Mich würde wirklich mal interessieren, wie man das rein positiv mit einem ganz normalen Hund macht
Ich bin zwar kein "Positivler", aber ich habe vor 5 Jahren einen Lehrgang bei einer nicht unbekannten Schule für Tierpsychologie und Gesundheit gemacht. Bei denen ging es wirklich ausschließlich über Belohnung. Dementsprechend habe ich den Lehrgang frühzeitig abgebrochen und die Prüfung nie gemacht, aber was ich davon mitgenommen habe ist, dass Hunde erstmal so geführt werden sollen, dass Fehler so weit wie möglich ausgeschlossen sind (prinzipiell ist das übrigens sinnvoll und gut).
Bedeutet, wenn der Hund zum Beispiel etwas aufgenommen hat, was er nicht sollte, wird das übers Tauschen geregelt.
Vorher wird eine Art "Belohnungssystem" ergründen. Dabei wird ermittelt welche Belohnung wie begehrenswert für den Hund ist.
Geht es zum Beispiel um einen bombenfesten Rückruf, nimmt man Futter wofür der Hund im Regelfall Alles stehen uns liegen lassen würde (bei Ares sinds übrigens Pelimeni und generell alles aus der russischen Küche ).
Im Endeffekt wird die Wahl der Belohnung an die jeweilige Erregungslage des Hundes angepasst.
Würde ich jetzt also einen Ball mit Ares tauschen wollen, so würde ich erstmal nicht die Belohnung mit dem für den Hund höchsten Wert nehmen, sondern eine Stufe davor.
Kommt es jetzt doch zu unerwünschtem Verhalten. Sprich der Hund nimmt doch ein totes Tier auf, so tausche ich das tote Tier gegen eine hochwertige Belohnung. Danach wird das vorbeigehen geübt. Bedeutet: der Hund wird vom Tierkadaver zum Menschen umorientiert. Klick für Blick, was vorher aufgebaut wurde, wird für sowas gerne benutzt (aber eben auch für ALLES andere).
Beim Vorbeilaufen wird der Blick zum Menschen gemarkert und gefüttert. Der Hund bekommt also Futter, sobald er schaut. Das ist im Übrigen Ablenkung.
Im Idealfall löst der Anblick oder Geruch eines toten Tieres beim Hund später automatisch ein anderes Verhalten aus, als der Hund eigentlich geplant hat. Er schaut zum Menschen um Futter zu ergattern.
Zeigt der Hund trotz Umkonditionierung irgendwann das unerwünschte Verhalten, so wird das genau so nochmal trainiert. Je nach Hund sitzt das irgendwann, oder er muss eben jahrelang "trainiert" werden.
Bei beissenden Welpen wird übrigens entweder sofort ein Gegenstand angeboten, der geknabbert werden darf (Tausch), oder es wird so lange gewartet bis der Welpe kurz aufhört am Menschen herum zu doktorn, es wird gemarkert und sofort belohnt. Die Idee ist, dass der Welpe lernt "ich höre auf zu beissen und bekomme eine Belohnung dafür". Im Kopf des Welpen soll folgendes passieren "ich habe einen größeren Vorteil davon zu warten und nichts zu tun, weil der Mensch Futter raus gibt".
Jetzt erkläre das mal einem Malinois-Welpen (nur um ein klares Extrembeispiel in den Raum zu werfen).
Im übrigen hat dieses Training eine sehr hohe Fehlerquote, weil man dem Welpen unter Umständen erst beibringt mehr zu beissen, weil in seinem Kopf das Beissen die Belohnung auslöst. Dieses Training verlangt vom Menschen ein seeeehr gutes Auge und ein noch besseres Timing.
Bei pöbelnden Hunden wird auch Mithilfe von Klick für Blick trainiert. Da geht es auch viel um Abstand. Ich gehe mit meinem Hund nur so nah an den Auslöser dran, wie er es schafft nicht zu bellen, ihn dennoch wahrnimmt. Dann warte ich, bis der Hund mich anschaut, markiere und belohne das mit einer recht hochwertigen Belohnung, die nicht so aufregend ist, dass sie die Erregung des Hundes steigert. Alternativ locke ich den Hund durch ein Signal oder (ganz selten) mit einem Geräusch, was der Hund nicht kennt. Jede Umorientierung wird belohnt.
Pöbelt der Hund irgendwann trotzdem los, so entzieht man sich der Situation und beginnt mit mehr Abstand wieder erneut.
Bei dieser Art von Training ist Vorsicht geboten! Die Idee dahinter ist zwar dem Hund den Auslöser schön zu füttern, dennoch kann man hier ganz schnell dem Hund Drohverhalten abtrainieren, was zu einem undurchdringlichen Rattenschwanz führt. Man sollte vorher wissen welche Intention hinter dem Verhalten steht.
Und ich sage das nicht rein aus der Theorie heraus, ich habe während den Seminaren einen Hund gesehen, der kaum Drohverhalten zeigte, aber so dermaßen unter Spannung stand, dass ich wirklich nur auf die Explosion gewartet habe. Die Halterin lobte aber nur die Fortschritte, dass er ja nun garnicht mehr reagieren würde.
Für den Laien sah der Hund auch ruhig und entspannt aus, der Körper war aber steif, der Mund immer geschlossen, die Ohren auf "Hab acht!" der Blick zwar oft auf seine Halterin gerichtet, aber gleichzeitig auch auf den Auslöser. Der war bereit.
Pöbelnde Hunde sind der Endgegner wenn es beim Training rein über positive Verstärkung geht. Nicht selten arbeiten ausgebildete Trainer und Halter jahrelang an diesem Verhalten.
Im Übrigen ein Grund warum Ares das Verhalten so sehr festigen konnte.
Wirklich Alltagstauglich ist das Konzept nicht. Es schafft oft mehr Konflikte als nötig.
Es läuft rein über den Aufbau von Alternativverhalten. Konfrontationen werden müssen vermieden werden, weil es zu viel Stress für den Hund ist.
Mir ist damals aufgefallen, dass die Hunde, die nach diesem Konzept trainiert werden tendenziell unsicher und ängstlich sind.
Führt auch zu einem Teufelskreis denn: Unsicherer Hund = noch vorsichtigerer Umgang mit Hund.
Ich werde nie vergessen wie die Seminarteilnehmenden lobten, dass Ares sich im Gegensatz zum ersten Seminar so verbessert hat. Ich habe damals schon begonnen dem Hund falsch und richtig aufzuzeigen.
Er hatte weder Angst vor mir, noch hatte er Angst vor den Situationen, die er als Junghund erst kennen lernen musste.
Leider heißt bei dem oben beschriebenen Konzept:
Strafe = misshandelter Hund.
Im Allgemeinen habe ich die Beobachtung gemacht, dass mein Hund wirklich sehr stressige Erfahrungen gut verarbeiten kann, während das die anderen Studienteilnehmer mit ihren Hunden im Training weit zurück geworfen hat.
Und ich habe Ares sehr oft in Situationen mitgenommen, in denen ich selber dachte, dass das ein riesen Fehler war. Beim zweiten Mal hat es aber immer funktioniert, beim dritten war es meist schon in Ordnung und dann ganz normal.
Lustigerweise hatte ich auf Seminaren immer die aufgeregtesten Hunde von allen dabei, die am Ende trotz fehlendem Deckentraining gelernt haben Ruhe zu halten. Futterwerfen habe ich nur bei Ares als Management Maßnahme genutzt, damit er kurz aufhört lauthals seinen Unmut kund zu tun.