Hallo,
Ich würde einer unsicheren Hündin gerne Kommandos wie Sitz und Platz beibringen und sie auch anderweitig geistig auszulasten. Vielleicht hat ja jemand noch ein paar Tipps oder Ideen.
Wir haben unsere inzwischen zweijährige Maja seit einem halben Jahr. Sie wurde aus einer spanischen Tötungsstation gerettet, wo sie von ihrem damaligen Besitzer abgegeben wurde. Sie ist ein Mischling und unter ihren Vorfahren vermuten wir von ihrem Aussehen und Charakter her: Bracke, Podenco und evtl. Deutsch Kurzhaar.
Anfangs war sie ein Häufchen Elend. Sie hatte große Angst und hat immer nur versucht, sich zu verstecken. Dabei hat sie aber nie Aggressionen o.ä. gezeigt.
Drinnen war sie damals immer in einer Art „Höhle“, die wir ihr gebaut haben. Wir mussten sie für Spaziergänge immer dort rausziehen/rausheben und zur Tür tragen. Draußen war jedes parkende Auto und jedes Gebüsch ein potentielles Versteck. Sie ist ständig in Panik geraten und hatte dann einen „Tunnelblick“.
Inzwischen haben wir schon einiges erreicht und ich bin unglaublich stolz auf die kleine Maus. Sie hat einen sehr liebevollen Charakter und zahlt alle Mühen und alle Geduld tausendfach zurück.
Hier ein paar Hintergrundinfos zur aktuellen Situation:
Draußen ist sie in Wohngebieten immer noch etwas unsicher. Aber sie orientiert sich sehr an uns und hat komplett aufgehört, zu versuchen, sich irgendwo zu verstecken. Wenn wir im Wald und auf Wiesen sind, blüht sie auf und hat total viel Energie. Dabei läuft sie mit erhobener Rute schwanzwedelnd durch die Gegend, immer auf der Suche nach einem neuen Abenteuer. Sie liebt es mit heruntergefallenen Äpfeln oder Stöcken zu spielen oder einer Spur im Laub nachzugehen. Pfützen sind ihre große Leidenschaft. Außerdem trägt sie sehr gerne Sachen durch die Gegend. Zwischendurch fordert sie uns zum Spielen auf. Wir sind gerade etwas dabei, ihr abzugewöhnen uns zu sehr anzupöbeln (in ihrem Fall hochspringen und in die Hand beißen). Manchmal dreht sie dabei etwas zu sehr auf. Daran sind wir auch etwas selbst Schuld, wir haben sie anfangs sehr darin bestärkt, als sie sich zum ersten Mal vorsichtig spielerisch zu uns Kontakt aufgenommen hat. Da war sie noch um einiges ängstlicher und konnten besonders durchs Spielen unsere Bindung stärken. Wir versuchen sie jetzt einfach etwas zu bremsen und weisen sie auch mal ab, wenn sie zu wild wird. In den meisten Fällen klappt das auch gut. Momentan fangen wir außerdem ganz langsam und gemächlich an, ihr Apportieren beizubringen.
Sie reagiert fast immer sehr gut auf Abruf und kommt schwanzwedelnd angelaufen (sogar komplett ohne Bestechung). Ansonsten hat sie uns die meiste Zeit sehr im Blick. Selbst wenn sie mal mit anderen Hunden spielt, vergewissert sie sich immer wieder, dass wir noch da sind. Trotzdem läuft sie weitestgehend an der Schleppleine, weil es zu riskant ist, dass sie doch noch in Panik gerät, wenn man einen Knall etc. hört. Bisher hat sie noch keinen wirklichen Jagdtrieb gezeigt, vielleicht kommt das aber noch.
Im Haus hat sie verschiedene Liegeplätze und kommt eigentlich auch genug zur Ruhe. Sie bewegt sich allerdings (noch) nicht frei im Haus, sondern trabt/rennt eher von „Insel zu Insel“ (also zwischen verschiedenen Liegeplätzen), wenn sie in einen anderen Raum geht. Wenn man ihr Leckerlis am Boden verteilt, holt sie die schon, aber läuft dann direkt wieder zu ihrem Platz. Die meiste Zeit ist sie in der Küche. Wenn sie sich vor etwas erschreckt (vor allem vor Geräuschen von draußen) flieht sie oft kurzfristig hinters Sofa im Wohnzimmer. Inzwischen hat sie oft auch das Bedürfnis sich bei uns aufzuhalten und legt sich z.B. unter den Tisch, wenn wir als Familie zusammen essen.
In manche Räume traut sie sich nach wie vor nicht von alleine oder nur, wenn sie ihren Mut zusammennimmt. Man sieht ihr manchmal den inneren Konflikt richtig an und wie sie Ängste überwindet, weil sie eigentlich schon gerne bei ihren Menschen sein möchte, um gekrault und betüttelt zu werden, aber der Instinkt ihr noch „befiehlt“ in bekannterem Terrain zu bleiben. Ich glaube, sie hat in ihrer Prägephase nicht viel kennengelernt und früher immer nur die Erfahrung gemacht, dass man überlebt, wenn man sich versteckt.
Nichtsdestotrotz ist sie total verschmust geworden und kommt manchmal sogar von sich aus, um sich Streicheleinheiten abzuholen. Ich setze mich oft auch einfach zu ihr und sie genießt es sichtlich, gekrault zu werden. Neulich hat sie sich sogar tatsächlich auf den Rücken gedreht, damit ich sie am Bauch kraulen kann – ein unglaublicher Vertrauensbeweis. Wenn man sich neben sie auf ihre Decke setzt oder sie unter meinem Schreibtisch bei meinen Füßen liegt, schläft sie tief und fest, inklusive Traumphase. Das Vertrauen zu uns ist also inzwischen schon da, würde ich sagen.
Draußen hört sie, wie gesagt, gut auf ihren Namen. Drinnen bleibt sie eher auf ihren „Inseln“ und schaut, aber kommt meistens trotzdem nicht, wenn man sie ruft. Inzwischen kommt sie manchmal, aber nicht immer, wenn man mit etwas sehr Leckerem lockt. Nur wenn sie merkt, dass man mit ihr Spazierengehen will, kommt sie fast immer fröhlich angelaufen (aber eher nicht auf Zuruf, sondern auf das Klappern mit ihrem Geschirr). Dann freut sie sich und verteilt Küsschen.
Hin und wieder hat sie dann doch auch im Haus ihre 5 Minuten und will Spielen, vorzugsweise im Bad, warum auch immer.
Vor fremden Menschen hat sie auch Angst, wird aber immer mutiger und nimmt inzwischen zu ausgewählten Menschen sogar teilweise von selbst Kontakt auf.
Ich würde sie gerne geistig etwas mehr beschäftigen, damit sie sich nicht zwischendurch aus Langeweile etwas zum kaputt machen sucht. Dabei muss ich aber immer sehr aufpassen sie nicht zu überfordern, weil sie sonst direkt unsicher reagiert. Inzwischen hat sie gelernt, einen Becher anzuheben, unter dem ein Leckerli ist oder Päckchen auszupacken. Hat jemand noch andere Ideen für einfache Spiele? Sie braucht allerdings immer recht schnell ein Erfolgserlebnis, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
An Kommandos kann sie eigentlich nur „Aus“. Das kann sie ziemlich gut (es ist aber natürlich auch nicht schwer, das einem eher unsicheren Hund beizubringen). Ich würde ihr gerne weitere Kommandos, insbesondere erstmal „Sitz“ und „Platz“ beibringen. Draußen sind tendenziell zu viele Reize, also will ich es ihr lieber drinnen beibringen.
Das Problem ist, dass sie unsicher wird, sobald sie merkt, dass man ansatzweise etwas von ihr will und sie nicht weiß, was sie tun soll. Sie flieht dann direkt auf ihren Platz. Wir könnten uns von ihrer Reaktion her vorstellen, dass ihr erster Besitzer versucht hat, ihr unter Zwang Sachen beizubringen. Dafür spricht ihr Meideverhalten und teilweise ein verängstigter Blick nach oben. In dem Moment spielt es für sie überhaupt keine Rolle, wie gut das Leckerli ist, dass ich in der Hand habe.
Eine weitere Situation, in der sie unsicher reagiert, ist das Stehenbleiben während des Spaziergangs, z.B. um uns kurz mit jemandem zu unterhalten oder Schuhe zu binden. Dann versucht sie sich abwechselnd zwischen meinen Beinen und auch irgendwo anders zu verstecken. Sie weiß einfach nicht, was sie machen soll. In solchen Momenten wäre es gut, ihr einfach ein Kommando wie Sitz oder Platz geben zu können, um ihr damit ihre Planlosigkeit zu nehmen und Sicherheit zu geben.
Hat jemand eine Idee? Wir haben überlegt, z.B. einfach Sitz zu sagen, wenn sie sich zufällig hinsetzt und dann mit Leckerli zu loben. Das ist aber in der Realität sehr schwierig zu timen. Oder meint ihr, man muss einfach noch etwas abwarten, bis sie soweit ist? Sie bekommt selbstverständlich alle Zeit, die sie braucht.
Liebe Grüße