Manchmal nerven die Samthandschuhe

  • Och mensch. Ich muss mal ein wenig jammern. Danke im Voraus fürs Zuhören.


    Natürlich geht es um einen Hund. Genauer um den Tucker.
    Und Tucker benötigt in seinem Alltag Samthandschuhe, bzw. ich, im Umgang mit ihm.
    Tucker ist nun zwei Jahre alt und lebt seit er 16 Wochen alt ist bei uns.
    Tucker hatte wenig Sozialisierung und kannte nur den Bauernhof, Felder und seine Eltern. Vermutlich ist er auch vom Charakter ein Weichei, aber wer weiss das schon genau.
    Vermutlich habe auch ich viele Fehler gemacht, die ihn in seinen Ängsten bestärkt haben. :???:


    Und manchmal bin ich es müde und ich könnte alles in die Ecke schmeissen und laut schreien. Es tut mir so leid aber es ist so. :ops:


    Tucker hat immer Angst. Er ist meistens im Stress. Und er misstraut jeder Situation. Tucker ist hoch intelligent und merkt sich jede negative Situation.
    Um ein Beispiel zu nennen: Mein PC ist alterschwach. Jeden Morgen wenn er gestartet wird, stürzt er erst 1 Million mal ab. Das nervt. Tucker weiss, dass ich mich aufrege und verschwindet beim ersten Neustart des PC möglichst weit weg. Wenn ich Mann (ja, das muss manchmal sein, ich danke für das Verständnis) anfauche oder etwas strenger mit meiner Tochter rede, flüchtet er so schnell er kann.
    Wenn der Nachbarshund bellt, flüchtet er rein und wird für Stunden nicht mehr gesehen, weil er das Bellen mit den Heissluftballonen am Himmel verbindet.
    Tucker hat Angst vor anderen Hunden, vor Menschen, vor den Nachbarskindern, vor Heissluftballonen, vor Situationen, vor Gewitter, vor Feuerwerk, einfach vor allem.
    Es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, dass er zitternd oder mit eingeklemmtem Schwanz da steht und einen riesigen Stress aushalten muss.
    Er merkt sich jede, wirklich JEDE Situation, die er unangenehm findet. Und reagiert entsprechend bei sich wiederholenden Situationen. :schiefguck:


    Ich versuche ihn in dem Moment zu ignorieren und normal weiter zu machen.
    Oder in bestimmten Situationen dagegen zu arbeiten.
    Bsp. Nachbarskinder. Wenn die eine schreit, dann ist Tuck weg. Somit versuche ich ihm jedes Mal, wenn sie schreit die Leberwursttube vor die Nase zu halten. Damit er mit der Zeit das Geschrei mit etwas Positivem verbindet.
    Aber ich hab das blöde Ding nicht immer zur Hand. Und ich mag auch nicht immer mit der blöden Tube durch die Gegend zu rennen. Wenn ich das blöde Teil dann doch mal griffbereit hab, will er bestimmt nicht und Leberwurst hin oder her, er haut ab und leidet. :nosmile:



    Ich getraue mich schon gar nicht mehr lauter zu sprechen, ich rege mich auf, wenn die Nachbarskinder schreien. Mich nerven die Heissluftballone. Ich verfluche Silvester und finde den Nachbarshund blöde. Ich gucke meinen Mann böse an, wenn er sich über etwas nervt, ...
    Und die können ja alle nicht wirklich was dafür.


    Ich möchte dass Tucker entspannt sein kann. Ich möchte, dass er sein Leben geniessen kann und weiss einfach nicht, wie ich das anstellen soll.
    Wir mussten mit dem Training aufhören, weil er solche Angst vor einem bestimmten Hund entwickelt hat, dass er nur noch ein Häufchen Elend war.
    (Die Hündin ging einige Male auf ihn los. Nicht schlimm, aber das hat schon gereicht.)
    Er darf nun in Agility, das ihm Spass macht. Aber ich warte nur darauf, dass wieder ein Hund falsch reagiert und Tucker nicht mehr mitmacht weil er Angst entwickelt.


    Ich möchte einen Weg finden, Tucker die Ängste zu nehmen. Aber ich habe keine Ahnung wie. Es sind so viele. Und sie werden schlimmer.
    Und ich fühle mich manchmal so unfähig. Das macht mich wütend. Auf mich und die Situation.


    Was soll ich tun? Bin für jeden Tipp dankbar.
    Hat jemand auch einen Angsthund? :wuah:
    Zumindest, danke fürs Lesen.

  • Ohje, das hört nicht schön an.


    Habt ihr schon mal einen Trainer zu euch kommen lassen?
    Ich denke das Du da alleine nicht weiterkommst und profesionelle Hilfe brauchst.

  • Hallo Tamee


    Ja, deshalb auch die Leberwursttherapie beim Nachbarskind. Aber das ist ein Tropfen auf den heissen Stein.
    Selbst wenn die eine Angst verschwinden würde, tritt irgendwo eine neue auf.
    Seit es so oft Gewitter hat, hat er auch Angst davor. Keine Ahnung weshalb :/ Tom (der kleine) hat keine Angst und wir reagieren nicht auf das Gewitter :/

  • Schlimme Geschichte. Ich kann dich gut verstehen.


    Verzeih, wenn ich so knallhart sage: Ihr braucht Unterstützung - meiner Meinung nach. Die entlastet dich insofern, als dass du gute Tipps und Managementmaßnahmen erhältst, die sich im Alltag umsetzen lassen und einen "Trainingsplan", eher Therapieplan, der sich entsprechend der Lernfähigkeit des Hundes (die durch den Dauerstress extrem herabgesetzt ist) abarbeiten lässt. Ängste, vor allem Geräuschangst, haben die Angewohnheit, sie rasant zu verschlimmern und auszuweiten. Negative Verknüpfungen werden mit allem möglichen hergestellt - du beschreibst das ja selbst sehr bildhaft.


    Ich würde euch 1. zu einem kompletten TA-Check raten, falls das noch nicht geschehen ist. Auch und gerade in Bezug auf Schilddrüse (bitte ALLE Werte nehmen lassen).


    2. Falls organisch alles in Ordnung ist, evtl. und in Absprache mit einem Verhaltenstherapeuten oder exzellenten Trainer, der sich mit Verhaltensmodifikation auskennt, die Gabe beispielsweise von Clomicalm. Ein Mittel, das allerdings erst anfluten muss. Dies dient lediglich der Unterstützung, damit der Hund mal ein klein wenig zur Ruhe kommt und so mit der Zeit wieder aufnahmefähig wird.


    3. Den o.g. Verhaltenstherapeuten oder Trainer mit entsprechender Erfahrung.


    Wenn du uns mitteilst, wo du lebst, kann dir hier vielleicht der eine oder andere mit einer Adresse behilflich sein.


    Dir über das Forum hier Tipps zu geben, halte ich persönlich für äußerst gefährlich, weil du zwar sehr anschaulich beschreibst, es jedoch auf die vielen kleinen Dinge zusätzlich ankommt, die du gar nicht mehr bemerkst oder bemerken kannst. Kein Vorwurf an dich!!!!


    Diesen Hund samt Situation muss man sehen, dazu gehört auch sein Umfeld, die mit ihm lebenden Menschen etc.


    Ich finde es jedenfalls äußerst bemerkenswert, wie sehr du für diesen Hund zu kämpfen bereit bist! Dass da irgendwann mal die Nerven durchgehen ist nur menschlich.


    Ich drück euch ganz fest die Daumen - und bitte, melde ich doch nochmal wg. Wohnort etc.


    LG
    cazcarra

  • Oh je, da tust du mir richtig leid.
    Unsere Hündin ist auch so ein Angsthase, aber nicht ganz so schlimm wie deiner.


    Vllt. versuchtst du es mal mit Tier-Homöopathie? Habt ihr einen Tierheilpraktiker in der Nähe?
    Ich habe schon gehört, dass man damit auch gute Erfolge bei Angstzuständen erzielen kann.

  • Hi, ich habe auch so ein ängstliches Bündel hier. Wir haben große Erfolge mit einer homoöpathischen Behandlung erzielt. Das hat ihr sehr geholfen und meine Kleine wird nun immer mutiger.


    Sie wird wahrscheinlich ihr Leben lang etwas ängstlich bleiben, aber es hat sich doch sehr gebessert!


    Du solltest das mal versuchen. Und übrigens, frag den THP auch nach etwas für Dich. Ein guter macht das schon mal, denn es ist ja auch wichtig, dass Du zur Ruhe kommst, wie willst Du das sonst dem Hund vermitteln?!


    LG, Steffi

  • Vorsicht: Homöopathische Mittel und auch Bachblüten-Mischungen etc. können lediglich unterstützend wirken.


    An der Ursache muss trotzdem noch gearbeitet werden...


    LG
    cazcarra

  • Hallo cazcarra


    Och danke! Für die lieben Worte. :gott: =)


    Wir wohnen in der Schweiz. Genauer Ostschweiz.
    Für jeden Tipp bin ich dankbar.


    An den TA habe ich noch nicht gedacht. Den versuche ich zu meiden. Einmal beim Tierarzt und Tucker verkriecht sich für mindestens eine Woche und frisst nicht mehr. Dann misstraut er selbst mir.
    Aber ich werde mich über eine gute Tierklinik schlau machen und dann dort vorbei gehen. Dann hat er nicht die Möglichkeit die bereits verknüpften Ängste zu stärken.


    Genau das ist es, wie du es beschreibst. Er verknüpft Dinge, da käme ich nie drauf.
    Einerseits erstaunlich, andererseits macht mir eben das Angst.
    (Seit neuestem verschwindet er, wenn ich den Kählschrank öffne. Keine Ahnung weshalb :nosmile: . Irgendwas ist, aber ich komme nicht drauf.)


    Pita: Danke für den Tipp mit der Homöopathie. Da haben wir eine gute Apotheke, die könnte ich mal fragen.


    Ich danke für die lieben Worte und das Verständnis. Das tut gut :^^:

  • Sicherlich spielen auch die ersten 16 Wochen in seinem Leben eine große Rolle, aber für mich liest sich der ganze Text, als wenn du selber nicht mit seinem Verhalten klarkommst.
    Er tut dir leid, aber du ärgerst dich darüber. Egal was ihr macht, du erwartest ja förmlich einen Rückschritt. Ihr puscht euch vermutlich gegenseitig in eurer Unsicherheit hoch.


    Sicher ist es nicht leicht einen ängstlichen Hund zu haben. Natürlich verflucht man die Arbeit die darin steckt und ich kann auch verstehen, daß du ab und an verzweifelst und dir einen "normalen" Hund wünschst.


    Aber was dieser Hund braucht ist ein Frauchen, dem er 100% Vertrauen kann. Die in jeder Lebenslage für ihn da ist, ihm Sicherheit und Halt gibt, mit ihm an seinem Selbstbewußtsein arbeitet und jederzeit ausstrahlt: Das Leben ist schön !!


    Wenn er dir vertrauen kann, sich bei dir sicher fühlt, dann kann er auch damit leben, wenn du mal lauter wirst. Aber dafür mußt du dem Hund gegenüber immer fair und berechenbar sein.


    Du MUSST deine Grundeinstellung ändern, die positiven Dinge sehen, gemeinsam Dinge erarbeiten, dir UND dem Hund vertrauen ... nicht auf den nächsten SuperGAU warten.


    Reiss dich zusammen ;)
    ... das schafft ihr, zusammen.


    Gruß, staffy

  • Sorry, Staffy, wenn ich dir ins Wort fall....


    An dem, was du sagst, ist viel Wahres dran. Ich fürchte nur, bei diesem Hund ist es damit nicht mehr getan. Die Verknüpfungen sind bereits so vielfältig, dass da keiner mehr durchblickt.


    @ toundto


    Bitte vergiss den Gang in die Apotheke. Da kann man dir nur "irgendwas" geben. Wenn dein Hund homöopathische Mittel oder dergleichen bekommen soll, dann müssen die von einem THP auf ihn speziell abgestimmt werden. Das kann kein Apotheker leisten!


    Was den Gang zum TA angeht: Der wird letztlich nicht zu umgehen sein. In solch schweren Fällen hilft es oft, nach Absprache mit dem Arzt, der den Hund kennen sollte, vor dem Besuch ein Beruhigungsmittel zu geben.
    Lass dich beraten.


    Wo in der Ostschweiz wohnst du genau? Wenn du es hier nicht schreiben magst, kannst du mir auch eine email schicken.


    LG
    cazcarra

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