Ruheübungen für grundnervösen Hund

  • Hallo in die Runde,


    ich hab einen jungen Rüden vom Modell nervös und glotzig.

    Wir haben das „Problem“, dass der kleine Mann sich ziemlich gut hochfahren kann.

    Wenn wir zB spazieren sind und ich stehen bleibe, um ihn etwas zurück auf den Boden zu holen bzw Ruhe in das ganze zu bringen, fängt er nach einer Weile an zu fiepsen und steigert sich da gut rein. Ganz schlimm ist das ganze im Training mit anderen Hunden. Wenn er selber arbeitet absolviert er seine Aufgabe mit Bravour. Wenn allerdings die anderen dran sind fiepst, jauelt und bellt er unendlich. Wenn er sich dann weiter rein steigert leidet auch die Qualität seiner Arbeit, weil er sich nicht mehr konzentrieren kann. Das ist uns leider bei unserer letzten Prüfung (Dummy) zum Verhängnis geworden. Er ist so hysterisch geworden, dass er nichtmehr klar denken konnte.


    Wir bauen im Alltag viel ein, dass er mal auf seinem Kissen bleiben muss, dass er erst aus dem Auto darf wenn er ruhig sitzt bzw danach wird neben dem Auto Sitz gemacht und gewartet bis es los geht. Ich werfe auch gerne mit Bällen um mich, die er nicht holen darf. Das klappt alles sehr gut.


    Meine Frage wäre ob ihr noch weitere gute Übungen kennt, die Ruhe und ggf Frustrationstoleranz fördern?

    Könnte ich eine ganz bestimmte Decke als Aus-Knopf konditionieren, dass er auch im Training und auf Prüfungen entspannen kann?

  • Ich würde "angebunden warten" bzw "auf Decke warten" nochmal neu aufbauen. Habe das mit meinem Hund auch so gemacht, weil er eine hohe Erwartungshaltung hatte auf dem Hundeplatz und beim Warten Theater gemacht hat, wenn ich "weg" gegangen bin.


    Der Ansatz war so hochfrequent zu belohnen, dass es nicht zu Fehlverhalten kommen kann.

  • Manchmal hilft es ja den Hund zwei Tage mal in Ruhe zu lassen. Pipi-Runden und dann wieder nach Hause und schlafen.

    Zuhause den Hund mal nicht hinterherlaufen lassen, keine Übungen machen, nur nebenher leben.

  • Du hast eine Arbeitsmaschine. Da ist dieses Thema ein ganzes Geflecht aus Tagesablauf, konkretes Training etc ... da kann man jetzt schlecht einfach einen Tipp hinwerfen und dann wird's besser.

  • flying-paws

    Hat den Titel des Themas von „Ruheübungen für Grundnervösen Hund“ zu „Ruheübungen für grundnervösen Hund“ geändert.
  • Ich glaube auch nicht, dass du jetzt DIE Übung mit ihm machen kannst und er fährt sich runter. Eher wird der Frust und die Anspannung immer mehr, bis er endlich aufstehen darf.


    Kann es sein, dass euer Hund euch trotz seiner Jugend schon so viel angeboten hat, dass ihr ihn mit dem Training überfordert habt? Er ist grad erst ein Jahr alt und es hört sich an, als hätte er schon einen sehr vollen Trainingsplan.



    Wenn ihr möchtet, erzählt doch mal, was ihr mit dem Hund so macht in einer durchschnittlichen Woche. Vielleicht findet sich was, wo ihr dran drehen könnt.

  • Ich habe mal Deinen anderen Thread überflogen, als er 6 Monate alt war. Ich glaube, dass du eventuell zu früh zu viel mit ihm gemacht und gefordert hast. Wenn diese Annahme zutreffen würde, dann könntest du das Problem nur mit einer grundsätzlichen Veränderung eures Alltags angehen.

  • Ich habe auch so ein Modell (jetzt 14 Monate, GR-Rüde), der fiept und bellt, wenn er den anderen beim Training zusehen muss.


    Damit kann ich keine Prüfung gehen.


    Natürlich wurde mir auch von manchen empfohlen, ihn das einfach aushalten zu lassen, ihn erst dann "zum Zug" kommen zu lassen, wenn er aufgegeben hat und ruhig ist.


    Habe ich nicht gemacht.


    Statt dessen beobachte ich ihn genau, und nehme ihn aus der Situation raus, sobald ich meine, dass er jetzt wieder kurz vorm Losfiepen ist.


    Ich habe mich dann einfach von der Trainingsgruppe entfernt, und mich mit ihm befasst - Fußübungen, kleine Dummy-Gehorsamsübungen, halt kleine Beschäftigungen, die das Gelände und Umfeld hergaben, ohne dass ich den Trainingsbetrieb störe.


    Auch mal so viel Abstand nehmen wie nötig, und ihn dann ins Platz legen.


    Ihn - mit Abstand natürlich - auch mal Anbinden, ins Platz legen, und dann selber auf 10m Abstand gehen.


    Es ist deutlich weniger geworden, die Zeiten, die er mittlerweile aushält ohne durch Fiepen zu zeigen dass er über seiner Frustrationsschwelle hinaus ist, sind deutlich länger geworden.


    Ich setze da auch auf die Zeit - denn er wird ja auch älter, und reifer, und, mit meiner Hilfe, eben auch resilienter gegenüber Frust.


    Was immer noch problematisch ist, ist die Arbeit in großen Gruppen, wenn noch 7 weitere Hunde mit beim Training sind.


    Derzeit habe ich das Glück, mich in einer kleinen Gruppe (2 bzw. ab nächsten Sonntag 3 weitere Hunde im Training) auf die Dummy A vorbereiten zu können, die für Frühjahr 25 angedacht ist.

    Da sind die Wartezeiten, bis er wieder dran ist, nicht so lang wie in einer großen Gruppe, wo die Hunde ja auch je nach Aufgabe unterschiedlich lange "arbeiten"; Was für ihn nach wie vor schwierig ist, wo ich mich also mit ihm ab-/umlenkend befasse, sind Hunde, die mit vielen Hilfen durch den Führer und sehr lange Zeit benötigen für eine Aufgabe.


    Aber auch das lernt er noch, dazu braucht es Zeit - und er ist noch so jung, da bekommt er alle Zeit die er braucht, um die nötige Ruhe lernen zu konnen.


    Ach ja - zum Training nehme ich immer einen größeren Kausnack mit, den bekommt er so ungefähr nach 2/3 des Trainings, natürlich mit größerem Abstand zu den anderen Hunden, und ich achte darauf, ihn so zu legen dass er ohne direkte Sicht auf die arbeitende Gruppe frisst.


    Das ist mein Weg - und wie schon geschrieben, es ist deutlich besser geworden.


    Beim letzten Training in der großen Gruppe vor 4 Wochen hat er genau ein mal gebellt - und da habe ich gepennt, weil ich blöde Kuh im Gespräch mit einer anderen Hundehalterin war ... :headbash:


    Beim Training in der kleinen Gruppe (3 mal bisher) war er komplett ruhig, hibbelte zwar auch manchmal, aber eben ohne Lautgebung.


    Ich trainiere das, seit er 11 Monate alt ist.

  • Wenn wir zB spazieren sind und ich stehen bleibe, um ihn etwas zurück auf den Boden zu holen

    Wenn allerdings die anderen dran sind fiepst, jauelt und bellt er unendlich.

    Wir bauen im Alltag viel ein, dass er mal auf seinem Kissen bleiben muss, dass er erst aus dem Auto darf wenn er ruhig sitzt bzw danach wird neben dem Auto Sitz gemacht und gewartet bis es los geht. Ich werfe auch gerne mit Bällen um mich, die er nicht holen darf.

    Meine Frage wäre ob ihr noch weitere gute Übungen kennt, die Ruhe und ggf Frustrationstoleranz fördern?

    Du forderst von deinem Hund scheinbar ganz arg viel Frust-Aushalten ein. Allein eure Spaziergänge stelle ich mir (zumindest so, wie du es beschrieben hast) wahnsinnig anstrengend und frustrierend für den Hund vor.


    Er freut sich, dass es endlich losgeht, muss aber vor dem Aussteigen aus dem Auto erstmal warten. Wenn er es dann mal geschafft hat, sich runterzufahren, darf er endlich rausspringen - und muss direkt wieder warten.

    Dann spaziert ihr endlich los und schon bleibt ihr wieder stehen und der Hund soll ruhig warten.

    Wenn dann noch irgendwo noch ein Ball fliegt, dem der Hund auch nicht hinterher darf... Joa, ich wär als Hund ehrlich gesagt auch ziemlich gefrustet.


    Hat dein Hund denn die Möglichkeit, seinen Frust auch mal abzubauen? Weiß er überhaupt, wie er das tun kann?


    Frust-Aushalten einzufordern führt nicht automatisch zu einer größeren Frustrationstoleranz. Erstmal entsteht dadurch einfach nur viel Frust.

    Wenn der Frust für den Hund zu bewältigen ist, er also einen entsprechenden Ausgleich in der Situation oder im Alltag bekommt und das Frust-Level genau an seinen Lernstand angepasst ist, dann kann ein Lerneffekt eintreten. Aber mit dem Motto "Viel hilft viel" überforderst du den Hund einfach nur gnadenlos.


    Zumal gerade so aktive Hibbels sich ja ganz besonders schwer damit tun, mit Frust umzugehen. Und in dem Alter sowieso.

    Für die ist eine ganz kleine Frustration schon enorm schwierig zu bewältigen. Heißt das Training muss nicht mehr, sondern eher weniger (und vor allem sehr viel kleinschrittiger!) erfolgen als bei vielen anderen Hunden.


    Bei meinem eigenen Hibbel habe ich zu Pubertätszeiten auch erst versucht, intensiv Impulskontrolle und Frustrationstoleranz zu trainieren. Wurde ja vom Trainer so verordnet. Und bloß nicht nachgeben, wenn der Hund noch hibbelig ist. Geduld, Ruhe und Konsequenz, dann wird das schon, jaja...


    Fakt ist: Es wurde nicht. Weil der Hund es einfach gar nicht leisten konnte.

    Ich bin dann den anderen Weg gegangen und habe alles, was Impulskontrolle und Frustrationstoleranz braucht und vor allem meine eigenen Anforderungen an den Hund ganz massiv zurückgefahren.


    Statt den Hund ewig im Kofferraum warten zu lassen, bis er sich wie von Geisterhand von selbst beruhigt, hat mir ein kurzer Augenkontakt vor dem Rausspringen gereicht.

    Das elendige Warten, bevor wir losgehen, habe ich ebenso gestrichen. Ein Augenkontakt und ab geht's.

    Deckentraining gab's nur dann, wenn es wirklich nötig war.

    Leinenführigkeit habe ich nur in ganz kleinen Dosen an guten Tagen geübt, alles andere war Schleppleine oder Freilauf.

    So Spielereien wie nen Ball zu werfen oder so habe ich da schon nicht gemacht, weil ich davon eh nicht allzu viel halte. Aber auch das hätte ich spätestens dann gelassen.


    Kurz: Ich habe erstmal dafür gesorgt, dass mein Hund seinen ganzen Frust abbauen kann, ohne dass ständig neuer Frust dazukommt. Einfach mal Hundedinge machen, ganz ohne große Anforderungen. Und ich war damals echt überrascht, wie viel mehr Gelassenheit der Hund von sich aus mitbringt, wenn er nicht von mir dauergestresst und dauergefrustet wird.


    Klar habe ich dann nach und nach wieder mehr von ihm erwartet. Mal 3 Sekunden länger im Auto warten, bis er rausspringen darf, mal 2 Minuten am Stück leinenführig laufen und sowas. Aber immer in ganz geringem Umfang, so dass der Hund es eben gut bewältigen kann. Und ich habe immer darauf geachtet, dass er eben einen entsprechenden Ausgleich hat.


    Wenn ein Hund glücklich und zufrieden ist und einen erfüllenden Alltag hat, in dem er überwiegend positive Emotionen erlebt, dann schafft das Ressourcen, um auch mal mit kurzzeitigen negativen Emotionen umzugehen.

    Hat ein Hund diese Ressourcen nicht, weil er seinen Alltag eh schon als total anstrengend und frustrierend empfindet, wird das nichts.

  • Und kleiner Nachtrag zum Umgang mit dem Hund in Stress- und Frustsituationen: So wie du das schreibst, klingt das, als müsste dein Hund aktuell selbst mit seinem Stress und Frust klarkommen und du erwartest, dass er sich halt irgendwie eigenständig runterfährt.


    Bei manchen Hunden funktioniert dieser Ansatz, aber eben nicht bei allen.

    Wenn du ein durchsetzungsstarkes, sehr proaktives Exemplar hast, entwickelt dein Hund vielleicht ganz eigene Methoden, um mit seinem Stress umzugehen. Bellen oder in irgendwas reinbeißen zum Beispiel. Eben Dinge, die du so nicht haben willst.


    Mit meinem Wissen von heute würde ich immer versuchen, den Hund in solchen Situationen eng zu begleiten und ihm kleinschrittig zu zeigen, wie er mit seinen Emotionen sinnvoll umgehen kann.

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