Gegen Konditionierung im Ausbildungsbereich sozusagen hat Bartz nicht das geringste: Völlig unabhängig von Erziehung bzw. noch vor jeder Frage der Erziehung des Hundes aus oben genannten Gründen kann, so verstehe ich Bartz, selbstredend das Einüben von „Sitz, Platz, Komm, Fuß“ stehen. Mit oder ohne Hundeschule. Warum auch nicht? Es ist in seinem Verständnis einfach ein andersgelagertes Geschehen im Umgang mit dem Hund aus einem anders gelagerten Anspruch an den Hund heraus.
Will sagen, es gibt innerhalb dieses Konzepts offenbar mehrere Optionen, die theorieimmanent jeweils widerspruchsfrei neben- oder ohneeinander funktionieren und völlig okay sind:
# Ein HH kann seinem Hund Verhalten (hinzu-)konditionieren ohne überhaupt je in die Nähe von (weg-)Erziehungsfragen zu kommen … z.B. weil er als Jäger einen Jagdhund hat, und bei er gemeinsamen „Arbeit“ die rassetypische/genetische Verhaltensdisposition des Beutesuchens und Beutejagens usw. des Hundes voll zur Geltung kommen kann, wofür dem Jäger „Sitz, Platz, Fuß, Down usw.“ zusätzliche hilfreiche Arbeitstools sind.
# Ein HH kann seinem Hund Verhalten (hinzu-)konditionieren und gleichzeitig sein genetisch/rassetypisch verankertes Verhalten (weg-)erziehen wollen … z.B. weil er einen Jagdhund in einer Drei-Zimmer-Wohnung am Stadtrand hält, mit Jagen nienix am Hut hat, ein „Sitz, Platz, Fuß“ seines Hundes im Alltag (an der Bordsteinkante, vor Fahrradwegen) aber gerne verlässlich haben möchte.
# Ein HH kann seinen Hund nichts (hinzu-)konditionieren wollen, aber seinem Hund seine rassetypische/genetische Verhaltensdisposition (weg-)erziehen wollen … z.B. weil er „Sitz, Platz, Fuß“ als verzichtbar erlebt, aber das natürliche Schutzverhalten des Hundes zunehmend das Alltagsgeschehen von beiden beeinträchtigt, wenn ihn Freunde besuchen kommen.
# Ein HH kann weder (hinzu-)konditionieren noch (weg-)erziehen wollen, weil er „Sitz, Platz, Fuß“ als verzichtbar erlebt und Erziehungsfragen für ihn noch nie virulent wurden, weil die genetische/rassetypische Verhaltensdisposition des Hundes einfach perfekt in die Umwelt passt, in der Hund und Halter leben … weil er z.B. einen alten Hof bewohnt, in dessen Umzäunung sein Hund jederzeit patroullieren, bewachen und beschützen kann und soll.
So weit, so bestechend plausibel. Finde ich. ... Hm, wobei man natürlich fragen kann, was der Jagdhund bezogen auf seine genetischen/rassetypischen Verhaltensdispositionen denn dann außerhalb der Jagd ist? Ein Jagdhund „im Feierabend“, der dann (quasi nach Stundenplan) nichts von seiner Verhaltensdisposition eines Jagdhundes zeigt und deshalb nichts (weg-)erzogen bekommen muss? - Oder ist er dann doch wieder ein Hund, der mindestens temporär in einem falschen Umfeld seine natürlich“richtigen“ Verhaltensdispositionen nicht zeigen darf und er deshalb doch erzogen (im Bartzschen Verständnis) werden muss? Dieselben Fragen stellen sich natürlich beim Hofschutzhund, der stundenweise im Haus mitten unter seinen Menschen lebt …
Wie all das, was Bartz in seinem Blog schreibt und theorietreu zu sortieren versucht, in einem temporären, „stundenweisen“ On-Off-Verständnis funktionieren soll, leuchtet mir absolut (noch) nicht ein.
Und dann fehlt natürlich noch der praktisch-konkrete Teil, der zeigen würde, was dieses Erziehen im Sinne einer „totale Verantwortungsübernahme durch den Halter“ und „strikte Einschränkung des Entscheidungsspielraumes des Hundes“ denn in seiner konkreten Umsetzung für den Hundehalter meint. *zu Meli zwinker*
Grüße