Hilfe, Hund macht, was er will

  • Hallo liebes Forum,


    ich bin ganz neu hier. In meiner Familie gab es zwar immer Hunde, aber ich hatte selber mit der Erziehung der Hunde nie viel zu tun.


    Jetzt habe ich an einigen Tagen in der Woche einen zehn Jahre alten Tibet Terrier/ Schäfer Mix zur Betreuung bei mir. Das ist über eine Anzeige zustande gekommen: eine vollberufliche Frau hatte jemand für ein paar Tage zur Betreuung gesucht und ich übernehme den Hund jetzt unentgeltlich, wenn ich Zeit habe. Mir machts Spass und dem Frauchen hilfts.


    Kurz zum Hund: er ist an drei, vier Tagen in der Woche bei den Eltern des Frauchens. Die machen wohl nicht so viel mit ihm, d..h. er geht nur kurz spazieren und darf sonst wohl machen, was er will. An den anderen Werktagen ist er entweder alleine zu Hause oder eben bei mir. Wenn das Frauchen da ist, darf er eigentlich alles. Er schläft im Bett, liegt mit auf der Couch und macht vor allem ein Riesentheater, wenn er nicht die volle Aufmerksamkeit hat. Er bellt, wenn ihm langweilig ist, bis man mit ihm spielt. Wenn er gestreichelt werden will, liegt er auf dem Rücken und patscht mit seiner Pfote um sich, grummelt das Frauchen an, etc. Das findet das Frauchen wohl ganz niedlich und erfüllt ihm dann alle Wünsche. Sie findet es sogar normal, dass der Hund Männer in ihrer Wohnung in die Waden beißt. Der Hund ist ein recht typischer (unerzogener) Tibet terrier oder Hütehund, wenn ich das richtig gelesen habe. Sehr auf sein Frauchen, inzwischen auch auf mich fixiert. Lässt an sein Frauchen kaum andere Menschen ran. Läuft ihr überall hin nach, ist aber, wenn man sich mit ihm beschäftigt, sehr gelehrig.



    Dieses Wochenende hatte ich ihn zum ersten Mal übernacht da und an einigen Stellen wusste ich nicht, wie ich mich zu verhalten habe oder sein Verhalten zu deuten habe. Vom Frauchen kriege ich nicht viele Hilfestellen, die findet alles immer normal und ok und sagt, dass er eben einen eigenen Kopf hätte. Jetzt setze ich auf Eure Hilfe :hilfe: ...


    1. Da ich wegfahren musste, hatte ich den Hund am Wochenende mitgenommen. Er war also in einer völlig neuen Umgebung, meine Wohnung kennt er ja schon. Ihn schien das zu überfordern. Er war völlig hyperaktiv. Ich war Stunden mit ihm draussen, anders als sonst hat er danach keine Ruhe gegeben und sich nicht hingelegt. Er war völlig auf mich fixiert, ich konnte noch nicht einmal ins Bad gehen, ohne dass er an der Tür kratzte, bellte und Theater machte. Er folgte mir jeden Schritt, legte sich nicht auf den Boden, versuchte auf allen Stühlen auf mich zu klettern. Er schien verunsichert. Ich habe mich um ihn gekümmert, wenn er sich mal nicht so benommen hat und sonst versucht, das Verhalten zu ignorieren.


    Irgendwann hatte ich mich kurz auf eine Couch gelegt, mit den Bauch nach unten und eine Zeitung gelesen. Sofort sprang er rauf und stubste an mir rum. Wie ich es bei seinem vorigen Verhalten getan hatte, versuchte ich ihn zu ignorieren. Ich habe ihn nicht von den Stühlen gestupst, weil er zu Hause auf die Couch darf und mit dem Frauchen im Bett schläft. Ich habe deswegen einfach nur immer komplett ignoriert, wenn er auf mir rumtapste oder jammerte, graulte und bettelte um wirklich jede Sekunde Aufmerksamkeit zu bekommen. So ignorierte ich also auch, als er an meinem Bein rumstupste. Irgendwann drehte ich mich aber um, weil er sich komplett über mich gestellt hatte und musste feststellen, dass er sich über mich positioniert hatte und mich aufritt. Ich habe ihn sofort runtergestossen, Pfui gesagt und ihn ignoriert.


    Dieses Verhalten macht mir aber doch ein wenig zu schaffen. Ich kenne es von zu Hause, dass Hunde ab und an versuchen, den Besitzer am Bein aufzureiten. Aber das war aus Menschensicht schon ein bisschen krasser (ehrlich gesagt auch ziemlich eklig für mich). Ist das Dominanzverhalten und denkt er, dass er im Gegensatz zu mir alles im Griff hat? ist der Hund sich bewusst, dass ich ein Mensch bin oder was soll das? Wie gehe ich damit um? Runterstossen und ignorieren?


    2. Das zweite Problem, das ich habe, ist, dass der Hund am Wochenende sehr aggressiv auf andere Hunde reagiert hat, wenn er angeleint war. Sein Frauchen hatte mir das schon gesagt. Die ersten Male als ich den Hund hatte, ist er trotzdem immer ganz gelassen an allen Hunden vorbei gezogen. Dieses Mal knurrte er alle an und versucht auf sie los zu gehen. Ich ignoriere das Verhalten und gehe ruhig mit ihm weiter. Damit ist es auch immer in den Griff zu bekommen, d.h. er knurrt und springt nur kurz und kommt dann weiter mit. Wenn er mal nichts macht, kriegt er eine Belohnung. Ich frage mich jetzt aber schon, was für eine Entwicklung der Hund durch macht. Er hat sich ja eben völlig auf mich fixiert, läuft mir jeden Meter nach und ist plötzlich aggressiv zu anderen Hunden. Nach dem Buch "Mit Hunden sprechen" würde ich sagen, er sieht sich als Rudelführer. Dann liest man aber ja immer, dass an diesen Alpha-Hund-Theorien nichts dran sei. Abgesehen davon wüsste ich aber auch gar nicht, was ich falsch mache. Ich bin weder nervös noch hysterisch mit den Hund, lasse ihn nicht alles machen, arbeite mit ihm und ignoriere ihn, wenn er zu aufdringlich ist.


    Über Tips würde ich mich sehr freuen, ich habe gerade keine Ahnung, was ich am sinnvollsten tun soll. Dazu kommt ja auch noch, dass es nicht mein Hund ist und ich ihn normalerweise nur zwei Tage die Woche habe. Ich weiss also nicht, wie er sich sonst verhalten darf und bin mir auch garnicht sicher, inwieweit mein Verhalten mit dem Verhalten des Frauchens abgestimmt sein sollte.

  • Puuuuuhhhh :???:



    soweit hört sich das alles ganz richtig an, was Du so mit der verzogenen Töle machst - sorry für diesen Ausdruck, aber das klingt echt nach blödem Wadenbeißer, wobei der Hund ja nicht dafür kann.


    Viele Möglichkeiten hast Du wahrscheinlich auch nicht - immerhin hat der Hund ja im Großteil seines Lebens gelernt das Erziehung in seinem Zusammenhang ein vollkommen überflüssiges Wort zu sein scheint - und es wird auch weiterhin so bestätigt, vom Fraule selbst und von deren Eltern.


    Diese Alpha-Rüden-Theorie scheint wohl widerlegt - aber zwischen zwei Individuen gibt es ja trotzdem sowas wie Dominanz, oder auch Über- und Unterlegenheit. Und der Tibet-Terrorist - äh- Terrier hat ja gelernt das er immer überlegen ist, er weiß wie er seinen Willen durchsetzt. Mit dem Aufreiten hat er Dich nochmal dran erinnert das er der "King of the world" ist, denke ich.


    Was Du vielleicht schaffen kannst, aber sicher sehr viel Arbeit ist:
    das er lernt, das er vielleicht der King, Du aber der Kaiser bist :D
    dazu dürfte er mit seinen Quengel-Methoden bei Dir keinerlei Erfolg mehr haben, Aufreiten wird natürlich konsequent unterbunden, erhöhte Plätze werden verboten...
    die Frage ist nur: willst Du Dir diese Arbeit wirklich machen?
    Und warum tut sein Fraule nix? Und wieso wird der Hund so oft und soviel weggegeben?


    Ganz ehrlich: irgendwie bewundere ich Dich, daste bisher überhaupt die Geduld hattest für sonen Hund. Ich würd mich auf sone Situation nicht einlassen.

  • danke für Deine Antwort! Ja, ich werde weiter versuchen, dem Hund nicht alles durchgehen zu lassen. Er müsste ja auch kapieren können, dass er Dinge beim Frauchen darf, bei mir aber nicht.


    Mir macht aber schon noch zu schaffen, dass der Hund mir von hinten aufgeritten ist. Gibts das öfter? Gut, die Situation wird sich selten ergeben, aber wie gesagt kenne ich nur, dass Hunde das mal am Bein machen oder einen von der Seite anspringen... aber sich wirklich von hinten über mich stellen? Das ist schon insofern für einen Menschen krass, als es ja theoretisch wirklich die richtige Position wäre. Interpretiere ich das trotzdem genau so wie das aufreiten am Bein?


    Ach so und zu Deiner Frage, wieso er so viel abgegeben wird. Das Fraule durfte ihn bei ihrer früheren Arbeit mitnehmen, der Chef war Herrchen des Vaters des Hundes. Inzwischen hat sie aber den Job gewechselt und wohnt eben auch alleine in einer kleinen Wohnung, darf den Hund aber nicht mitnehmen. Deswegen bringt sie ihn viel zu den Eltern, die eine Ecke weit wegwohnen, aber auch einen Hund haben. Wenn sie ihn zu mir bringt, kann sie ihn abends abholen, weil ich näher wohne als die Eltern. Wenn sie ihn bei den Eltern abgibt, lässt sie ihn gleich drei, vier Tag am Stück da, weil sie morgens nicht die Zeit hat, ihn hin zu bringen. Sie hat also im Grunde nicht genug Zeit für den Hund, aber will ihn auch nicht abgeben. Das kann ich gut verstehen.

  • Du solltest in jeder Situation die Oberhand haben. Zeig dem Hund durch dein Verhalten deutlich, dass du das Sagen hast. Dies schaffst du nur, wenn du deine Kommandos genau überlegst. Das heißt, sag ein Kommando nur, wenn du dir auch sicher bist, dass du es auch durchsetzen kannst.
    Wenn der Hund zu dir kommen soll und du dir nicht sicher bist, dann mach ihn vorher an eine Schleppleine, so kannst du ihn ran ziehen, wenn er nicht kommt.
    Was das Aufreiten betrifft, schmeiß ihn sofort runter - ich würde es kommentarlos machen - mich weg drehen und ihn nicht mehr beachten, wenn er wieder ankommt, dann dreh dich weg, wehr ihn ab und dann sofort ignorieren. Wenn er sich richtig verhält, dann lob ihn und belohn ihn.
    Mit viel Kraft und Konsequenz erreichst du bald, dass der Hund bei dir besser hört als bei seinem eigentlichen Frauchen.


    LG
    Ulli

  • okay, verständlich isses schon - aber auch blöd für den Hund.


    Das Aufreiten versuchen manche Hunde schon öfter - besonders wenn es ihnen nie verboten wird. Also ein Drama würd ich deswegen jetzt nicht machen - nur eben unterbinden, so wie Du es ja eh gemacht hattest und wie agil Dir geschrieben hat.


    Ansonsten kann ich Dir nur wünschen: viel Spass bei der Arbeit mit dem Hund :D
    vielleicht schaffst Du es ja sogar sein Fraule zu beeindrucken und zu überzeugen... das wär ja mal was.

  • Danke für Eure Antworten! Ich werde Euch berichten, wenn Erfolg eintritt. Es hat jedenfalls schon so weit geklappt, dass der Hund mit dem quengeln nach einiger Zeit aufgehört und sich beleidigt (er ist ein guter Schauspieler, herzerweichend, wenn er beleidigt spielt) mit dem Rücken zu einem dreht. Dazu habe ich auch noch eine Frage. Belohne ich ihn genau in dem Moment, in dem er sich abdreht oder wann?


    ob sich was beim Frauchen ändert, bezweifel ich. So oder so kriegt sie ja nicht mit, wie der Hund sich bei mir verhält. Sie gibt ihn ja nur ab und holt ihn ab und wir kennen uns ja auch nicht weiter.

  • Zitat


    Belohne ich ihn genau in dem Moment, in dem er sich abdreht oder wann?


    ob sich was beim Frauchen ändert, bezweifel ich. So oder so kriegt sie ja nicht mit, wie der Hund sich bei mir verhält. Sie gibt ihn ja nur ab und holt ihn ab und wir kennen uns ja auch nicht weiter.


    Zu Deiner Frage:
    Wenn ich Dich die ganze Zeit nerve, Du mich deshalb verbal zusammenfaltest, ich deshalb einschnappe und mich rumdrehe - würdest Du dann wieder mit mir reden? - Vermutlich nicht, Du willst ja Deine Ruhe haben. Du würdest erst dann wieder mit mir reden wenn ich nicht mehr versuche Dich durch mein Verhalten zu manipulieren, oder?


    Dann ist der richtige Zeitpunkt zum Loben ....


    Das mit dem Fraule kann sich ja vielleicht im Laufe der Zeit ändern - die Hoffung stirbt schließlich zuletzt.

  • Hallo Patriciaeleanor,


    Das kommt mir sehr bekannt vor... Meine Mutter hat seit einem Jahr 3x pro Woche einen Pflegehund, der von seinem Frauchen auch öfters "verschenkt" wird, da sie sich nicht um ihn kümmern kann.


    Inzwischen hat sich die Situation so verändert, dass er bei allen anderen Sittern immer noch macht, was er will (inklusive bei seinem eigentlichen Frauchen) aber bei meiner Mutter sehr gut hört und sich auch an ihre Regeln hält - z.B. darf er bei ihr nicht auf die Couch, Forderungsbellen wurde durch konsequentes Ignorieren abgewöhnt etc. etc. Er hat dort also seinen Meister gefunden...


    Hunde können sich scheinbar gut daran gewöhnen, dass bei anderen Bezugspersonen "andere Seiten" aufgezogen werden, sofern diese nur konsequent eingehalten werden. Idealerweise sollten natürlich alle beteiligen Betreuer an einem Strang ziehen aber... nunja, wie gesagt, ich kenne so eine Situation.


    An Deiner Stelle würde ich dem Hund schon klar machen, dass er bei Dir an seine Grenzen stößt. Wenn es "Frauchen" nicht stört, dass er aufreitet - bittesehr. Aber bei Dir sollte er das unterlassen, denn Du möchtest das ja nicht.


    Ich würde ihn beim nächsten Mal einfach kommentarlos runterschubsen und aus dem Zimmer gehen.


    Allerdings machte mir Deine Beschreibung eher den Eindruck, dass er aus reiner Unsicherheit aufgeritten ist und das nicht ernsthaft als Dominanzgeste motiviert war - schließlich hast Du sehr schön beschrieben, dass die Situation für ihn sehr ungewohnt, er selbst unruhig und nervös war und sich bei Dir daheim eigentlich anders benimmt.
    Kein Wunder - so ein ständiger Orts- und Personenwechsel verunsichert Hunde eben, weshalb Hunde manchmal Verhaltensmuster hervorkramen, die sie sonst nicht an den Tag legen würden, bzw. sogar zur Aggressivität neigen können.


    Aber wenn er sich sonst bei Dir schon relativ sicher fühlt, würde ich dieses eine Mal nicht überbewerten.


    Liebe Grüße und viel Erfolg,
    Sub.

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