"Psycho"-Labrador und keine Lösungsansätze mehr
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TEIL 1
Hallo miteinander...ja, das wird jetzt ein etwas längerer Text, aber glaubt mir: es lohnt sich ;-)
Als langjährige Hundehalter, auch mit vorherigen "Problemhunden", ist im Juli 2023 ein Labradorweibchen aus der Arbeitslinie mit 8 Wochen bei uns eingezogen (Züchter).
Bis zum ca. 5-6. Lebensmonat war auch alles wunderbar. Wir haben die Sozialisierungsphase gut genutzt, hatten sie überall mit hingenommen und haben sie auch früh an unterschiedliche Eindrücke gewöhnt. Wir wohnen auf dem Land. D.h. neben Autos, Fahrradfahrern und LKW auch Pferde, Kühe, Ziegen und Traktoren,etc.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir tatsächlich der Meinung: Läuft!
Jedoch kippte das Ganze leider gefühlt "über Nacht" zwischen dem 5. und 6. Lebensmonat. Zunächst dachten wir "Ja klar, Junghundezeit jetzt geht es los", aber das Verhalten kippte ab diesem Zeitpunkt ins absolute Extrem:
Die sonst entspannenden Gassirunden arteten unmittelbar darin aus, dass unsere Hündin mit einer einzigen Stressfratze draußen unterwegs ist, man im Prinzip keinen einzigen Meter gehen kann, da sie absolut "drüber" in alle Himmelrichtungen rennt/sprintet (an der Leine) und sich massivst am Boden festsaugt und nicht mehr weiß wo vorne und hinten ist.
Schaut man dem Hund ins Gesicht.....das ist nicht mein Hund, das ist irgendwas anderes....komplett anderes Gesicht.
Gleichzeitig genügten hier nun schon kleinste Impulse, um direkt in eine Übersprungshandlung zu fallen.....beißen.Ein Vogel fliegt am Himmel vorbei.....Hund hängt am Arm.....eine Autotür fällt zu....Hund hängt am Arm. Hierbei beließ sie es auch nicht auf ein oder zwei Versuche, nein.....5-7x hat sie immer angesetzt, so dass im Prinzip nur das "auf die Leine treten" geholfen hat.....danach war es ein reines Glücksspiel, ob man ohne weitere Attacken noch bis nach Hause kam.
Auch waren wir mit ihr neben dem Welpenkurs auch anschließend in drei aufbauenden Junghundekursen, die jeweils mehrere Wochen gingen. Hier musste ich immer 60 Minuten vorher da sein, damit ich den Hund soweit im Griff habe, dass ich am Kurs teilnehmen kann....und teilnehmen heißt nicht unbedingt mitmachen.
Im 7. Monat hatten wir dann einen Schlüsselmoment. Ich war ungefähr 300 Meter auf geradem Feldweg entfernt (unmittelbar bei unserem Haus)....als plötzlich eine etwas störrische Stute um die Kurve kam. In der Folge habe ich mich dann kämpfend diese 300 Meter ohne Unterlass mit ihr nach Hause kämpfen mussen. Hierbei hat sie mir ausversehen auch mit einem Eckzahn die Handinnenfläche auf 3 cm Länge aufgeschlitzt, dass mir das Blut nur so am Arm runtergelaufen ist. Leine treten, Zwangspause...nichts hatte geholfen.
Ergebnis: Hundetrainer aus der Hundeschule einbestellt -> Labrador mit Maulkorb am dem 7. Lebensmonat....tolle Wurst.
Den Maulkorb trug sie dann bis zum 13. Lebensmonat. Erst immer nur ein paar Minuten abgenommen....dann irgendwann nur noch griffbereit dabei.....mittlerweile hat sie den "Trust", das ich den Maulkorb nicht mehr dabei habe (sie ist jetzt knapp 18 Monate).
Aber nicht falsch verstehen: Es geht hier nicht um das Beißen, sondern das extrem hohe Erregungslevel was Madame an den Tag legte, was überhaupt erst diese Übersprungshandlungen verursacht hatte.
Mit Maulkorb und bis zum genannten 13. Lebensmonat war es dann ansonsten wie "immer"...ich zitiere mich von oben nochmal selbst:
"Die sonst entspannenden Gassirunden arteten unmittelbar darin aus, dass unsere Hündin mit einer einzigen Stressfratze draußen unterwegs ist, man im Prinzip keinen einzigen Meter gehen kann, da sie absolut "drüber" in alle Himmelrichtungen rennt/sprintet (an der Leine) und sich massivst am Boden festsaugt und nicht mehr weiß wo vorne und hinten ist.Schaut man dem Hund ins Gesicht.....das ist nicht mein Hund, das ist irgendwas anderes....komplett anderes Gesicht."
Wir hatten in dieser Zeit endlose Versuche unternommen, den Hund "runter zu bekommen".....Entspannung, Impulskontrolle, Frustrationstoleranz...
Problem: Alles führt lediglich dazu, dass es sie nur noch mehr pusht.....teilweise bis zum sprichwörtlichen Erbrechen.
Möchte man mit dem Hund bspw. "gesittetes Verlassen des Hauses" trainieren, führte dies auch nach Monaten(!) des Trainings zu keiner Verbesserung.....es verschlimmerte sich eher.
Leinenführigkeit (als anderes Beispiel) trainierten wir ab dem ersten Tag (altersgerecht) und funktioniert in Reizarmer Umgebung einwandfrei.
Draußen jedoch ist instant ihr Hirn komplett Offline.....der Körper reagiert, aber es kommt im Gehirn nicht an....weil sie auf so einem hohen Streßlevel das logischerweise nicht leisten kann....die ist komplett "weg". Im Prinzip hat Madame noch nie (dafür lege ich fast meine Hand ins Feuer) mit Leinenzug erfolg gehabt....aber es kommt bei Reizeinwirkung in Ihrem Hirn einfach nicht an.
Man kann draußen, den Hund 83x blocken...der Körper reagiert, aber das Hirn nimmt es nicht auf. Du kannst mit Leckerlis draußen arbeiten oder mit "Umdrehen"....es reagiert nur der Körper....das Streßlevel lässt für anderes kein Platz.
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TEIL 2
Ich bin sogar 3 Monate lang 2-3x die Woche für 30 Minuten mit ihr im Auto durch die Gegend gefahren, stehengeblieben, Kofferraumdeckel auf...und Hund ignoriert. Dann wieder kommentarlos weiterfahren und Spiel von vorne. Selbst nach 3 Monaten hat sie mir spätestens beim zweiten mal Stehenbleiben vor Stress ins die Hundebox gebrochen....da war dann meist auch "Mission abbrechen".
So...nun ist Madame knapp 18. Monate mit 29Kg Kampfgewicht....und das Streßlevel ist trotz Aufbringen aller möglichen Ressourcen weiterhin sehr hoch. Selbst das kurze "Pipimachen" auf unserem Schotterparkplatz (10 Meter vom Hauseingang entfernt) ist....heftig.
Dafür (etwas positives muss man ja berichten) ist der Freilauf ein Traum....Rückruf einwandfrei, sie achtet auf mich und kann ohne Probleme 2 Stunden mit ihr bei uns in den Wäldern,Wiesen und Feldern unterwegs sein.....nur....da muss ich erstmal hinkommen.
So blöd es klingt: Von meiner Haustür bis zu "ab jetzt Freilauf" muss ich insgesamt ca. 250 Meter überwinden.....was aber in 8/10 Fällen nicht funktioniert. Sie ist weiterhin so dermaßen "durch", dass man teilweise nach 20 Metern und mehreren Versuchen wieder umkehren muss.....ist da auch noch eine einzige Hundebegegnung dabei, dann muss(!) ich umdrehen, weil sonst bald darauf eine Übersprungshandlung erfolgt. Zwar kein Beißen, aber dafür Gras rausreißen wie ein Psycho oder den "Speedy Gonzales" im Kreis rennen.
Hierbei gibt es im Prinzip nur schlechte und ganz schlechte Tage...bei den schlechten komm ich manchmal so weit, dass ich mit ihr wirklich Gassi gehen kann (mit Freilauf und gezerre an der Leine)....an den ganz schlechten keine Chance. Wenn ich hier den Hund zum weitermachen zwinge, stresse ich einen maximal gestressten Hund nur noch mehr.
In der Folge kann es durchaus sein, dass Madame 2 Wochen lang nur im Garten oder auf dem genannten Parkplatz zum lösen rausgeht.....absoluter Mist.
Und die ganz schlechten Tage sind mehr als die schlechten.
Jetzt haben wir aber noch ein Sahnehäubchen....sie hat....nennen wir es mal "Schübe".
Immer wenn es draußen über einen längeren Zeitraum nass/feucht ist (bspw. Herbst/Winter), dann wird es nochmals schlimmer. Und zwar so schlimm, dass sie nicht einmal mehr pinkelt.
Diese "Schübe" halten meist so ca. 6 Wochen und äußern sich unter anderem dadurch, dass sie bspw. um 08:00 Morgens klar anzeigt "Mir platzt gleich die Blase"...also ab schnell raus in Garten....und "Zack" sofort noch massiver im Tunnel und es wird eingehalten. Alles klar, nach 10 Minuten wieder rein......Hund entspannt sich und merkt "Verdammt, ich wollte pinkeln" und zeigt erneut an....also wieder raus und selbes Spiel. Das Ganze zieht sich teilweise bis 14:00 Nachmittags hin, bis sie sich das erst mal überhaupt löst....obwohl man klar erkennt "Die muss wie die Sau".
Das ist in diesen Schüben vor allem Abends total super. Ihre letzte Pipizeit ist gegen 22:00 im Garten...kann sich dann durchaus bis 2:30 hinziehen.
Ignoriert man ihr Anzeigen....gehts irgendwann in die Bude.
Der Streß ist in diesen Schüben noch stressiger, dass sie sich draußen nicht traut zu pinkeln.
Auch das Koten wird dann ein richtiges Highlight:
Selbes Spiel wie Pipi, aber wenn die Wurst schon halb rausschaut dann rennt sie wie ein Psycho an der Leine hin- und her und reißt sich fast den Kopf ab. Wir wissen ja, dass Hunde vor dem lösen noch etwas "hin- und her-trabsen" um die Gegend zu checken (Sicherheit). Dieses gerenne kann durchaus einige Minuten gehen, bis die Wurst einfach nicht mehr drin bleiben kann.
Jetzt wohn ich in einem Reihenhaus mit kleinem Garten...und kleiner Rasenfläche....ich hab deswegen - ohne Witz - keinen einzigen Grashalm mehr....alles nur noch umgepflügter Acker.
Diese Schübe verschwinden nach genannten ca. 6 Wochen "von heute auf morgen" von allein. Draußen sind dann die genannten Symptome nochmals verstärkt.
In letzter Instanz hatten wir vor 4 Wochen das größte Blutbild machen lassen, was man für Geld kaufen kann.....ohne Befund....gut für den Hund, "Schade" für uns, dann hätte man ggf. die Ursache erkennen und bekämpfen können.
Was haben wir noch:
Menschen die direkt auf Sie zulaufen werden ab 5 Meter Abstand massiv verbellt.
Menschen in der Umgebung werden mit halb heruntergelassenem Visier und hochgekrempelten Ärmeln beobachtet.....aber nicht verbellt.
Menschen, die auf unter 5 Meter herankommen....da will sie dann wie ein Psycho hin und kennt sich vorn und hinten nicht mehr aus. Es ist NICHT das typische Labrador-Verhalten....die freut sich nicht, die ist einfach "durch".
Andere Hunde gehen aus einiger Distanz, ansonsten die klassiche Leinenaggresion.
Wir waren vor Weihnachten mit ihr bei meinen Eltern zu Besuch. Von 13:00 bis 18:00 war sie so dermaßen "durch" und ist nur dwe eine gestörte durch die Bude mit Stressfratze gerannt und wusste nicht von vorne und hinten ist, so dass ich sie immer wieder an die Leine nehmen musste. Erst so gegen 18:30 war sie dann so fertig, dass man von einem "sehr aufgeregtem normalen Junghund" sprechen konnte.
Unser erster Stock:
Sie rennt die Treppen immer so hoch, dass sie sich 5x den Schädel anschlägt und 2x vier Stufen wieder runterfällt....total "durch".....muss man gesehen haben, sonst würde man es nicht glauben.
Auch bei unserer Haustüre: Wir haben vor der Tür 2 kleine Stufen auf den Gehweg....seit dem 6. Lebensmonat + mehrmals täglich hat sie mit runterspringen und Gas geben keinen Erfolg...da gehts direkt wieder rein und von vorne.....es kommt im Gehirn nicht an. D.h. jedes Mal wenn ich das Haus verlasse macht mein Hund erstmal einen "Jump-Halb-Salto".....
Auch das Absitzen lassen vor den Stufen um dann normal diese 2 kleinen Stufen zu nehmen...keine Chance.
Was gar nicht geht: Die Farbe schwarz.
Schwarze Hunde -> Rüstung an -> Leinenagression Level 100
Menschen....je mehr schwarz, desto höher die Leinenagression. Wenn meine Frau in schwarzer Jacke meinen Sohn vom Kindergarten abholt, dann wird selbst meine Frau aus 50 Metern Entfernung zumindest "angebellt"....sind sie dann bei uns "Ach, die kenn ich ja".
Heute war ich in leichter Dämmerung mit dem Hund beim pinkeln draußen....steht auf dem Rückweg mein Gärtner ganz in Schwarz vor der Haustüre (mit Mütze wie ein Einbrecher^^).....der hat glaube ich gedacht, sie will ihn schreddern. Erst ein Griff ans Halsband und ein Anschiss vorm Herrn hat sie dann mit Klappe zu ins SItz gebracht....aber mit 80 Stressfalten im Gesicht.
Im Gesamtfazit ist der Hund alltagsbestimmend. Nur ich kann mit dem Hund Gassi gehen, meine Frau kann sie nicht halten.
Wir können nirgendwo mit dem Hund hinfahren, alleine bleiben fällt bei ihrem Zustand noch unter ferner liefen....mit allen Konsequenzen für uns.
Selbst die 10 Meter auf den genannten Pipi-Parkplatz sind eine Herausforderung.....seit dem ca. 6. Lebensmonat.
Hundetrainer hatten wir schon einige, aber die gehen immer auf Entspannung/Frustrationstoleranz und Impulskontrolle....ist mir alles wohlbekannt, nur diese Trainingsmethoden pushen sie und führen (auch bei mehrmonatiger Anwendung) zu keiner Besserung.
Wir geben seit Anfang an wirklich alles, wir stecken Ressourcen und Energie in den Hund ohne Ende um sie wieder in die Schiene zu bekommen....aber absolut nichts hilft.
Unsere Akkus sind mittlerweile am Ende.
Was stimmt mit dem Hund nicht? Ist vielleicht das Thema "Stress" der falsche Ansatz, denken wir ggf. in die falsche Richtung? Ich weiß mittlerweile nicht mehr weiter.
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Ihr habt einen Hund (ich auch) aus einer Arbeitslinie,in welcher Form arbeitet sie den?
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Nur kurz als weitere Info, die ich nicht rauslesen konnte - sie kommt aus der Leistung - darf sie denn ihrer Leidenschaft auch mal nachgehen? Bildet ihr sie aus? Hat ja sicher einen Sinn, dass ihr zu Leistungslinie gegriffen habt. Sorry, falls ich das übersehen habe!
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Ihr habt einen Hund (ich auch) aus einer Arbeitslinie,in welcher Form arbeitet sie den?
Ach überschnitten - 😅
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Sucht doch ein Zuhause wo der Arbeitswillen Platz hat (meine ich nicht böse).
Erste Adresse wäre der Züchter,ein seriöser Züchter hilft in solchen Momenten.
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In letzter Instanz hatten wir vor 4 Wochen das größte Blutbild machen lassen, was man für Geld kaufen kann.....ohne Befund
Ist in der ganzen Zeit noch irgendwas anderes an medizinischer Diagnostik gelaufen?
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Wird der Hund gearbeitet?
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Ihr habt dieses krasse (!) Verhalten seit 1,5 Jahren und es wurde außer Blutbild nichts gesundheitlich gecheckt?
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Ich kann da jetzt nicht herauslesen, wie ein normaler Tag aussieht mit dem Hund.
Wie viel schläft sie?
Wie wohnt ihr? Wie viel geht ihr an der Leine, wie viel frei spazieren, wie sieht euer Spaziergang aus? Was macht sie Zuhause?
Wann darf sie mal powern? Wann richtig arbeiten?
Was wurde noch gecheckt außer einem Blutbild? Wie sieht's mit Hormonen aus? Schilddrüse? Augen?
Ich lese hier viel von extremem Deckeln und darauf reagiert der Hund halt immer gleich.
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