieten.
Aber eben vergleichbar. Das so gern verkaufte Prinzip schlechter Hundetrainer, dass der Hund gefälligst vorm Futternapf zu warten hat, damit er draußen aufhört, andere Hunde anzupöbeln, ist meiner Erfahrung nach einfach Blödsinn. Wie soll ein Hund da die Verbindung herstellen?
Ähnliches gilt meiner Meinung nach auch für die Frustrationstoleranz.
Zweifellos kann ich meinem Hund dabei helfen, mit seinem Frust umzugehen. Ich kann ihm zeigen, dass man sich statt zu schnappen und zu beißen z.B. an einem Kauknochen abreagieren kann. Oder dass der Frust auch nicht aufhört, solange man quietsch-kreischend das Auto zusammenschreit. Das kann ich natürlich auch erstmal stellen, um bei dem richtigen Level an Frust einen Fuß in die Tür zu bekommen. Wobei sich mir da der Sinn nicht erschließt, denn Frust gibt es ja auch im Alltag zuhauf.
Kurz gesagt, meine Meinung: Ich kann das Verhalten, das durch Emotionen wie Frust entsteht, durch entsprechendes Training steuern und lenken. Ich kann auch für eine Generalisierung auf vergleichbare Situationen sorgen.
Aber dem Hund die Emotionen und Charakterzüge an sich abzuerziehen, das funktioniert für mich nicht.
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Naja, also das allermeiste, was man so in der Hundeschule macht, dient ja eigentlich nicht (nur) dazu, dass der Hund da jetzt in diesem Moment was lernen soll, sondern der Halter lernt, wie er seinem Hund bestimmte Dinge beibringt.
Klar kann man einfach so ne Stunde mitmachen und hoffen, dass der Hund das auf möglichst viele Situationen überträgt, aber Sinn ist ja eigenltich, dass man das eben außerhalb der Schule im Alltag in möglichst vielen Situationen trainiert, wenn man möchte, dass etwas möglichst gut klappt...
Ich glaube genau da liegt mein Problem: ich habe nach der allerersten Lektion "Deckentraining" im Welpenkurs verstanden, wie man den Hund auf die Decke bringt, wie man ihn zurückschickt und wie man entsprechendes Bleiben auf der Decke belohnt. Haben wir viel zu Hause gemacht, wenn es an der Tür geklingelt hat, wenn Besuch da war, im Café usw. Alles kein Problem, vor allem lässt sich das oft gut in den Alltag integrieren.
Aber der Ansatz, wenn Hundetrainer Deckentraining über mehrere Stunden hinweg machen, muss ja schon irgendwo sein, dass ein Lerneffekt eintritt. Eine Stunde, wir laufen um die Hunde herum, es läuft mal jemand quer oder ein Fahrrad fährt vorbei - kann ich sehr gut nachvollziehen, so ist der Alltag.
Aber wenn dann ab der 2. Stunde jedes Mal gefühlt einfach eine noch lautere und gruseligere Blaskapelle durch die Hunde marschiert - habe ich dann noch irgendeinen Lerneffekt?
In der 4. Stunde wurde von der Trainerin und der Praktikantin laut kreischend mit den Nerf-Pistolen geschossen, immer wieder über die Hunde hinweg. Da ist bei mir auch noch die Frage aufgekommen, wie fair es eigentlich ist, dass ich von meinem Hund verlange ruhig liegen zu bleiben, während Schaumstoffpfeile über ihn fliegen und Leute wild umherlaufen. Mein Bauchgefühl wäre da, dass der Hund aus der Situation rausgehen soll.
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Ein Trainer muss in einer Gruppe auf alle Rücksicht nehmen. Nicht jeder versteht einen Übungsaufbau sofort. Da bitte nicht von dir auf andere schliessen, das wäre überheblich.
Und vor allem nie von deinem Hund auf andere Hunde schliessen. Nur weil dein Hund das so toll anbietet, heisst es nicht, dass es bei anderen Hunden ebenso einfach geht. Das ist teilweise richtig viel Arbeit. Das muss ein Trainer ebenfalls berücksichtigen.
Ein Trainer muss seinen Schülern in einem geschützten Umfeld Dinge erklären , zeigen, korrigieren. Da hilft ein Aufbau einer Übung in ganz ruhigem Umfeld indoor, oder auf einer eingezäunten Fläche, oder am Waldrand ohne Publikum.
Erst wenn das funktioniert und verstanden wurde, kann man mit den Schützlingen in die "freie Wildbahn" und dort trainieren.
Die Ablenkung von Beginn an einzubauen wäre für Mensch und Hund viel zu hoch, um überhaupt die Basics eines Aufbaus umzusetzen. Es würde keinen Nutzen bringen.
Jemand, der bereits Erfahrung im lernen und lehren hat, kann mit seinem Hund gezielter direkt an Ablenkungen im Alltag ran und da trainieren. Aber keine Anfänger. Was ihr ja seid.
Deckentraining ist enorm wertvoll und hat nichts damit zu tun, ob der Hund zu Hause auf seine Liegedecke geschickt wird. Das Deckentraining ist wie ein Target, welches korrekt aufgebaut ein Ruheort, ein Pausenort oder ein "bleib da" Ort werden kann. Egal was rundherum läuft, bleib da. Ohne dich aufzuregen. Komm da in die Ruhe. Das wird aber zuerst klassisch konditioniert, nicht über Impulskontrolle am Anfang aufgebaut. Nach der Konditionierung kommt das Verständnis, dann das Handzeichen, das Kommando. Und dann die Ablenkung.
In vielen Hundesportarten ist die Decke mega wertvoll.
Wenn du mit dem Vorgehen des Trainers nicht einverstanden bist oder das Vorgehen nicht verstehst, frag ihn. Er wird nen Plan haben - hoffentlich.
Am Ende sind das alles Trockenübungen. Gefestigt wird das im Alltag, unter anderen Konditionen. Aber da auch wieder: je grösser die Ablenkung, desto kleinschrittiger muss aufgebaut oder bestätigt werden.
Impulskontrolle gezielt trainieren passiert ja immer. Täglich. Überall. Jedes kleine sich zurück nehmen ist Impulskontrolle und sollte gemarkert werden. Das passiert hunderte Male überall im Alltag. Ist man aufmerksam, kann man das einfangen, ohne gezielt üben zu müssen. Auch da wird die Ablenkung aber langsam gesteigert. Zuerst muss das Verständnis geformt werden, damit der Hund merkt dass es sich lohnt, sich zurück zu nehmen. Dann zeigt er das Verhalten immer öfter.
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Insgesamt haben wir 5 Stunden fast ausschließlich Deckentraining gemacht, jeweils mit steigender Ablenkung und Hausaufgaben.
Mich würde mal eure Meinung und Erfahrung dazu interessieren. Denkt ihr das "extremes" Deckentraining oder andere Übungen wirklich helfen?
Deine Frage ist ja, ob dieses Vorgehen hilft.
Und ich frage mich, was ist denn das Ziel?
Der Hund/die Hunde lernen: auf dem Hundeplatz bleib ich auf der Decke liegen, auch wenn die Menschen sich verhalten wie "Bugs Bunny auf Ectasy" (veralteter Begriff), heute würde ich sagen, wie ein schwerer Fall von "Neurodiversität des Typs ADHS".
Andererseits üben ja ganze Generationen von Hunden in Deutschland und überall, wo Hundesprütprüfungen "gelaufen" werden, für die Begleitundprüfung "die Ablage".
Mal mit SCHUSS mal ohne, aber immer mit Ablenkung.
5 Stunden nur Ablage? Ich meine das kostet doch bestimmt Geld. Hier kostet eine Stunde zwischen 15 udn 25€ Mal 5 ist das ja eine ordentliche Summe.
Die Ablage auf einer Decke zur Ablage im Sportbereich ist zwar evt. einmal in Anspannung und einmal als releaxtes Liegen, aber es bleibt ein Signal und niemand wünscht dann, dass der Hund dabei genervt wird.
Ich persönlich würde an dem Verstand meiner Hunde zweifeln, wenn die allen ernstes dort liegenbleiben, wenn so ein Chaos um sie rum herrscht, es sei denn ich bin direkt neben meinem Hund und passe gut auf, was diese "verückt gewordenen Trainer um uns rum veranstalten". Allerdings würde ich wahscheinlich versuchen, die aus ihrem "Tunnel" rauszuholen und ihnen Baldrian Tee anbieten.
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Hallo
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