Beiträge von LPaxx

    Die Frage, die hier aufgeworfen wird, ist letztlich die von umfassender Rationalisierung und instrumenteller Logik, die als vollkommen unabhängig und losgelöst vom behandelten Akt, Gegenstand (oder eben Lebewesen) betrachtet wird. Nein, weiß Gott keine einfache Frage, seit Kant haben sich viele schlaue Köpfe vergeblich den Selbigen daran zerbrochen. Und - in Deutschland - historisch zudem außerordentlich vorbelastet.


    Damit kann - und muss man sich in manchen Gebieten sicher auch - gerne sehr ernsthaft befassen. Aber auch hier: Das als rhetorische „Waffe“ in einer Diskussion über Farbe am Hund heranzuziehen entspricht tatsächlich nicht meinen Wertvorstellungen. Und ich hab schon wegen einer leichten neurologischen Devianz weniger Probleme mit Tabus als die meisten Menschen, die ich kenne.



    Ich kann irgendwie nachvollziehen, dass User, deren Einwände gegen das Einfärben von Hunden mit dem Wunsch nach Maximaltoleranz in solchen Fragen - sofern der Hund verständig und wirklich einwandfrei gehalten wird und Schmerzfreiheit gewährleistet ist, und der Halter außerdem als integrer Mensch gelten kann - gekontert wurde, die Gegenprobe machen. Und dabei erfahren wollen, ob und wo jene User selbst auch eine Grenze ziehen würden. Und warum. Und inwiefern sie meinen, dass für diese Grenze argumentiert werden kann, ohne sich in logischen Widersprüchen zu verlaufen.


    Es ist frickelig, ja. Aber es ist wohl genau dieses lästige Geschäft, dass uns zu sozialen Wesen in meist erfolgreichen Gemeinwesen macht: Uns über unsere Gründe für das, was wir tun oder unterlassen, klar werden, unsere Begriffe schärfen und schauen, wie wir bei allen ethisch-moralischen Hakeleien (trotzdem) gut miteinander über die Runden kommen. Dass nebenbei auch unsere Vorurteile durchgelüftet werden, ist sicher auch kein Schaden.


    Das Kriterium in der Beurteilung war ja mehrheitlich: regelmäßiges Einfärben des Hundes geht okay, wenn und solange eine ansonsten verantwortliche Haltung des Hundes unter den üblicherweise empfohlenen Haltungsbedingungen und außerdem Schmerzfreiheit gewährleistet sind. Ansonsten gilt "WIn-Win" oder "Wen juckt's? Den Hund bestimmt nicht."

    Von da aus finde ich Cindychills Argument valide, dass mit diesem Kriterium noch denkbar andere Ideen und Praktiken, die im unbegrenzten Geschmacksbereich des Menschen angesiedelt sind, durchgehen müssten - weil sie nicht (mehr) begründet zurückgewiesen werden können, ohne sich in logischen Widersprüchen zu verheddern.


    Wobei: Das "Slippery-Slope" (/ "Dammbruch")-Argument funktioniert offenbar auch in die Gegenrichtung. Manchmal geht's die schiefe Ebene nach oben. Was ich schön finde. :smile:



    https://de.wikipedia.org/wiki/Zoophilie



    >> Auf einer Höhlenmalerei von 8000 v. Chr. in Norditalien (Val Camonica) wird ein Mann gezeigt, der ein Tier penetriert. Raymond Christinger interpretiert das als ein Zeichen der Macht des Stammeshäuptlings,[47] und wir wissen nicht, ob diese Praktik damals akzeptiert, ob das Abgebildete gewöhnlich, ungewöhnlich, symbolisch oder imaginär war.[48] Das Buch Cambridge Illustrated History of Prehistoric Art meint, dass diese Szene humoristisch sein könnte, weil der penetrierende Mann scheinbar währenddessen fröhlich mit den Armen winkt. Töpfer haben scheinbar viel Zeit damit verbracht, diese Praktik darzustellen, aber es könnte auch sein, dass sie die Idee einfach amüsant fanden.[49] Dr. „Jacobus X“, ein Pseudonym für einen französischen Autor, sagt, das sei eindeutig geschehen, „bevor uns bekannte Tabus gegen Sex mit Tieren existierten“.[50]


    [...]


    Aus der klassischen Antike sind vielfältige explizite Berichte bekannt, bei denen es sich eindeutig um sexuellen Umgang mit Tieren handelt.[53] So wurden im alten Griechenland verschiedene Gottheiten dadurch verehrt, dass mit den Tieren, die die Gottheit symbolisierten, gewaltsamer Geschlechtsverkehr praktiziert wurde. Auch in der griechischen Mythologie spielen Mensch-Tier-Kontakte eine Rolle (siehe Minotaurus, Europa, Leda).[54] Im alten Rom gab es Bordelle, die die Namen der Tierarten trugen, die dort für den Menschen zur Verfügung gestellt wurden. <<



    Es gab und gibt allerdings offenbar immer wieder mal Zoophile, die frühere Zustände gesetzlich gerne wieder hergestellt hätten und dabei betonen, dass sie sich in ihren Liebespraktiken mit Tieren von Sadismus-Aspekten der traditionellen Sodomie maximal distanzieren und ein gegenseitiges Genussangebot behaupten. Glücklicherweise bleiben solche Initiativen bisher erfolglos.


    https://www.tierschutzbund.de/…oophilie-bleibt-verboten/

    Das Problem ist so gut wie nie die Vermenschlichung, sondern die Enthundlichung des Hundes (Verschläge für nen besseren Begriff?) wenn Hunde in ihren Bedürfnissen nicht ernst genommen werden oder ihnen sehr viel mehr Kompetenz zugesprochen wird als sie kognitiv haben können. Wenn komplett vergessen wird das man im Grunde mit einem Raubtier mit Zähnen zusammen lebt, das wenn es wollte uns wirklich verletzen könnte. Das ist ein Problem.


    Das finde ich einen sinnvollen Zugang. Weil bei Enthundlichung mE klarer wird, dass vom Hund aus gedacht eine Beurteilung im graduellen Verlauf zwischen "jo, geht noch so" ... "ne, ist zuviel" - wie wir uns das bei Vermenschlichung eines Hundes mittlerweile lässig angewöhnt haben, keinen Sinn ergibt.

    "Ein bisschen Enthundlichung" gibt die Schräglage sofort preis.

    Vermenschlichung eines Hundes beginnt meines Erachtens da, wo ich (m)einem Hund menschliche Gefühle und Denkprozesse unterstelle und ihn aufgrund dieser Annahmen behandle. Zu viel ist es da, wo ich nicht mal mehr in Betracht ziehe, dass es sich zirkulär um a) meine Interpretationen handelt, mit denen ich b) komplett falsch liegen könnte.


    Unter den Begriff der Vermenschlichung fällt für mich auch, wenn ich nach dem Vorbild dessen, was wir Menschen mit uns tun, in sein äußeres arttypisches Erscheinungsbild als Hund eingreife und es verändere. Also zum Beispiel Piercings oder regelmäßige Färbeaktionen an ihm vornehme.

    Zählt da für dich auch sowas wie eine Schnauzerfrisur oder Pudel Frisur oder wenn ein Malteser geschoren wird? Und ab wann ist für dich der Punkt erreicht, wo es schlimm wird?


    Verflixtes Abgrenzungsgefuddel. *lach* Schwierig, aber ja, je nach Ausprägung würde darunter für mich auch eine Pudel-"Frisur" fallen. Das Rumschnippeln am Fell eines Hundes ergibt für mich dann Sinn, wenn er wetter- oder züchtungsmurksbedingt von einer Veränderung zweifellos (genug) profitiert.


    Zum "Wo wird's für Dich echt schlimm?" versuche ich später was zu schreiben, hier ist jetzt Abendessen. :smile:

    Ich finde, "Vermenschlichung" ist ein ziemlich großer und starke Begriff, der viel Interpretationsspielraum lässt. Wo fängt Vermenschlichung an?


    [...]


    Wann ist es zu viel?


    Vermenschlichung eines Hundes beginnt meines Erachtens da, wo ich (m)einem Hund menschliche Gefühle und Denkprozesse unterstelle und ihn aufgrund dieser Annahmen behandle. Zu viel ist es da, wo ich nicht mal mehr in Betracht ziehe, dass es sich zirkulär um a) meine Interpretationen handelt, mit denen ich b) komplett falsch liegen könnte.


    Unter den Begriff der Vermenschlichung fällt für mich auch, wenn ich nach dem Vorbild dessen, was wir Menschen mit uns tun, in sein äußeres arttypisches Erscheinungsbild als Hund eingreife und es verändere. Also zum Beispiel Piercings oder regelmäßige Färbeaktionen an ihm vornehme.

    Also in Österreich ist das Färben von Hunden genauso verboten wie das Kupieren.

    :ka:


    Das wusste ich nicht. Weißt Du was zur Begründung oder zum Gesetzestext?



    und Permanente Farbe kann gar nicht harmlos sein. Wie sollte diese sonst im Haar halten?

    Auch bei den menschlichen Haarfarben stehen einige im Verdacht , krebserregend zu sein. Als Mensch kann man halt selbst entscheiden , ob man sich das antun will bzw ob einem das wert ist. Ein Hund kann das halt nicht.

    (Hervorh. v. mir)



    Ja, finde ich auch eine entscheidende Kategorie, wenn es um Verfremdungseffekte bei Hunden (bei denen ein arttypisches Körpermerkmal entfernt bzw. eine artfremdes Körpermerkmal hinzugefügt wird) durch ihre Halter geht.

    Naja, aber das Medikament ist bei Niedrigsdosierung ruckzuck abgebaut. Und Entspannung hast Du auch bei einem kurzfristig betäubten Hund. Der Eingriff dauert ja bei ausreichend Erfahrung keine fünf Minuten. Es muss ja kein großes Tattoo sein. Und das, was Du Verletzung der Haut nennst und im Ergebnis wohl als ein verletztes Stück Haut betrachten würdest, ist ja gerade das, was vom Halter als Neugestaltungswunsch des Hundes gewollt und insofern zum neuen Hautschmuck umdefiniert wird. in dieser Perspektive ist das keine Verletzung im herkömmlichen Sinne, vielleicht würden manche sogar von 'Kunst am Hund' sprechen und das auch so meinen.

    Wende dich doch an dein zustaendiges Vet.-Amt und frag wieso du deinen Hund pink faerben darfst (also so wie Lisa-Marie es macht, nicht mit Lackfarbe oder so), ein Tattoo/Piercing aber ein Problem ist.


    Du kannst bei ausreichend Interesse ja gerne mal nachsehen, wie die Argumentation der Veterinärämter bezüglich des Kupierens von Hunden in den letzten 30 Jahren verlief.

    Weshalb sollte ein kleines Tattoo oder ein dezentes Piercing dem Hund Schmerzen zufügen, wenn ein zweckmäßiges Betäubungsmittel wirkt und der Eingriff bewusst sehr kurz gehalten wird?


    Und mW gibt es selbst beim Kupieren noch heute Dissens zur Frage des Schmerzes.

    Ganz Klipp und klar: Tattoos, Piercings, Kupieren sind Verletzungen. Die Haut wird verletzt. Es werden Medikamente benötigt, um den Schmerz zu unterdrücken.

    Beim Färben muss man den Hund nicht betäuben, um es als nicht schmerzhaft darzustellen. Irgendwo hat Lisa mal ein Bild gezeigt, bei dem ihre Hündin ganz entspannt neben ihr liegt (oder sogar schläft?), während sie bemalt wird. Das ist absolut gar nicht auf eine Stufe zu stellen!


    Naja, aber das Medikament ist bei Niedrigsdosierung ruckzuck abgebaut. Und Entspannung hast Du auch bei einem kurzfristig betäubten Hund. Der Eingriff dauert ja bei ausreichend Erfahrung keine fünf Minuten. Es muss ja kein großes Tattoo sein. Und das, was Du Verletzung der Haut nennst und im Ergebnis wohl als ein verletztes Stück Haut betrachten würdest, ist ja gerade das, was vom Halter als Neugestaltungswunsch des Hundes gewollt und insofern zum neuen Hautschmuck umdefiniert wird. in dieser Perspektive ist das keine Verletzung im herkömmlichen Sinne, vielleicht würden manche sogar von 'Kunst am Hund' sprechen und das auch so meinen.