Ich finde die Idee gut, sich besser gemeinsam für eine ganz andere Rasse zu entscheiden, als dass du einen Rottweiler nimmst, um deinem Mann einen Gefallen zu tun - egal wie klein der Gefallen auch sein sollte. Wenn das Bauchgefühl sagt, dass ein Rottweiler schon ganz ok ist, du aber EIGENTLICH lieber einen Schäferhund hättest, sind das einfach keine so guten Voraussetzungen zwischen dem Hund und dir. Nochmal, egal wie klein das "eigentlich" werden sollte, der Bauchfaktor werkelt im Unterbewusstsein viel herum.
Ich bin mit einer Rottweilerhündin aufgewachsen. So ein großes, testosterongesättigtes Wesen mit teilweise rüdischem Verhalten und verkümmerter Gebärmutter (sie wurde wegen Gebärmuttervereiterung kastriert). Mein Bruder hat sich Jahre später eine Hündin aus dem Tierheim geholt, erheblich schmaler und irgendwie ein echtes Mädchen. Und am liebsten hätte ich jetzt wieder einen Rottweiler gehabt. Wir haben keinen, weil:
- Rottweiler "nebenan" auf der Liste stehen und man nicht ausschließen kann, dass der Hund auch mal nach "nebenan" muss
- die Reaktionen anderer Menschen auf den Hund für den HUND doof ist
Ich hätte bis vor Kurzem Rottweiler übrigens als echte Anfängerrasse eingeschätzt. Weil die, so kenne ich sie von früher, so eine Gutmütigkeit und Coolness eingebaut hatten. Einen unsicheren Rottweiler würde ich allerdings nicht geschenkt wollen.
Man darf den Hund auch einfach nie in eine Situation bringen, wo er auf die Idee kommt, "schützen zu müssen". Als meine Schwester und ich Kleinkinder waren, musste Frau Rottweiler aus dem Weg, wenn Besuch kam. Womöglich noch mit anderen Kindern, die hinter uns hergelaufen sind oder so. Deswegen war das der einzige unserer Familienhunde, der jemals das Kommando "Decke" gelernt hat.
Beide Hündinnen liefen nebenbei, über "Auslastung" hat sich damals noch keiner so Gedanken gemacht wie heute. Mit beiden wurde allerdings häufig Kilometer gemacht, weil das normale Gassi regelmäßig ausgeartet ist. Wandern, rumtoben und allgemein draußen sein hat beiden Spaß gemacht.
Unsere Große mochte Welpen nicht und hatte ein Problem mit erwachsenen Hündinnen. Die Kleine war mit vielen Hunden verträglich, wenn was war, hat sie sich hinter meinem Bruder versteckt. Der sich allerdings auch mit vollem Körpereinsatz zwischen jeden Fremdhund und sein Schätzchen geschmissen hätte.
Ein-Mann-Hunde waren sie beide nicht, aber sie haben Unterschiede gemacht. Die Große war meinem Teenage-Bruder in schwerer Liebe verfallen und hat meine Mutter als Rudelführerin akzeptiert, meinen Vater aber nicht ganz so ernst genommen. Letzterer ist eher nicht alleine mit ihr spazierengegangen, mein Bruder dafür problemlos.
Die Kleine von meinem Bruder war umständehalber ja eigentlich ein Ein-Mann-Hund, weil die beiden zusammengelebt haben wie ein altes Ehepaar.
Sie kannte meine Eltern von Welpe an und kam zu meiner Mutter immer mal paar Tage in Betreuung, wenn mein Bruder irgendwie weg musste. Das war kein Ding, obwohl mein Bruder natürlich ihr Mensch war. Die Kleine hat auch auf meine Eltern, auf meine Schwester und auf mich gehört.
Beide Hunde haben mit Körpereinsatz und laut(!) gespielt, sowohl mit Menschen als auch mit Hunden. So ähnlich wie Boxer. Das kann fremde Hundehalter erschrecken.
Rottweiler im Freilauf kann andere Menschen sehr erschrecken, auch wenn der Hund sich gar nicht für die Leute interessiert und mit mehreren Metern Abstand vorbei will (unsere waren gegenüber Menschen tendentiell freundlich-gleichgültig draußen). Auch unabhängig davon, wo du als Hundehalter bist, du kannst direkt daneben stehen. Du kannst den Hund sogar an der Leine haben, manche Leute kriegen Schiss. Das kenne ich in dieser Form nur vom Rottweiler. Und wir hatten später noch zwei "große schwarze Hunde", die erheblich über Rottweilergröße waren, das war trotzdem was anderes.
Beide Hunde waren pervers verkuschelt. Unseren anderen Hunden wurde es immer irgendwann zu warm, zu eng, zu viel Mensch. Die Rottweiler konnte man unter die Bettdecke und in beide Arme nehmen, die haben dann geseufzt und sind eingeschlafen.
Wenn bei deinen früheren Schäferhunden der Schutztrieb ausgeprägt war, dann kennst du wahrscheinlich schon alles, was bei einem Rottweiler Probleme machen KÖNNTE.
Ansonsten habe ich persönlich noch ein Kriterium bei der Rassewahl: Könnt ihr den Hund im Ernstfall rein körperlich halten? Rottweiler haben genau die Kraft, nach der sie aussehen.