SCHUTZDIENST UnD einige FRAGEN DAZU ...

  • Zitat

    Meine Freundin hat eine Art "Sportanlage"
    (Größeres gelände was an manchen stellen leider offen zugänglich ist )
    dort sind oft unliebsame Besucher im Dunkeln und es wird vermehrt eingebrochen.Nachdem ihr mann gestorben ist und sie relativ ängstlich oft ist abends alleine denken wir dass es doch eine gute beschäftigung sein könnte für Beide wenn es dem hund auch Spass macht und dabei nicht so grob zugeht wie es scheint...


    Also zu dem Hintergedanken: vergiss es! Bei Ausbildung über Beutetrieb: Ärmel weg, Spass weg, also es ist nicht so, dass der Hund dann im zivilen Leben eine Schutzfunktion übernimmt. Was natürlich gesteigert wird ist das Selbstbewusstsein des Hundes, aber wie gesagt, er wird dadurch nicht zum Wachhund.

  • Ja mittlerweile hat sie sich glaube ich eh für ths stark interessiert.
    War nen falscher Gedanke damals.
    Lag an der fehlenden Information unsererseits....

  • Hallo,
    ich möchte an dieser Stelle einige allgemeine Dinge über den Schutzhundesport-und nur den "Sport"- loswerden und hoffentlich das ein oder andere Vorurteil was den Schutzhundesport betrifft entkräften.
    Ich selbst bilde seit vielen Jahren Hunde und deren Führer im Schutzdienst aus und war Diensthundeführer bei der Bundeswehr.


    Ein klarer Unterschied besteht zunächst einmal darin, einen Hund zum Sport-Schutzhund oder zu einem Diensthund, nämlich dem Schutz und ZUGRIFFS-Hund auszubilden. Dies sind zwei völlig verschiedene paar Schuhe, auch wenn es für den Laien nicht so aussieht.


    Der Schutzdienst im Sportlichen Sinne besteht schlicht und einfach darin, dem Hund gemäß seiner Natur die Möglichkeit zu geben, Beute zu jagen und zu Greifen (=Beutetrib, Jagdtrieb). Denn der Hund-egal ob Yorkshire oder Schäferhund- ist ein Beutegreifer, ein Raubtier.
    Die Beute im Schutzdienst ist der Schutzarm-und nur der Schutzarm-, der Helfer ist der "Konkurrent", mit dem um die Beute gestritten wird.
    Ein weitere Trieb, auf dem der Schutzdienst aufgebaut wird, ist der Wehrtrieb. Ein Hund wird sich dagegen "Wehren", wenn der Helfer ihm die Beute wegnehmen will (z.B. der Schutzarm liegt auf dem Boden, der Hund liegt davor im "Platz"). Er wird dabei aber nicht etwa den Helfer angreifen, sondern den Schutzarm fassen und festhalten, wenn der helfer daran zerrt.
    Aufbau mit Stock und Peitsche hat nichts mit Wehrtriebförderung zu tun. Hier wird aus dem Hund lediglich ein "Angstbeißer" gemacht, und das hat nichts mit Schutzdienst zu tun!!!
    Ich selbst stelle mich bein den von mir ausgebildeten Hunde auf dem Platz ins Versteck, OHNE Schutzarm und lasse den Hund nach mir Revieren, also suchen. Was passiert? Der Hund setzt sich vor mich, sieht mich "blöde" an und weiß nicht was er tun soll, die wenigsten Hund bellen mich ein,zweimal an. Warum? Weil das vom Hund begehrte Objekt, der schutzarm nicht vorhanden ist und der Hund mich nicht als seine Beute erkennt. Punkt.


    Ausbildungsmethoden wie Stachelhalsbänder, Elektroshocker oder sonstiger Unfug haben weder im Sportlichen, noch in der Dienstlich begründeten Schutzhundeausbildung etwas zu suchen und sind auch gar nicht notwendig, wenn man eben über genügend Fachwissen über Hunde und ihre Phsychologie verfügt.


    Leider werden diese Methoden noch immer auf vielen Plätzen von schlichtweg unkompetenten Hundeführern und Helfern angewandt, was leider zum schlechten Ruf dieses Sports führt und die Masse der "Seriösen" Betreiber dieser Sportart zu Tierquälern und sonstigem Abstempelt.
    Allgemein ist der Ton im Schutzdienst etwas"rauher", jedoch sind schreiereinen und ständig nur gebrüllte Kommandos ebenso fehl am Platz wie die oben genannten "Ausbildungshilfen".


    Für den Hund ist die vernünftig und verantwortungsvoll betriebene Schutzdienstarbeit eine gute Möglichkeit, sich auszupowern. Schutzdienst heißt nämlich nicht nur bellen und beißen, sondern besteht aus Unterordnungsarbeit, Apportieren und dem Suchen (=Fährtenarbeit).


    Durch den Schutzhundesport erhält man ebenso wenig einen Unberechenbaren Beißer wie einen zuverlässigen Wach-und Schutzhund für den Alltag.
    Jeder Hund wird zuhause "Anschlagen" wenn sich ein Einbrecher zu schaffen macht. Genauso wird auch jeder Hund-unabhängig von Rasse und Größe- generell versuchen, einen Angriff auf sich oder sein Herrchen zu verhindern und seinerseits angreifen.


    Grundsätzlich ist es Rasseunabhängig, ob sich ein Hund für Schutzdienst eignet oder nicht. Hier spielt eigentlich nur der Charakter eines Hundes und seine Veranlagung eine Rolle. Der VDH schreibt allerdings ein Mindeststockmaß von 45 cm vor, enifach um eine körperliche Grundlage zu schaffen.


    Wenn man sich nun für den Schutzhundesport entscheidet, sollte man sich vorher einige Vereine und Plätze mal anschauen und sich vor allem erstmal in Gesprächen mit erfahrenen Hundeführern und Helfern sowie der entsprechenden Fachliteratur die notwendigen Basics verschaffen.


    Ich hoffe, dem ein oder anderen geholfen zu haben. Wer Fragen oder Anmerkungen hat-auch Kritik- darf sie gerne loswerden.

  • Dies ist ja mal ein sehr schöner Beitrag zum Thema.
    Ich bin zwar der Meinung, dass man Ausbildungssysteme und Philosophien nicht einfach so allgemein in „gute Sache“ & „schlechte Sache“ einsortieren kann, weil es schon drauf ankommt, was man für einen Hund vor der Nase hat.
    Aber trotzdem ist es ein sehr schöner und informativer Beitrag!!


    :applaus: :applaus:



    mit freundlichen Grüßen,Steffen

  • Steffen: Natürlich kommt es darauf an, welchen Hund ich vor mir habe, wobei ich dies ausschlieslich auf den Charakter beziehe, nicht auf die Rasse. Jemand der selbst im Schutzdienst einen Hund führt weiß wovon ich spreche, wenn es um Ausbildungshilfen wie Stachelband und co. geht.
    In der Ausbildung komme ich um ein gewisses Maß an Zwang nicht herum. Die Frage ist nur welche Art von Zwang, zu welchen Zweck und ganz entscheident zu welchem Zeitpunkt? Da es hierfür einfach einer gewissen Erfahrung und Fingerspitzengefühl bedarf Rate ich generell von diesen Ausbildungshilfen ab, da ich damit eben einen Hund ganz schnell "Versauen" kann. Übrigens kommt keine Hundeausbildung ohne Zwang aus. Bestes Beispiel hierfür ist die "Platz"- Übung...
    Ich habe schon Hunde gesehen, die vor dem Versteck mit Tele-Tac "gesperrt" wurden, um zu verbellen. Das Ergebnis war, das der Hund
    nicht gebellt hat und nach dem dritten Versuch schon gar nicht mehr ans Versteck wollte und der Helfer hatte keine Chance, den Hund neu "Beutezumotivieren".



    Übrigens danke für dein Lob

  • helferlein: Also bei dir würde ich mit meinem Hund auch gern Schutzdienst machen!
    Wo kommst du denn her? :)


    Wenn überall Schutzdienst so betrieben würde, wie du es beschreibst... das wäre ein Traum. Aber gerade du wirst wissen, dass in diesem Bereich leider noch viel zu viel Unfug getrieben wird und der Hund teilweise zum Sportgerät degradiert wird.


    Letztens wurde auf einer offiziellen Hundemesse Schutzhundesport vorgestellt. Jeder Hund trug einen Stachel.

  • @ helferlein - schließe mich dem Lob an :gut: den Blick wenn der Helfer ohne Ärmel im Versteck steht ist nicht zu toppen. Allerdings man stellt den Helfer in ein anders Versteck und der Hund bremst beim Revieren "halt da war doch was "


    reggy - na prima das trägt ja mal wieder enorm dazu bei dass alle die Schutzdienst betreiben in einen Topf geworfen werden. Schutzhundesportler =Böse
    Kerstin

  • Zitat

    "
    reggy - na prima das trägt ja mal wieder enorm dazu bei dass alle die Schutzdienst betreiben in einen Topf geworfen werden. Schutzhundesportler =Böse
    Kerstin


    Naja, die Leute auf der Messe meinten noch "wir möchten uns nicht verstecken mit unserem Sport und hiermit zeigen, dass das nur ein Sport ist und nichts schlimmes." Nur war das eben nicht ganz glaubwürdig...


    Ich bin absolut dafür, dass da mehr Aufklärung betrieben wird, damit die Leute, die SD machen wollen, auch wissen, worauf sie achten sollten und so vielleicht die Plätze, die seit Jahrhunderten ihre Methoden nicht verändert haben, die Chance haben sich irgendwann zu ändern. Man kann sogar Polizeihunde ohne Starkzwang ausbilden, aber man macht es eben kaum, weil es länger dauert und daher teurer ist :kopfwand:

  • @ reggy. ich komme aus der Südwestpfalz, danke das du mir deinen Hund "anvertrauen" würdest.


    Aber mal was allgemeines zum Thema Zwang und Stachelhalsbänder:


    Keine Hundeausbildung kommt ohne Zwang aus. Dies ist nun leider einmal so . Bringe ich dem Hund "Pfötchengeben" bei und hebe dazu am Anfang die Pfote des Hundes hoch, so stellt dieses hochheben der Pfote für den Hund einen Zwang dar.
    Anders ist es allerdings beim Thema Starkzwang. Ich habe schon gesehen, wie Hunde in der Apportierausbildung folgendermaßen dazu gebracht wurden, in das Apportierholz zu beißen: der Hund wird an der Leine gehalten, das Holz wird vor die Nase gehalten. Dann wird der Hund am Halsband gewürgt, bis er zwangsläufig in das Holz beißt. Der Mensch würde wild um sich schlagen, dem Hund bleibt Naturgemäß nur beißen Übrig. Hat der Hund das Holz gefasst, hört das würgen auf. Diese Hunde Apportieren vorbildlich. Aber warum? Weil der Hund gelernt hat, das der Schmerz-das würgen- aufhört, sobald er ins Holz beißt. Deshalb wird er immer versuchen das Holz schnell und energisch zu fassen, um dem Schmerz zu entgehen. Ich halte solche Methoden für sehr fragwürdig, leider werden sie aber noch immer angewandt, wenn auch nicht überall. Aber es gibt eben die Unbelehrbaren....


    Im Gegenzug habe ich aber auch schon gesehen, das sehr Triebstarke Hunde zusätzlich zum normalen Halsband ein "vernünftiges" Stachelband trugen (ohne geschärfte Spitzen oder so). Über das stachelband wurde KURZ und LEICHT eingewirkt und auch nur in dem Falle, um sich dem Hund gegenüber wieder "Gehör" zu verschaffen.
    Diese Methode ist eigentlich nichts anderes, als das Rügen von stürmischen und groben Hunden innerhalb des Rudels durch höhergestellte Rudelmitglieder. Und wer Hunde oder gar Wölfe schon einmal im Rudel erlebt hat weiß, welche rauhen Sitten dort Herrschen.
    Ich selbst habe für meine Hunde noch nie ein Stachelhalsband gebraucht und trotzdem immer gute Prüfungsergebnisse erzielt.
    Dies ist auch jetzt der Fall, ich bilde gerade einen Appenzeller-Sennenhund Rüden aus, 9 Monate alt. Und wer Appenzeller kennt weiß, wie Treibstark und aufgedreht diese Hunde sind. Das Geheimnis heißt Autorität. Und um mir diese zu verschaffen, benötige ich kein Stachelband.
    Sowas hat der "Alpha" in einem Rudel nämlich auch nicht.....


    In diesem Sinne

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