Hunde sind doch Raubtiere...

  • Hm...Natürlich ist der Jagdtrieb unterschiedlich ausgeprägt - einmal natürlich rassebedingt und dann sicher auch individuell. Rassebedingte Eigenschaften sind ja durch Menschenhand, nämlich durch selektives Auswahl von Tieren zur Fortpflanzung, herausgezüchtet worden - dazu gehört auch der Jagdtrieb. Gänzlich "wegzüchten" eines so elementaren Triebes an sich dürfte wohl unmöglich möglich sein, sehr wohl aber das Verstärken bzw. Abschwächen einzelner Sequenzen der Jagd.


    Letztlich ist es aber zumindest in einem Punkt egal, ob der Hund die Jagd vom Aufspüren bis zum Töten komplett beherrscht, oder er nur Gefallen am Hetzen selbst hat - nämlich wenn der zuständige Jagdpächter den Hund bei der Wildverfolgung sieht. Der wird schießen - ob der Hund nun töten (und das auch könnte), hüten oder nur seine Neugier befriedigen will. Allein deshalb und weil Hetzen für das fleihende Wildtier enormer Stress ist, ist es mir wichtig, diesen Trieb in gewissem Maße kontrollieren zu können.


    Meine Hündin ist ein Hütehundmix und Sichtjägerin. Im Einsatz der Nase ist sie nicht die Begabteste ;) und Wildfährten interessieren sie nicht sonderlich. Deshalb beschränkt sich das Problem mit der Jagd bei ihr auf Tiere, die ihr quasi direkt vor die Pfoten springen. Ist es eine Maus, dann wird blitzschnell zugeschnappt oder mit der Pfote draufgehauen (was die Maus aufgrund der Grössenverhältnisse eher nicht überlebt), ist es ein Hase gibt Madame Gas und hetzt hinterher. Sie kehrt um bzw. reagiert auf Rückruf sobald das Objekt der Begierde deutlichen Vorsprung hat oder außer Sicht ist (weil es z.B. in ein Gebüsch, ins hohe Gras oder Getreide flüchtet). Erfolg hatte sie dabei noch nie und wir arbeiten intensiv daran, daß das auch so bleibt. Bei Vögeln klappt der Abruf mittlerweile schon, wenn sie bereits losgesprintet ist.
    Ob sie ein Beutetier größer als eine Mause töten würde, wenn sie es erwischt? Ich weiß es nicht, zweifele aber daran. Madame hat bspw. nie versucht, das aus dem Gehege entkommene Meerschweinchen zu töten - das Tierchen war nur nassgesabbert. Und den Hasen, der ihr letztes Jahr quasi ins Maul gesprungen ist (da war sie sogar angeleint), hat sie auf mein reflexartiges Anbrüllen losgelassen - er konnte offensichtlich völlig unverletzt entkommen.


    Ich kenne Hunde, die keinen erkennbaren Jagdtrieb zeigen. Leilas (Staffmix) Hundefreundin bspw. guckt fliehendem Wild nur hinterher und macht auch keinen Satz ins Gras am Wegesrand, wenn da Mäuse herumhuschen.
    Das macht Spaziergänge - vor allem ohne Leine - natürlich entspannter ;).
    Ich kann mir nicht erlauben, mal nicht auf meinen Hund und die Umgebung zu achten - von der Sache mit den Mäusen mal abgesehen (dafür habe ich ja nun auch ordentlich verbale Prügel bezogen), denn dann müßte ich dem Hund jegliches Schnüffeln am Feldrand (Rand, nicht im Feld oder auf einer Wiese!) untersagen.


    Edit: Ich kann mir allerdings vorstellen, daß ein Hund, der am Verhungern ist und eine entsprechend höhere Motivation hat, Jagen (oder es zumindest versuchen) würde, obwohl er vorher nie sonderliches Interesse daran gezeigt hat.

  • Mal zum Thema angewölfter Jagdtrieb:


    Ich hab meine Ati (Rauhaardackel, aus jagdlicher Leistungszucht) im Alter von 3 Wochen an einen erlegten Rehbock gehalten. Sie hatte die Augen gerade halb geöffnet, und war noch mehr oder weniger hilf- und orientierungslos. Die Kleine hat geschnuppert, mit dem Schwanz gewedelt und dann in das Fell gebissen. Wie gesagt, sie war drei Wochen alt! Mit vier Wochen hat sie den ersten Rehlauf in Besitz genommen, mit ca. 10 Wochen die erste Katzenfährte "gearbeitet" und ungefähr im selben Alter auch die erste Katze auf dem Hof gestellt.


    Der Trieb ist angewölft, nur je nach Rasse mehr oder weniger stark. Und sobald Jagdhund mit drinne steckt, ist auch das volle Jagdprogramm darin enthalten (sieht man mal von den Apportierspezis ab). Auch Vorstehhunde packen und töten, meist aber nur auf Befehl, weil sie zuerst das Wild nur anzeigen sollen. Schweißhunde sollen uU angeschossene Wild stellen und niederziehen. Wie gesagt, die englischen Rassen sind da evtl. ne Ausnahme, aber die kontinentalen Rassen haben das volle Schema, mit relativ schwachen Schwerpunkt auf dem eigentlichen Einsatzgebiet.


    Gruß Christian

  • Zitat

    Aber wenn es wirklich mal drauf ankommen würde?
    Er könnte und er würde...
    (nimm ich zumindest mal an ohne ihn zu kennen)


    Nein, das glaube ich nicht. Auch mein Hund reagiert nicht bei Mäusen. Als die Wiese überschwemmt wurde und die Mäuse ums Leben zappelten, nahm mein Hund sie behutsam ins Maul und versuchte sie wegzutragen, wie kleine Welpen. Und das bei Hunderten von Mäusen.


    Bei uns lebte im Wald ein Hund drei Jahre lang. Er war ausgebüxt und konnte lange nicht mehr eingefangen werden. Die Jäger entschieden ihn nicht abzuschießen, es war auch zu nahe am Wohngebiet.


    Der Hund hat überlebt. Aber nicht durch die Jagd! Er lief jede Nacht durch alle Gärten und fraß, was er in den Kompostern fand! Später fütterte man ihn an, um ihn einfangen zu können. Er holte sich jede Nacht das Futter und verschwand bis er in einer Sivesternacht verstört aufgegriffen werden konnte.


    Nichtsdestotrotz kenne ich Hunde, die schon Rehe gerissen haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Hund jagen kann, aber nicht jeder Hund töten wird. Und selbst dann ist es eine Frage, ob er das Getötete fressen wird.


    Aber ich bin überzeugt davon, dass ein Hund, der es einmal getan hat, es immer wieder tun wird. So ein Hund kann man nicht mehr frei laufen lassen. Er ist eine Gefahr für sich und andere.


    Ebenso bin ich davon überzeugt, dass es Hunde gibt, die es nie tun werden. Vorher verhungern sie. Warum ich das glaube? Weil es Hunderassen gibt, die nach Jagdverhalten selektiert wurden. Ein Schäfer konnte es sich nicht leisten, dass sein Hund jagt. Also, was tat der Schäfer? Er drehte dem Hund den Kragen um und nutzte nur diejenigen, die eben nicht jagten. So hat man Rassen gezüchtet, die heute an sich kaum Jagdverhalten zeigen.


    Und genauso hat man eben umgekehrt Jagdhunde gezüchtet.


    Vom Wolf abzustammen heißt eben nicht, ein Wolf zu sein.


    LG Schopenhauer

  • Du willst mir wirklich allen Ernstes erzählen, dein Hund würde draussen verrecken (verhungern ist für mich verrecken), weil er sich weigern würde totes Fleisch zu fressen und/oder zu töten?? Also mal angenommen, es gibt keine Abfälle wovon er sich ernähren könnte.


    Das meine ich jetzt nicht böse, aber sowas würde ich echt traurig finden. Ich würde es nicht toll finden, wenn mein Hund durch Zucht oder sonstiges nicht mehr in Lage ist zu überleben, weil ihm die Instinkte/Triebe fehlen.


    Jaja die Schäfer *lach* Ich hab nen Mix aus DSH und franz. Schäferhund. Der andere Hund ist ein Weimaraner-Dobi-Mix. Und beide würden jagen, wenn sie dürften. Beide würden töten und es auch fressen. Und da bin ich mir absolut sicher, weil der Schäfer-Mix bereits getötet hat. Sie war auch schonmal hetzen :ops: und Fleisch fressen meine Hunde sehr gerne...


    Ich sehe das wie Christian, sorry.


    EDIT: Wir reden nicht davon, das wir Wölfe besitzen, sondern davon das z.B. der Jagdtreib angewölft ist...

  • @Schopenhauer:


    Wenn du der Meinung bist, dass man einen Hund, der einmal gerissen hat, nie wieder von der Leine lassen kann...
    Wie sollte denn dann ein Vollgebrauchsjagdhund (mit Blick auf unsere großen Vorsteher) arbeiten?

  • Zitat

    @Schopenhauer:


    Wenn du der Meinung bist, dass man einen Hund, der einmal gerissen hat, nie wieder von der Leine lassen kann...
    Wie sollte denn dann ein Vollgebrauchsjagdhund (mit Blick auf unsere großen Vorsteher) arbeiten?


    Oh das hab ich überlesen. Die Antwort auf die Frage von Dragonwog würde mich aber auch interessieren :^^:

  • Normalerweise sollen ja gerade z.B. die vorsteher - sagt ja der Name schon - das Wild anzeigen und evt. aufscheuchen, aber nicht selber reißen.
    Das gilt doch auch für die anderen Jagdhunderassen, oder? Fährten verfolgen, Wild anzeigen, Wild apportieren - alles Aufgaben des Jaghdhundes, aber doch nicht selbst töten?


    Da ist Fassi gefragt - der ist Jäger ;)


    LG


    Ines

  • Ines guck:

    Zitat

    Auch Vorstehhunde packen und töten, meist aber nur auf Befehl, weil sie zuerst das Wild nur anzeigen sollen. Schweißhunde sollen uU angeschossene Wild stellen und niederziehen. Wie gesagt, die englischen Rassen sind da evtl. ne Ausnahme, aber die kontinentalen Rassen haben das volle Schema, mit relativ schwachen Schwerpunkt auf dem eigentlichen Einsatzgebiet.

  • Ups - das hab ich überlesen - Danke Murmelchen!


    Das wusste ich so bisher aber auch nicht - wieder was gelernt! Ich denke mal, da kommt es halt auf die Erziehung auch mit drauf an.
    Ich hatte auch mal eine Pflegehündin die Frauchen freudestrahlend einen toten Hasen brachte. Ob selber gerissen oder gefunden wissen wir nicht :???:
    Aber auch sie konnte man bzw. ich (wäre Frauchen etwas konsequenter gewesen hätts bei ihr wohl auch geklappt) immer frei laufen lassen. Konnte sie sogar ablegen und in aller Ruhe ein Rudel Rehe fotografieren, die 10 m von uns wegstanden =)


    LG


    Ines

  • Zitat

    @Schopenhauer:


    Wenn du der Meinung bist, dass man einen Hund, der einmal gerissen hat, nie wieder von der Leine lassen kann...
    Wie sollte denn dann ein Vollgebrauchsjagdhund (mit Blick auf unsere großen Vorsteher) arbeiten?


    Mir wäre neu, dass ein Vollgebrauchsjagdhund das Wild töten und fressen darf. So einen Hund würde ich beim normalen Gassi nicht von der Schleppleine lassen. Ich glaube auch nicht, dass er als Jagdhund taugt. Dass man so einen Hund mit Telekat kurieren kann, ist gängig bekannt, wird gemacht und halte ich für mies.


    Ich würde keinen Hund, der ein Wild gerissen hat, mehr frei laufen lassen. Die Gefahr, dass so ein Hund in ein Auto, Moped, Fahrrad.... rennt, wäre mir einfach zu groß.


    Und ja, ich denke, mein Hund würde verhungern, bevor er töten und das Wild fressen würde. Er würde nicht mal das tote Tier anrühren. Mein Hund frißt nichts Rohes. Und ich finde das gut so. Denn würde das möglich sein, könnte man Hunde kaum an die Menschen binden. Sie würden weglaufen und sich ihr Futter selber jagen. Hunde sind für mich Müllschlucker, die lieber auf ner Deponie was Fressbares suchen gehen, als dass sie Wild töten und fressen. Dafür ist der Energieaufwand viel zu groß, als dass sich die Hasenjagd lohnen würde, um satt zu werden.


    Mein Hund würde sich vermutlich hier zw. Pizzeria und Metzgerei legen und warten, dass jemand in ihre wunderschönen ichhabeseitsechswochennixmehrgefressen Augen sieht und ihr was gibt, so wie viele Hunde, die es auf der Welt gibt, die sich ihr Futter selber besorgen müssen. Man findet sie gerne an Mülltonnen. Das ist nämlich das besondere am Hund, er kommt zum Menschen und hofft, dass er ihm was abgibt, sonst wärs kein Hund. Er tut nämlich nur das, wovon er profitiert und mein Hund wäre intelligent genug, sich das Futter so zu besorgen, dass er nicht jagen gehen muss!


    Wenn mein Hund Wild töten würde, käm er garantiert nicht mehr von der Schleppleine. In wildreichen Gebiten ist sie an der Schlepp. Keine Lust, dass mir jemand meinen Hund abschießt!

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!