Ich war früher ganz der Meinung ein Hund der den eigenen Hundeführer bedroht oder sogar beißt, der hat ganz schlechte Dinge erlebt und dessen Hundeführer macht ganz viel falsch und nur mit Liebe, Geduld und vielen Leckerlies wird das schon.
Und dann ist Tommy bei meinem Opa eingezogen und plötzlich war da ein Hund, der nie Schlechtes erlebt hat, der nicht anders behandelt wurde als alle anderen Hunde davor und trotzdem kam der Zeitpunkt an welchem er herausgefunden hat: alle Welt kuscht vor mir wenn ich Zähne zeige und wütend werde. Und dann hat man da 30 kg Labrador-Berner Sennenhund an der Leine, in der Blüte seines Lebens, der Zeit in der die Eier größer sind als das Hirn und der plötzlich alles und jeden richtig Kacke findet. Und dann versuchst du deinen eigentlichen Prinzipien nach mit Liebe, Geduld und Leckerlies alles wegzutrainieren. Und plötzlich findet man sich gegenseitig die Eskalationsleiter hochtreibend in einer Spirale wieder in der Hundeführer verzweifelt und Jungrüde immer wieder mit seiner "Gewalt" zum Ziel kommt. Abschnappen, anspringen, kratzen, beißen. So viele kaputte Kleidungsstücke, Leinen, Schuhe, aufgekratzte Arme, Beine, Gesicht, so viele Tränen, so viel Wut. Und warum macht er das? Weil ihm anfangs keiner gesagt hat dass er das zu unterlassen hat. Sofort, ohne Wenn und Aber. Und er immer und immer wieder damit zum Ziel kam.
Wir haben dann Gott sei Dank noch relativ flott die Kurve bekommen. Es gab nur noch Leine/Schleppleine, Spaziergänge zu Zeiten in denen man niemandem begegnet, klare Grenzen/Regeln, ganz schwarz-weiß, nix dazwischen und generelles Training für den Grundgehorsam. Der Hund durfte eine ganze zeitlang nichts mehr, außer atmen und existieren. Und dann hat man sich ganz ganz langsam zusammengerafft und sich verstehen gelernt. Und ganz ganz langsam hat der Hund neue Strategien gelernt, Alternativen, hat gelernt dass er mit seiner "Gewalt" nicht ans Ziel kommen wird. Ich kann nicht mal mehr genau sagen wann er zuletzt gegen mich gegangen ist. Das ist lange her.
Und irgendwie mochte ich diese Herausforderung auch, deshalb hab ich mir dann nen Herder gekauft.
Bisher ist sie allerdings sehr viel angenehmer und netter als Tommy, aber sie bekommt auch gleich passende Rückmeldungen wenn sie sich daneben benimmt.