Ignorieren, korrigieren oder strafen?

  • Hallo,


    wie reagiert ihr bei einem nicht erwünschten Verhalten oder einem ignorierten Komando?


    Ignoriert ihr den Hund darauf hin?
    Wiederholt ihr das Komando oder besteht auf die richtige Ausführung?
    Oder setzt ihr eine andere Strafe als das Ignorieren ein?


    Ich möchte anfangen meinen Hund mit dem Clicker positiv zu bestärken. Habe dazu auch schon viel Literatur gelesen. Dort wird oft geraten unerwünschtes Verhalten zu ignorieren. So lohnt sich dieses Verhalten für den Hund nicht.
    Jetzt frage ich mich ob das reicht oder ob ich nicht korrigieren muss. Wenn er zum Beispiel das Stop nicht ausführt setze ich ihn bisher zurück an die gewünschte Stelle an der er bleiben soll und wiederhole das Komando. Wenn er dort im Stop bleibt wird er belohnt und das Komando aufgelöst.


    Ich arbeite schon immer viel über positive Bestärkung. Mein Hund soll aus eigener Motivation mitmachen - anderst hat es für mich keinen Sinn. Wenn ich es aber nicht schaffe ihn zu motivieren (kommt jetzt in der Pupertät öfter vor) - wie reagiert man am Besten? Wie "korrigiert" ihr oder macht dem Hund klar, dass sich dieses Verhalten negaiv für ihn auswirkt. Nur in dem er nicht beachtet wird oder werdet ihr aktiv? Über Druck würde ich nicht mit ihm arbeiten. Der Hund macht meiner Meinung nach nur das gut, dass er gerne tut.


    Liebe Grüße

  • Wenn es sich um für mich wichtige Sachen handelt, dann bestehe ich auf der Ausführung bzw. korrigiere den Hund. Gehts um etwas ganz banales, eher nebensächliches, dann kann ichs auch mal ignorieren.


    Aber:
    Wenn es um Erziehung geht, darum, daß der Hund lernen soll, was man von ihm erwartet, was "richtig" ist, dann muß ich ihm auch sagen, was falsch ist.
    Erziehung ohne Nein, ohne Verbot, ohne Korrektur und ohne Strafe (nicht im Sinne von handgreiflich werden) wäre eine unfaire Erziehung. Um in unserer Gesellschaft zurechtzukommen muß Hund wissen was gut und was tabu ist. Läuft dein Hund bei einem Stopp weiter und du ignorierst dies, dann kann es das Hundeleben kosten. Also sollte man Hundi deutlich erklären, was Stop heißt und das dies IMMER zu beachten ist.


    Wobei du beim reinen Üben aber auch den Ausbildungsstand des Hundes, die Ablenkung, die Konzentrationszeit, etc. berücksichtigen mußt.


    Gruß, staffy

  • Zitat

    Ich möchte anfangen meinen Hund mit dem Clicker positiv zu bestärken. Habe dazu auch schon viel Literatur gelesen. Dort wird oft geraten unerwünschtes Verhalten zu ignorieren. So lohnt sich dieses Verhalten für den Hund nicht.
    Jetzt frage ich mich ob das reicht oder ob ich nicht korrigieren muss.


    Wenn du clickerst, brauchst du nicht korrigieren. Der "Witz" beim Clickern ist ja der, dass der Hund völlig angstfrei und freiwillig lernt und ausführt.
    Das wäre ja nicht mehr der Fall, wenn er korrigiert, oder womöglich sogar gestraft wird. Wenn er nicht das Gewünschte macht, wird halt nicht geclickert. Fertig.


    Kommandos, die er schon kennt, clickere ich nicht.
    Kommandos die er noch lernen soll, lernt er erst, das Signalwort führ ich erst dazu ein, wenn er es wirklich kann. So haben wir nicht das Problem, dass beim Clickern was korrigiert werden muss.


    Ansonsten muss ich aber sagen, dass ich ein gegebenes Kommando durchsetzte. In der Regel langt dafür aber das Handzeichen. Snoop kennt für seine "Befehle" die Handzeichen natürlich besser, als die Worte. Sag ich sitz und er setzt sich nicht, räuspere ich mich. Setzt er sich immer noch nicht, folgt das Sichtzeichen. Dann spätestens setzt er sich. Oft denk ich, dass er das Sichtzeichen besser aufnehmen kann, wenn er abgelenkt ist, als ein Wort. Ist wahrscheinlich auch so...

  • Clickern ist wirklich erstaunlich effektiv - wenn man es richtig anwendet.
    Ich persönlich verwende den Clicker nur zum lehren von "unwichtigen" Sache, wie Tricks und Kunststückchen. Für den generellen Grundgehorsam hab ich es nicht für so geeignet gefunden, da ich eben mit Grenzensetzen da den Lernerfolg kaputt mache... und bei manchem, z.B. beim Abrufen aus einer gefärlichen Situation, beim maßregeln beim zu agressivem oder rüpelhaftem Spiel kann ich Fehlverhalten nicht einfach ignorieren. Da muß ich ab und an halt mal maßregeln (soll nicht heißen, das ich nicht auch hier positiv verstärke oder stattdessen körperliche Gewalt anwende, aber ich werd dann halt auch mal lauter).
    Und da das mit Clickern nicht zusammen passt, hab ich bei den Grundkomandos und beim Abruftrainig darauf verzichtet.

  • Ich denke auch das man mit ignorieren bei einigen Dingen nicht weiterkommt.



    Wenn du deinen Hund beispielsweise rufst und er kommt nicht und du ihn daraufhin ignorierst, wird er vermutlich nen Teufel tun um zu dir zukommen.

  • Zitat

    Hallo,


    wie reagiert ihr bei einem nicht erwünschten Verhalten oder einem ignorierten Komando?


    Ignoriert ihr den Hund darauf hin?


    Nein, nicht wirklich.
    Fangen wir bei einem "nicht erwünschten" Verhalten an.
    Wann tritt es auf?
    Angenommen, ich übe gerade etwas bestimmtes. z.B. Platz.
    Das Kind hat noch keinen Namen, weil ich noch übe, und ein Signal immer erst hinzugefügt wird, wenn das Kind "perfekt" ist. Übe ich also "Platz", wäre "sitzen" (oder irgendwas anderes) unerwünscht, aber das ignoriere ich nicht, und korrigiert wird es schon gar nicht. Ich bestärke es nur einfach in dem Moment nicht. Schließlich "brauche" ich das "sitzen" ja später noch.
    Allerdings wäre es in der Übungseinheit irgendwie unpraktisch, wenn der Hund jagen, andere Menschen umrennen, schwimmen oder sonstigen Unfug anstellen geht. Wenn ich einen völlig "grünen" Hund habe, der noch nix, besonders einen Rückruf, kann, dann wird so trainiert, dass Tierchen jeglichen Unfug gar nicht erst anfangen kann (Leine, Schleppleine, Zaun, im Haus...).
    Mit anderen Worten, das zweitwichtigste Trainingstool eines Clickertrainers ist nicht "ignorieren" und "korrigieren" schon mal sowieso nicht, sondern gute Planung, Vorbereitung und Management. Man richtet die Trainingssituation so ein, dass möglicht keine Fehler passieren können.



    Zitat


    Wiederholt ihr das Komando oder besteht auf die richtige Ausführung?


    Ja, ich wiederhole das Signal. Abhängig von der Ablenkung verschieden oft. Reagiert der Hund auf die zweite Wiederholung nicht, ist die Ablenkung zu stark (Der Hund hat Angst, Streß oder Frust), der Bestärker nicht angemessen, das Timing der Bestärkung falsch.


    Zitat


    Oder setzt ihr eine andere Strafe als das Ignorieren ein?


    Nicht ausgeführte Signale bestrafe ich nicht, weil es wahrscheinlich mein Fehler ist...
    Was ich mit unerwünschtem Verhalten mache, ist stark davon abhängig, was das Verhalten ist. Denn eigentlich sollte das gar nicht auftreten können, weil ich vorausschauend handeln und unerwünschtes Verhalten möglichst gar nicht erst entstehen lassen sollte. Aber niemand ist eine Maschine, die keine Fehler macht. (Auch Hunde nicht!!!!!).
    Viele Verhalten kann man gefahrlos ignorieren (Löschung), bzw. den erwarteten Bestärker entziehen (= negative Bestrafung).



    Zitat


    Ich möchte anfangen meinen Hund mit dem Clicker positiv zu bestärken. Habe dazu auch schon viel Literatur gelesen. Dort wird oft geraten unerwünschtes Verhalten zu ignorieren. So lohnt sich dieses Verhalten für den Hund nicht.
    Jetzt frage ich mich ob das reicht oder ob ich nicht korrigieren muss. Wenn er zum Beispiel das Stop nicht ausführt setze ich ihn bisher zurück an die gewünschte Stelle an der er bleiben soll und wiederhole das Komando. Wenn er dort im Stop bleibt wird er belohnt und das Komando aufgelöst.


    Ist das eine "Korrektur" oder eine Wiederholung des Signals? Oder ist es einfach eine neue Chance, das Signal richtig auszuführen? ;)


    Besonders, wenn ich anfange, eine Übung unter neuen Bedingungen (anderer Ort, neue Situation, andere Ablenkungen) zu üben, gebe ich einfach eine neue Chance. Hunde generalisieren nur schlecht. Er KANN es dort einfach noch nicht, die BEstärkungsgeschichte ist noch nicht stark genug, oder ich bin einfach zu unpräzise in der Kommunikation darüber, was ich eigentlich möchte.



    Zitat

    Ich arbeite schon immer viel über positive Bestärkung. Mein Hund soll aus eigener Motivation mitmachen - anderst hat es für mich keinen Sinn. Wenn ich es aber nicht schaffe ihn zu motivieren (kommt jetzt in der Pupertät öfter vor) - wie reagiert man am Besten? Wie "korrigiert" ihr oder macht dem Hund klar, dass sich dieses Verhalten negaiv für ihn auswirkt. Nur in dem er nicht beachtet wird oder werdet ihr aktiv? Über Druck würde ich nicht mit ihm arbeiten. Der Hund macht meiner Meinung nach nur das gut, dass er gerne tut.


    Liebe Grüße


    Wenn er etwas nicht tut, was er vorher schon mal konnte, kann das verschiedene Gründe haben.
    In der Pubertät werden z.B. viele Verknüpfungen im Hirn umgebaut - im wahrsten Sinn des Wortes können ganze Bereiche wegen Umbau geschlossen sein. Alte Verknüpfungen werden gelöst, neue geknüpft. Da bringt es nichts, mit negativen Auswirkungen zu arbeiten, wenn das Wissen tatsächlich "weg" ist.


    Vielleicht hat er aber auch tatsächlich gar nicht das gelernt, was wir dachten, dass wir trainiert hatten. Manchen Hunde haben z.B. nicht das als Rückrufsignal verknüpft, was wir dachten, dass das richtige Signal ist.
    Manche Signale bestehen dummerweise aus mehreren Komponenten, und wenn plötzlich eine davon fehlt, wird das Signal nicht mehr erkannt.
    Das kommt z.B. dann gerne vor, wenn "Futter" sich als Signalbestandteil eingeschlichen hat. Wenn man beim Üben zu häufig mit Futter in der Hand lockt, ist das Signal "out of order", wenn man kein Futter mehr in der Hand hat... uuups


    Hunde benötigen bis zu 6000 (Sechstausend!!) Wiederholungen, um ein Signal zu erlernen. Oftmals erwarten wir aber schon nach einigen Dutzend Wiederholungen, dass der Hund plötzlich unter viel höheren Ablenkungen korrekt reagiert. Das ist in etwa so, als verlangten wir Integralrechnungsfähigkeiten von einem 5-Klässler auf einem Disneyland-Ausflug...


    Es gibt ein schönes Lernspiel von einer englischen Clickertrainerin. Da lernen die menschlichen Schüler erst mal seltsame Verhalten auszuführen. Und dann werden die Verhalten unter Signalkontrolle gesetzt. Die Signale können zusammenhanglose Worte sein (Obst und Gemüsesorten...) oder Karten mit abstrakten Symbolen. Wer das mal gespielt hat, versteht, wie verdammt hoch die Ansprüche sind, die wir an Hunde stellen, indem wir erwarten, dass sie die Geräusche, die aus unserem Mund kommen, erst mal überhaupt als Singale identifizieren, sie dann auf ihr Verhalten beziehen UND dann auch noch von anderen Singalen zu differenzieren.


    Wegen all der genannten Punkte:
    Im Zweifel für den Angeklagten - er bekommt eine neue Chance, und ist das immer noch zu schwer, geht man so weit in den Lernstufen zurück, bis es wieder klappt!

  • Zitat

    Hunde benötigen bis zu 6000 (Sechstausend!!) Wiederholungen, um ein Signal zu erlernen.


    Ich weiß nicht, warum solchen Zahlen immer noch durch die Hundewelt geistern. Bei einem für Hundi unverständlichen Trick und einem schlechten Trainer, da brauchts vielleicht zig Wiederholungen ...
    Geht es um elementare Dinge des Lebens, da reicht eine handvoll aus !
    Wären Hunde nicht in der Lage blitzschnell Zusammenhänge zu begreifen und Signale zu lernen, dann wären sie mit Sicherheit vor 10.000en von Jahren ausgestorben ;-)


    Kein Hund wird 6000 mal während der Fütterung an die Hauskatze gehen und es braucht auch gewöhnlich lernt Hundi bereits beim zweiten Signal was das Knarren der Kühlschranktür zu bedeuten hat :D


    Gruß, staffy

  • Hallo,


    Danke für eure Erklärungen. Shoppy - das war sehr hilfreich - Danke!


    Ich denke meine Fehler lagen bisher darin, den Hund dafür verantwortlich zu machen, dass er meine Befehle ignoriert und zum Beispiel einfach wegrennt statt mir etwas zu bringen oder Aus zu geben. Ich dachte er testet mich in seiner Pupertät und versucht mit Absicht sich über Komandos hinweg zu setzen.


    Ich muss umdenken! Ich habe es nicht richtig beigebracht, dass der Hund die andere Möglichkeit (wegrennen) als für ihn atraktiver empfindet. Es muss sich für ihn lohnen zu mir zu kommen - das wegrennen muss für ihn uninteressanter werden als das befolgen des Komandos!
    Ein großer Knackpunkt dabei ist der Sozialkontakt. Wenn ich ihm trotzdem Aufmerksamkeit schenke - wenn auch nur in Form von schimpfen hat er gewonnen. Er bekommt in Zukunft Aufmerksamkeit nur noch in Form von Belohnung.


    Oh menno das wird bestimmt ganz schön schwer umzudenken und in vielen Situationen die Lage zu begreifen.


    Mal angenommen er soll gerade liegen bleiben und springt aber weg um sich selbst zu beschäftigen evtl findet er noch eine interessante Beschäftigung wie Stöckchen kauen. Wie mache ich ihm dann klar dass es besser ist liegen zu bleiben wenn ihm das Stöchen kauen gerade mehr gefällt als die Belohnung die er für das liegen bleiben erwartet?


    Die Schleppleine werde ich im Dauerbetrieb haben um ihm keine Erfolgs-Ausbrecher zu ermöglichen. Sprich versuchen falsche Handlungen zu vermeiden.


    Ich muss jetzt erst mal noch einige Unklarheiten in meinem Kopf ausräumen. Dann fange ich an mit dem Clicker.


    LG

  • Zitat

    Mal angenommen er soll gerade liegen bleiben und springt aber weg um sich selbst zu beschäftigen ...


    Soll der Hund alles "nur" tun, weil es dafür eine direkte Belohnung gibt ? Oder glaubst du, es gibt grundlegende Regeln im gemeinsamem Umgang, die der Hund zu befolgen hat, weil du sie ihm sagst !


    Klar kannst du hingehen und dem Hund immer wieder erklären, daß er etwas tolles bekommt, sich das Liegen bleiben für ihn lohnt ... vermutlich hast du dann einen Hund, der angespannt "dich anglotzend" vor dir liegt ;-)


    Du kannst ihm auch beibringen, daß Platz ganz einfach Platz heißt, solange, bis du es aufhebst. So, daß es für den Hund ein verbindliches Kommando wird, welches nicht selbständig aufgehoben wird ... ganz einfach durch Konsequenz trainiert.


    Gerade das verbindliche Platz gehört für mich zu einem ernsthaften, lebensrettenden Kommando, welches 100% befolgt werden muß.


    Gruß, staffy

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