ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Mach dich da noch auf einiges gefasst....
    Ich denke, Jagdtrieb bringt jeder Hund in irgendeiner Form mit und wenn er noch so schwach ausgeprägt ist.
    Ich kann dir zumindest schreiben, wie sich der starke Jagdtrieb meiner Hunde äußert bzw. äußern würde, wenn ich gewisse Verhaltensweisen nicht unterbinden würde:
    - andauerndes Glotzen und Scannen nach Jagdbaren.
    - kein Abruf möglich bei Wildsichtung (und Katzen, anderen Kleintieren...)
    - Gefahr für Kleinhunde und allem, was ihr jagdliches Interesse weckt.
    - Suchen nach Jagdbaren, jedes Rascheln und Knacksen kann sie aufhorchen und darauf zurasen lassen.
    - tritt der Worst- case ein und sie jagen ner potenziellen Beute hinterher, habe ich hier nen Kandidaten, für den ist die Jagd noch nicht vorbei, auch wenn das Objekt der Begierde entkommen ist. Der sucht dann weiter, denn wo ein Reh ist, sind ja bekanntlich mehrere...


    Jagdtrieb kann einem den letzten Nerv rauben... :lepra:

  • Lola ist jetzt 10 Monate, sorry.

    Genau das richtige Alter um ihr quasi ins Hirn zu zementieren, wie viel Spaß gemeinsame Jagd mit dir macht - also von dir bestimmte "Beute", bei der dein Hund seine jagdliche Passion einsetzen lernt :dafuer:


    Nasenarbeit durch Fährten, Flächensuchen, Beute lokalisieren und anzeigen oder bringen - damit bedienst du seine jagdlichen Bedürfnisse und legst so ganz "nebenbei" den Grundstein dafür, dass du die "Jagd" initiierst ... und nicht die sonstigen Reize in der Umwelt.


    Du lernst dabei, deinen Hund einzuschätzen, lernst seine Grenzen kennen, kannst diese Schritt für Schritt ausweiten, holst ihn ab bei seinen Bedürfnissen und lernst gemeinsam mit ihm die Kontrolle über seine Impulse.

  • Damit haben wir gerade angefangen.
    Dummysuche machen wir im Spaßmodus immer mal. Mantrailen gehen wir seit drei Wochen. Fährten ist so gaaar nicht ihr's, weil sie da so langsam arbeiten soll.
    Ansonsten üben wir Wild anschauen und eben anzeigen durch anschauen, das wird gemarkert und belohnt.
    Wenn sie einem Reiz nach will (eben zB Reh direkt vor ihr) gibt's nach dem Ranrufen etwas zu Hetzen bei uns.
    Ich muss sagen, es ist zwar erstmal anstrengend, weil man sich da reinfuchsen mussund lernen muss, den Hund zu lesen, schneller zu sein als er. Aber es macht auch Spaß.
    Gestern hab ich Rehspuren entdeckt und weil mich das interessiert hat, kam sie dann auch gucken und hat sich gefreut. Lässt sich dann aber eben problemlos wieder abrufen und kommt mit.


    Viele hatten gesagt, der Jagdtrieb käme mit 6/7 Monaten. Deswegen war ich verwundert. Aber wenn noch was kommt, ist es ja super, wenn wir da jetzt schon so schön reinarbeiten können.


    @GhAres
    Oje. Das allerdings klingt anstrengend. Welche Rasse führst du?
    Lola mag natürlich auch Eichhörnchen und manche Katzen. Aber gerade bei Katzen klappt stehen und gucken, markieren, und belohnen schon gut. Eichhörnchen trifft man halt selten.


    Hat jemand noch Literatur-Tipps zum Thema? Ich lese sehr gern .

  • Hat jemand noch Literatur-Tipps zum Thema? Ich lese sehr gern .

    Antijagdtraining von Pia Gröning
    Wege zur Freundschaft - eine Liebeserklärung an jagende Hunde von Ulli Reichmann


    Zwei sehr unterschiedliche Ansichten zum Thema Jagdtrieb und dem Umgang damit.

  • Woran macht man fest, dass ein Hund viel oder wenig Jagdverhalten zeigt?

    Hier siehst du ein Video von gestern von meiner Sina, die m.E. schon ziemlich Jagdtrieb hat. Wenn sie meine Regeln nicht hätte, dann würde sie sich in ihr Jagdverhalten so reinsteigern, dass sie an der Leine ausflippen würde.
    Ich musste sie verbal öfter ausbremsen weil sie zwischendurch ziemlich hektisch wurde.


    [media]https://www.youtube.com/watch?v=SoB-IuA3MMQ[/media]

  • Fährten ist so gaaar nicht ihr's, weil sie da so langsam arbeiten soll.

    Das langsamere Arbeiten kommt von selbst, weil das bewusste, gezielte Einsetzen der Nase den Hund intrinsisch ausbremst. Hunde werden mit einer fantastischen Nase geboren - aber diese gezielt einzusetzen, müssen auch sie lernen.
    Dabei wird dem Hund angepasst gelernt; Aspekte wie konzentriertes Arbeiten und mit der Nase auch in der Luft zu orten (die Windrichtung mit einbeziehend zum lokalisieren der Beute) sind keine Dinge, die den Hunden von Geburt an zur Verfügung stehen.


    Mal folgendes Beispiel: Du legst in einem Gelände mit niedrigem Unterholz eine Beute aus, nur 20 m vom Startpunkt entfernt. Dabei gehst du aber in Zickzack-Linien zum Ablageort.
    Manche Hunde gehen akribisch diese Zickzacklinien ab und gelangen so zur Beute. Andere Hunde halten nach dem Startpunkt direkt die Nase in den Wind und gelangen mit einem leichten Slalom auf direkterem Weg zur Beute. Für Beides ist aber Konzentration nötig - und Hunde, die zunächst sehr übereifrig eine Suche angehen, werden schnell unkonzentriert (und damit hektisch). Konzentriertes Arbeiten und feiner Einsatz der Nase sind Lernziele, die Hand in Hand gehen müssen - die kleinen Schritte dahin müssen auf den Hund und dessen Ist-Zustand abgestimmt sein.


    Ich persönlich finde es - für die meisten Hunde zumindest - deutlich besser, wenn ein Hund nicht genau die Spur aufnimmt und dieser akribisch nachgeht, sondern auch andere Hilfen einsetzt wie zum Beispiel Geruchsspuren, die der Wind ihm zuträgt, aufzunehmen und so die Beute schneller zu lokalisieren.
    Das wird gerade durch die Dummyarbeit gefördert.


    Wenn sie einem Reiz nach will (eben zB Reh direkt vor ihr) gibt's nach dem Ranrufen etwas zu Hetzen bei uns.
    Ich muss sagen, es ist zwar erstmal anstrengend, weil man sich da reinfuchsen mussund lernen muss, den Hund zu lesen, schneller zu sein als er. Aber es macht auch Spaß.

    Schön dass dir das Spaß macht :bussi: Damit sind wir schon zu Zweit - sollen wir einen Club aufmachen? :D
    Das ist übrigens Umlenken, was du da machst. Du holst deinen Hund damit bei seinem Bedürfnis "ab", und gibst ihm etwas, wo er diesem Bedürfnis nachkommen kann.
    Läuft bei mir genauso, und erhöht garantiert die Motivation des Hundes, lieber dem Angebot seines Menschen zu folgen. (Bitte die Feinheit beachten: Es erhöht garantiert DIE MOTIVATION - das heißt NICHT, dass damit die Motivation des Hundes JEDERZEIT garantiert höher ist, als eine andere Motivation... mal als bildhaftes Beispiel dazu: Meinen Amigo kann ich ihm Freilauf super abrufen, wenn so in 10 oder 20m eines oder mehrere Hühner sind. Da toppt mein Jagdangebot seinen ausgelösten Reiz, und er lässt sich umlenken. Ginge ich mit ihm aber in ein Hühnerfreigehe, würde in einen Blutrausch fallen, da könnte ich noch so viele Dummies schmeißen ... ALLES hat seine Grenzen; die Kunst ist, diese Grenzen zu kennen und entsprechend vorausschauend zu agieren :smile: )
    Ich habe allerdings ein spezielles Markerwort für diesen Moment des Umlenkens, aus gutem Grund: Ich lenke meinen Hund damit in einem Moment um, in dem er sehr hoch in seiner Motivation auf Beuteerwerb ist. Ich LASSE ihn also in dieser Motivation, gebe ihm nur ein anderes Ziel (Eines, welches ICH kontrolliere, und damit auch die Richtung - und die ist IMMER WEG von der Beute, die er zuerst im Visier hatte).
    Wende ich dieses Markerwort in anderen Situationen an, katapultiere ich ihn damit IN sein Jagdverhalten. Da ist mein Amigo sowieso sehr schnell drin, und mein Ziel ist (und wird es auch zukünftig sein), dass dieser Hund diese Welt auch nicht aus der Sicht eines Jägers wahrnimmt.


    Überlege mal, ob das vielleicht auch etwas für euch Passendes ist. Ich sehe nämlich durchaus die Gefahr, dass entweder der Rückruf verwässert werden KÖNNTE (=dein Hund LERNT, dass es nicht immer die erwartete Jagdsequenz bei dir gibt, wenn du diesen Rückruf anwendest, weshalb er dann lieber einer anderen Motivation folgt statt des Rückrufes), oder du wunderst dich irgendwann, warum nach diesem Rückruf dein Hund auf einmal verstärkt jagdliche Ambitionen zeigt (=dann ist dieser Rückruf so mit Jagdmotivation verknüpft, dass seine jagdliche Passion damit getriggert wird). Wie geschrieben - KÖNNTE.

  • Nebst dem offensichtlichen Jagdtrieb sind ja auch immer die Fragen wichtig:


    Wie führig ist mein Hund?


    Das hat enormen Einfluss darauf, wie einfach oder schwierig es wird, an der Geschichte zu arbeiten.


    Wie gut erzogen ist mein Hund?


    Je nach dem hat er mehr oder weniger Freiheiten.
    Da muss man sich selbst an der Nase nehmen.


    Meine beiden haben hohes Interesse an frischem Wild.
    Sind aber komplett unterschiedlich im Handling.
    Einer gehorcht mittlerweile enorm gut, der hat immense Freiheiten. Das wird aber laufend aufpoliert.
    Der Andere ist schlechter erzogen (mein Fehler) und hat daher weniger Freiheiten, mehr Absicherung.


    Edit: sorry, hab nicht gesehen, dass bereits noch mehr Antworten kamen.
    Dann einfach mein Geschreibsel ignorieren |)

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