ANTI-JAGD-TRAINING oder Dr. Jekyll und Mr. Hyde

  • Wenn Kaya losrennt, hab ich geschlafen. Ich unterbinde bereits die deutliche Orientierung auf Wild. Sie geht sowohl auf Witterung, auf Spur und eigentlich am wenigsten auf Sicht, wenn das Wild steht. Das wird erst interessant, wenn sie die Witterung kriegt oder es sich bewegt.

    Ich sehe sowohl, wenn sie eine Spur aufnimmt, als auch, wenn sie Witterung kriegt, an ihrer Körpersprache. Dann breche ich das ab. Dann kann sie normal weitergehen und geht dem Reiz nicht weiter nach. Wenn ich da aber nicht reagiere, geht sie der Spur nach oder würde auf die Witterung stöbern. Und wenn sie stöbert, dann tut sie auch was auf und dann hetzt sie auch.

    Ich muss also mental beim Hund sein, aber da ich die neuralgischen Punkte und meinen Hund mittlerweile sehr gut kenne, ist das weniger anstrengend als sich das anhört. Sie ist ja nicht dauerhaft "on", sondern kann meist entspannt Gassi gehen. Aber wenn sie eben "angeknipst" ist, muss ich das abbrechen. Das geht über Gehorsam. Und manchmal, wenn sie sehr angeknipst ist und sich auch nicht richtig runterfahren kann, leine ich an.

    Gehorsam baue ich im Alltag auf. Eben dadurch, dass jedes Kommando auch durchgesetzt wird. Das ist auch nicht so freudlos, wie es sich anhört, weil viel über Lob und Lecker geht. Aber auch über Tadel, wenn sie eigentlich kann und nicht will.

    Ich denke, oft mangelt es an Konsequenz im Kleinen und dann wundert man sich, wenn es in schwierigeren Situationen nicht klappt.

    Wen ich keine Lust auf Konsequenz habe oder ich müde und gestresst bin, gestalte ich Alltag und Spaziergänge so, dass ich nicht viele Kommandos brauche.

  • Kaya würde absolut ernst machen, wenn sie dürfte, und sie hat auch Wildschärfe wie dein älterer Hund. Ich traue ihr zu, ein Reh runterzuziehen und zu killen, wenn sie es erwischt.

    Was macht dich da so sicher, dass sie so sehr am Zuchtziel der Retriever vorbeigeht? In welchen Situationen hat sie attackiert, getötet? Wie gross waren die gebissenen Tiere?


    Ganz oder teilweise weggezüchtete Jagdsequenzen sind ein seltsam Ding. Da wird ein winziger Vogel unverletzt apportiert, ein Eichhörnchen aber blitzschnell totgeschüttelt. Ich hab hier einen kompromisslosen Jagdgeier sitzen, von dem ich kein Ahnung habe, ob und unter welchen Voraussetzungen er grösseres Wild greifen und töten würde. Wurde nie getestet. Vermutlich würde er wohl nur stellen und verbellen, aber sicher kann ich nicht sein. Kleinwild apportiert er lebend.

  • Ich habe beim Flat des öfteren gelesen, dass viele Linien ausreichende Wildschärfe haben. Im Forum von "Wild und Hund" zum Thema, ob der Flat jagdlich brauchbar ist, waren einige Jäger der Meinung und hatten die Erfahrung gemacht, dass die Hunde Wildschärfe haben. Raubzeugscharf war, glaub ich, keiner. (Nebenbei, mein Ferienhund - ein Labrador - hatte nachweislich bei seinen Besitzern zwei Rehe gerissen. Er war ein feiner Hund, zu Hause aber chronisch unausgelastet.)

    Ich traue das Kaya zu, weil sie schon getötet hat. Zwar kein Reh, aber einen Junghasen an der Schlepp. Sie hat mir vor ca. 2,5 Jahren ein Reh in den Bach gehetzt. Ich bin ihr hinterher, hab den Hund bellen und das Reh panisch schreien hören. Sie hat attackiert. Hab sie nur mit sehr handfesten Methoden zum Ablassen bekommen.

    Ich kannte den Jäger und den hab ich angerufen, als ich zu Hause war, ihm geschildert, was passiert ist und gebeten, nach dem Reh zu sehen. Sie hat es nicht gerissen und auch nicht reingebissen, aber er musste es erschiessen, weil es völlig erschöpft noch immer im Bach hing. Ich bin sicher, Kaya hätte gerissen, wenn ich später gekommen wäre.

    Ich nehme das Jagen bei ihr sehr ernst, weil ich sie wirklich für eine kompromisslose Jägerin halte, wenn sie die Chance hat, ein Reh zu stellen.

  • Danke für die Antwort! Ich konnt ja nicht wissn, dass es schon so gravierende Vorfälle gab - drum hab ich ja gefragt.


    Ich bezweifle auch nicht, dass auch Retriever wildern können - nur ist das Töten im Zuchtziel explizit ausgnommen. Und auch Wildschärfe bezieht sich nur auf kranke/verletzte Tiere - auch der wildscharfe Jagdhund hat das gesunde Reh nicht zu killen! Bei grösserem wehrhaften Wild wie Sauen bedeutet wildscharf binden und stellen, nicht zupacken. Saupacker sind hier höchst unerwünscht.


    Natürlich hat auch in Hund, der nicht töten würde keinen Freifahrschein zum lustig hetzen. Umso besser, wenn du da so dran bist! :bindafür:

  • Wie viele von euch hatten denn schon Opfer zu verbuchen?
    Und wie seid ihr damit klargekommen? (sorry, falls das OT ist, dann ignoriert's einfach)


    Alma hat im Frühling ein Eichhörnchenjunges erwischt und getötet.

    Sie hat es auf Kommando direkt ausgegeben, es ist dann aber innerhalb weniger Sekunden, die sich ewig anfühlten, gestorben. Das war ganz, ganz schlimm für mich.

    Und eine Maus hat sie auch schon getötet. Das hat mich etwas weniger belastet, vielleicht weil's schneller ging, vielleicht auch, weil ich durch meine Kindheitskatzen dahingehend abgehärtet bin.
    Eine Bekannte erzählte mir kürzlich, dass ihr Hund auch schon ein Eichhörnchen erwischt und schwer verletzt hat. Sie - bzw. ihr Freund - hat das verletzte Tier dann (ich weiß nicht wie) erlöst. Bei denen war das auch im letzten Frühling und man konnte sehen, dass sie das immer noch extrem mitgenommen hat.

  • Huhu, ich wende mich um Rat an Euch Jagderfahrene und das, haltet Euch fest, mit meinem Colliepubertanten |) .

    Ja, ich habe einen jagenden (bzw jagen wollenden) Collie. Natürlich lasse ich ihn nicht jagen.

    Ich frage mich jetzt, wie ich das Thema am besten angehe. Ich hab da halt keine Erfahrung. Emil hatte mal ne Jagdphase als Junghund, aber nicht so energisch wie Lucifer jetzt. Und wenn der eben ein Reh wittert, oder dann tatsächlich auch noch sieht, dann brüllt er jodelnd mit 300 dB in den Wald und donnert mit seinen bewegungsfreudigen 23 kg und 65 cm quasi direkt in mein Schultergelenk. Und der hat wirklich Kraft, der Jungspund.

    Riecht er das Wild nur und fängt an herumzuhibbeln, dann kann ich ihn mit Umorientierung ganz gut geistig zu mir zurück beordern. Aber wenn er Wild sieht, dann beendet er jegliches Gespräch mit mir und meldet sich geistig ab.

    Momentan drehe ich dann um und laufe quasi 3m immer wieder hin und her, es geht erst weiter, wenn die Leine wieder locker ist. Das kann dauern. Und das Problem löst es auch eher nicht.

    Wie geht man sowas am effektivsten an?

  • Was ist den dein Ziel?


    Aktuell liest es sich vor allem so, als wäre er einfach furchtbar erregt, wenn es zur Sichtung kommt.


    Hilfst du ihm den irgendwie klar zu kommen mit der Situation/Aufregung? Habt ihr da schon Werkzeuge?

  • Was ist den dein Ziel?


    Aktuell liest es sich vor allem so, als wäre er einfach furchtbar erregt, wenn es zur Sichtung kommt.


    Hilfst du ihm den irgendwie klar zu kommen mit der Situation/Aufregung? Habt ihr da schon Werkzeuge?

    Tja, mein Ziel... natürlich, dass er sich nicht mehr so aufregt. Die anderen gucken halt, wenn sie Wild sehen und machen dann weiter Hundedinge. Wenn es Kaninchen sind, wo Emil auch gerne hinterher würde reicht ein ähäh und gut.

    Ich fände es schön, wenn ihn nicht schon die Witterung so triggern würde. Dass ihn Sichtkontakt aufregt finde ich schon verständlich. Kühe und Schafe haben ihn auch aufgeregt, nach ein paar Tagen war das gegessen. Aber Wildgeruch ist ja quasi überall, zumindest hier, aber bei uns zuhause auch viel.


    Edit: Werkzeuge so wirklich nicht. Ich kann viel über nen Handtouch machen, wenn ich ihn wo vorbei haben möchte, oder mit nem Keks in der Hand vorbei ziehen. Aber das klappt bei Sichtung auch nicht.

  • Und wenn der eben ein Reh wittert, oder dann tatsächlich auch noch sieht, dann brüllt er jodelnd mit 300 dB in den Wald und donnert mit seinen bewegungsfreudigen 23 kg und 65 cm quasi direkt in mein Schultergelenk.

    Das finde ich jetzt für einen Collie schon heftig, hatte die immer als nicht sonderlich jagdinteressiert abgespeichert. Kam das von jetzt auf gleich? Oder ist er mal abgehauen und hat gejagt?

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