Leinenführigkeit in 5 Minuten

  • Zitat

    Doch Jana, es liegt natürlich in Deiner Hand, und dazu musst Du auch niemanden zwingen.


    Hunde "wollen" eine Führung, Kinder übrigens auch.
    Du musst diese Führung nur deutlich sichtbar zu erkennen geben.


    Es wird auch angenommen...und dies ohne Zwang.


    Britta, das will ich auch nicht bestreiten. Jedes Lebewesen auch der Mensch sucht Sicherheit, Halt und Führung.
    Mir geht es mehr um den Blickwinkel.
    Ich würde nie sagen, dass jemand respektlos ist, denn Respekt bekommt nur der, der ihn verdient. Ich kann die Vorraussetzungen dafür schaffen, dass ich eine Person bin, der man Vertrauen kann, der man Respekt entgegenbringen kann, die Führungsqualitäten hat, die Sicherheit vermittelt. Aber ich kann dies nur anbieten (und du hast recht, es wird dankbar angenommen), ich kann es aber nicht erzwingen.
    Ein Hund vertraut mir nicht, nur weil ich ihm vermittle "Du hast mich zu respektieren" im Gegenteil, er fühlt sich bedroht und wird sich vor dir ängstigen.
    Ein Führer, der es notwendig hat seinen Hund bei jeder Gelegenheit "zurechtzustutzen" und auf die Einhaltung der "Rudelregeln" zu bestehen, der ist schwach. Es mag sein, dass diese Hunde augenscheinlich sogar besser gehorchen, aber auf was basiert dieser Gehorsam? Ich möchte so einen Hund nicht!


    Zitat

    Ich habe leider Hunde kennengelernt, die dadurch nicht nur abnorm unterwürfig waren, sondern auch keinerlei "hundliche" Lebensfreude mehr zeigten.
    Streng genommen ein Bild des Jammers.


    Das lese ich gerade, wo ich dies abschicke ...

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    meinen eigenen hund würde ich nicht unbedingt als versuchskanichen in den ring werfen. das mag aber auch daran liegen, dass ich meine hunde für erziehungsmaßnahmen nicht aus der hand gebe. und ohne vorher zu wissen, was auf mich zukommt


    Sehr ungern, da gebe ich Dir Recht.
    Allerdings hätte ich auch kein Problem damit, mittendrin das "Training" abzubrechen, wenn's zu bunt werden sollte. :D


    Das habe ich sogar schon exerziert, als mir in der Jagdhundeausbildung das Eine oder Andere als zu brutal erschien.
    Aber zumindest konnte ich es somit kennenlernen, und es auch als Ausschlusskriterium für andere HuSchu nutzen.


    Die Ernte missbilligender Blicke habe ich für meinen Hund gerne in Kauf genommen.


    Und das "Aha-Erlebnis" hatte ich, als es mir im Anschluss danach einige "Mitschüler" nachmachten.


    Edit:


    Jana, ich glaube, dass du weisst, was ich meine ;)

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    Wenn du nun Tamie ansprichst, dann kann ich einerseits ihre Entscheidung sehr gut verstehen....aus meiner Sicht heraus widerum nicht.


    Ich kann es auch verstehen - wenn jemand nicht bereit ist, darüber zu sprechen was er vorhat, würde ich der Person auch nicht die Leine in die Hand drücken. Dafür gibt es einfach zuviele Scharlatane in der Welt.


    Zum andern: Weder psychischer noch physischer Zwang MUSS unbedingt Schaden anrichten. Sonst gäbe es unter den Lebewesen, die durch Erfahrung lernen nur noch Wracks. Meine Bedenken gelten nur der Beobachtung, dass physischer Zwang von der Mehrheit hier lautstark verurteilt wird, und psychischer Zwang oft kaum als solche wahrgenommen wird. Ich bin mir durchaus bewusst, dass der Druck, der dadurch auf einen Hund ausgeübt wird, im Einzelfall nicht sauber in beide Komponenten getrennt werden kann. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass je nach Hund die psychische Komponente weitaus schwerer wiegen kann als die physische. Dank menschlicher Geldgier, Dummheit oder Unwissenheit werden leider täglich Hunde produziert, die alles andere als optimale Voraussetzungen für Wesensfestigkeit mitbringen. Je nach Veranlagung und persönlicher Geschichte werden sie mehr oder weniger anfällig sein für Störungen auf der einen oder anderen Ebene.


    Wehe dem physisch harten, psychisch weichen Hund, der an einen überzeugten Vertreter der ach so sanften Psychowelle gerät....

  • Zitat


    Ich frage mich nun, schützt sanfte Erziehung automatisch vor einem unsicheren und damit unberechenbaren Hund? Nach dem was ich bisher weiß, doch wohl eher nicht, oder? Denn wenn ich die sanfte Methode anwende mir dabei aber ständig Fehler unterlaufen und ich das im schlimmsten Fall noch nicht ein mal merke, dann kann mein Hund ja wohl keine Sicherheit bekommen.


    Natürlich besteht bei jeder Erziehungsmethode die Gefahr, dass einem Fehler passieren. Es kann sich wohl keiner von uns einen wahren Hundeexperten nennen, dem niemals Fehler unterlaufen.


    Daher ist immer eine gewisse Sensibilität erforderlich, wie sich der Hund während der Erziehung entwickelt. Dann kann man nämlich rechtzeitig bei möglichen Fehlern entgegensteuern.



    Aber: Die Frage ist doch, wie ich meinen Hund erziehen möchte. Wie möchte ich mich ihm gegenüber verhalten, was ist das Ziel bei der Erziehung? Schlichter Gehorsam? Oder eine Vertrauensbasis?


    Das muss jeder für sich entscheiden. ;)



    Dem Hund eine sichere Führung zu geben, ist immer wichtig, egal welchen Weg ich in der Erziehung einschlage. Der Hund darf niemals der führende Teil in unserer Beziehung werden, das bringt schon die Natur unseres Zusammenlebens mit sich.


    Aber sichere Führung wird nicht automatisch darüber vermittelt, dass ich den Hund unterdrücke und unterwerfe, und meinen "Rang" als vermeintlicher Rudelführer dadurch bekunde, dass ich zuerst durch die Tür gehe, auf der Straße vor meinem Hund laufe oä.


    Das ist meine ganz persönliche Meinung, die ich auch niemandem aufdrängen möchte: ich denke, dass zuverlässiger Gehorsam sich ausschließlich über Vertrauen erreichen lässt, und nicht über Einschüchterung.



    Übrigens: es geht mir jetzt nicht um irgendwelche "psychischen Schäden". Ich gehe mal davon aus, dass alle, die hier schreiben, ihre Hunde verantwortungsvoll erziehen, und auch um die Gefahren des Einsatzes von Strafe in der Erziehung wissen, und diese daher maßvoll anwenden.
    Denn dass der inflationäre Einsatz von (psychischer und physischer) Strafe letztlich zu einem gebrochenen Hund führt, der jegliches Vertrauen zu seinem Herrchen verloren hat, ist wohl unbestritten.

  • Zitat

    Weder psychischer noch physischer Zwang MUSS unbedingt Schaden anrichten. Sonst gäbe es unter den Lebewesen, die durch Erfahrung lernen nur noch Wracks. Meine Bedenken gelten nur der Beobachtung, dass physischer Zwang von der Mehrheit hier lautstark verurteilt wird, und psychischer Zwang oft kaum als solche wahrgenommen wird. Ich bin mir durchaus bewusst, dass der Druck, der dadurch auf einen Hund ausgeübt wird, im Einzelfall nicht sauber in beide Komponenten getrennt werden kann. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass je nach Hund die psychische Komponente weitaus schwerer wiegen kann als die physische.


    das finde ich sehr gut ausgedrückt. zumal ja auch noch dazu kommt, dass jeder mensch unter zwang oder gewalt etwas anderes versteht - das sieht man ja schon hier in der diskussion. und aus zeiten meines jurastudiums weiß ich noch zu gut, dass die meinungsstreitigkeiten unter den gelehrten über die themen gewalt und zwang schier ausufernd sind. für hunde ist das empfingen mit sicherheit auf ihrer ebene genauso subjektiv. was der eine hund mit einem schütteln abtut, kann einem anderen schwer zu schaffen machen.


    Zitat

    Allerdings hätte ich auch kein Problem damit, mittendrin das "Training" abzubrechen, wenn's zu bunt werden sollte.


    Das habe ich sogar schon exerziert, als mir in der Jagdhundeausbildung das Eine oder Andere als zu brutal erschien.
    Aber zumindest konnte ich es somit kennenlernen, und es auch als Ausschlusskriterium für andere HuSchu nutzen.


    genau das habe ich auch schon gemacht, als man mir in einer hundeschule den richtigen ruck an meinem hund demonstrieren wollte, zu diesem zweck sollte auch noch ein stachel angelegt werden. das ganze nur, weil mein hund beim fuß gehen nicht mit hautkontakt an meinem bein geklebt hat, sondern ca. 3 fingerbreit abstand zu mir gehalten hat. die kommentare, die ich auf meinen dankenden verzicht geerntet habe seitens des trainers, sind nicht geeignet, hier wieder gegeben zu werden. einen derartigen reiz zu setzen schien es mir einfach nicht wert. ich wollte die begleithundprüfung machen, um agility zu betreiben und nicht unterordnungsweltmeister werden. mal abgesehen davon, dass es fraglich gewesen wäre, ob der "richtige ruck" meinen hund hätte davon überzeugen können, am bein zu kleben...

  • Zitat

    und aus zeiten meines jurastudiums weiß ich noch zu gut, dass die meinungsstreitigkeiten unter den gelehrten über die themen gewalt und zwang schier ausufernd sind.


    Ja ja, besonders die Zweite-Reihe-Rechtsprechung... :D



    Aber es stimmt, häufig hängt man sich an Begrifflichkeiten auf. Vor allem, wenn man sich missverstanden fühlt.;)

  • Ist es nicht interessant, wie vielfältig sich so ein scheinbar belangloses Thema ausbreiten kann?


    Ich empfinde es als sehr interessant, die unterschiedlichen Meinungen zu lesen, die so unterschiedlich eigentlich gar nicht sind.


    Im Grunde meint jeder von uns das Ähnliche...und schon kleinste Nuancen der Abweichung, halten diesen Meinungsaustausch am Leben.


    Jetzt müsste bloss noch Tamie in die Höhle des "Guru's"...und wir hätten richtig etwas zum Zerpflücken und Analysieren.


    "Schau mer amal"...wie der Franke so sagt. :D

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    ...
    Meine Bedenken gelten nur der Beobachtung, dass physischer Zwang von der Mehrheit hier lautstark verurteilt wird, und psychischer Zwang oft kaum als solche wahrgenommen wird...


    Das wird m.E. noch dadurch verstärkt, dass die "Sanfte Methode" im Moment eine Mode ist. Jede HS macht heute von der Werbung her auf "sanft". Die Realität sieht dann meißt so aus, dass zwar grundsätzlich mit positiver Verstärkung gearbeitet wird. In der "Notsituation" gibt es aber dann doch mal ein Halti oder es wird auf den Rücken gedreht.


    Klar, ist "sanft" ebenso dehnbar wie der Gewaltbegriff, aber ich meine das eher so, dass die jeweilige Schule vor 10 Jahren genauso gearbeitet hat, sich aber eben jetzt aus Promotion-Gründen noch das Prädikat "sanft" verleiht.


    Ähnliches gilt auch für Bücher. Die kommen gerade alle ganz sanft daher.


    Gruß,
    Martin

  • Hi Martin,


    Zitat

    Kommte es wirklich darauf an, wie man es macht oder kommt es nicht mehr darauf an, dass man die für sich und den Hund gewählte Methode konsequent verfolgt, so dass der Hund Sicherheit gewinnt?


    Ja, es kommt sehr wohl auch auf das WIE an. Sonst könnte ich auch Teletakt und Co rechtfertigen.


    Zitat

    Führt psychischer Zwang - ich spreche dabei aber nicht von einer wahrlosen Anwendung - automatisch zu einem psychisch gestörten Hund?


    Nicht bei jedem Hund. Aber bei den meisten Hunden zeigen sich schon Auswirkungen. Und bei denen, bei denen sich keine Auswirkungen zeigen, kommst Du mit psychischem Zwang nicht weit.


    Ich hatte bisher genau EINE Hündin, psychischen Zwang abgeschüttelt hat wie Wassertropfen. Die hätte sich aber auch durch keine wie auch immer gearteten Maßnahmen so weit beeindrucken lassen, dass sie hinter einem Menschen geht. Eher wäre besagter Mensch im Krankenhaus gelandet. Nach einer lehrbuchreifen Aggressionskaskade versteht sich.


    Genaugenommen kenne ich aus meinem ganzen Bekanntenkreis maximal eine Handvoll Hunde, die sich psychischen Zwang nicht beeindrucken lassen. Spontan fallen mir da noch die Tochter dieser Hündin ein und der Wurfbruder meiner derzeit mittleren Hündin.


    ALLE anderen Hunde, die ich kenne, zeigten sich durch psychischen Zwang mehr oder weniger stark beeindruckt. Und zeigten auch später in ähnlich gelagerten Situationen, in denen von Seiten des HF kein bewusster Zwang ausgeübt wurde, ein deutlich angespannteres Verhalten. Teilweise bis zur völligen Unsicherheit. Teilweise konnte man das unsichere Verhalten erst auf Videos erkennen. Mensch ist eben nicht wirklich in der Lage, hündische Körpersignale immer und überall zu wahrzunehmen. Selbst geschulte Menschen, rsp. gerade die, wissen, dass wir Menschen dazu einfach nicht in der Lage sind.



    Viele Grüße
    Cindy

  • Zitat

    Hi Martin,



    Ja, es kommt sehr wohl auch auf das WIE an. Sonst könnte ich auch Teletakt und Co rechtfertigen.


    Das war dann vielleicht missverständlich ausgedrückt. Ich wollte damit nicht sagen, dass es in Ordnung sein kann seinem Hund buchstäblich alles einzuprügeln nur weil man sich konsequent an diese exzessive "Erziehungsmethode" hält.


    Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das Auswählen der richtigen Methode das eine ist, sie konsequent mit seinem Hund zu praktizieren das andere - welch neue Weisheit. :D

    Ich meine Du als Hundeexperte entscheidest Dich für ein WIE und setzt das dann einfach um. Ich als Anfänger entscheide mich nun auch für das WIE und habe dann unter Umständen erst mal Probleme das auch praktisch umzusetzen.


    Dabei ist das Umsetzen von Kommandos noch das kleinere Problem. Aber z.B Manipulationsverhalten zu erkennen ist da schon komplizierter.


    Bei unserem Hund (spanischer Mischling) war z.B. am Anfang erst mal Geduld gefragt um sein Vertrauen zu gewinnen, denn er ist bei Fremden sehr scheu gegenüber schnellen Bewegungen mit offener Hand.


    Du kannst Dir ja vorstellen, dass man sich da als Anfänger erst mal wie :irre: freut erfolgreich eine Vertrauensbasis zu schaffen. Und aus dieser überschwenglichen Freude schlidert man schon ohne es zu merken in die "Manipulationsfalle".


    Gruß,
    Martin

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