Mein 15 Monate alter Magyar Vizsla Rüde
verhält sich im Freilauf (insbesondere auf dem Hundeauslaufplatz)
seit circa drei Monaten sehr aggressiv gegenüber jüngere Rüden
(die ungefähr halb so alt sind wie er selber). Vor allem geschieht
dies, wenn die jüngeren fremden Rüden zu ihm kommen und ihm
gegenüber aktiv die Unterwerfungsposition einnehmen (sich auf den
Rücken legen und ihm den Bauch offen zeigen) oder sehr deutliche
Beschwichtungsgesten zeigen. Nach kurzem Schnuppern am anderen Rüden
fällt mein Rüde dann mit lautem Getöse über sie her wie ein
Piranha und versucht sie wohl ernsthaft zu beissen (abrufen kann ich
ihn aus dieser Situation nicht). Daraufhin packe ich meinen Rüden
schnellstmöglich am Halsband und entferne ihn aus dieser Situation.
Gottseidank ist bislang kein jüngerer Rüde ernsthaft verletzt bzw.
blutig gebissen worden. In den letzten Monaten haben sich solche
Situationen circa zehn Mal ergeben, so dass ich mit meinem Rüden nun
kaum noch auf Hundeauslaufplätze gehe, um Begegnungen mit jüngeren
Rüden möglichst zu vermeiden. Bei Begegnungen mit älteren Rüden
ist er auch sehr angespannt, aber gegenüber älteren Rüden scheint
er (noch) großen Respekt zu haben und dort wagt er es (noch) nicht
anzugreifen. Gegenüber wesentlich älteren und dominanteren Rüden
unterwirft er sich sogar. Ich nehme an, dass die Aggressionen meines
Rüden auf Wut beruhen und nicht auf Angst. Er ist sehr selbstbewußt
und wenn sich auf dem Platz eine Meute bildet, um einen unsicheren
Hund zu mobben, dann ist er auch ganz vorne mit dabei. Die
aggressiven Verhaltensauffälligkeiten gegenüber jüngeren Rüden
passieren auch, wenn ich mich selber nicht in unmittelbarer Nähe des
Geschehens befinde. Es passiert ebenfalls, wenn sich gar keine Hündin
auf dem Platz befindet. Einmal konnte ich beobachteten, wie ein
älterer souveräner Rüde die negative Verhaltensauffälligkeit
meines Rüden gegenüber einem jüngeren Rüden registriert hat und
er dann zu meinem Rüden gekommen ist, um ihn wohl einzunorden.
Das Sozialverhalten meines Vizsla-Rüden
gegenüber allen anderen Hunden war in der Vergangenheit
ausgezeichnet und völlig unproblematisch. Schon als Welpe war er
fast täglich auf dem Hundeauslaufplatz und ist dort praktisch groß
geworden. Dort hatte er unzählige schöne und angenehme Begegnungen
mit anderen Hunden, aber leider auch einige negative Erfahrungen.
Als Junghund wurde mein Vizsla-Rüde
einige Male von älteren Rüden ernsthaft gebissen. Vor vier Monaten
wurde er sogar von einem etwas älteren Kampfhund-Rüden (Presa
Canario) nach kurzem Beschnuppern unmittelbar gleich fünf mal
hintereinander blutig gebissen, so dass ich mich gezwungen sah selber
dazwischen zu gehen, um diesen Kampf auf Leben und Tod zu beenden, da
der Kampfhund trotz Beschwichtigungssignalen meines Rüden ihn immer
weiter ernsthaft beissen wollte. Ich vermute, dass dieses
einschneidende traumatische Erlebnis bei meinem Rüden zu einer
falschen Verknüpfung geführt hat. Mein Rüde denkt nun wohl, dass
alle jüngere Rüden gnadenlos bekämpft werden können.
Denkbar ist aber auch, dass ich meinem
Rüden bei der Erziehung generell zu wenige Grenzen gesetzt habe und
er sich nun (als Rudelführer?) die Freiheit nimmt, Begegnungen mit
anderen Rüden nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Gegenüber
kleineren Rüden verhält er sich allgemein auch ziemlich respektlos.
So kommt es vor, dass er sie einfach umrennt oder anpinkelt. An der
Leine versucht mein Rüde meistens vorweg zu laufen.
Möglicherweise ist mein Rüde als
Jagdhund bzw. Arbeitstier mit dem Leben in der Großstadt nicht
richtig ausgelastet (durchschnittlich zwei Stunden Bewegung am Tag,
gelegentliche Nasenarbeit), so dass hieraus negative
Verhaltensauffälligkeiten resultieren.
Der Trainer der Hundeschule meinte zu
den negativen Verhaltensauffälligkeiten, dass mein Rüde wohl mal
Frust oder schlechte Laune hatte und nun als erwachsener Hund einfach
mal Dampf ablassen wollte. Aber dauerhaften Frust halte ich für eher
unwahrscheinlich.
Damit sich die negativen
Verhaltensweisen meines Rüden nicht noch weiter verfestigen oder gar
ausweiten, habe ich die Anzahl der Hundeplatzbesuche extrem
reduziert. Die Begegnungen mit anderen Rüden versuche ich nun als
Hundehalter möglichst frühzeitig zu managen indem ich versuche
meinen Rüden von diesen Begegnungen abzulenken. Die sehr starke
Einschränkung der Sozialkontakte meines Hundes scheint mir auf Dauer
aber auch nicht optimal zu sein.
Gibt es andere Hundehalter, die mit
ihrem Rüden die gleiche Erfahrung gemacht haben und ihn
gegebenenfalls erfolgreich rehabilitieren konnten? Die Aggressionen
gegenüber jüngeren, unterwürfigen Rüden scheinen mir sehr
außergewöhnlich zu sein.