Zwingerkoller

  • Moin zusammen,


    vielleicht hat jemand von euch einen Tipp für uns:


    Wir (nicht ich persönlich, sondern der Nothilfe-Verein, in dem ich mithelfe) haben einen Riesenschnauzer aufgenommen, der anscheinend irgendeine Art Zwingerkoller hat.


    Er ist noch keine 1,5 Jahre alt. Von den Altbesitzern nur in Zwinger und Garten gehalten, hat er anscheinend eine Art Stereotypie entwickelt. Sobald im Zwinger, bellt und rennt er nur noch im Kreis, versucht seine Rute zu beißen. Egal, ob die Zwingertür offen oder geschlossen ist. Die Altbesitzer haben ihn irgendwann mit Tabletten ruhig gestellt... Ins Haus geht er gar nicht, ist weder mit Futter noch Spielzeug zu locken. Dass er überhaupt nicht alleine bleiben kann (bellt dann durchgehend), muss ich wohl nicht erwähnen...


    Wir haben den Hund nun erstmal in einer befreundeten Pension untergebracht. Sie haben uns schon bei vielen schweren Fällen geholfen und bringen auch die notwendige Zeit auf, die dieser Hund braucht. So einen Fall haben wir bisher allerdings noch nicht gehabt - und sind einigermaßen ratlos, wie wir dem Hund helfen können. Er bekommt jetzt erstmal Globuli, meine erste Idee geht in Richtung Konditionierte Entspannung.


    Habt ihr Tipps, wie wir ihm helfen können???


    LG,
    das Krümelmonster.

    • Neu

    Hi


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    • Wir hatten mal einen ähnlichen Fall.
      Eine Freundin von mir hatte einen weißen Schäferhund Rüden aufgenommen, der im Zwinger geboren wurde und auch nur in selbigem gelebt hatte. Er hatte auch null Bezug zu Menschen bzw. panische Angst vor ihnen.
      Geholfen hat eine Hündin. Er hat recht schnell Vertrauen zu der Hündin gefunden und über sie das Vertrauen zum Menschen bzw. auch den Mut ins Haus zu gehen.
      Echt schlimmer Fall - ich hoffe, ihr bekommt es hin.

    • Puh, was für eine Aufgabe... Respekt, dass ihr euch des Hundes angenommen habt!!


      Ich denke, der Hund darf nie wieder einen Zwinger sehen geschweige denn betreten. Ich würde davon ausgehen, dass seine Prägung auf den Zwinger (samt Hospitalismus) ein Leben lang erhalten bleiben wird. Da haben sich Nervenbahnen ganz tief eingeschliffen.


      Ich hatte mit einem ähnlichen Fall zu tun. Er wurde mit der Zeit ein "normaler" Hund - aber sobald er wieder an die Stelle mit der Kette kam, lief er (auch ohne angekettet zu sein), wieder im Kreis und war nicht mehr ansprechbar.


      Aufgabe wäre jetzt, einen "normalen" Hund aus dem Notfell zu machen und die fehlenden Nervenbahnen (Prägung/Sozialisierung) nachzuholen. Das dauert natürlich bei einem 1,5jährigen Hund wesentlich länger als bei einem Welpen. Dennoch wäre ich zuversichtlich.


      Was für ein Sozialverhalten zeigt der Hund? Ist er mit anderen Hunden verträglich? Kommt evt gar der Spieltrieb durch? Das ließe sich "ausnutzen", denn Hunde lernen ja voneinander und orientieren sich aneinander, sprich ein Hundekumpel, der normal sozialisiert ist, könnte dem Notfell eine große Stütze sein.
      Evt kann die Hundepension ihn mit verschiedenen Hunden zusammen führen und schauen, ob sich eine günstige Konstellation ergibt?


      Ich würde versuchen, das artgerechte Verhalten, seine Triebe, zu unterstützen, damit der Hund sich insgesamt stabilisiert. Ich sehe das als zwei Ebenen an: Die Sozialisierung nachholen und das vorhandene artgerechte Verhalten mobilisieren. Es handelt sich beim Hund ja um eine Anlage-/Umweltmischung, die letztlich das Verhalten ausmacht. Deshalb würde ich auf beiden Ebenen versuchen zu arbeiten.
      Dazu gehört auch, dass man a) herausfindet, worauf Hund besonders "negativ" reagiert und b) worauf er positiv reagiert. Seine positiven Reaktionen sind auch wichtig, um sie als Verstärkung in Lernsituationen einsetzen zu können!


      Ich kenne den Hund nicht. Deshalb ist der folgende Gedanke etwas heikel... Ich denke, dass ein solcher Hund evt manchmal zu seinem Glück "gezwungen" werden muss. Wenn er etwas nicht kennt und es meidet . wie die Wohnung - muss er evt zur Auseinandersetzung und zur Gewöhnung mittels sanfter Konfrontation "gezwungen" werden. Man muss dem Hund die Möglichkeit geben, etwas kennen zu lernen, was er selbst spontan nicht kennen lernen will, weil er es nicht kennt.

    • Hallo,


      ich kenne einen Berner der Ähnliches erlebt haben muss. Er hatte auch Angst das Haus zu betreten und im Zwinger drehte er und hat sich den Schwanz blutig gebissen.


      Hier halfen Medikamente vom TA (frag mich nicht welche das waren) und auch sanfter Zwang.
      Er wurde mittels eines Legleaders an seine Bezugsperson gebunden. Ihm blieb nichts anderes übrig als ihr in das Haus zu folgen. Der Hund wurde bei seinen Ängsten völlig ignoriert und bekam auch keine Aufmerksamkeit von der Bezugsperson.
      Nach einer Stunde legte ich die Angst und nach und nach wurde es generell besser.


      Ich würde hier auch mit einem Tierarzt und auch einem Verhaltenstherapeuten sprechen. Beides sollte aufeinander abgestimmt sein.


      Liebe Grüße


      Steffi

    • Zitat


      ;) Das sind wir selbst!


      Danke schonmal für die ersten Ideen. Grundsätzlich müssten wir den Hund erstmal komplett vom TA durchchecken lassen. Er ist eine Handaufzucht, was im Umkehrschluss bedeuten kann (wissen wir aber nicht), dass die Hundemutti ihn wg. irgendwelcher Krankheiten verstoßen hat. Es gibt da also einiges, was man prüfen könnte. Blutbild, Schilddrüsenwerte etc. Geht aber noch nicht, weil der TA nicht an den Hund rankommt...


      Deshalb ist das


      Zitat

      Ich denke, dass ein solcher Hund evt manchmal zu seinem Glück "gezwungen" werden muss.


      nicht möglich - derzeit reagiert er hochgradig angstaggressiv. Auf Menschen wie auf andere Hunde. Deshalb lieber auch keinen Leg-Leader. :D Ich schätze, er ist - von seinem üblichen Verhalten mal abgesehen - gerade absolut im Stress. Gaaanz so schlimm war er bei seinen Vorbesitzern ja nicht.


      Zitat

      Ich denke, der Hund darf nie wieder einen Zwinger sehen geschweige denn betreten. Ich würde davon ausgehen, dass seine Prägung auf den Zwinger (samt Hospitalismus) ein Leben lang erhalten bleiben wird.


      Wenn er irgendwann vermittelbar ist, dann definitiv auf eine Couch ohne Gitter. Derzeit ist mit ihm aber nichts anderes möglich. Die Zwingertür steht offen, er hat eine Auslauffläche zur Verfügung. Er kommt aber nicht raus (zumindest jetzt noch nicht - ist ja erst seit gestern da). Sprang aus dem Auto und rannte sofort in die "sichere Stube". Und ab da war kein Rankommen mehr an ihn.


      Die Pension wird sich jetzt erstmal mit Handfütterung an ihn rantasten und wir müssen abwarten, was die nächsten Tage so bringen. Falls euch noch was einfällt - irgendwelche Krankheiten, die passen und auf die man den TA aufmerksam machen kann - nur her damit!


      LG,
      das Krümelmonster.

    • Mia ist ein ähnlicher Fall. Aber ich denke nicht annähernd so gravierend wie bei euch. Sie ist auch relativ reizlos aufgewachsen und hat eine leichte (zum Glück) Stereotypie und Angstaggressionen mitgebracht.


      Ich denke, in eurem Fall wird eine begleitende medikamentelle Therapie nicht zu vermeiden sein. Ich bin zwar kein Freund des Einsatzes von Antidepressiva beim Hund. Aber man muss ihn vermutlich erstmal irgendwie aus seinem "Film" herausbekommen.


      Ich hab damals mit einer Tierärztin zusammen gearbeitet, die sich auf Tierverhalten spezialisiert hat (http://www.tierverhaltenspraxis-berlin.de/). Sie kennt sich wirklich sehr gut aus und hat uns entscheidend weiter geholfen.


      Unser "Training" bestand damals aus einem intensiven Gehorsamstraining (ein tendenziell aggressiver Hund MUSS hören), Clickertraining (beim Click wird Dopamin frei gesetzt und das "ersetzt" die Hormone, die sich der Hund durch sein stereotypes Verhalten selbst verabreicht) und vor allem das ständige Unterbrechen des Zwangsverhaltens. Außerdem haben wir intensiv an den Faktoren gearbeitet, die Mia Angst machen (ich hatte eher Probleme mit der Angstaggression) und ihr ein Alternativverhalten angeboten (statt den bösen Menschen einfach zu verbeißen).


      Ich würde nicht behaupten, dass ich einen "normalen" Hund hätte. Aber nach mittlerweile 2 Jahren Arbeit hab ich einen Hund, den ich fast überall frei laufen lassen kann und auch mal ohne Probleme mit in die Stadt oder eine Gaststätte nehmen kann.


      Ich denke ihr solltet auf jeden Fall mit einem Tierarzt (besser kein "normaler Hundetrainer") zusammenarbeiten, der sich richtig gut mit sowas auskennt.


      Ich wünsch euch alles Gute, es ist richtig richtig viel Arbeit, aber zu schaffen.


      Liebe Grüße
      Nadine und ihre LIEBE Mia :)

    • ui, das Mia so eine Vorgeschichte hat, wusste ich gar nicht.


      Auf mich hat sie damals wie ein ganz normaler Hund gewirkt. Dein Umgang mit ihr hat mir sehr gefallen, wenn ich das mal hier nebenher fallen lassen darf ;)

    • Sie ist aus Oranienburg und hat die ersten 9 Monate bei einem Alkoholiker gewohnt, der sich den Hund im Garten gehalten hat. Er hatte ihn wohl dann auch mal ausgesetzt, aber er kam wieder zurückgelaufen und da der gute Herr eh nur komatös auf dem Sofa lag ist es ihm wahrscheinlich auch nicht aufgefallen, dass im Garten ein halb verhungerter Dobermann sein Unwesen treibt. Und das in dem Winter 2005 als es so schrecklich kalt war... Die Nachbarn haben sich dann dafür eingesetzt, dass das Tier vielleicht einen neuen Besitzer bekommen sollte.


      Mo... sorry... ich bin ne alte Trantüte... Hab dir grad mal ne email geschrieben.


      lg

    • Ich denke, da gibt es nur zwei Wege in der jetztigen Situation: Ruhigstellung mit Medikamenten oder Änderung der äußerlichen Bedingungen.


      Ich würde ihm nicht noch mehr Platz einräumen, sondern ihn an der Ausübung seiner Neurose hindern, indem er zum Bespiel so eng eingegrenzt wird, dass er sich gar nicht drehen kann - sofern das möglich ist. Also vielleicht mit einer Box arbeiten oder ihn anleinen.


      Drauf hoffen, dass er bei offener Zwingertür aufhört, würde ich da ehrlich gesagt nicht... Bei solchen Zwangshandlungen können die Hunde nicht denken. Sie sind dann ihm wahn.


      Viele Grüße
      Corinna, auch grad mit einem Stereotypie-Hund...

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