Hallo!
Ich mag Erfahrungsberichte gerne lesen, daher schreibe ich dir auch noch kurz zu meinen Erfahrungen mit meiner Auslandstierschutzhündin Wilma. Vor Wilma hatte ich einen Border-Labbi-Mix, allerdings in Deutschland geboren, aufgewachsen und mit Menschen sozialisiert, ich dachte also, dass ich schon ein klein wenig Erfahrung mit Hütehunden hätte und es daher bestimmt nicht so kompliziert mit einem Hütemix aus Rumänien sein kann. Wilma ist ein Aussie-Mix aus Rumänien, wurde wohl im Shelter geboren und ist mit einem halben Jahr nach Deutschland in ein Tierheim gekommen. Seit einem guten Jahr lebt sie mittlerweile bei mir. Wilma ist sehr ängstlich und unsicher gegenüber Fremden (Besuch Üben war die gesamte Zeit ja auch nicht so ganz einfach, Frauen sind immer einfacher als Männer), Handwerker im Haus sind die Hölle für sie und auch für mich und die Handwerker, es bedarf sehr viel Management, was bei Handwerkern, die durch die gesamte Wohnung gehen nicht leicht ist und ich immer wieder Wilma in ein anderes Zimmer verlegen musste. Es hat eine halbe Ewigkeit gedauert, bis sie sich draußen (außerhalb meines Gartens) gelöst hat, wir hatten fast das gesamte erste Jahr nur Probleme mit ihrer Verdauung (Durchfall, Giardien, schlechte Darmkultur, Würmer, Futterunverträglichkeiten... das ganze Programm). Nach guten drei Monaten hat sie das Territorialverhalten ausgepackt und seit dem schlägt sie an. Immer. Wenn die Menschen oben im Haus durchs Treppenhaus gehen, wenn dort geklingel wird... (und das ist Verwandschaft von mir, die sie also seit Tag 1 bei mir kennt und damit auch die Geräusche - und trotzdem muss/will sie Bescheid sagen). Mit anderen Hunden versteht sie sich meistens gut, allerdings kommt beim "spielen" gerne das Treib-Gen durch und ich muss sie abbrechen, weil sie sich sonst völlig abschießt, also auch hier sehr viel Management und weniger das schöne Bild "ich lass meinen Hund einfach entspannt laufen". Nach ersten Begegnungen mit Rehen im Wald, wo sie wird bellend in der Schleppleine stand und kaum ansprechbar war, hatte ich schon einen Eindruck davon, wie jagdtriebig sie ist. Und jetzt ist am Freitag bei normalen Spazierengehen mit drei anderen bekannten und vertrauten Hunden passiert, dass einer der anderen Hunde ein junges Kaninchen aufgestöbert hat und Wilma, weil sie so unfassbar schnell ist, das Kaninchen in der Schnauze hatte bevor ich irgendwie reagieren konnte. Das war eine furchtbare Erfahrung . Morgen gehts direkt zu meiner Hundeschule, um auch an dieser neuen Baustelle zu arbeiten. Meine eigenen Hühner im Garten sind bis jetzt für sie in Ordnung, trotzdem habe ich seit Freitag natürlich noch mal mehr im Blick, wer sich wann wo in meinem Garten aufhält und herumläuft, also noch mehr Management, wo mein Traum doch war: Tür auf und rein und raus in den Garten, so wie jeder mag...
Einkaufszentrum und Stadt mit vielen Menschen sind ebenfalls nicht schön für Wilma, auf den glatten Fliesen z.B. mag sie gar nicht laufen, daran arbeiten wir jetzt seit einem halben Jahr. Restaurant wird hoffentlich irgendwann mal klappen, bis jetzt gehen so knappe 30 Minuten gut, danach bringe ich sie meistens ins Auto. Am Fahrrad mitlaufen habe ich noch nicht ausprobiert, ich hatte mir für die Junghundezeit extra einen Anhänger gekauft, aber durch die anderen, wichtigeren Baustellen, sind wir da noch gar nicht hingekommen. Und da sie bisher Angst vor dem Fahrrad hat, wird sich das wohl auch so schnell nicht ändern.
Wilma würde es 100% reichen, wenn es nur mich als Mensch in ihrem Leben geben würde, was natürlich völlig utopisch ist und ich auch niemals wollen würde. Also müssen wir beide immer weiter lernen und üben und uns zusammenraufen. Ich weiß nicht, ob ich Wilma ein Zuhause gegeben hätte, wenn ich gewusst hätte, was für Probleme alles auf uns zu kommen. Mein nächster Hund wird -in hoffentlich vielen Jahren- entweder ein schon älterer Hund aus dem Tierschutz, wo man schon viel mehr Charakter und Wesen kennt und so weniger das Phänomen Wundertüte nach Hause geliefert bekommt, oder ein Welpe von einem guten Züchter, wo ich sicher sein kann, dass eine gute Sozialisierung stattgefunden hat. Ich liebe meine Knall- und Wundertüte, aber es sind auch viele Tränen geflossen und es sind wirklich viel Arbeit, Organisieren und gute Nerven nötig.
Ich wünsche dir viel Erfolg und drücke die Daumen, dass du, dein Partner und deine Katze die Entscheidung nicht bereuen müsst! Alles gute für euch!