ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Ja, es geht mir primär um die Vögel. Auf Rehe und größere Tiere reagiert Casper bisher gar nicht. Enten auch nicht. Mäuselöcher erst seit heute. Bei Hasen orientiert er sich bisher von selbst zu mir um. Bei Vögeln ja auch oft, aber eben nicht immer.


    Mich hm erschreckt es einfach auf welche Distanz Casper mittlerweile auch mal reagiert. Casper lief vor ca. 2 Wochen ohne Leine. Auf einmal düst er in Jagdhaltung los. Ich rufe ihn, er dreht um. Natürlich habe ich ihn belohnt, und die Schlepp dran gehängt, aber der Vogel war ca. 50m entfernt. Das war früher undenkbar. Ich vermute, weil seine Murmel aufgrund vom Testosteron so mit Hündinnendüften beschäftigt war, dass da nicht so viel Platz für jagdliche Ambitionen war. Natürlich hat er auch da auf Vögel geachtet, aber nicht auf 50m Distanz.

    Manchmal sieht Casper auch Vögel 5m vor sich. Sieht die Vögel kurz an, schaut wieder weg und geht einfach weiter (und mir fällt gerade auf, dass da mein Lob fehlt...) und da verstehe ich nicht, dass er das kann und sich da gar nicht dafür interessiert, dann aber im Gegenzug auf 50m Distanz hin will? Kann mir das jemand erklären?


    Ich habe Casper bisher bei den Vögeln immer ins Fuß gerufen und bin mit ihm daran vorbei oder habe "Nein" gesagt. Zieht er kurz die Ohren an, weiß ich, dass er den Vogel in Ruhe lassen wird. Ihn nur fürs Schauen gelobt, das habe ich tatsächlich noch nicht gemacht. Bei mir gab es erst Lob, wenn er sich umorientiert hat. Das werde ich mal versuchen.

  • Manchmal sieht Casper auch Vögel 5m vor sich. Sieht die Vögel kurz an, schaut wieder weg und geht einfach weiter (und mir fällt gerade auf, dass da mein Lob fehlt...) und da verstehe ich nicht, dass er das kann und sich da gar nicht dafür interessiert, dann aber im Gegenzug auf 50m Distanz hin will? Kann mir das jemand erklären?

    Mein Blick in die Glaskugel gibt mir folgende Antworten:


    - Casper war einfach im Seeking-Modus, auf der Suche nach irgendwas Interessantem, weil er Lust darauf hatte, mal etwas Energie loszuwerden.

    - Casper hatte Lust, sich gemeinsam mit dir zu beschäftigen. Losrennen-Stoppen lassen-Leckerchen/Lob abholen ... Menschen sind so leicht zu konditionieren tears-of-joy-dog-face

    - Caspers Hormone waren schon in Wallung, und es bedurfte nur eines kleinen äußeren Reizes, um eine impulsive Handlung abzustupsen


    Ich frage mich bei meinen Hunden nur noch selten, WARUM sie etwas gemacht haben.

    Ich beobachte sie lieber und versuche so im Vorfeld, mögliche Handlungen zu erkennen.


    Bei Amigo ist der Sympathikus z. B. sehr leicht anzukurbeln. Kommt dann noch seine jagdliche Ambition dazu, schrillen bei mir die Alarmglocken - da weiß ich einfach, dass die Wahrscheinlichkeit auf unerwartete Jagdausbrüche bei einer Skala von 0-10 bei 20 liegt ...


    Ich leine dann an (oder arbeite tatsächlich mit ihm) und gebe ihn wieder frei wenn ich merke, dass in seinem Hirn wieder Raum ist für Nicht-jagdlich-orientierte Umweltwahrnehmung. Pinkeln z. B. ....

    Ich leine dann übrigens IM LAUFEN ab. So ganz "nebenbei" an- und abzuleinen haben wir gelernt. Stehenbleiben zum An-/Ableinen ist eine Unterbrechung der eigentlichen Handlung, und das ist bei konzentrierter Arbeit nicht erwünscht. Ist auch im Alltag sehr praktisch.


    Nicht (mehr) auf jeden Reiz mit Jagdverhalten zu reagieren, habe ich mit Amigo nie gezielt geübt. Das hat sich im Laufe der Zeit eingestellt, und ist wohl als "Nebenergebnis" des gezielten Jagdtrainings anzusehen, welches ich tatsächlich schon recht früh bei ihm angefangen habe. So früh, dass wir schon Grundlagen hatten, bevor sich in seinem Junghundhirn die "jagdliche Selbsterkennung" so richtig anfing zu entfalten.


    Bei jagdlich interessanten Wahrnehmungen erst mal zu verharren, hat Amigo im Laufe der Jahre selber (intrinsisch) gelernt. Das wird jedes Mal von mir gelobt - und sofort daran bekommt er eine Handlungsanweisung von mir. Das reicht von "Gut! - Bleib!" über "Sehr schön! - Hiiier!" bis hin zu "Suuuper - komm schnell HIIIER :cuinlove:".

    Auch die Belohnungen variieren - von einem Leckerchen, über einen anschließenden Arbeitsauftrag bis hin zu einem "einfach-Spaß-Apportel-Hinterherpreschen" ist alles drin.


    Da zu variieren ist eine bewusste Entscheidung von mir:

    Zum Einen nutze ich damit bei Amigo die Motivation, die Erwartungshaltung auf den möglichen Super-Jackpot (den Beuteerwerb Apportel) hoch zu halten.

    Zum Anderen bleibt Amigo im Ungewissen darüber, welches Verhalten er damit bei MIR provoziert, denn eines ist mir völlig klar: Er setzt immer mal wieder ganz gezielt "Scheinjagdverhalten" ein, um sich einen "Arbeitsauftrag" zu ergattern ...


    Wir haben uns da im Laufe der Jahre gegenseitig sehr gut konditioniert xD - und: Ich lebe damit.


    Sehr gut sogar, denn es macht mich einfach nur unglaublich froh, diesem Hund den so nötigen Freilauf ermöglichen zu können, WEIL ich ihn so managen kann dass er für sich und seine Umwelt keine Belastung oder gar Gefahr bedeutet.


    Das alles wäre allerdings nie möglich gewesen ohne ausreichende Bedürfnisbefriedigung.


    Amigo weiß nicht, dass die Dummyarbeit ein "Ersatz" für "richtiges Jagderleben" ist.

    Er merkt nur, dass er bei der "Arbeit" Stöbern, Hetzen, Beute-Erwerben und Beute-Tragen kann.


    Damit streichel ich seine Seele - und halte sie in Balance.

  • Hundundmehr Das werde ich auch mal machen. Suchspiel nur, wenn er das Jagen abbricht.


    Heute hat Casper wieder jeden Vogel sowie andere Tiere komplett ignoriert bis auf 2 Vögel. Interessant war dabei, dass er bei beiden Vögeln jeweils den Vogel fixierte, ich sagte sofort Nein. Casper bellte dann jeweils einmal in Richtung Vogel, drehte sich dann sofort zu mir um, tapselte dann ganz stolz zu mir mit seinem „Hab ich das gut gemacht“ Blick?


    Sein Bellen war wahrscheinlich Frust ablassen oder?

  • vögel waren/sind bei uns bei beiden hunden interessant.

    schon der alte hüti wäre in jungen jahren gerne hinterher.....

    hier im garten wohnen viele vögel und ein amselpaar zieht jedes jahr ihre brut hier auf.

    sam hat schon ganz früh gelernt das diese vögel mitbewohner sind die man un ruh zu lassen hat.

    er hat dann angefangen auf die auf zu passen.,so werden krähen und elstern verbellt während der brutzeit,wenn diese nur auf dem dach sitzen .... und die amseln halten sich auch gern mal in seiner nähe auf.


    dann kam änni,eine klm hündin ,damit richtiger jagdhund :smile:


    auch ihr haben wir klar gemacht ; die vögel wohnen hier......anfangs hat sie noch versucht hinterher zu sprinten,inzwischen sind sie ihr egal......bzw sie läßt sie in ruh.


    unterwegs haben wir das dann auch so angewandt,vogel in sicht; von uns: die wohnen hier.... und sie läßt sie in ruh.

    gerade erst vor 2 tagen ; wir sind zum grillen bei unserer schwiegertochter,eine amsel kommt auf die terasse um sich irgendein insekt zu holen..... direkt 1,5m vor nasen der hunde.......von uns kam wie gewohnt ein: die wohnt hier .... und beide sind liegengeblieben.


    lg

  • Ich würde das Ganze viel unkomplizierter gestalten. Da du ja auch das Festschnüffeln gut abbrechen konntest (du hattest ja damals schon geschrieben, dass du damit sofort einen Effekt hattest und das hat sich nun halt etabliert), würde ich auch das Jagen abbrechen. Und zwar so, dass er den Wunsch daran dann tatsächlich auch seinlässt.

    Dass du auf Spaziergängen einem ansprechbaren Hund, der in Gedanken bei dir ist, tolle und spannende Aufgaben immer mal gibst wie ein kleines Suchspiel, Rennspiel, Massage etc - das ist dann die Quality Time für "nicht jagen".


    Zumindest von dem her, was ich von euch bisher gelesen habe, würde ich es wirklich so machen und zwar fix. Sonst hast du dir eventuell auch einfach Verhaltensketten gebastelt, dass das Suchen von Jagbarem für ihn zum Ziel wird, weil er dafür Spaß bekommt von dir. (Dass man mit passionierten Jägern anders arbeitet, steht außer Frage, es ist tatsächlich das, was ich für euch nach dem was ich bisher gelesen habe, für sinnvoll empfinden würde.)

  • Ich würde das Ganze viel unkomplizierter gestalten. Da du ja auch das Festschnüffeln gut abbrechen konntest (du hattest ja damals schon geschrieben, dass du damit sofort einen Effekt hattest und das hat sich nun halt etabliert), würde ich auch das Jagen abbrechen. Und zwar so, dass er den Wunsch daran dann tatsächlich auch seinlässt.

    Dass du auf Spaziergängen einem ansprechbaren Hund, der in Gedanken bei dir ist, tolle und spannende Aufgaben immer mal gibst wie ein kleines Suchspiel, Rennspiel, Massage etc - das ist dann die Quality Time für "nicht jagen".


    Zumindest von dem her, was ich von euch bisher gelesen habe, würde ich es wirklich so machen und zwar fix. Sonst hast du dir eventuell auch einfach Verhaltensketten gebastelt, dass das Suchen von Jagbarem für ihn zum Ziel wird, weil er dafür Spaß bekommt von dir. (Dass man mit passionierten Jägern anders arbeitet, steht außer Frage, es ist tatsächlich das, was ich für euch nach dem was ich bisher gelesen habe, für sinnvoll empfinden würde.)

    Für mich gibt es ja nur zwei Möglichkeiten:


    a) Caspers Jagdtrieb ist nicht so groß

    oder

    b) Casper packt nun seinen vollen Jagdtrieb aus


    Ich vermute, dass es eher A ist und er sich eine neue Beschäftigung sucht, weil er sich ja nicht mehr festschnüffelt. Als Casper vor ein paar Tagen meine Bekannte suchen durfte, hoppelte 1m vor ihm ein Hase. Casper sah den Hasen, beachtete ihn aber gar nicht weiter, sondern suchte meine Bekannte. Später waren 2 Vögel in der Nähe, auch diese beachtete er gar nicht. Wäre der Jagdtrieb so groß, wäre er doch dem Hasen oder den Vögeln hinterher, oder sehe ich das falsch?


    Ebenfalls heute direkt auf dem Gehweg.. eine Ente mit ihren 3 Babys 1m vor uns. Die Entchen sind schnell Richtung Wasser geflitzt. Casper sah es, schaute aber wieder weg, es interessierte ihn gar nicht. Wäre der Jagdtrieb so groß, hätte er doch reagiert?

  • Deswegen sag ich ja - ich glaube, dass es das beste ist, es ihm zu verbieten. Ist - von allem was man über ein Forum lesen kann - zumindest meine Idee dazu.

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