ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • @san94 
    Naja, mag ja für viele hier total eindeutig sein, wie das gemeint ist - aber ich versteh's einfach nicht.

    Ich bräuchte da ein Beispiel aus dem Leben:

    Ich mach mit Alma in Bezug auf die eine oder andere Geschichte gute Fortschritte. Es fühlte sich an wie "insgesamt gute Fortschritte" (Hundekontakt, Katzen, fremde Menschen mit Geräten, Wald, Leinenführigkeit...)
    Vorgestern am Rhein: alles megatoll, Hund hat Spaß, ist aber klar im Kopf, alles tutti.
    Dann erstmalig gemeinsam ein flüchtendes Kaninchen gesehen - Alma ist mir so derartig ins Ende der Schlepp gedonnert, dass mich das fast von den Beinen geholt hätte. (Übrigens jetzt seit vorgestern wieder spürbare Rückschritte in allen Bereichen, auch in Fremdhundesichtung - also ja, ich glaube durchaus, dass alles zusammenhängt und es irgendwie mit basaleren Geschichten zu tun haben kann, als nur dem Training am Hetzimpuls durch Abbruch)
    Wir konnten ab dem Zeitpunkt nichts anderes mehr machen, als zum Auto zu gehen. Die war einfach nicht mehr runterzukriegen.

    - was also hab ich jetzt vorher alles versäumt? Das ist mir einfach nicht klar. Ob Abwatsche oder nicht - ich kann die gar nicht verwerten oder mich ducken weil ich schlicht nicht weiß, wo ich nun hätte besser aufpassen müssen.
    Vielleicht kannst du's mir erklären, das würde mir richtig weiterhelfen.
    Denn diese ganze Arbeit an der Basis, die sich dann auf alle Lebensbereiche bezieht usw - das klingt alles wirklich toll, ist aber für mich ungefähr so konkret wie Kaffeesatz.

  • Bei uns läuft es auch ganz gut mit der Bestätigung von stehen bleiben und nachschauen von Wild, wenn auch inzwischen eher schleppend, weil der Hund klein und das Gras hoch ist.

    Danke, das habe ich mich auch gefragt. Wo das Wild auftaucht kann man einfach nicht planen und gerade Hasen haben bei uns die Angewohnheit sitzen zu bleiben bis man fast dran ist und dann erst weg zu laufen. Wenn man dann bereits fleißig trainiert hat und Hasen in z.B. 10 m Entfernung schon gut klappen, kann der vor der Nase wegspringende Hase eben doch noch zur Eskalation führen.

  • Ihr denkt "spät"

    Nicht erst bei Wild, wenn Wild auftaucht....


    Mit viiiiiiel weitet vorne ist bei Aufregung generell gemeint.

    Mal ein Video, in dem ich sage "diese Aufregung will ich nicht"


    [Externes Medium: https://youtu.be/3W4LgwpnuU0]


    Das kann man auf x Bereiche übertragen, vom Rausgehen vor der Haustür, Aussteigen ausm Auto etc. Und zwar nicht erst, wenn der Hund einem um die Ohren fliegt.


    Hummel kennt den Eggnog, den Marke "lass mich, ich will mich jetzt aufregen" Hund.

    xD



    Stinkewily

    Ich hab hier TS-Hunde und Züchterhunde.

    Nen Unterschied seh ich ehrlich gesagt nicht, nur dass ich bei den Züchterhunden eben von Welpenbeinen an auf unaufgeregtes Gassi Wert gelegt habe. Also nix mit freie Entfaltung und "Baby soll ungebremst die Welt entdecken".

    Da war es natürlich einfacher gewisse Dinge wie an der Leine laufen heißt "entspannt durch die Gegend schlappen" und Leine ab heißt nicht "gib Gas und die Ohren ab"....

    Aber auch die TS Hunde haben das gelernt, eben weil ich konkrete Vorstellungen habe, wie Gassi läuft.

    |)

  • Gegen Hasen und Rehe, die hier super spontan über den Weg brettern, bin ich machtlos und werde ich auch immer sein. Wie soll ich da auch rechzteitig reagieren? Da wird es nie eine andere Lösung geben, als den Hund an der Schlepp / Flexi zu führen, wenn ich weiß, es sind dort welche unterwegs. Gestern wieder gehabt, normaler Kiesweg am Wasser bei uns am Dorfrand, ich biege um eine lang gestreckte Kurve, Hund unmittelbar vor mir und unangeleint. Just um die Kurve geht ein Kaninchen hoch und rennt geradeaus den Weg entlang. Mein Glück war, dass der Hund in dem Moment am Wegrand geschnuffelt hat, mit Kopf in meiner Richtung. In dem Moment wichtig, so normal sein wie immer, denn sonst riecht die den Braten allein an meinem Verhalten.


    In 9 Jahren haben wir auf diesem Weg noch kein Kaninchen getroffen, aber ist ja immer das erste mal. Also angeleint, weitergelaufen und nach nach 3 Metern geht die Nase an den Boden, Jadmodus an. Da kann ich sie relativ easy wiede rausholen und die Knete im Kopf beenden. Wild auf gewisse Entfernung, Wild im Ruhemodus, alles mittlerweile händelbar. Wir haben ein Abbruchsignal und sie reagiert dann auch auf das Ablegekommando.


    Ich bekomme den Hund also raus, ich bekomme den Hund umorientiert, solange ich vorher die Chance dazu habe. Aber ich habe es in 9 Jahren nicht geschafft, im Hundekopf auszulöschen, dass Jagen was tolles ist und Spaß macht. Eindämmen und unterbinden geht, ich kann sie danach auch schnell wieder für mich und 'unsere' Sachen begeistern, aber eben in DIESEM EINEN Moment, wo der Hase uns über die Schuhe rennt, hat sie nur ein einziges Ziel und ich keine Zeit mehr.

  • Nee, nee, ich denke nicht spät. Also nicht, "oh huch, ein Hase", ich beobachte schon ihre Aufregung, wenn sie zu aufgeregt wird, muss sie erst mal bei mir bleiben. Sie ist jetzt ein paar Monate an der kürzeren Leine gelaufen und konnte sich so eher beruhigen. Wenns zu angespannt ist, muss sie halt erst mal hinter mir laufen (das hat sie mal selbst angeboten). Nun verwenden wir häufig wieder die 8m Leine und sie ist nicht nur am abscannen. Da muss ich nicht mehr managen und das find ich toll.


    Wildspuren schnüffeln ok, aber nicht, wenn der Turbogang angeht. Eigentlich hab ich immer nen Fuß in der Tür, aber naja, easy ist das nicht.


    In so vielen Situationen im Alltag und Unterwegs (Öffis, Autos, eben jetzt wo wir zu Besuch waren) kann ich sie abfangen und zur Ruhe anhalten, auch wenn ich auf Spaziergängen Pause mache kommt sie zu mir, legt sich ab, pennt ein. Ihre Impulskontrolle ist häufig erstaunlich. Die Bewegung und der Weg machens voll. Da ermahne ich sie auch, aber manchmal ist sie dann auch ratlos. Und ich kann ihr nicht sagen: Hier, schnüffel mal die Hundemarkierungen. Naja, muss sie sich noch finden.

  • Interessant ChatSauvagee ! ich fürchte, so wird es mit meiner Hündin auch bleiben. Bei vielem machen wir Fortschritte, aber flüchtendes Wild in geriner Entfernung ist unser Endgegner :shocked: Ich hab da keine Illusionen und lebe daher im Freilauf immer mit einem gewissen Restrisiko...

    (heute auch wieder ein rennender Hase 20 Meter vor uns... ich war froh dass die Schlepp dran war und habe mich sehr gefreut, dass sie nicht reingeknallt ist, sondern nach Ansage ein Sitz und ruhiges Schauen und dann abwenden geschafft hat. Als wir die frische Spur danach erreicht haben, war sie aber direkt wieder angeknipst und wollte der folgen - hat aber immerhin ein Fuß-Kommando annehmen können. Ob sowas jemals ohne Leine funktioniert?)


  • Ich schließe mich mal an in der Beschreibung von Die Swiffer.

    Ich arbeite nicht explizit am Jagen, denn dann hänge ich in solchen Situation immer hinterher. Ich baue in den kleinen Dingen das Recht auf, die Entscheidung, sich aufzuregen, selbst treffen zu dürfen für den Hund.

    Alles "der Hund muss erstmal bei mir bleiben" oder sonstige Verhaltensbasierte Aktionen sind 1. abhängig davon, ob es der Hund überhaupt noch umsetzen KANN in der Aufregung und 2. eine rein räumliche Verwaltung. Aber die Aufregung bezogen auf das Wild und die Annahme des Hundes, sich darüber aufregen zu können, weil er das gern möchte oder eben durchs Erleben gelernt hat, bleiben und bauen sich eher weiter aus. Daher ist die Basis eben der Alltag und nicht das Wild. Da schaffe ich mir einen Hund, den ich nicht (nur) im Verhalten, sondern eben vor allem in der Aufregung regulieren kann. Damit hab ich einen Hund, der mir grundsätzlich erstmal IMMER zuhört, wenn ich ihn anspreche und dann erst (!) brauch ich dran denken, dass er auch in Wildsituationen ansprechbar und auch regulierbar ist. Das Schöne ist ja eben, wenn man das kann, dann ist der Hund zwar je nach Charakter nach wie vor nicht gleichgültig, aber er schießt sich nicht mehr aus dem Leben, kann denken, mitdenken und fliegt weder sich selbst noch dem Hundehalter um die Ohren.

    Also - weg vom Symptom "Ausrasten bei Wildsichtung/-spur", hin zu den kleinen Momenten im Alltag.


    Wer den Abbruch nur fürs Jagdverhalten nutzt, wird meiner Meinung nach bei jedem Hund, der ernsthaft jagdlich motiviert ist, nicht durchkommen - außer er wird brutal und im Zweifel sehr brutal. Würde ich nicht wollen, daher käme das für mich nicht infrage.

  • Interessant ChatSauvagee ! ich fürchte, so wird es mit meiner Hündin auch bleiben. Bei vielem machen wir Fortschritte, aber flüchtendes Wild in geriner Entfernung ist unser Endgegner :shocked: Ich hab da keine Illusionen und lebe daher im Freilauf immer mit einem gewissen Restrisiko...

    (heute auch wieder ein rennender Hase 20 Meter vor uns... ich war froh dass die Schlepp dran war und habe mich sehr gefreut, dass sie nicht reingeknallt ist, sondern nach Ansage ein Sitz und ruhiges Schauen und dann abwenden geschafft hat. Als wir die frische Spur danach erreicht haben, war sie aber direkt wieder angeknipst und wollte der folgen - hat aber immerhin ein Fuß-Kommando annehmen können. Ob sowas jemals ohne Leine funktioniert?)

    Das witzige hier ist ja, dass sie an der Schlepp kaum bis gar nicht reagiert und wenn überhaupt, lässt sie sich sofort umorientieren und runterfahren.. Angeleint können wir Wild einfach beobachten, ohne Geschrei, Gehüpfe oder sonst was. Nur das Energielevel von rennendem Wild auf nähere Distanz ist der Genickbruck schlechthin, das triggert sie wahnsinnig und ich habe keine Zeit zu reagieren. Der Hund ist da im Vorfeld nicht aufgekratzt, Wild war ja nicht direkt am Weg, sondern kommt aus dem Feld / Busch / Wald geschossen, demnach gibt es keine Fährte. Sie läuft quasi gemütlich vor sich hin, oder neben mir, liest Hundezeitung, wartet auf ein Lecker, oder wir interagieren anderweitig. Sie hat oder hatte auch nie das Befürfnis, eigenständig auf gut Glück in den Wald zu rennen oder überhaupt auf die Suche zu gehen. Und zack, Hase prescht an uns vorbei, Hund hinterher. Ende. Eine Minute später steht der Hund wieder neben mir, als wär nichts.


    Also ja, wir leben auch mit Restrisiko. In der Brut- und Setzteit laufe ich fast ausschließlich Dorfrunden, wir haben zum Glück genug Grün und Wiese, oder wir gehen hier an der staärker frequentierten Donau, da ist auf der anderen Seite noch ein Bachlauf. Wenn da überhaupt mal Hase oder Reh kreuzen, springen die einfach über den Bach und der Aufwand ist meiner Hündin dann zu doof. Ich glaub die weiß auch genau, dass sie eh keine Chance hat, würde sie anfangen zu schwimmen. Für Wald- und Feldrunden kommt die Flexi hin und außerhalb der Brut- und Setzzeit ist hier relativ Ruhe mit Wild.

  • Wenn direkt vor dem Hund Wild hochgeht, würde ich gar nicht erwarten, dass er nie nicht startet. Außer ich sehe es soweit vor dem Hund, dass ich das Starten noch gestoppt kriege. Das passiert aber doch höchstens zwei oder drei Mal im Jahr, dass direkt vor dem Hund ein Hase o.ä. hochgeht. Deshalb läuft der Hund ja auf dem Weg, darf nicht ins Unterholz, in hohe Wiesen, in Felder usw. Auf gemähtem Feld, auf Acker, auf Wegen usw. ist die Wahrscheinlichkeit, dass direkt vor einem Wild hochgeht, gering. Gut, es kreuzen mal Rehe, aber da wo das häufiger vorkommt, ist sie an der Leine oder direkt bei mir, wo die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass ich sie gestoppt kriege.

    Aber 100% gibt es nicht, meiner Ansicht nach. Wenn man mit dem Restrisiko nicht leben kann, dass der Hund doch mal startet, muss die Leine eben dran bleiben.

    (Und mit "doch mal startet", meine ich nicht, dass der Hund dann 2 Stunden im Wald verschwunden ist und mit blutverschmiertem Fang zurückkommt, sondern dass er zwischen 20 und 200 m nachgeht und dann umkehrt).

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