Ich finde sowieso: Ein bisschen mehr Ehrlichkeit würde vielen auch den Druck nehmen immer besonders toll und perfekt sein zu müssen. Ich weiß nicht, andere (Aussiebesitzer:innen) haben sehr oft die besten, tollsten und schönsten Hunde. Die fahren Erfolge ein, hören super und sind überall und natürlich mit jedem problemlos. Haben keine Angst, pöbeln keinen an, sind klasse beim Tierarzt und lieben natürlich JEDEN! Wie könnte das auch anders sein.
Da stimme ich dir total zu, ein bisschen mehr Ehrlichkeit auf der einen Seite und mehr Gelassenheit auf der anderen Seite.
Also ja, ich als eine der anderen Aussiebesitzerinnen bin selbstverständlich davon überzeugt, dass mein Hund der beste, tollste und schönste Hund ist. Aber ich gebe auch offen und ehrlich zu, dass ich einen gnadenlos verfressenen, distanzlosen, frechen und derweil dreisten Hund habe.
Rocks wird nächste Woche drei Jahre alt. Ich glaube aus der krassen Junghunde-Zeit sind wir mittlerweile raus. Vielleicht sollte ich das mal als Anlass nehmen im Zuge der Ehrlichkeit ein paar ihrer wildesten Schoten zum Besten zu geben:
- Sie hat irgendwann rausgefunden, wo bei einem Bauernhof, an dem wir regelmäßig auf unseren Gassirunden vorbei laufen und wo wir auch ab und zu zu Besuch sind, der Napf vom Hofhund stand. Diesen hat sie mindestens 3 Mal geplündert. Einmal wurde sie versehentlich in diesem Raum eingesperrt und wir haben eine ganze Weile nach ihr gesucht. Auf demselben Hof hat sie auch schon den Kälbern die Milch weg gesoffen
- Sie ist bei einer befreundeten Nachbarin, mit der ich öfter mal zusammen Gassi gehe, ins Haus gerannt und hat der dort lebenden Hündin einen Kauknochen geklaut
- Sie kennt mehrere gerne mal offen stehenden Garagen hier im Ort von innen
- Sie hat bei ihrem ersten Besuch in einer Zoohandlung im Vorbeigehen innerhalb einer Millisekunde ein Rehbein an sich gerissen, das ich ihr dann natürlich kaufen musste
- Sie ist in eine Regentonne gesprungen und musste daraus gerettet werden
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(the face of regret)
- Als Welpe hat sie sich an unseren Sanierungsmaßnahmen beteiligt und unter anderem eine Tapetenbahn von der Wand geholt und eine Gardinenstange runter gerissen. Bis heute bin ich froh, dass sie vor der Kernsanierung bei uns eingezogen ist
- Sie hat einem Kind ein Eis aus der Hand geklaut (das Kind war froh, denn das Eis hat ihm nicht geschmeckt und so durfte es sich ein neues aussuchen - wir sind bis heute nicht ganz sicher, ob es Rocky das Eis nicht eventuell auch absichtlich vor die Nase gehalten hat)
- Sie ist mal ohne mich nach Hause gelaufen als sie keinen Bock mehr auf Spazieren gehen hatte
- Ich kann gar nicht zählen, wie viele Gießkannen sie zerkaut hat
- Sie hat gerne mit einem Hofhund hier aus dem Ort gespielt und sich dabei nicht nur ein Mal auf der Miste oder in Silage gewälzt
- Sie hat mir mal mein komplettes Mittagessen weggefressen
- Sie hat sich aus ihrer Stoff-Transportbox oben raus geknabbert und dann lustig aus dem Loch raus geschaut. Diese Aktion hat ihr den Spitznamen "Schachtelteufel" eingebacht
- Sie hat mit einem Nachbarshund gemeinsam das Hühnerfutter dieser Nachbarn geplündert
- Sie hat mal Nachbars Kühe gehütet (der meinte darauf hin, sie könne sich gerne bei ihm bewerben)
- Sie hat meinen Freund auf dem Weihnachtsmarkt angesprungen und das unten aus dem Brötchen ragende Stück seiner Bratwurst abgebissen
- Sie ist der Postbotin ins Auto gesprungen
- Sie hat sich beim Campen mit Freunden heimlich in deren Camper geschlichen und sich wie selbstverständlich in deren Bett gelegt
- Sie ist im Urlaub in einem Biergarten (auf Aufforderung des Wirtes) zu später Stunde, als kaum noch Gäste da waren, frei rum gelaufen, um mit seinem Hund zu spielen. Irgendwann hörte man es in der Küche scheppern und schreien und sah wenige Sekunden darauf wie der Koch beide Hunde raus gescheucht hat
- Sie hat als Minderjährige Alkohol getrunken. Beweisfoto hier:
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Der Spitzname Backpfeifen-Erna war hier tatsächlich aus gegebenem Anlass auch geläufig
Ebenso wie Wildschwein, Rocky Rüsselchen, Rocky Rehbein und viele viele weitere
Die Liste des Schabernacks und der Schandtaten ist sicherlich noch länger, einiges habe ich mittlerweile bestimmt auch erfolgreich verdrängt. Auf das allermeiste kann ich lachend zurück blicken (was wohl auch dem ziemlich entspannten und verständnisvollen Umfeld hier im Ort zu verdanken ist), weil ich ja mittlerweile weiß, dass aus meinem kleinen Teufel doch noch ein anständiger Hund geworden ist. Und ich möchte betonen, dass unser Verhältnis zur Dorfgemeinschaft bisher nicht unter ihren Taten gelitten hat.
Alles in allem ist aus einem ziemlich anstrengenden Welpen/Junghund eigentlich sogar wirklich ein absoluter Traumhund geworden - auch wenn es sich da oben bestimmt anders liest. Auf diesen Hund ist (mittlerweile) so viel Verlass, sie ist so souverän, ruhig und gechillt. Man kann sie überall hin mitnehmen, sie ohne langes Üben mit neuen Situationen konfrontieren und eigentlich wirklich alles mit ihr machen. Der beste Reisebegleithund und Adventure Buddy, den man sich vorstellen kann. Obwohl wir keine eigenen Kinder haben, kommt sie mit Kindern super klar und spielt da auch gerne mal für ein paar Leckerli den Zirkushund. Sie kann sich selber aus Situationen raus nehmen, wenn es ihr zu viel wird. Drinnen merkt man quasi gar nichts von ihr (es sei denn man öffnet den Külschrank). Sie kommt in unserem Alltag perfekt zurecht. So viele Dinge, die sie wie selbstverständlich meistert, sind eigentlich alles andere als selbstverständlich, wenn man darüber nachdenkt. So z.B., dass wir gerade eine Glucke haben, die Küken führt und ich Rocky trotzdem mit in den Teil des Gartens nehmen kann, wo die Hühner rumlaufen, ohne großartig auf sie achten zu müssen. Außerdem ist sie so ein schmusiger Hund, was ich sehr genieße (und andere vielleicht schon als distanzlos empfinden würden). Natürlich ist sie nicht perfekt, manch andere Hundehalter fänden sie sicherlich einen unerzogenen Dorfhund. Jemand mit hundesportlichen Ambitionen würde mit ihr nicht glücklich werden, mit der alten Spinatwachtel würde man keinen Blumentopf gewinnen. Sie wacht und meldet lautstark und ich kann das nur bedingt abbrechen. Wenn ich nicht aufpasse, würde sie Besuch immer noch anspringen. Leinenführig ist sie auch nicht. Aber all das sind Dinge, die bei uns einfach keine Prio haben und die sich mit minimalstem Management regeln lassen.
Manchmal fehlt mir der Junghunde-Schabernack ja fast schon ein bisschen 