ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Große Wilddichte kann bei triebigen Hunden aber auch echt anstrengend sein.


    Ich hatte das vor ein paar Monaten hier auch mal geschrieben: Durch Coronazeiten und einen neu ausgeschilderten Wanderweg sind Massen von Menschen im Naturschutzgebiet, an dem meine Eltern wohnen, unterwegs. Das Wild hat sich nicht zurückgezogen - es hat die Scheu verloren.


    Auf nahezu jedem Gang: Hasen, Rehe, mind. alle zwei Tage Füchse. Marder und Dachse sieht man selten aber die Spuren sind frisch und zahlreich.


    Gerade bei jungen Hunden gehen die oft ersten drei Begegnungen - und irgendwann ist die Beherrschung aufgebraucht.


    Mittlerweile läuft's beim Hund meiner Eltern - aber der war im Sommer fast auf jedem Gang irgendwann unter Strom. Mit Lernen ist dann nicht mehr viel.

  • Gersi

    Wenn die Stressoren zu dicht aufeinander folgen und das Nervensystem (und der Hormonhaushalt) keine Zeit hat, dazwischen komplett runter zu fahren, löst der Hund immer früher und immer schneller aus.


    Ich bin froh, äusserst selten auf Wild zu treffen. So haben wir viel Zeit, mit weniger starken Reizen das Hirn zu sortieren. Eines Tages wird die Kontrolle am Wild dasein müssen. Ich bin zuversichtlich, dass das mit sinnvollem Training auch ohne viel Wild was wird - allerdings kann ich mit Nevis momentan ausreichend an Katzen und Vögel üben. Das sind aktuell für ihn genug starke Reize.

  • Wenn die Stressoren zu dicht aufeinander folgen und das Nervensystem (und der Hormonhaushalt) keine Zeit hat, dazwischen komplett runter zu fahren, löst der Hund immer früher und immer schneller aus

    Das stimmt absolut. Ich würde noch ergänzen: "löst der Hund immer früher und immer schneller und immer heftiger aus"


    Den absoluten worst-case hatte ich vor etwa drei Wochen als ich beim Pilzesammeln in ein Gebiet geraten bin, wo gejagt wurde. Wir haben ständig kleine Gruppen von Hirschen teils 10 Meter neben dem Weg getroffen. Als uns klar wurde, dass dort offenbar seit den frühen Morgenstunden gejagt wird, das Wild erschöpft, aufgescheucht und deswegen so super nah ist, mussten wir immer noch zurück zum Auto.


    Die ersten drei Begegnungen gingen noch irgendwie. Spuren waren natürlich die ganze Zeit da - aber ab der vierten Sichtung wurde es jedes Mal schlimmer. Am Ende hing selbst Nastro in der Leine und jankte dem Wild hinterher (so einen Kontrollverlust kenne ich von ihm sonst gar nicht.) Der Junghund meines Vaters? Völlig gaga, der konnte offenbar kaum noch denken. (Und hatte danach auch zur Sicherheit noch zwei Tage Leinenknast).

  • Das ist bei uns auch so. Mehrere Sichtungen hintereinander fordern Vespa sehr. Wenn es mal too much war, geh ich die Tage drauf in wildarmes Gebiet mitten am Tag. Auch bei Katzen im Quartier merk ich das sehr. Eine oder zwei gehen. Sind es mehr und täglich, wird Vespa extrem geierig und ist nur noch am scannen.


    Bei anderen Viechern wie Enten beobachte ich eher eine Entspannung wenn sie täglich welche siehtx


    Noch nicht so sicher bin ich, was das CClen in Dunkelheit macht. Das Gespann sieht dabei regelmässig Rehe und Füchse, teils sehr nah. Da Vespa beim rennen ja auch im Hetzmodus ist, bin ich da noch etwas unsicher inwiefern das hilft weil Abhärtung (muss warten bei Sichtung bis Wild weg) oder schadet weil rennen und Wild verknüpft wird. Habt ihr da Erfahrungen? Wie handhabt ihr das? Vespas Läuferin stoppt Vespa jeweils, belohnt und wartet bis Wild weg. Dann rennen sie weiter.

  • Und da ist bei mir beim allerersten Mal als Sina in so einer Situation mein Abbruchkommando ignoriert hat, die Leine geflogen, dann war sie wieder bei Sinnen und hat den Abbruch befolgt.

    Die Leine musste seitdem nicht mehr fliegen.

    |) Das ist aber nett von Sina, dass das gereicht hat.

    Ja das dachte ich auch beim Lesen :bindafür:.

    Ich hab mal aus Reflex die Leine meiner Hündin vor die Füße geschmissen als sie zur Katzenjagd loswollte. Das Ergebnis war, sie fand Katzenjagd immer noch klasse aber hatte dann Angst vor der Leine... Ganz lange ist sie zusammengezuckt wenn ich sie anleinen wollte :skeptisch2:.

  • ich hab hier beides,einen absoluten sichtjäger welcher sehr auf bewegungsreize reagiert hat( jetzt mit 12 nicht mehr so sehr)

    wir haben immer wieder ruhe und gemeinsames beobachten geübt.

    da wir täglich wild treffen war das eine spaziergangfüllenden beschäftigung für hund und mensch:smile:


    und eine klm hündin die ihre nase einsetzt und auch auf sicht /bewegung reagiert.


    inzwischen können wir rehe gemeinsam ruhig beobachten und sie nimmt auch belohnung an.

    anfangs ging änni schreiend und mit anlauf in die leine....

    bei hasen ist sie ruhig ,geht normal weiter ,solange diese nicht aus dem sichtfeld verschwinden... sieht sie die nicht mehr,will sie hinterher.

    heute so bei einem eichhörnchen... solange es zus ehen war,war alles gut... als es dann weg war wollte änni mit spur/sichtlaut hinterher.

    ich hab sie absitzen lassen und gewartet bis sie ruhig war,dann sind wir im fuß weiter... kurzes schnüfeln an der stelle wo das hörnchen verschwunden ist und gut.


    was das nase einsetzen angeht,da darf sie durchaus mal angeleint einer spur folgen.macht sie auch nur kurz und geht dann normal weiter....

    was ich immer faszinierend finde,wenn sie steht und die luft/den geruch hörbar durch die nase zieht weil in entfernung eine wildwitterung ist.


    änni ist jetzt 4 und hat anfang des jahres entdeckt was rehe sind:smile:


    lg

  • Ihr Lieben, ich hab keine Ahnung, ob dieses Thema hier noch betrieben wird. Ich lese jedenfalls seit Monaten brav ab Seite 500, bin jetzt auf Seite 611 und kann mich jetzt nicht mehr gedulden.
    Und ich schreibe jetzt mal hier, was ich so mache und wenn's keiner liest, starte ich eben ein neues Thema.

    Meine Parson-Mix-Dame ist passionierte Jägerin, vornehmlich auf Sicht. Aber auch Mäuseln. Nicht wahnsinnig interessiert am Dummy.
    Zunächst habe ich ihr das Mäuseln untersagt, sie reagiert gut auf sanfte Korrektur. Aber je mehr sie hier ankommt (kam im Oktober aus Rumänien, etwa 3 Jahre alt) desto mehr sucht sie draußen Außenreize. Und ich lese ja hier auch immer mehr.

    Was ich mache:
    - (Blick)kontakt mit mir belohnen, (verbal und/oder Klicker und Futterbelohnung)


    - den Felldummy aufbauen (bisher nur in der Wohnung interessant machen, alle zwei drei Tage damit etwas zergeln, spielen, seine Existenz feiern. Sie apportiert ihn auch schon im Wohnzimmer nachdem er geworfen wurde oder ich ihn versteckt habe. Nicht sauber, aber immerhin.)

    - Mäuseln untersage ich nicht mehr, ich habe hier gelesen, dass viele finden, dass ein Terrier das halt auch braucht. Und sie lässt sich darin auch abbrechen. Vielleicht will ich auch einfach glauben, dass sie das braucht, weil ich beim Mäuseln eben keinen Stress haben muss, dass sie abhaut. Sie schraubt sich da auch nicht wer weiß wie rein, wenn ich sage "weiter!" geht's ohne Umschweife auch weiter.

    - Wenn sie aus dem Fenster guckt und Katzen sieht, haut sie einen nervenraubenden Sichtlaut aus. Da habe ich mich ein paar mal zu ihr gehockt und ein bisschen mitgemacht "oh, da ist eine Katze, ja schau!" und wenn sie mich dann angeguckt hat, gab's in einem Raum ohne Aussicht in den Garten ein Stück Trockenpansen oder so.
    Inzwischen sucht sie mich in der Wohnung, wenn sie eine Katze im Garten erspäht hat. Ich finde das eigentlich gut, weil sie mich in ihren Film einbaut und sich vom Reiz löst, um mich zu informieren. Andererseits könnten ja jetzt viele sagen, dass ich unterbinden sollte, dass sie überhaupt in diese Reizlage kommt....


    - Ich meide gerade überwiegend sehr wildreiche Gebiete. So kann ich ihr Freilauf leider nur im Hundeauslaufgebiet ermöglichen, zu bestimmten Uhrzeiten oder Wetterlagen ist da nicht viel los und dann geht das auch. Sie hat dann echt das Bedürfnis zu rennen und ich merke, dass ihr das fehlt, wenn es mal wieder eine Woche oder länger nur Leinenknast gab. Ihr Abrufbarkeit ist da nicht optimal, besonders anfangs. Da zieht sie riesige Bahnen und wenn ich sie rufe, kommt sie zwar, aber eher in einem großen Bogen und auf den zweiten Ruf. Später wird es dann besser, wenn sie sich einmal "ausgerannt" hat. Aber wahrscheinlich würden die meisten hier sagen, dass sie dann eben nicht frei laufen darf, bis sie auch in der Anfangseuphorie ohne Umwege kommt...da bin ich hin und hergerissen, was nun richtig ist. In dem Gebiet bin ich relativ sicher vor Wild und es ist halbwegs gut umgrenzt. Irgendwo und irgendwie muss ich ja üben und sie auch mal powern lassen, oder? Trotzdem ist natürlich immer mein halbes Herz in der Hose, wenn sie sich nicht unverzüglich umdreht.

    - In Wäldern gibt es leider ausschließlich 15m-Schlepp oder 8m-Flexi (je nach Wetterlage), Ansprechbarkeit wird langsam besser, reicht aber z.B. nicht für 'sitz', Erregungslage zu hoch

    - Impulskontrolle steht ganz am Anfang. Beim Zergeln loslassen, beim Futter warten, an der geöffneten Gartentür warten bis ich 'okay' sage, weil keine Katzen in Sicht sind. Dazu muss man sagen, dass sie bei all den angesprochenen Dingen in hoher Erregung ist. Sie steht wimmernd vor der Gartentür und jault und fiept weil "Kaaaaatzen! Da sind Katzen!", sie bleibt trotzdem im "warte" bis zur Freigabe.


    ... gehe ich so in die richtige Richtung? Dummy (der draußen einfach noch nicht sehr spannend ist für sie) Mäuseln lassen, wenn möglich auch laufen lassen, Impulskontrolle langsam aufbauen, Kontakt belohnen...?
    Irgendwas fehlt doch, oder?

    Wie habt ihr den Dummy so spannend gemacht, dass er auch in Reizlagen funktioniert?
    Während ich nie einen objektfixierten Hund wollte, versuche ich mir jetzt einen zu bauen. :muede:

  • Ich antworte mal auf die Schnelle, hab gerade nicht so viel Zeit.


    Ich lasse meinen Rüden mittlerweile auch Mäuseln, ein Hund der sehr jagdtambitioniert ist und ständig Jagen und auch Freilauf verboten bekommt, bei dem baut sich schnell viel Frust auf. Deswegen lasse ich das Mäuseln in gewissen Rahmen zu. Bei uns gibt es dafür auch immer eine spezielle Wiese, wo er besonders lange mäuseln darf.


    Impulskontrolle üben ist immer wichtig. Aber der Hund muss auch die Möglichkeit bekommen mal das zu machen, worauf er Lust hat und sich frei zu bewegen. Ich habe meinen Rüden dafür an eine 30 m Schleppleine gemacht, als Freilauf noch nicht möglich war. Eine 10 m Schlepp war für ihn einfach zu kurz und immer mit Frust verbunden. Wenn du eine Hunde Wiese hast, wo er rennen kann, auch super, das würde ich regelmäßig nutzen.


    Ich würde auch üben drausne Reize auszuhalten, Click for Blick eignet sich hier gut.

    Hast du auch Kommandos aufgebaut, wie "Warte"? Hast du ihm beigebracht auf den Wegen zu bleiben? Wie siehtes mit seiner Leinenführigkeit aus?


    Hast du anstatt den Fell Dummy mal einen Futterbeutel versucht? Den gibt es auch mit Fell. Vielleicht macht das Futter da dein ihn interessanter.

  • Ich finde das hört sich doch gut an.


    Beim Mäuseln könntest du z.B. bestimmte Zonen freigeben und mäuseln lassen und andere verbieten. So verhinderst du, dass der Hund jede Gelegenheit nutzen will und sich reinsteigert und du dauernd abbrechen musst. Je nach Hund ist das auch nicht nötig - guck mal wie du es einschätzt.


    Anfangseuphorie beim Freilauf: ich würde da schlicht noch nicht abrufen. Finde es sinnvoll, anfangs dann abzurufen, wenn der Hund es mit Spass macht und nicht gerade vom Ultimativen Spass wegmuss. Wenn du dir also sicher sein kannst, dass erstmal nix passiert und der Hund rennen darf, würde ich warten bis sich der erste Spass bisschen gelegt hat und dann rufen um gleich wieder freizugeben nach toller Belohnung. Grad wenn das frei laufen so hochwertig ist, macht es Sinn den Spass als Belohnung wieder zuzulassen.


    Impulskontrolle - bedenke dabei, dass der Hund auch im Alltag schon sehr viel davon zeigen muss (in der Regel). Nicht aus der Tür stürmen, kein Futter klauen, beim fressen warten, nicht XY machen, nicht an Leine ziehen, nicht hochspringen, nicht zu Hunden rennen, nicht jagen... je nach Hund und Kapazität kann man gar nicht mehr soooo viel extra üben neben Alltag. Oder zumindest nur dosiert. Übst du zuviel, kann es sein, dass die „Löffel“ für den Alltag dann schon verbraucht sind.


    Dummy - bei Vespa hab ich versucht da anzuknüpfen wo sie am meisten Spass hatte. Bei ihr hat den Felldummy suchen per Nase viel gebracht. Und kleine Hetzspiele (Schnur oder Reizangel). Bei uns ist das hochwertigste Ding der Ball (wahrscheinlich vom Vorbesitzer), der ist so hochwertig, dass ich ihn nur sehr wenig und gezielt nutzen kann, da der Hund dann nur noch Ball im Kopf hat. Felldummy mit Futtertasche war jetzt auch meine Idee. Manchmal sind es auch seltsame Sachen. Vespa liebt z.B. einen Lederhandschuh den sie mal gefunden hat.

  • Hast du auch Kommandos aufgebaut, wie "Warte"? Hast du ihm beigebracht auf den Wegen zu bleiben? Wie siehtes mit seiner Leinenführigkeit aus?


    Hast du anstatt den Fell Dummy mal einen Futterbeutel versucht? Den gibt es auch mit Fell. Vielleicht macht das Futter da dein ihn interessanter.

    Danke dir. :bussi:

    Leinenführigkeit ist super in reizarmer Umgebung, wenn wir also die Pipirunde um die Häuser gehen: alles toll!

    Je mehr Ablenkung, desto schwieriger die Leinenführigkeit.
    Im Wald von ihr ein 'rechts' oder 'links' zu erwarten, ist derzeit oft noch in weiter Ferne, an lockerer Leine laufen geht aber je nach Art des Waldgebiets gut.
    Sagen wir, wie's ist: Wenn's nach Wildschwein riecht (da geht sie über Nase, nicht über Sicht), hängt sie manchmal im Tunnel am Ende der Leine und ich habe das Gefühl, als würde ich versuchen mit jemandem im Koma zu sprechen, von dem ich nicht weiß, ob er mich hört.
    Versuche solche Situationen also noch zu vermeiden.
    "Schlafzieren" - irgendwann wenn das Wetter es wieder zulässt, gerade bin ich zu memmig.

    Den Weg verlassen darf sie nicht, das ist aber auch noch nicht verinnerlicht. Je nach Reizlage versteht sie "raus da" bzw. "weiter!". Sie ist aber auch schon zwei Mal vom weg abgezischt und war dann ewige 30-60 Sekunden außer Sicht.

    "Warte" habe ich ihr beigebracht, ist aber auch noch nicht so verinnerlicht, dass das außerhalb von Ritualen funktionieren würde.

    Der Felldummy ist ein Futterdummy. Aber ob da Futter drin ist oder nicht, ist ihr egal. Im Wohnzimmer ist er das Highlight, im Garten ist er, nachdem festgestellt wurde, dass keine Katzen da sind, 'recht interessant', außerhalb unseres Lebensraums kann ich mir derzeit das Ding noch als lustigen Hut aufsetzen oder es mir sonst wo hin stecken. Naja, fast. Aber da sind wir einfach noch nicht.

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