Was ist mit der hier erwähnten Continental Bulldogge und den Boston Terrier?
Streicht bitte einfach alles, was kurze Nasen hat. Englische Bulldogge, Mops, Boston Terrier, French Bulldog, Continental Bulldog, Pekingese, alles. Das sind körperlich hochgradig behinderte Tiere, wären sie Menschen, würde man sie auf der Straße mitleidig angucken und sie bekämen ihr Leben lang Erwerbsminderungsrente. Die Hunde quälen sich durch ihr (oft kurzes) Leben, werden von Klinik zu Klinik und OP zu OP geschleppt. Und alles nur, weil es tatsächlich Menschen gibt, die diese Verkrüppelung schön finden. Und da liegt der entscheidende Unterschied - in jeder Rasse gibt es rassespezifische Erkrankungen, die man in aller Regel aber eben nicht haben will und deshalb durch verantwortungsvolle Zucht auszumerzen versucht. Bei den Kurznasen ist der verkrüppelte Körper aber das Zuchtziel und gesundheitliche Einschränkungen werden dafür schlichtweg in Kauf genommen. Und die Halter und Züchter dieser Hunde sind in den allermeisten Fällen einfach völlig betriebsblind. Informiert euch über die Gesundheit dieser Hunde also bitte nicht bei Leuten, die sie züchten, sondern bei Veterinärmedizinern, Tierkliniken, Genetikern etc.
Übrigens haben die meisten Rassen auf eurer Favoritenliste eine unterdurchschnittliche Lebenserwartung (nicht nur wegen der Größe und Gefahr von Magendrehung, viele davon sterben früh an Krebs oder Herzgeschichten). Alles, was groß und schwer gebaut ist, ist zudem tendenziell anfällig für Gelenkprobleme. Ist auch nicht so lustig, einen 7-jährigen Hund zu haben, der eigentlich im besten Alter ist und noch wie andere Hunde in dem Alter fit sein sollte, der aber schwere Hüftprobleme und Arthrose hat und deshalb nur noch kurze und langsame Gassigänge mitmachen kann. Ich persönlich würde mir sowas nicht mal gegen viel Geld freiwillig ans Bein binden.
Vom Dobermann würde ich gleich 3 x die Finger lassen. Googelt bitte mal nach DCM. Roundabout 60 % aller Dobermänner sind von dieser Krankheit betroffen. 60 (!!) %. Also 6 Welpen aus einem 10er Wurf. Der Tod durch DCM tritt oftmals schon in den ersten 4-7 Lebensjahren ein. Die Hunde kippen plötzlich einfach um und das wars. Wenn euch das passieren würde (und die Wahrscheinlichkeit ist alles andere als klein!), würdet ihr dann denken "Na ja, ein Pudel hätte uns jetzt vermutlich noch gute 10 Jahre länger als geliebtes Familienmitglied begleitet und hätte vermutlich auch keine allzu großen gesundheitlichen Baustellen gehabt, aber der Dobermann war wenigstens schick und imposant."?
Ihr geht an die Hundewahl generell einfach falsch heran. Gesundheit und Wesen sind das wichtigste, die Optik kommt erst ganz zum Schluss. Glaub mir, ein Hund, den man ursprünglich bildschön fand, kann sehr schnell richtig hässlich werden, wenn das Zusammenleben mit ihm die Hölle ist. Sei es, weil der Hund z.B. andere Hunde massiv angeht und man ihn auch trotz Maulkorb und kurzer Leine kaum halten kann, sodass man eigentlich nur noch irgendwo in der Pampa einigermaßen entspannt spazieren gehen kann, oder weil der Hund gesundheitlich so schlecht dran ist, dass er riesige Löcher in die Haushaltskasse frisst und sich der ganze Alltag nur noch um den Hund und sein Leiden dreht, von der psychischen Belastung durch das Leben mit einem schwer kranken Hund mal ganz abgesehen.
Seid ehrlich zu euch selbst - welche charakterlichen Eigenschaften braucht ihr für euren Alltag wirklich, welche gehen gar nicht. Was könnt ihr vor allem an Aufwand leisten (ist wirklich z.B. die Zeit da, um 2-3 x pro Woche 2 Stunden nach der Arbeit noch auf dem Vereinshundeplatz zu stehen, bei jedem Wetter? Oder wäre ein Hund, der stressige Zeiten wegen Beruf oder Kind nicht krumm nimmt und sich auch mal einige Zeit mit deutlich verkürzten Runden zufrieden gibt, nicht die geeignetere Wahl)? Einfach mal alles aufschreiben und Fell, Farbe, Größe etc. dabei erstmal völlig außen vorlassen. Dann schauen, welche Rassen die gewünschten Eigenschaften mitbringen und ins Anforderungsprofil passen (hier im DF nachfragen), dann schonmal alles aussortieren, was gesundheitlich richtig schlecht dasteht, DANN erst gucken, was optisch halbwegs zusagt und anschließend das, was dann noch übrig bleibt, im Real life kennenlernen und sich intensiv (!) mit der Gesundheit dieser Rassen beschäftigen. Gibt nämlich auch Rassen, die gesundheitliche Vollkatastrophen sind, bei denen man es auf den ersten Blick aber gar nicht vermuten würde (wie z.B. Dobermann oder Cavalier King Charles Spaniel).
Übrigens liebt man den eigenen Hund am Ende sowieso, egal, ob er klein, groß, glatthaarig ist oder Locken hat. Ich sehe bei euch ehrlich gesagt was in Richtung Retriever, Kurz- oder Langhaarcollie, Pudel, Lagotto etc. Alles sicherlich nicht euer Beuteschema, aber ich kann euch nur dazu raten, auch Rassen eine Chance zu geben, die euch optisch erstmal nicht zusagen. Sowas relativiert sich auch einfach oder ändert sich sogar völlig über die Zeit. Vor 20 Jahren fand ich Barsois hässlich, heute zählen sie für mich zu den schönsten und elegantesten Rassen überhaupt. Eines ist sicher, mit z.B. einer geringeren Größe oder längerem Fell als ursprünglich gewünscht kann man sich im Alltag später deutlich eher und besser arrangieren als mit einem Hund, der vom Wesen her nicht zu einem passt und mit dem es deshalb ständig Reibungspunkte gibt, die an den Nerven zerren.