Beiträge von LPaxx

    Tja, ich für meinen Teil kann als Ergebnis meiner dreitägigen Beschäftigung mit Sascha Bartz festhalten, dass die Leerstelle, nach der ich in all den Beschreibungen gesucht habe und die er so auffallend zurückhält, auf eine Weise gefüllt wird, die mich abstößt. Und die, irgendwer im Thread schrieb es treffend, tatsächlich eine „Hunde-Hülle“ zurücklässt.


    Inzwischen vermute ich nicht mehr, dass das Wegklemmen und konsequente Beschweigen des praktischen Teils seines theoretischen Ansatzes bloß aus Geschäftssinn passiert, etwa um kostenlose Mitnahmeeffekte zu vermeiden, sondern weil Bartz wohl ahnt, dass die blanke Beschreibung, wie sie Melis Beitrag bietet (nochmal danke dafür!), jeden normalbegabt empfindungsfähigen Hundehalter ins Mark trifft, treffen muss, und eine Zusammenarbeit wohl eher unwahrscheinlich macht.


    Ich kann sehen, dass dieses … tja, wie nennt man das? Auslöschungsprozedere … für Hunde in Betracht kommen kann, die kurz vor der Tötung durch die Spritze stehen, weil seine Menschen und sämtliche Behörden, die im Verlauf seiner langen Beißhistorie mit ihm zu tun hatten, keine Sekunde mehr daran glauben, dass dieser Hund sich unter Menschen und Artgenossen aufhalten kann, ohne eine Gefahr für alle (zufällig) Anwesenden zu sein. Heute, übermorgen oder auch erst wieder in vier Monaten.


    Andererseits: 'Kurz vor der Einschläferung' die Auslöschung. Ergibt das irgendeinen Sinn? Ich finde nicht. Soll mir mal einer der Bartz-begeisterten Facebookhymnensänger den Unterschied erklären. Brrr.



    Grüße

    In der Praxis ist es so, dass der Hund schnüffelt um entweder Feinde (sicherheit), jagbares (nahrung) oder halt was zur Fortpflanzung zu suchen. Daher wird schnüffeln unterbunden. Dies geschieht ganz am Anfang mit einer vorführleine und einer Kette. Wenn der Hund versucht zu schnüffeln gibt's nen ruck, die Kette fliegt und ein "schhhhh". Nach ein paar Wiederholungen hat der Hund das intus und lässt es auch. Dann reicht schon das Schuh. Selbst gepieselt wird ohne lange nach dem richtigen Ort zu schnüffeln, daher piseln auch rüden dann wie Mädchen. Der Hund meiner Nachbarin war die ersten 2-3 Tage etwas schräg drauf, dann aber eigentlich normal. Sie spielte mit ihm, übte tricks, knuddelte... nur schnüffeln sowie die Kontaktaufnahme zu Mensch, Hund, Katze oder was auch immer war verboten.


    *schluck*


    Das ist heftig. Der Begriff der "Auslöschung" trifft es wirklich.


    Danke für den Erfahrungsbericht. Muss ich erst mal sacken lassen. :( :

    Ihr habt (indirekt) gefragt, und ich hab jetzt nochmal darüber gegrübelt, was ich denn so neu an Bartzens Ansatz finde. Vorausgesetzt ich verstehe ihn richtig, würde ich das vielleicht so fassen:



    Prämisse: Ich kann einem Hund keine rassetypische / genetische Verhaltensdisposition hin-erziehen. Ich kann sie ihm nur weg-erziehen.


    In Bartz Verständnis ist das eine Art von Initialgeschehen, bei dem ich meinen Hund, den ich schuldhaft in eine nicht für ihn passende Umwelt geholt habe, von seinen natürlichen Verhaltensdisposition sozusagen „erlöse“. In diesem Sinne tue ich ihm nichts an, vielmehr höre ich gewissermaßen (endlich) damit auf, ihm etwas anzutun, wenn ich nämlich meinen Hund zwinge, sich im fortwährenden Widerspruch zu seinen genetisch oder rassetypisch verankerten Verhaltensdispositionen erleben und fühlen (?) zu müssen.


    Beispiel: Es stört mich und ich will nicht dass mein Hovawart ständig ein bedrohliches Verhaltensmuster an den Tag legt, wenn meine 17 Freunde und 8 flüchtigen Bekannten täglich bei mir ein und aus gehen. Das Drohknurren und Bellen wird mir zunehmend unangenehm. Ich tue aber bislang auch nichts dagegen, dass mein Hund das wiederholt als Gefahrenlage erlebt und seine ganzen dazugehörigen Verhaltensdispositionen dagegen in Stellung bringt oder sogar auslebt, um sich und mich zu schützen, weil hier aus seiner schutzhündischen Perspektive eben kein Interpretationsspielraum besteht. Ich könnte versuchen, so Bartz, ihm einen solchen Interpretationsspielraum nach allen Regeln der „modernen Hundeschulenkunst“ (hinzu-)konditionieren, nach Bartz ist das Ergebnis aber eines nie: über alle Reizintensitäten hinweg zuverlässig und zwar nachhaltig zuverlässig.


    An der Stelle nun hat Bartz irgendeinen Knalleffekt oder meinetwegen ein wundersames Placebo-Voodoo-Spektakel (danke Phonhaus, ich musste breit grinsen :-) im Angebot, das, wenn der Hundehalter es im weiteren richtig „anwendet“, den Hund aus dieser ewigen Konfliktzone — der Herden/Schutzhund, der verflixt nochmal nicht beschützen soll — befreit. Er muss jetzt nichts mehr tun. Uff. So liest sich das für mich.


    Und dafür ist eben keine Reiz“übermalung“ per Belohnung (Leckerli, Clicker, Marker usw.) nötig. - Im Gegenteil, es würde so schlicht nicht funktionieren, meint Bartz, weil ich damit nicht auf die Ebene komme, die angesprochen werden muss - sondern *weiß-der-Himmel-was* reicht völlig aus. (Meli, wo bist Du mit Deinem praktischen Erfahrungsbericht? :smile:) Einmal gemacht und dann in dieser Spur von Hundehalter und Hund weiterhin zusammen weitergelebt, wird alles fein. Für immer.


    Strukturell anders ist in diesem Verständnis das Ausbildungsgeschehen (also ungleich Erziehungsgeschehen), innerhalb dessen bei Bartz sämtliche instrumentellen/operanten und klassischen Konditionierungsmechanismen zum Tragen kommen - und das auch gerne sollen. Wer will, kann seinem Hund ja jederzeit Befehlsausführungen wie „Fuß, Platz, Sitz, Komm“ hinzu-konditionieren und bedient dabei die gängigen Annahmen der Lerntheorie. (Verstärkung durch Belohnung; neuronale Bahnung durch Wiederholung usw.) Hat für ihn nur nix mit Erziehung zu tun.




    Vielleicht stimmt mich Bartz - im Unterschied zu euch, die ihr ja recht gallig auf das Knalleffekt-(weg)Erziehungsdingens reagiert - gnädiger, weil er das so fluffy in ein, hm, Erlösungsgeschehen bettet. Versteht irgendjemand, was ich meine? :-) Irgendwie trifft das offenbar einen Nerv bei mir. Der Hofhütehund in der Studentenbuden-Dachgeschosswohnung muss nicht mehr in der (auch vegetativen) Grundspannung fühlen, leben, stoffwechseln … sich und seinen Halter unter allen Umständen beschützen zu müssen. Er darf nach Bartzens *Peng-Boing-Kadusch* von nun an entspannen. Wow.


    Mir selbst ist auch völlig klar - und ich danke euch dennoch für alle Rüffel, Nasenstüber, korrigierenden Hinweise und skeptischen Augenbrauenhochzüge - dass das als so begriffene Instantlösung aller Hund-Mensch-Probleme natürlich Quatsch im Quadrat ist. Weil es die Lernbiologie des Hundes verkennt bzw. zwar alle Annahmen darüber zwar ungeniert mitbenutzt, aber ihre gängigen Begrifflichkeiten für eigene Zwecke umdeutet oder im Theoriemodell umplatziert. — Oder aber weil er eine Methode meint, bei der der „Löschvorgang“ (so schreibt das Bartz glaube ich irgendwo) seiner rassetypisch / genetisch bedingten Verhaltensdisposition nicht ohne das Auslöschen jedweder gerichteten Willensäußerung des Hundes zu haben ist.


    Oder aber, weil ich einen grundlegenden Teil noch nicht verstanden habe. :-) Das halte ich bis auf weiteres für möglich.


    Grüße

    Oh Mann, Fluch (m)einer Gründlichkeitsmacke ... :-)


    Jeder Beitrag, der hier gerade eintrudelt, ist klasse und hätte eine angemessen lange Antwort verdient. Ich kann's aus Zeitgründen im Moment nicht. Ich lese alles (!), picke mir immer wieder was raus, um irgendwann später darauf zu reagieren und sag zwischendurch einfach mal: danke für das viele Denkfutter. :smile:

    Ein tolles Forum!


    Grüße

    Mir gehts da ehrlich gesagt ähnlich, ich verstehe den Ansatz hier nicht so ganz. Die Theorien sind das eine - ich hab den zitierten Text gelesen, bevor er entfernt wurde und hab an sich auch keine Lust auf mehr. Was nicht an der Langatmigkeit lag (bin Soziologin und kenne das zu Genüge :lol:)


    :-) Irgendwie scheint für meine Diskussionsidee hier in diesem Thread ein Grundproblem zu sein, dass ich "schürfige" Texte total mag. Ich kann aber absolut verstehen, dass das andere nervt.


    Denn tatsächlich war ich im Unterschied zu euch, echt geflasht, als ich heute den Blog-Text las und das Gefühl hatte: "Hey, da sind ja mal ganz übersichtlich alle seine Thesen und Abgrenzungsversuche zwischen Konditionierung (Ausbildung) und Erziehung versammelt."

    Mein Gedanke wäre, dass Du die Ansätze, die Dir neu und spannend findest, rausziehst, kurz darstellst und zur Diskussion stellst.


    Ja, Du hast recht. Scheint sinnvoller zu sein. Ich will's mit ein bisschen mehr Zeit gerne versuchen.


    „Erziehen“ heißt: Erwünschtes Verhalten verstärken und verfestigen und unerwünschtes Verhalten in der Entstehung vermeiden oder sanktionieren. Und dafür gibt es eine ganz überschaubare Anzahl zur Verfügung stehender Methoden. Phasen am Tag oder im Lebensabschnitt, in denen man da besonders effektiv agieren kann. Rahmenbedingungen, die den Erwerb von Lernerfahrungen begünstigen oder nicht. Biologische Faktoren, die den Erwerb von Lernerfahrungen begünstigen oder hemmen. Biologische Dispositionen für Verhalten ebenso wie sozialisatorisch Erworbene.


    „Konditionierung“ (ohne jetzt im Kopf zu haben, ob der damit klassisch oder operant meint) ist ein inhärenter Teil von Lernerfahrungen und befähigt zum Generalisieren. Ohne das wäre ein Organismus handlungsunfähig, das mitgebrachte „Instinkt- und Reflexset“ reicht zum Überleben in komplexen und wandelbaren Umgebungen 1. nicht aus und kann 2. auch nicht ungehemmt ausgelebt werden. Das gilt für den Straßenhund nicht minder als für den „Working Dog“.

    Danke (!) für Deine hilfreichen Ausführungen. Leuchten mir alle ein. Und beim ersten Lesen würde ich sagen, das widerspricht sich nicht mit Bartz' Erziehungsdingens. Er versucht das nur begrifflich auseinanderzuzwingen. Weil er aus irgendeinem Grund diesen seltsamen "einmaligen Knalleffekt" braucht, der sich bei seiner Erziehungsidee (= *kawusch* totale Verantwortungsübernahme plus *tataaa* strikte Einschränkung des Entscheidungsspielraumes des Hundes) einstellen soll. Keine Ahnung, wie das - legt man alle gängigen Lerntheorien zugrunde - praktisch funktionieren soll.


    Ich schau's mir bei ihm aber nochmal genauer an.



    Danke und liebe Grüße

    Hi Frechdax,


    ich wollte eigentlich niemanden ins Koma schwurbeln :smile:, sondern bei einem Ansatz, der mich neugierig machte und den ich eine nähere Betrachtung und Prüfung wert finde, herausfinden, wer das Erziehungsdingens von Bartz denn schonmal in seiner praktischen Umsetzung erlebt hat. Weil dazu blöderweise sowohl von Bartz als auch von seinen Kunden, die ihn auf Facebook bewerteten nur im Nebel orakelt wird und nichts Konkretes zu erfahren ist. Daher meine Ausgangsidee, in einem Thread zum Thema kämen eine paar konkretpraktische Erfahrungsberichte zusammen.


    Hm, was interessiert mich daran? Er spricht einen Nerv bei mir an, wenn er sagt, dass unsere Konflikte, die wir (glaubt man den Statistiken) offenbar zunehmend häufig mit problematisch werdenden Hunden in Hund-Mensch-Beziehungen haben, selbst verschulden, weil wir irgendwie völlig nicht mehr peilen, welchen Hund mit welchen rassetypischen bzw. genetischen Verhaltensdispositionen wir uns eigentlich ins Haus und ins Leben holen. Da macht er einfach einen Punkt, finde ich. Und das habe ich in der Deutlichkeit und in den Konsequenzen, die er sieht, noch nirgends gelesen. Das war sozusagen meine Initialneugier.


    Er erzählt nun - nervenderweise ohne dabei je zum praktischen Punkt zu kommen :rotekarte: - dass, wer das als HH also schon im Ansatz verbockt hat (weil er zum Beispiel einen Hovawart in einer Studentenbuden-Dachgeschosswohnung hält, in der Freunde, Bekannte und Halbfremde ein und aus gehen sollen; oder er einen Jagdhund neben dem Stadtpark hält und gassiführt, in dem stets fröhlich 25 Eichhörnchen durchflitzen) dann verdammt nochmal wenigstens die Verantwortung dafür übernehmen soll und das in seinem Verhältnis zu seinem Hund neu sortieren muss. Er sagt dazu: den Hund "erziehen" soll. Was bei ihm meint, die "totale Verantwortung zu übernehmen" (Achja, und wie?) und die "strikte Einschränkung des Entscheidungsspielraumes des Hundes" einzuführen und durchzuhalten. (Klingt interessant, und wie jetzt?)


    Und da beginnen für mich die Fragezeichen.


    Grüße

    LPaxx


    Die Werbevermutung kann hier schnell aufkommen, wenn ein recht neues Forenmitglied nach wenigen Beiträgen nur noch über einen speziellen Hundetrainer inkl. mehrfacher Verlinkungen vergleichsweise positiv berichtet bzw. bewertet.


    Okay, das kann ich problemlos nachvollziehen. Würde mir vielleicht ähnlich gehen.

    Tatsächlich finde ich das Ausleuchten von Theorien und Konzepten - eigentlich quer durch Themenbereiche - todspannend. :-) Und es gründlich zu tun, finde ich dabei nicht seltsam; es eher nicht zu tun, bevor man nen Strich drunter macht und ein Vierzeiler-Fazit zieht, kommt mir seltsam vor.


    Ich hatte kürzlich auch ein Buch von Maike Nowak empfohlen bekommen und neugierig gelesen („Wieviel Mensch braucht ein Hund?“) … Finde ich mindestens genauso spannend, im Ansatz plausibel und über weite Strecken diskutabel. Könnte auch eine lohnende Threadinitiative ergeben, warum nicht? Aber die Suchfunktion hier im Forum zeigte, dass es schon eine breite Auseinandersetzung zu ihr gab, die ich mir gerne durchgelesen habe. Aber mal sehen, vielleicht bietet sich ja eine neue Fragestellung zu Nowak an, die hier noch nicht Schwerpunkt war.


    Grüße

    Nochmal Sorry in die Runde, :ops:


    mir ist hochnotpeinlich, einen Textauszug einer Webseite als Textgrundlage für eine etwaige Diskussion - für die die an dem theoretischen Ansatz eines Hundetrainers (und seinen praktischen Ableitungen) überhaupt interessiert sind - in einen Beitrag gesetzt zu haben, der in seiner Länge wirklich nicht mehr als Textauszug durchgehen kann. Verlinkt hatte ich auf die Blog-Seite natürlich als Quellenangabe vor Beginn des Zitats. (Um die hier geht es: https://www.hundetrainer-bartz…ethode-der-erziehung-sein)

    Meine Idee des Textauszuges überhaupt war, dass dann - mit denen, die das möchten - frei und kontrovers darüber diskutiert werden kann, ohne dass jemand zu Klickreisen auf die betreffende Seite veranlasst wird, die er ja vielleicht gar nicht besuchen möchte. Komplett naiv von mir war, dass ich mich noch nicht mal urheberrechtlich abgesichert habe, ob das so als „verschleppter Text“ in Ordnung geht. Und blöd war, wie gesagt, dass ich gar nicht mehr im Blick hatte, was in Relation eigentlich noch als Auszug gelten kann und was als Vollzitat gesehen werden muss. Damit hab ich dämlicherweise die Moderation dieses Forums unnötig beschäftigt. Das tut mir ehrlich leid - und wird nicht mehr vorkommen. *knirsch*


    Was mir nicht peinlich ist, ist die Sache, dass ich in einem themenspezifischen Diskussionsforum das Threadangebot mache, gemeinsam mit anderen Forenteilnehmern den Ansatz eines Hundetrainers eingehender zu betrachten, weil er meine Neugier geweckt hat. So wie in diesem Diskussionsforum bereits 1001 Ansätze anderer Hundetrainer/innen eingehender betrachtet worden sind und eine kritische Auseinandersetzung in Länge, Tiefe und Breite folgte. Das jedenfalls gibt die Forumshistorie her. Fein finde ich das.


    Das hat in meinem Verständnis nichts mit Werbung zu tun - wie in allen anderen Hundetrainer/innen-Diskussionsthreads des Dogforums ja eben auch nicht, sondern mit der ergebnisoffenen Neugier, einen theoretischen Ansatz und seine praktischen Ableitungen zu prüfen und dabei im besten Fall Neues zu erfahren. Mit veritablem Erkenntnisgewinn, wenn’s gut läuft. Worunter selbstredend auch die Erkenntnis fallen kann, dass der Ansatz nach eingehender inhaltlicher Auseinandersetzung und Prüfung aus Gründen theoretisch nicht widerspruchsfrei bzw. unplausibel ist - oder in der praktischen Alltagsumsetzung völlig durchfällt.


    Grüße