Hallo
Hier ist das Gegenbeispiel zu dem Nachbar-Thread mit dem bei Besuch stürmischen Hund
Unsere Hündin ist jetzt seit etwas über 6 Wochen bei uns. Sie kommt ursprünglich aus Rumänien, kam aber Anfang Dezember in ein deutsches Tierheim, wo wir sie erst öfter besucht und dann erst tageweise und danach für eine Woche bei uns hatten, bis sie Ende Dezember schließlich ganz bei uns eingezogen ist. In Rumänien lebte sie auf der Straße, wurde irgendwann zur Kastration eingefangen und anschließend in eins der riesigen Shelter gebracht, dort saß sie dann über 2 Jahre.
Sie ist ein Mix aus ganz viel rumänischem Schäferhund: https://de.wikipedia.org/wiki/…sc_Rom%C3%A2nesc_Carpatin und noch irgendwas kleinerem.
Und sie ist unser absoluter Traumhund. Dass sie sich so gut entwickelt, hätten vorher nicht mal wir selbst gedacht. Stubenrein vom ersten Tag an, blieb sofort problemlos allein, ging nach ganz kurzer Zeit super an der Leine, hört schon gut, ist total clever, lernt schnell und gern und ist uns gegenüber einfach nur lieb. Wir können sie überall anfassen. Auch bürsten oder Geschirr anziehen - alles von Anfang an kein Problem. Sie liebt Streicheleinheiten. Gerade bei mir ist sie total verschmust, bei meinem Mann hat sie ab und an noch etwas Angst, wenn sie ihn nicht genau einschätzen kann, und verzieht sich dann lieber. Das ist auch kein Problem, wir achten sehr darauf, dass sie zur Ruhe kommen kann.
Kurzum, es gibt bisher keine Baustellen, außer, dass wir noch weiter üben müssen, dass sie in den Kofferraum springt (das macht ihr bisher noch Angst), und wir glauben mittlerweile auch nicht mehr, dass da noch viel "schlimmes" kommen wird.
Schwierig ist nur eine Sache, und zwar "Der Besuch"
Die meisten Leute halten sich nämlich nicht daran, wenn man sagt "ignoriert den Hund bitte erst mal"
Die ersten zwei Wochen haben wir sie einfach nur ankommen lassen, danach haben wir angefangen, ab und an Besuch einzuladen. Gerade an meine Eltern sollte sie sich gewöhnen, da diese unser Notfallkontakt sind, falls uns mal etwas passieren sollte oder wir aus irgendeinem Grund nicht mit ihr raus gehen können.
Ich schildere mal den typischen Ablauf bzw., wie es gestern gelaufen ist:
Wenn es klingelt, reagiert sie meist gar nicht, hebt höchstens den Kopf. Einer von uns bleibt dann bei ihr, der andere verlässt den Raum, schließt die Tür zum Flur und lässt dort den Besuch herein. Anschließend kommt derjenige mit dem Besuch wieder herein, die Tür zum Flur geht wieder zu.
Entweder geht Amy dann direkt stiften und verzieht sich in eine ruhigere Ecke, oder sie bleibt auf ihrem Platz liegen, man sieht ihr aber an, dass sie sehr ängstlich ist.
Und wirklich JEDES MAL gelingt es unseren Besuchern einfach nicht, den Hund zu ignorieren. Sie wird ständig angeguckt, manchmal auch angesprochen (worauf sie natürlich nicht reagiert). Ich glaube fast, wir müssten schon handgreiflich werden, bis die Leute verstehen, dass wir ernst meinen, worum wir bitten. Bisher waren zwei Freundinnen je einmal bei uns und etwas öfter eben meine Eltern, ich glaube, mittlerweile dreimal.
Gestern wollte Amy stiften gehen, allerdings kam meine Mutter ihr dabei versehentlich entgegen, weil sie meinen Mann begrüßen wollte, daraufhin hat Amy 2x kurz gebellt und hat dann "leider" (?) von meinem Mann Ärger bekommen. Warum leider? Im Nachhinein denken wir, dass ihr Bellen die natürliche Reaktion war, die eben kam, weil sie Angst hatte und sich nicht anders zu helfen wusste, und dass sie nicht hätte gemaßregelt werden sollen, da sie ja nichts falsch gemacht hatte.
Jedenfalls ging sie dann zurück auf ihren Platz und legte sich hin, legte den Kopf dabei aber nicht ab.
Wir setzten uns ebenfalls. Meine Eltern haben natürlich auch ganz klar die Anweisung, dass sie den Hund ignorieren und abwarten sollen, bis der Hund irgendwann von selbst auf sie zukommt. Eigentlich müssten sie das total verstehen, da sie selbst einen Angsthund aus dem Tierschutz haben und seit über 10 Jahren ihre Besucher ebenfalls bitten, den Hund zu ignorieren.
Mein Vater hält sich auch daran. Meine Mutter kann es aber irgendwie nicht haben, wenn sie einen Hund nicht so behandeln kann, wie sie möchte, und jetzt beim dritten Besuch war anscheinend der Zeitpunkt, wo sie sich endgültig dachte "nun ist aber langsam gut, der Hund muss da halt durch". Sie drehte sich ungefähr alle 3 Minuten zu Amy um und redete auf sie ein - sie denkt, das wirke beruhigend. Für Amy war das allerdings nicht beruhigend, sie wich dem Blick meiner Mutter auch ständig aus.
Das ging etwa eine halbe Stunde lang so, bis sie wieder gingen (sie kamen nur kurz auf einen Kaffee vorbei, quasi zu Übungszwecken). Im Gehen hat meine Mutter ihr dann noch ein Leckerchen hingehalten (natürlich bringt sie auch immer sowas wie Frolic mit, dass wir das nicht möchten, sondern stattdessen nur natürliche Leckerchen wie Lungenbröckchen füttern möchten, findet meine Mutter "eklig") und hat gewartet, bis Amy ihr das aus der Hand nahm. Hat sie auch "brav" gemacht, meine Mutter war glücklich und weg waren sie. Super, jetzt weiß der Hund, dass selbst ihr Rückzugsplatz, auf dem auch wir sie in Ruhe lassen, nicht sicher ist.
Ganz ehrlich, hätte Amy geschnappt, es hätte mich nicht gewundert. Zumal meine Mutter selbst noch sagte "och guck mal, sie guckt extra weg". Ich hätte den Hund sogar verstanden. Aber dann hätte es natürlich geheißen "das geht aber nicht, ihr müsst den Hund mal besser erziehen"
Wir haben gestern beide nichts gesagt, es wurmt uns aber doch, dass es so gelaufen ist, und wir wissen nicht so recht, wie wir weiter vorgehen sollen.
Unsere Fragen sind:
1. Was können wir tun, um dem Hund diese Besuche stressfreier zu gestalten? Sie ist ja weder aggressiv noch territorial. Sie kann auf Fremde zwar verzichten weil sie Angst hat, wenn sie eine Situation oder eine Person nicht einschätzen kann,sie macht aber nichts, wenn sie ignoriert wird.
Wenn sie auf ihrem Platz liegen bleibt, obwohl sie dort mehr "in der Schusslinie" ist, sollen wir sie dann einfach lassen? Sie hat so viel Angst, wenn wir sie dann wegschicken möchten, mein Mann hat das einmal probiert, dass sie sich eh nicht vom Fleck bewegt.
2. Mit wem müssen wir mehr arbeiten, mit dem Hund, oder doch eher mit unseren Besuchern?
3. Was können wir machen, damit sie ihre Angst vor Fremden weiter verliert? Im Idealfall sollte sie sich von meinem Vater auch irgendwann anleinen lassen.
4. Und war es kontraproduktiv, dass sie gestern für ihr Bellen Ärger bekommen hat?