Durch strikte Niertendiät, tägliche Medikamente und 6-wöchige Blutuntersuchungen konnten wir seinen Zustand halbwegs stabilisieren und bis auf kleinere Unruhen durch Rückenschmerzen und eine weitere leichte Augenverletzungen haben wir 2021 und fast ganz 2022 ganz gut überstanden. Es war immer eine gewisse Anspannung da wenn wir auf die Blutergenisse gewartet haben und leider wurden seine Nierenwerte wie erwartet auch sukssesive immer schlechter. Meistens haben wir einfach verdrängt, dass unsere Zeit so stark begrenzt war und uns der Hoffnung hingegeben, dass Bobby irgendwann an Altersschwäche sterben würde.
Die Realität hat uns im November 2023 aber mit einem Schlag eingeholt. Bei einer morgendlichen Gassirunde hatte Bobby erneut einen epileptischen Anfall. DIe Untersuchung am nächsten Tag ergab eine starke Anämie, woraufhin er Spritzen zur Blutbildung von uns bekommen hat. Das Medikament hat gegriffen und es ging ihm im Dezember schon wieder deutlich besser. Wir sollten etwas abwarten, wie sich die Lage entwickelt und bereits im Januar ging es wieder bergab, also gab es eine weitere Spritzenkur. Paralell wurde das Essen zu einem immer größeren Problem. Egal was wir angeboten haben, er wollte einfach nicht futtern. Am 02.03.2023 kam dann der nächste Anfall. DIe Anämie war noch wesentlich schlimmer geworden und wir sind in die nächste Tierklink geschickt worden um dort eine Bluttransfusion durchzuführen. Die Ärztin dort meinte normalerweise würden sie einen solchen Hund gar nicht mehr weiter behandeln, da es nur eine Symptombekämpfung war und die Ursache sowieso unumkehrbar war. Die Nieren waren nicht mehr in der Lage die Blutbildung im Körper in Gang zu setzen und sein Körper hatte auf das Medikament eine Immunität aufgebaut. Die Transfusion hat er dennoch bekommen und wir sind davon ausgegangen, dass wir ihn in den nächsten Tagen verlieren würden.
Unsere Tierärztin hat alle möglichen Spezialisten abtelefoniert und noch eine letzte Chance in Form einer anderen Spritzenkur gefunden. Darauf haben wir all unsere Hoffnungen gesetzt. Jeder Tag war an diesem Puntk eine Qual. Bobby war zwar soweit gut gelaut, er hat gespielt, ist Gassi gegangen und Leckerlies waren auch okay. Nur fressen wollte er einfach nicht, egal was wir versucht haben. Wir wussten wie wichtig es ist und haben angefangen Druck aufzubauen, was alles nur noch schlimmer gemacht hat. Erst als wir bewusst den Fuß vom Gas genommen haben und es sanfter probiert haben wurde es etwas besser. Bobby verstand ja nicht, dass es lebensnotwendig war und wir nur sein Bestes wollten. Dieses Gefühl wenn er zum Napf gelaufen ist und wieder nur angeekelt den Kopf weg gedreht hat. Es war jedes Mal ein Messerstich direkt ins Herz.
Ganz langsam fras er wieder besser, er wurde wieder munterer, seine Augen glänzen wieder mehr und es schien als würde es mit jedem Tag wieder etwas aufwärts gehen. Bis dann am 31.03. der alles vernichtende Anruf kam. Das Medikament hat nicht gegriffen. Sein Hämatokrit ist kritisch und wieder so niedrig wie kurz vor der Transfusion, wir können nichts mehr für ihn tun.
Von da ab ging es schlagartig, rapide bergab. Da ab einem gewissen Hämatokritwert die schreckliche Möglichkeit eines inneren Ersticken im Raum stand und wir ihm ein würdiges, friedvolles und möglichst entspanntes Ende bieten wollten, haben wir ihn am 04.04. bei uns Zuhause einschlafen lassen. Wärend der ersten Spritze habe ich ihn in meinem Arm gewiegt. Er ist mit jeder Sekunde müder und müder geworden und wir haben unsere Angst in den Hintergrund gestellt und versucht ihm Ruhe und Frieden zu vermitteln. Während er weggedämmert ist haben wir ihm leise zugeflüstert wie tapfer er war, wie sehr wir ihn lieben und dass es ihm jetzt besser gehen würde ohne Übelkeit, ohne Medikamente, ohne Schmerzen und ohne Angst. Um 20 Uhr hat sein Herz aufgehört zu schlagen.
Mir war es in diesem Moment unglaublich wichtig, dass ich mein Versprechen einlöse. Ich wollte nicht nur in seinem letzten bewussten Moment bei ihm sein, sondern ihn wirklich bis ganz zu letzt begleiten. Also haben wir in der Nacht Totenwache gehalten. Bobby lag auf einer seiner Decken umringt von Kerzen und seinen liebsten Spielsachen im Wohnzimmer. Wir haben ihn immer wieder gestreichelt und geküsst. An das Gefühl seine langsam erkaltende Wange zu küssen werde ich mich wohl ewig erinnern. Sein Geruch ist mit ihm verschwunden, es war als läge da nur eine Art Bobbypuppe statt seines tatsächlichen Körpers. Am nächsten Tag war die Leichenstarre bereits voll ausgebildet und seine Wange ganz hart. Ein schreckliches Gefühl. Wir haben ihn ins Auto gepackt und sich nach Schwäbisch Hall zu dank und treu einem Tierkrematorium gefahren. Dort wurde er aufgebahrt und wir konnten ihn ein letztes Mal streicheln, ein letztes Mal küssen, ein letztes Mal liebevolle Worte ins Ohr flüstern. Er ist mit seinen Spielsachen, seiner Kuscheldecke und einem Brief von mir eingeäschert worden. Wir durften an der Scheibe zuschauen wie er ins Feuer geschoben wurde. Nach einer Stunde durften wir seine Asche in einer kleinen Holzurne wieder mit nach Hause nehmen. Die Holzurne habe wir inzwischen durch eine Regenbogenurne von Rosengarten ausgetauscht und seine Asche am 5. Jahrestag seiner Adoption (25.04.2023) umgebettet. Jetzt steht er umgeben von seinen liebsten Gegenständen in unserem Wohnzimmer.
Es fühlt sich an als hätte ich mich mittlerweile emotional von der ganzen Situation komplett entfremdet. Ich vermisse ihn zwar schrecklich und weine seit Wochen jeden verdammten Tag um ihn, aber ich habe das Gefühl ich kann mich gar nicht mehr richtig an ihn erinnern. Es ist auf der einen Seite als hätte mein Leben jeglichen Sinn und jegliche Richtung verloren und auf der anderen Seite ist in mir eine so unglaubliche Abgeklärtheit. Ich funktionierte auf Autopilot und bis auf gelegentliche Ausbrüche fühle ich einfach gar nichts. Im Geschäft lache ich und benehme ich als wäre quasi nichts passiert und wenn ich nach der Arbeit in mein Auto steige merke ich wie wie gesamte Maskerade zusammenbricht. So richtig in mir drinne spüre ich den Schmerz aber dennoch nicht. Da ist nur Leere.
Anfangs hatte ich noch das Gefühl, dass er bei mir ist. Es hat mir ein Gefühl von innerem Frieden gegeben ihn in den verschiedensten Situationen zu riechen und mir zumindest selbst einzureden, dass er kurz zu Besuch gekommen ist. Aber seit zwei Wochen ist da gar nichts mehr.
Ich hadere nicht mit der Entscheidung ihn gehen zu lassen. Mir ist bewusst, dass wir keine andere Wahl hatten und ein inneres Ersticken zu provozieren nur um einen Tag mehr zu haben wäre einfach nur egoistisch und grausam gewesen. Zumal ihm die Kraft fehlte um zu spielen oder überhaupt richtig Gassi zu gehen. Aber ich hadere damit, dass er mit 5,5 Jahren noch so jung war. Niemand konnte nachvollziehen wo die CNI herkam. Vielleicht war sie angeboren, vielleicht war es eine Nierenentzündung auf Grund der kalten Nächte im Auto, vielleicht war es einfach Pech.
Alles was ich weis ich ist, dass ich Bobby viel verdanke. Er hat mich auf dem Loch in dem Ich mich 2018 befunden habe wieder heraus geholt. Er war mein Seelenhund und mein Schicksal und ich hoffe er hat gefühlt wie sehr wir ihn geliebt haben. Bobby war eine ganz, ganz große Seele in einem viel zu kleinen und schwachen Körper. Er war mutig, stark, unerschütterlich und gleichzeitig ein kleiner Angsthase in den absurdesten Situationen, er war sensibel und gleichzeitig ein kleiner Macho. Er war super schnell beleidigt oder genervt, aber auch genauso schnell hat er uns wieder vergeben und mit uns gespielt und gekuschelt. Er war alles für uns. Er war unser Engel auf Erden.
Durch ihn durfte ich so, so viel lernen. Anfangs konnte ich nicht einmal einen kleinen Augenpopel abzupfen und an Ende haben wir selbstständig Infusionen unter die Haut gegeben. Er hat mir auf seine Art gelehrt im hier und jetzt zu leben, den Moment auszukosten und nichts für selbstverständlich zu nehmen. Niemand kann versprechen, dass es ein Morgen geben wird.
Danke Bobby. Ich liebe dich über alles. Ich weis nicht ob ich ohne dich noch hier wäre und ich weis nicht wie es ohne dich und weitergehen soll.
Entschuldigt den langen Text, der sicher voller Grammatik und Schreibfehler ist aber irgendwo musste ich den ganzen Gedankensalat abladen.