ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde
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Hundundmehr Ich habe monatelang nichts anderes gemacht als immer dieselbe kurze Strecke zu gehen. Eine große Veränderung hat das aber nicht gebracht, tatsächlich hat erst der Chip und dann insbesondere die Kastration den allergrößten Fortschritt gebracht. Seitdem konnte ich unsere Gassiwege ausbauen. Aber es gibt für ihn nachwievor keine reizarme entspannte Umgebung draußen. Tryptophan habe ich auch ca. 2 Monate gegeben, das hat keine Veränderung gebracht.
Kausnacks bekommt er, insbesondere auf seinem Kafffeeholz kaut er viel rum, alles andere versucht er im Garten zu verbuddeln oder in der Wohnung zu bunkern und zu verstecken. Streicheleinheiten bekommt er seeeehr viel, drinnen ist er nämlich der entspannteste und verschmuste Hund der Welt
Was ich bei einem Hund, der angesichts eines Reizes AUSFLIPPT, niemals machen würde: Ihn weiter diesen Reiz sehen lassen ...
Reize, die den Hund dermaßen anknipsen - da gehe ich WEG!
In der Regel hat sich der Anblick des Reizes doch eh schnell von selbst erledigt, das flüchtende Wild ist ja ratz fatz weg. Nur so ein paar provozierende Katzen machen sich ja gerne den Spaß draußen sitzen zu bleiben, aber eine sitzende Katze ist auch nicht so ein starker Reiz wie eine flüchtende Katze.
Ich bin immer noch auf der Suche, wie ich seinen Jagdtrieb kontrolliert ausleben lassen kann, als in Form von Jagdersatzbeschäftigung. Abgesehen von Futtersuche macht er draußen bei nichts anderem mit. Also Futterdummy oder sowas kann ich knicken. Drinnen macht ihm das voll Spaß, draußen ist es uninteressant. Und natürlich werfe ich auch keine 10 Futterbrocken, wenn ich weiß, dass er nur 4-5 sucht und dann keine "Lust" mehr hat.
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naijra Das ist mir schon bewusst, dass ich vom Training drinnen nicht direkt Leinenführigkeit vor 3 flüchtenden Hasen im Anschluss mache Mir ging es speziell um das Training von flying-paws, die Leinenführigkeit mit Entspannung verknüpft und ausschließlich in entspannten Situationen übt. Draußen gibt es aber keine reizarme entspannte Umgebung für meinen Hund, deswegen sagte ich, ich weiß nicht, wie ich das nach draußen übertragen soll. Ich kann das natürlich auch draußen üben, aber der Effekt, das Training in entspannter Umgebung zu machen, ist dann aber nicht mehr gegeben. Mir geht es hierbei nicht um "stink normale" Leinenführigkeit.
Hm, für mich ist es normal, dass man Leinenführigkeit in entspannten Situationen übt.... Ich kenne die Videos von flying-paws und finde sie sehr gut, aber das ist für mich normale Leinenführigkeit.
Wenn dein Hund schon hohl dreht, sobald ihr aus der Haustür tretet, übst du halt erst zwischen Wohnungs- und Haustür. Und dann vor der Haustür. Und von wegen reizarme Umgebung: hast du da wirklich gezielt eng begrenzte, öde Orte aufgesucht und dich da mit Buch und Hund einige Stunden hingesetzt? Einen engen Hinterhof im Industriequartier am Sonntagmorgen zum Beispiel. Hund darf erst mal abschnüffeln, danach passiert genau gar nichts mehr.... Decke für den Hund, die er vom Entspannungssignal her kennt (ich nehme an, ihr habt das geübt, wenn er so dauergestresst ist), rumspacken verhindern, sonst nix.
Allerdingswürdeich mir bei einem dermassen dauergestressten Hund Hilfe holen von jemandem, der sich mit der Problematik auskennt. Wenn ihr das Grundproblem beheben könnt, dürfte sich auch die Jagdproblematik erledigt haben.
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Lagurus Danke erst mal für deine ausführliche Antwort
Zum Tryptophan: Alleine die zusätzliche Gabe reicht in manchen Fällen nicht aus. Der Grund dafür ist die Blut-Hirn-Schranke; Sie stellt einen "Engpass" für alles dar, was vom Blutsystem ins Hirn gelangt. Auch die Hormone "konkurrieren" um den Einlass durch diese Pforte ins Hirn - und manche Hormone setzen sich da mehr durch, zum Nachteil anderer Hormone. Es ist also gut möglich, dass trotz einer zusätzlichen Versorgung mit Tryptophan dieses gar nicht in ausreichender Menge ins Hirn gelangen konnte, um dort in Serotonin umgewandelt zu werden.
Kennst du dieses Buch?
Erklärt sehr gut die Zusammenhänge zwischen Hormonen und Verhalten, und gibt auch gute Tipps, oder zumindest Ansätze, wie ein aus der Balance geratenes Stresssystem wieder "einbalanciert" werden könnte.
Deinen Schilderungen nach hege ich aber die Vermutung, meine Kenntnisse für eine Hilfestellung reichen selbst dann nicht aus, wenn ich dich und deinen Hund persönlich kennen würde. Tatsächlich habe ich den Eindruck, wirkliche Hilfe kannst du nur durch einen speziellen Tierarzt mit der zusätzlichen Qualifikation Verhaltenstherapie/-medizin bekommen.
Meine Meinung ist aber nicht das Non-Plus-Ultra; Denk einfach mal darüber nach, ob und was da zutreffen KÖNNTE
Die Reaktion deines Hundes ist aus meiner Sicht nur EIN EINZELNES Symptom; Dieses gezielt zu bearbeiten hilft mMn nicht, weil es nur auf ein Unterdrücken EINES Symptoms abzielt, die Ursache dafür aber weiter bestehen lässt. Das birgt die erhöhte Gefahr, dass sich dieses Verhalten ein neues "Ventil" sucht - und das kann noch weniger schön sein als das, was du derzeit hast.
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Wenn ihr das Grundproblem beheben könnt, dürfte sich auch die Jagdproblematik erledigt haben.
Das möchte ich noch mal hervorheben.
Ich glaub das wird oft im Alltag übersehen. Nicht von denen, die hier im Thread aktiver schreiben, aber viele die zu Hause ein "Jagdproblem" mit Hunden haben (gerade bei jagen von nicht Tierischem).
Ich hab zwei Hunde aus dem TS und bei beiden konnte ich genau das selbe beobachten:
Alma hat jedes Mal wenn ich bei meinem Trainer war, anschliessend in den Freilaufsequenzen Vögel gejagt.
Zu Hause hat sie das wirklich niemals nie gemacht. Ich hätte mit ihr durch eine Horde Tauben in der Stadt gehen können, die hätte das null interessiert.
Was war da anders als zu Hause?
Gar nicht so dass wir da wo waren, was sie nicht kennt, sondern zu dem Trainer sind wir 3h Auto gefahren. Alma hasst Auto fahren und es stresst sie fürchterlich.
Sie hat das jagen der Vögel dann als Ventil genutzt.
Inzwischen findet sie Autofahren zwar immer noch scheisse, aber es ist nur noch halb so schlimm.
Vögel hat sie nie wieder gejagt in den letzten 2 Jahren.
Aktiv an Vögeln trainiert hab ich nie, weil sie es zu Hause ja nie gezeigt hat.
Bei Milly das selbe.
Die ersten 3-4 Monate wenn ein Vogel auf unserem Weg aufgetaucht ist, wars vorbei. Das Hirn hat nur noch den Reiz gesehen.
Ich hab ehrlich gesagt nie dran aktiv gearbeitet, nicht mal ein Verbot oder ähnliches.
Gestern standen 4-5 Reiher im Feld. Vielleicht 20m von uns weg. Milly ist schnüffelnd, dran vorbei gelaufen (mit schleppender Schleppleine) und hat sich keinen deut an an den Vögeln interessiert.
Der Hund hat sich einfach eingelebt und ist weniger gestresst als auch schon.
Das heisst bei beiden nicht, dass sie bei entsprechendem Reiz nicht jagdlich aktiv werden würden.
Aber ein entspannter Hund löst vielleicht das ein oder andere Jagdproblem von ganz allein.
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Ich denke auch, dass ihr da einen kompetenten Blick von außen braucht, um das Problem zu lösen.
Es klingt für mich zwar gar nicht so unlösbar, aber wenn man selbst einen Knoten im System hat, dann kann man da selbst oft allein schlecht oder gar nicht raus und alles, was man sieht und beschreibt ist automatisch gefärbt von der eigenen Wahrnehmung und die ist gesteuert von der eigenen Emotion. Darum tut ein Blick von außen gut.
Du musst eigentlich "nur" lernen, was dein Hund von dir braucht, um ganz normal, in Ruhe bzw in den völlig normalen und nötigen "Aufregungszuständen" draußen neben dir her zu laufen und mit dir kommunizieren zu können und zu wollen. Dann ist Wild "nur" noch die Spitze des Eisberges, die aber dann gar nicht mehr unerreichbar ist. Was es bei euch beiden speziell ist, lässt sich aber meiner Meinung nach nicht via Forum herausfinden, weil das Anschauen der Interaktion und das Anschauen des Verhaltens des Hundes nicht funktioniert.
Aber solange du deinem Hund nicht vermitteln kannst, dass man aus der Haustür geht und dabei entspannt ist, wie soll es bei einem flüchtenden Reh funktionieren?
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naijra Ich habe das im Sommer sehr viel gemacht, mich irgendwo mit Buch und Decke hinzusetzen. Da war sein Stressthema noch schlimmer als jetzt. Ich habe dann anfänglich zwei Stunden da gesessen. Der Hund saß oder lag dann zwar auch irgendwann, aber zitterte auch nach 2 Stunden noch am ganzen Körper. Jetzt im Winter ist es einfach zu kalt und nass um sich stundenlang draußen irgendwo hinzusetzen, in der wärmeren Jahreszeit nehmen wir das noch mal in Angriff.
Bezüglich Entspannungssignal, er kennt kein konkretes Signal, lege ich ihm drinnen eine Decke hin und sag er soll drauf gehen, legt er sich drauf und pennt drauf. Ich weiß nicht so recht, was ich da konkret üben soll, wenn drinnen einfach alles so problemlos klappt.
Hilfe habe ich mir schon versucht zu holen bei zwei Trainern, allerdings ist das ein Thema, was die meisten Trainer von der Kompetenz her überfordert und ich habe gerade wenig Lust noch mehr Geld zum Fenster rauszuschmeißen. Es ist ja auch schon viel besser geworden, aber es liegt noch ein weiter weg vor uns.
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Hummel Ich weiß, dass sich vieles auflösen würde, wein sein Grundstress weg wäre. Ich frag deswegen ja hier auch nicht, wie ich ihm das Jagen abgewöhnen kann, ich bin mir absolut bewusst, er würde weniger heftig auf Reize reagieren, wenn er nicht so drauf wäre. Nichtsdestotrotz will ich ja irgendwie reagieren und was machen, wenn er völlig gaga ist.
Wir haben im Gegensatz zum Anfang schon viel erreicht, er ist so viel besser ansprechbar draußen als am Anfang, aber er ist einfach immer noch nicht entspannt. Den passenden Trainer für sowas zu finden, halte ich für ein sehr schwieriges Unterfangen und ist leichter gesagt als umgesetzt.
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Lagurus Du hast viele gute Hinweise bekommen. Ich wollte Dir nur da lassen, dass ihr damit nicht allein seid! Pelle lebt seit knapp drei Monaten bei mir und er ist auch permanent auf Sendung draußen. In der Wohnung geht es deutlich besser, auch wenn er da nicht "der entspannteste Hund der Welt" ist. Ich fühle also mit Dir und schreibe hier auch regelmäßig über uns. Mit so einem Hund ist halt jeder Schritt vor die Tür Training. Das ist anstrengend. Aber es lohnt sich. So ein Hundeleben ist lang und ich finde sie haben ein entspanntes Leben verdient.
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Du musst eigentlich "nur" lernen, was dein Hund von dir braucht, um ganz normal, in Ruhe bzw in den völlig normalen und nötigen "Aufregungszuständen" draußen neben dir her zu laufen und mit dir kommunizieren zu können und zu wollen.
Ich gehe mal mehr auf das von Hummel schon in Anführungszeichen gesetzte "nur" ein:
Der Weg zu jedem Hund ist unterschiedlich, und hängt auch vom jeweiligen Menschen ab.
Dabei ist jeder Weg sehr individuell, aber es reicht OFTMALS das eigene Wissen, die Empathie und die Intuition - schön gepaart mit dem sinnvollen Einsatz des eigenen Verstandes - um diesen Weg zum eigenen Hund zu finden.
Dabei darf mensch aber nie vergessen, dass auch ein Hund ein Lebewesen ist, welches nicht "nur so und so" trainiert/angeleitet werden muss, um dann "so und so" zu funktionieren.
Bei manchen Hunden ist das aber aufgrund ihrer gesamten Konstitution (z. B. genetisch vorgegebene, außergewöhnliche Abläufe, die nicht den normalen, von der Natur vorgegebenen Abläufen entsprechen) nur eingeschränkt oder gar überhaupt nicht möglich (nur mal als Beispiel: Deprivation).
Eine große Hilfe, um spezielle Hunde überhaupt erst in einen lernfähigen Zustand zu versetzen, kann hier der Einsatz von Medikamenten sein.
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Ich könnte hier noch seitenweise Vermutungen anstellen bezüglich des Hundes von Lagurus - angefangen bei der Prüfung der Schilddrüsenfunktion (bei der ich in dem Fall Sorge hätte, ob diese nicht schon beeinträchtigt ist aufgrund des langen Zeitraumes, den dieser Hund ja scheinbar schon Stress HAT).
So etwas kann KEIN TRAINER leisten - außer Tierärzte mit zusätzlicher Qualifikation zum Verhaltensmediziner (mal als Beispiel: Maria Hense Tierärztin), die AUCH als Trainer arbeiten.
Insofern: Einfach einen weiteren Trainer zu suchen, halte ich auch für rausgeschmissenes Geld. Es gibt aber auch Trainer, die eng mit Verhaltenstherapeuten zusammen arbeiten, gemeinsam ein individuelles Konzept für den jeweiligen Hund erarbeiten. Dazu muss aber erst mal der Kontakt zu einem solchen Verhaltenstherapeuten bestehen - ohne geht es nicht!
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Spirelli Danke dir. Drinnen ist er wirklich super entspannt und es ist dabei egal, ob er in seinen gewohnten 4 Wänden oder einem fremden Haus ist. Auch in fremden Gärten entspannt er super schnell, viel besser als meine eigentlich total gechillte Ersthündin. Sein Stressthema besteht einzig und allein beim Gassigehen.
In der Regel dreht er draußen auch nicht (mehr) völlig ab, aber er hat immer eine gewisse Anspannung, er zittert viel, ist nicht konzentrationsfähig, er reagiert stark auf Gerüche von Wild oder anderen Hunden und bei stressigen Reizen überreagiert er dann schnell, indem er eben jagdt oder beim Anblick von fremden Hunden ausrastet. Ich habe wirklich viel probiert mit ihm, ist ja nicht so, dass ich nun so gar keine Ahnung hätte, wie man mit Stress beim Hund umgeht, aber bei ihm ist es in einer Form, die ich so noch nicht kannte, weil oft auch gar nicht klar ist, was genau sein Stress auslöst. Er ist ja kein Hund der grundsätzlich schnell gestresst ist, innerhalb einer geschlossenen begrenzten Umgebung würde man mir im Leben nicht glauben, dass der Hund ein Thema mit Stress hat.
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