Ignorieren, korrigieren oder strafen?

  • Tucker: Falls das jetzt auf meinen Post bezogen war: Nein, so meine ich das definitiv nicht. Der Hund muss keinen Fehler begehen, um ihn hinterher zu bestrafen.


    Es geht darum, dass ein rein operant aufgebauter Hund, bestrebt ist, sein Verhalten immer zu optimieren, was einige Fehlversuche einschließt.
    Der Hund lernt, welches Verhalten sich nicht lohnt.


    Und das sieht Hund für Hund ganz anders aus.


    Ich will hier auch gar nicht sagen, dass der rein operante Weg grundsätzlich falsch wäre. Wenn das so rüber kommt, sorry :ops: ..


    LG, Anna

  • Sorry, sollte ich irgendwas wiederholen.
    Ich hab mir jetzt nicht alle Posts ganz genau durchgelesen.


    Ich finde Martinas (Shoppys) Praxis logisch und anwendbar,
    solange man - wie sie sagt - vorausschauend handelt.


    Ich muss doch auch nicht erst eine Bank ausrauben und in den Knast wandern,
    um rauszufinden, dass das unerwünschtes Verhalten ist?
    Ich lerne eben rechtzeitig, dass ich lieber auf die Bank gehe
    und mein Erspartes einzahle, um Geld rauszubekommen.


    Ich weiss, dass es nicht immer so funktioniert und dass in manchen Fällen
    aus verschiedenen Gründen Siljas Praxis besser ist.


    Aber immer wenn ich kann, versuche ich vorzubeugen, um nicht korrigieren zu müssen.


    Ich würde mich nie auf die eine oder andere 'Methode' festlegen.
    Meine Praxis ist eine Mischung aus shoppy und staffy und noch ein bisschen Bauchgefühl.


    Klappt nicht immer, das liegt aber dann an mir und meiner Ungeduld.


    Und ultimativ ist es sicherlich auch nicht. Man lernt nie aus. Niemand.


    LG
    Chrissi

  • Huhu Chrissi!


    Dein Beispiel hinkt ein wenig.


    Du gehst nicht hin und raubst die Bank aus weil Du weißt, dass Du bestraft werden würdest. Deshalb versuchst Du es gar nicht erst.


    Statt dessen sparst Du und lernst, durch postitve Bestärkung, dass es sich wegen der Zinsen lohnt.


    Für beides mußtest Du erstmal lernen, dass das übertreten von Verboten eine Strafe zur folge hat und das Befolgen von Geboten eine Belohnung.


    Die meisten Gegner von Strafe machen den Denkfehler, dass sie glauben, der Hund würde beim ersten Fehlverhalten massiv bestraft. Unsere Hunde kennen die Regeln. Sie wissen, was "Nein" und was "Warte" bedeutet. Sie wissen auch, dass sie mir mein Brot nicht aus der Hand nehmen dürfen. Tun sie es trotzdem, gibt es Ärger...


    Ich mische die Methoden ja auch. Zum einen, weil ich nicht die Zeit und Möglichkeit habe, alle Variationen durchzuspielen. Ich kann also nicht alle Reize am Auto vorbeipatroulieren lassen, damit die Hunde lernen, nicht auszusteigen bevor ich es sage. Abgesehen davon, dass ich mir keine Belohnung vorstellen kann, die für Lotte so verlockend wäre, dass sie dafür darauf verzichtet, dem verhassten Nachbarshund endlich mal was auf die Mütze zu hauen.


    Zum anderen gibt es auch unter Hunden gewisse Höflichkeitsregeln. Und ich erwarte auch von meinen Hunden, dass sie mich höflich behandeln. Natülich bin ich kein Hund, aber ich bin mir sicher, dass Hunde Menschen mindestens ebensosehr verhundlichen, wie umgekehrt. Und daher können sie sehr wohl gut verstehen, warum ich wütend werde, wenn sie versuchen, mir mein Brot zu mopsen oder mich anrempeln.


    Ich möchte sogar behaupten, dass dieses "Respekt einfordern" unsere Beziehung verbessert.

  • Letztes Jahr bin ich mit meinem und einem Gasthund auf einem Radweg unterwegs gewesen. Das Wetter war toll, es war glaub ich ein Freitag oder Samstag nachmittag, und dementsprechend war das Fahrradfahrer-Aufkommen. Nach dem ich auf dem Hinweg (ca.2 Kilometer) jedesmal beim auftauchen eines Fahrradfahres rangerufen und absitzen lies, hatte ich auf dem Rückweg plötzlich eine "Straßensperre" aus zwei Hunden vor mir sitzen, die mich erwartungsvoll ansahen. Warum?
    Hinter uns kam ein Fahrradfahrer näher - und ich hatte ihn noch nicht bemerkt.
    Hunde wenden an, was sie lernen, wenn das für sie "Sinn" macht.
    Klar variieren Clickerhunde auch ihr Verhalten. Besonders, wenn zu schnell anfaängt mit der Bestärkungsrate oder Wertigkeit zu varrieren.
    Aber ich habe echt noch keinen Hund gesehen, der "Anspringen" für eine Variation von "Sitzen" hält. Liegen habe ich schon gesehen, vor allen Dingen von Labradoren und Schäfern. Crispel hält dagegen "Stehen" für eine Variante von "sitzen". Aber auch umgekehrt ;) So be it...

  • Zitat

    Ich arbeite auch positiv...
    Jetzt wird ja impliziert, dass der Hund quasi jeden Fehler mal machen muss, damit man ihn "bestrafen" kann, damit er weiß, dass es falsch ist.


    Davon gehen die meisten hier vermutlich aus, was aber absolut nicht stimmt !!
    Dem Hund Regeln aufzustellen, Tabus zu setzen und ihm ein NEIN beizubringen IST positiv ! Er lernt es ja auf nette Art und Weise.


    Kennt mein Hund aber ein NEIN und zwar nicht ein brutales, schmerzhaftes, erschreckendes NEIN, sondern lediglich die - verständlich aufgebaute - Bedeutung eines NEIN in Form von "das nicht, lass man, sowas macht man nicht", dann hab ich ein wunderbares Kommando, welches den Hund leicht und problemlos durchs Leben begleitet.


    Wenn ich, um bei obigen Beispiel zu bleiben, meinem Hund eintrichtere, daß er bei Radlern IMMER vor mir zu sitzen hat, egal ob ich was sage oder nicht, dann hieße das:
    Egal wo der Hund gerade ist, sieht er einen Radler kommen rennt er möglichst schnell zu mir und setzt sich erwartungsvoll.
    Je nach Situation ist mir aber lieber, der Hund bleibt genau da stehen, wo er gerade ist ... was mach ich dann ???


    Ich bin absoluter Befürworter von einem verantwortungs- und respektvollen Umgang mit dem Hund, einer liebevoll, konsequenten Erziehung, basierend auf positivem Lernen, aber ich habe ganz oft den Eindruck, daß dieses "nur positiv" nur das Umgehen möglicher Konflikte und klarer Worte ist - etwas, was in einer funktionierenden Beziehung selbstverständlich sein sollte.


    Sorry, aber ich hab immer noch Hunde, Tiere, die sich benehmen müßen, um an unsrem Leben teilnehmen zu können, die erzogen sein müßen.
    Bevor ich da ein anspringen ignoriere und mich nachher entschuldige, weil ICH zu langsam reagiert habe (und der jenige vielleicht dem Herzinfarkt nahe war), da bring ich meinem Hund lieber nett, aber unmißverständlich bei, daß Fremde generell nicht beachtet, geschweige denn angesprungen werden.


    Werd anders mag, bitte ... so manches unverschämte Verhalten, ausgeführt weil der Besitzer gerade mal nicht aufgepaßt hat, führt nicht dazu, daß Hunde und ihre Besitzer beliebter werden.


    Gruß, staffy

  • Zitat


    Ich hatte schon mal gefragt, wo der Unterschied zwischen:
    1) Hund springt Person an -> HH sagt "NEIN" -> Hund geht mit den Pfoten auf den Boden und bekommt ein Lob; nächstes mal das gleiche Spiel
    oder
    2) Hund springt Person an -> HH ignoriert das Verhalten -> Hund geht mit den Pfoten auf den Boden und bekommt Belohung; nächstes mal wird Hund schon gelobt, bevor er springt und noch die Pfoten auf den Boden hat.


    In meinen Augen ist der Unterschied ganz deutlich.
    Bei 1) Hund lernt unerwünschtes Verhalten aus "erfahren".
    Bei 2) Hund lernt kein unerwünschtes Verhalten da er nicht vorausdenkt.


    Ich verwende da gerne den Begriff "verwahrende Hilfen".

  • .... ich versteh die ganze Haarspalterei hier gar nicht... :???:
    Dass ich meinen Hund korrigiere, halte ich für das Normalste von der Welt.
    Kleines Beispiel: Ich bin mit zwei Kindern im Garten. Meine Kleine rennt wie irre rum und macht Blödsinn... der Kleine quäkt im Kinderwagen... ...


    ich kümmer mich um die Gänse, während ich beobachte, dass Mücke sich ein Ei krallen will.
    Da ich seinen Ei-Konsum im Auge haben will ( bzw. muss, er darf schließlich nicht unkontrolliert Gänseeier fressen ) sag ich ihm : "hey, lass das, aus " und er spuckt es wieder aus".
    Alternativ könnte ich ihn natürlich gar nicht erst ins Gehege mitnehmen oder ihn mitnehmen und im Platz festnageln.


    Da er sich aber auch diesen Teil des Grundstückes anschauen darf, darf er sich dort umschauen, aber eben nach meinen Regeln.


    Im Nachhinein durfte er nach einem kurzen Sitz und Schau auch das Ei zu mir bringen und danach auch mitnehmen und fressen... :gut:


    Ich halte es für unmöglich im normalen Alltag IMMER alles voraus zu sehen, Mücke kann übrigens hervorragend mit einem Nein umgehen :D

  • Zitat


    Sorry, aber ich hab immer noch Hunde, Tiere, die sich benehmen müßen, um an unsrem Leben teilnehmen zu können, die erzogen sein müßen.


    Sieht bei mir nicht anders aus, auch wenn ich einen anderen Weg gehe. Wie gesagt, das Ziel am Ende ist das selbe.


    Zitat


    In meinen Augen ist der Unterschied ganz deutlich.
    Bei 1) Hund lernt unerwünschtes Verhalten aus "erfahren".
    Bei 2) Hund lernt kein unerwünschtes Verhalten da er nicht vorausdenkt.


    Nun der Weg ist ein anderer, aber ist es nicht egal, wenn das am Ende auf das selbe Verhalten heraus läuft, nämlich das der Hund keine Menschen anspringt?

  • Zitat


    Nun der Weg ist ein anderer, aber ist es nicht egal, wenn das am Ende auf das selbe Verhalten heraus läuft, nämlich das der Hund keine Menschen anspringt?


    Nun, es ist sicher müßig darüber zu diskutieren und es ist ja auch jedem seine eigene Einstellung dazu.
    Was ich allerdings nicht so sehe wie Du ist die Aussage das der Weg ein anderer sei, da es für mich nicht zwei Wege zu ein und demselben Ziel sind sondern 2 Wege zu 2 unterschiedlichen Zielen.
    Der Hund, eigentlich auch der Mensch lernt nunmal aus Erfahrung durch Try and Error... der Mensch allerdings führt das Ganze durch logische Intelligenz weiter. Wenn ich nun den Hund keinen Fehler machen lasse sondern ihn davor bewahre, was lernt er dann in Bezug auf das Anspringen? In meinen Augen nichts. Springt er wie in Deinem Beispiel dennoch mal jemanden an, hat er in seinen Augen richtig gehandelt...


    Das ist aber nur meine bescheidene Meinung dazu.

  • Zitat


    Da mischst du zwei verschiedene Dinge zusammen. Verbote besagen nur, dass eine bestimmte Tätigkeit zu unterlassen sei. Zum Erlernen, bzw Ausführen einer Tätigkeit sind sie ungeeignet, denn da müsste ich alles verbieten, was nicht die gewünschte Tätigkeit ist - in der Tat ein langwieriges und unsinniges Verfahren. Daher erzieht ja auch niemand seinen Hund nur über Verbote und Strafen.


    Zum 1. Teil: Ja, das glaube ich. Der Hund lernt, zu sitzen. Alles andere gibt einfach keine Belohnung, lohnt sich also (meistens) nicht. Woher soll er wissen, dass anspringen unerwünschter ist als beispielsweise weitertraben? Beides ist nicht belohnt worden, hat aber auch keine Konsequenzen ausser der ausbleibenden Belohnung. Beides ist also eine Tätigkeit, die sich in der Situation nicht lohnt. Dass sie totales No Go ist kann der Hund nicht wissen, woher auch? Passiert ja nix wenn er es trotzdem tut.....


    Oder anders ausgedrückt: Jemand gibt mir jedesmal einen Euro, wenn ich bei Rot am Strassenrand warte. Toll, denke ich und werde immer reicher. Weiss ich durch die Gabe dieser Belohnungen, dass es VERBOTEN ist, bei Rot die Strasse zu überqueren? Nö, ich "weiss" nur, dass ich keine Belohnung kriege, wenn ich es trotzdem tue. Dass mir bei Übertretung der Himmel auf den Kopf fällt und ich 1000 Euro bezahlen muss kann ich durch die vorangegangenen Belohnungen nicht wissen.


    Cerridwen, hier wurde doch schon anschaulich erklärt, warum es eben doch 2 unterschiedliche Wege mit 2 unterschiedlichen Zielen sind.


    LG, Anna

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!