Davon, dass man einem Hund immer nur sagt, was er darf, lernt der Hund aber nicht, was er nicht darf.
Es gibt sicher Hunde/Rassen, bei denen es funktioniert, nur über nett auftrainierte Kommandos und Belohnung zu arbeiten.
Aber es gibt auch die Hunde/Rassen, mit denen das nicht funktioniert. Breche ich bei Jin ein unerwünschtes Verhalten mittels einem nett trainiertem Kommando ab (z.B. Rückruf), so baut sie sich daraus ganz gern mal eine Verhaltenskette und zeigt das Verhalten immer öfter.
Das schlimmste, was ich - auf Anraten einer Wattebausch-Trainerin - gemacht habe, war Jin einen positiven Abbruch (den Geschirrgriff) beizubringen und diesen zu nutzen, wenn Klein-Jin im Spiel mit andren (kleineren) Hunden zu wild wurde. Nach nur 3x war Jin so weit, dass sie andre (kleinere) Hunde absichtlich ärgerte, damit der Abbruch und damit die Belohnung kam. Erst als ich drei Jahre später einmal bei einer solchen Aktion richtig ausgerastet bin (weil das eben aufgrund des Größenunterschieds für den Kleinhund nicht nur extrem unangenehm, sondern auch gefährlich war), hat Jin das Verhalten nicht mehr gezeigt. Fand ich gar nicht gut - so möchte ich mit meinem Hund eigentlich nicht umgehen. War aber offensichtlich nötig, um diese Verhaltenskette wieder wirklich zu löschen.
Lange habe ich mich mit Abbruch-Signalen, die nie richtig auftrainiert waren, durchgewurstelt. Das geht, weil Jin durchaus sensibel auf meine Stimmungen reagiert und mir ganz gern gefallen möchte.
Mittlerweile nutze ich einen bewusst aversiv aufgebauten Abbruch - der macht uns das Leben in vielen Bereichen deutlich entspannter. Jin weiß, dass sie das - was auch immer - (jetzt) nicht darf. Ist ihr Hirn dann aber mit dem Suchen einer passenden Verhaltensalternative überfordert, kann ich ihr diese problemlos anbieten, ohne dass Jin sich wieder eine unerwünschte Verhaltenskette bastelt.
Signale, die meinem Hund sagen, was er tun soll (Rückruf, Sitz, etc.) trainiere ich aber grundsätzlich nett auf. Ich will ja in dem Moment, dass der Hund mit mir zusammenarbeitet und das soll er freudig tun. Heißt auch, dass ich versuche, dem Hund angepasst und kleinschrittig zu trainieren, so dass er viele Erfolgserlebnisse hat und sich das erwünschte Verhalten tief verankert. Führt der Hund ein Signal nicht aus, gibt's aber durchaus auch mal einen Anschiss. Wobei ich in der Lernphase sehr genau abwäge, ob der Hund grad das Signal überhaupt umsetzen kann. Kann er es nicht, gebe ich das Signal nicht. Natürlich mach ich bei der Einschätzung auch mal Fehler (bin ja auch nur ein Mensch). Dann muss man halt abwägen, wie man reagiert/welche Reaktion Sinn macht.
Grundsätzlich braucht kein Hund für den Freilauf einen Rückruf. Ich kann mit Jin problemlos eine komplette Gassirunde ohne Rückruf gehen. Der Hund muss lernen, sich am Halter zu orientieren (in welche Richtung geht der Halter, wird er schneller, wird er langsamer etc.) und sich ihm anzupassen. Außerdem natürlich, dass jede Kontaktaufnahme zum Halter erwünscht ist (also Ohr dreht sich zum Halter, Blickkontakt, Nähe vom Halter suchen etc.).
Natürlich ist's praktisch, wenn der Hund die Runde schon kennt und daher weiß, an welcher Stelle er angeleint wird - dann wartet er da oft schon bzw. kommt da von alleine zum Halter. Ansonsten kennt Jin das Signal "anleinen", je nach Umstand schließt sie dann zu mir auf oder wartet auf mich, damit ich sie anleinen kann.
Zum Thema Schleppleine: wenn man diese nutzt, dann bitte so, dass man sie entweder eh in der Hand hält, oder aber wirklich sofort drauf treten kann. Es ist einfach sau-gefährlich, wenn ein Hund mit Schleppleine durchbrennt und dann dabei andre Hunde/Passanten einwickelt. Oder sich selbst irgendwo im Wald an einem Baum/einem Gebüsch festfesselt und dann stundenlang gesucht werden muss.