Ich frage mich, ob man bei Chihuhua vs Neufundländer überhaupt "angemessenes Verhalten" irgendwie festlegen kann. Es ist ja schon total unnatürlich, dass es innerhalb einer Tierart solche Größen- und Kraftunterschiede gibt.
Ich denke halt so: Außerhalb von menschlichen Einflüssen ist es für Tiere wichtig, funktional zu handeln. Das beinhaltet, sich nicht unnötig in Gefahr zu bringen und nicht unnötig Energie zu verbrauchen, weswegen Konflikte tendenziell eher vermieden werden. Das trifft aber halt auch nur zu, da normalerweise zwei erwachsene Tiere einer Tierart ungefähr gleich stark sind, sich also gegenseitig verletzen könnten. Natürlich gibts Abstufungen in der Körpergröße, dem Alter, dem Zustand eines Tieres etc. Aber die Abstände sind normalerweise denke ich nicht so groß, dass eins der beiden Tiere quasi kampflos gewinnen würde.
Bei Kleinsthunden gegen große Hunde ist das aber anders. Der Mensch hat so massiv unterschiedliche Körperformen geschaffen, dass es nun Hunde gibt, die andere Hunde mit einer Pfote zerquetschen können.
Die Frage nach einer angemessenen Reaktion stellt sich hier also ganz anders. Denn für den großen Hund wäre es ja durchaus funktional, den Kleinen einfach zu erledigen. Vorausgesetzt der Kleine ist nicht Teil der eigenen Gruppe: Dann hat es für den Großen ja nur Vorteile, den Kleinen nachhaltig loszuwerden. Warum auf (menschlich gedachte) Angemessenheit achten? Welchen Mehrwert hätte das für den Großen?
Wie gesagt, bei anderen Tierarten oder ähnlich starken Hunden ist das anders. Da ist der Mehrwert Konfliktvermeidung/Deeskalation und darüber Selbstschutz. Aber für den deutlich überlegenen Hund spielt das eigentlich keine Rolle.
Für mich ist die Frage also weniger, was ein Hund angemessen oder moralisch findet. Unter Hunden, ohne menschliche Einflüsse, würde wohl viele Kommunikation ganz anders aussehen. Und könnte man das dann verurteilen? Ich denke nicht. Genausowenig würde ich ein Wildtier für irgendeine Handlung als unmoralisch verurteilen.
In der ganzen Frage gehts, wie so oft im Leben unserer Hunde, nicht wirklich darum, was sie selbst denken oder wollen. Über dem Ganzen steht der Mensch, mit seinen Moralvorstellungen und seinen Gesetzen.