Und in anbetracht dessen, wird mir wohl nicht sehr viel übrig bleiben, als hier weg zu ziehen, wenn ich ihn behalten will..
Hast Du Dir das wirklich gut überlegt?
Grundsätzlich finde ich es bemerkenswert, wenn sich ein Mensch so sehr für ein Tier einsetzt, für das er Verantwortung übernommen hat, und bereit ist, sämtliche Hürden zu überwinden. Was mir hier zugegeben Sorgen bereitet, ist - und das meine ich ausdrücklich nicht böse- das fehlende Wissen um absolute Basics wie Motivation für die von Beginn an erkennbare Leinenaggression/ Rasse/ Rasseliste etc.
Nun könnte man natürlich entgegnen, dass es ein vermessener Anspruch ist, und dass nicht jeder Hundehalter die Weisheit mit Löffeln gefressen hat. Mein Hund hat einen anderen Hund getötet, als die hier üblicherweise diskutierten "Hundeprobleme", in die man hineinwachsen kann.
In solchen Situationen habe ich immer den Satz des "hilflosen Helfers" im Ohr, der mir im Rahmen einer Ausbildung eingehämmert wurde. Also: Bevor Du helfen willst, überleg Dir, ob Du auch die Fähigkeiten und Ressourcen hast, um zu helfen. Und in diesem Fall auch ob der Hund und ob Du die notwendige Zeit hast, um das erforderliche Wissen und die notwendigen Fähigkeiten nachzuholen. Denn eigentlich brauchst Du sie schon in dem Moment, in dem Du heute wieder mit dem Hund vor die Tür gehst. Alles andere ist allen Beteiligten gegenüber nicht nur unfair, sondern verschlimmert die Situation. Und hier geht es ja nicht nur um einen beteiligten Menschen und einen Hund, sondern auch um das komplett unbeteiligte Umfeld, das von - ohne böse Absicht- getroffenen Fehlentscheidungen, die binnen eines Sekundenbruchteils getroffen werden, berührt wird.
Natürlich ist das Tierheim kein schöner Ort für einen Hund. Und natürlich haben Kat1- Hunde, die bereits einen anderen Hund getötet haben, extrem geringe Chancen, noch einmal in die Vermittlung zu gehen. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich nun verbale Prügel für diesen Satz beziehe: Trotzdem finde ich es sinnvoll, dass solche Hunde- also Hunde, die bereits einen anderen Hund getötet haben, über eine gewisse Reaktionsschnelligkeit, Ernsthaftigkeit, rassetypische Unverträglichkeit und Eigenständigkeit in ihren Entscheidungen verfügen- in die Hände eines erfahrenen Menschen gehören, der den Hund zu nehmen und sicher zu führen weiß. Genau das bedeutet nämlich nicht nur Sicherheit für das Umfeld, sondern auch Lebensqualität für den Hund.
Der Hund ist erst seit wenigen Wochen bei Dir und hat mit Pech noch gar nicht all seine Facetten gezeigt. Damit meine ich nicht, dass es noch schlimmer kommen wird, sondern dass - gerade für einen eher unerfahrenen Hundehalter- noch gar nicht einschätzbar ist, welche Züge der Hund mitbringt und wo die Ursache liegt. Es gibt ja neben rassetypischem Verhalten, Fehlverknüpfungen, falscher Erziehung/ Führung auch noch die Möglichkeit, dass ein medizinisches bzw. organisches Problem vorliegt. Die Entscheidung, die gerade im Raum steht, basiert also auf der Spitze des Eisberges.
Bevor Du also nun binnen 10 Tagen Dein komplettes Leben für einen Hund über den Haufen werfen willst, den Du gerade mal wenige Wochen hast, würde ich auch andere Möglichkeiten ausloten. Ich für meinen Teil bin mir sehr unsicher, ob ich Deine Entschlossenheit bewundernswert oder wahnsinnig finde und ob das der richtige Weg für alle Beteiligten ist.
So oder so wünsche ich Dir ein glückliches Händchen für Deine Entscheidung und würde mich freuen, wenn Du weiter berichten würdest, wie es Euch ergangen ist.
LG
Juno