Jedenfalls hat dieser Thread schon bewirkt, dass ich, sollte mich mal mein aktueller oder ein künftiger Hund anknurren, sehr viel reflektierten damit umgehen kann.
Beiträge von KayaFlat
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Ich fürchte, ich habe mich gestern in eine Sackgasse argumentiert und komme da nicht mehr elegant raus.
Kannst du mir das durchgehen lassen, bitte?
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Woran würde ich das Hierarchiedenken von Hunden jetzt konkret festmachen? Vielleicht daran, dass ein Hund nicht damit leben kann, wenn niemand die Spitze übernimmt und damit die Verantwortung für die Sicherheit der Gruppe. Gibt es ein Vakuum in der ( ich nenn es mal) Führung, dann sieht sich der Hund gezwungen in die Bresche zu springen, weil einer muss es ja machen. Die wenigsten Hunde sind aber glücklich damit, weil es sie stresst.
Ja, das ist Führung. Und in einem menschlich geprägten Alltag mit auf menschlicher Logik gegründeten Regeln ist es sinnvollerweise auch der Mensch, der Verantwortung und Führung übernimmt. Und wenn er es gut und souverän macht, dann erkennt der Hund auch den Sinn für sich selbst dahinter. Das ist aber nichts Statisches. Während Hierarchie und meinetwegen auch Status ein statischer Begriff ist (fast schon ein Wortwitz).
Führung kann auch beinhalten, dass der Hund sagt: „Wo Du jetzt hinführst, da will oder kann ich nicht folgen“. Bei vielen Rassen ist genau das sogar im genetischen Arbeitsprogramm verbaut und gewünscht.
Und Führung kann auch beinhalten, dass der Hund sagt: „Du gehst mir jetzt zu weit“ oder „Du kommst mir jetzt zu nah“. Ein guter Anführer geht darauf ein. Und wenn er es verpeilt, dann muss er auch damit rechnen, einen Anschiss zu bekommen.
Führung kann auch bedeuten, sie mal abzugeben, wenn der Andere im Job, der gerade zu erledigen ist, kompetenter ist. Oder wenns gerade einfach nicht wichtig ist.
All das schließt Knurren nicht aus
Ja, Hunde wollen sich dem Menschen anschließen, darauf sind sie selektiert. Und es ist ihr Erfolgskonzept (und wenns so weiter geht irgendwann auch ihr Untergang). Aber zumindest meine Hunde wollen das nicht bedingungslos. Und darüber bin sehr froh.
Noch eine Sache zum Schluss: Das beobachtete Verhalten bei Hunden lässt Rückschlüsse auf ihre Beziehungsgeflechte zu. Damit verstehen wir aber nicht unbedingt die hündische Erlebenswelt, wir neigen daher dazu, unsere eigene Erlebenswelt auf den Hund zu projizieren. Das und daraus resultierende Dogmen sind gefährlich. Weil wir uns dann durch ein hündisches Signal in unserem Wert verletzt oder unserem Status angegriffen zu sehen und das Verhalten als persönlichen Angriff werten. Und das machts wahrscheinlich, dass nicht ein Konflikt über ein strittiges Thema mit dem Hund ausgetragen wird oder Grenzen gezogen werden, sondern ein Machtkampf initiiert wird.
Da stimme ich grundsätzlich voll zu.
Nur wie willst du das Dilemma lösen, dass wir als Menschen grundsätzlich die Welt und somit auch die Hunde nur mit Hilfe unserer menschlichen Logik, Sinnes- und Erfahrungswelt beurteilen können. Weil es eben so ist, dass wir nicht wissen, wie und was Hunde denken, wie genau sie ihre Welt beurteilen und mit Hilfe ihrer hündische Sinne erfahren. Wir können nur versuchen, uns dem anzunähern. Aber aus unserem Menschsein kommen wir doch nicht raus. Man muss mit dem arbeiten, was man hat.
Aber warum du hier von Dogmen sprichst, verstehe ich nicht. Es verändert sich doch viel in der Einstellung zum Hund und seinem Verhalten. Auch wenn hier ein anderer Eindruck sein mag, auch ich hänge nicht dogmatisch an meiner Meinung. Vielleicht hat sie dieser Thrad ja bereits verändert :-)
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Da muss ich mal in Ruhe nachdenken. Da kam jetzt noch ganz viel. Danke für die anregende Diskussion. Für heute muss ich ins Bett. Wünsche gute Nacht.
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Aber ich gehe schon davon aus, dass Hunde klar zwischen Hunden und Menschen unterscheiden. Ich denke, dass die meisten Hunde Menschen instinktiv einen höheren Status zugestehen (ich weiß, dass ich mich da weit aus dem Fenster lehne). Als Beleg würde ich anführen, dass viele Hunde von Menschen mehr tolerieren als von anderen Hunden. Viele Hunde, die z.B. auf einen anderen Hund losgehen, lassen sich von Menschen wegschicken, wenn der nur ein bisschen klar auftritt.
Ob Hunde Menschen einen anderen Status zugestehen sei mal dahingestellt (ich würde es bezweifeln, aber das würde die Diskussion hier nur abdriften lassen). Aber du hattest ja so argumentiert:
Ja, Status, Rang, Hierarchie (Rudelgedöns) gilt in weiten Kreisen der HH als überholt. Die neuere Forschung, nicht an Gehegewölfen sondern Hunden selbst, sieht bei Hunden ein klares Hierarchiedenken. Heisst ja nicht, dass man nicht nett sein darf zu seinem Hund und die Hundeplatzmethoden von anno dunnemal durchziehen muss.
Und darauf habe ich reagiert. Du hattest mit hündischem Hierarchiedenken argumentiert, und deswegen meinte ich, dass innerhalb einer hündischen Hierarchie Knurren nicht den Ranghohen vorbehalten ist.
Wenn die Mensch-Hund Beziehung deiner Meinung nach jetzt anders zu bewerten ist als eine Hund - Hund Beziehung, dann ergibt für mich die Erwähnung des hündischen Hierarchiedenkens als Beleg keinen Sinn mehr.
Den Einwand verstehe ich nicht. Mit hündischen Hierarchiedenken, meine ich, dass es für den Hund in jeder Gruppe eine hierarchische Ordnung gibt. Da die Hunde dafür gemacht sind in Gruppen mit Menschen zu leben (sonst wären sie ja Wölfe geblieben), beziehen sie m. A. auch die Menschen mit ein. Unsere Hunde leben ja in Gruppen, die überwiegend aus Menschen bestehen. Mehrhundehaltung ist die Ausnahme und auch da leben die Hunde in gemischten Hund- Menschen- Gruppen. Und diese Gruppen müssen doch sozial organisiert werden. Sie werden hierarchisch organisiert mit einem Menschen an der Spitze ( übrigens auch Menschen denken trotz aller Kultur grundsätzlich hierarchisch, deshalb passen wir ja so gut zusammen). Warum passt da jetzt nicht rein, dass Hunde auch Ranghöheren anknurren? Wobei ich eher bezweifle, dass es bei Hunden innerhalb einer Hund- Menschen- Gruppe so strenge Rangfolgen gibt.
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Aber auch innerhalb einer hierarchischen Ordnung 'erlauben' Ranghöhere Hunde den Rangniedrigen, zu knurren (oder anders zu drohen).
Rangniedrige Hunde verteidigen durchaus auch Ressourcen und geben ihren Unmut kund.
Also der Erklärungsansatz der hündischen Hierarchie spricht nicht gegen Knurren.
Aber ich gehe schon davon aus, dass Hunde klar zwischen Hunden und Menschen unterscheiden. Ich denke, dass die meisten Hunde Menschen instinktiv einen höheren Status zugestehen (ich weiß, dass ich mich da weit aus dem Fenster lehne). Als Beleg würde ich anführen, dass viele Hunde von Menschen mehr tolerieren als von anderen Hunden. Viele Hunde, die z.B. auf einen anderen Hund losgehen, lassen sich von Menschen wegschicken, wenn der nur ein bisschen klar auftritt.
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Nun - damit erklären sich auch die Verständnisprobleme. Das ist auch völlig ok. Forschung an Hunden ist Forschung, die in menschlichen Begriffs- und Denkwelten stattfindet und in menschlichen Kategorien und Wertungen. Und findet üblicherweise im „Hund zu Hund“-Kontakt statt. Und da gibts sehr viele Richtungen.
Mit solchen Konstrukten kann man arbeiten, natürlich. Jedes Mensch-Hund-Team funktioniert anders. Und jeder erklärt sich seine Beziehungen auf seine eigene Weise. Mein Ding ists nicht.
Aber wenn man daraus pauschale Glaubenssätzen oder Dogmen zieht - wie z. B., dass der eigene Hund seinen Besitzer niemals drohend anknurren darf - dann verengt man sich das Blickfeld, denke ich.
Was wären denn Beispiele für das klare Hierarchiedenken bei Hunden?
Die Forschung von Miklosi oder Kotrschal beschäftigt sich ja auch mit der Hund- Mensch- Beziehung. Da wird ja die These formuliert, dass der wichtigste Sozialpartner des Hundes der Mensch ist. Noch vor hündischen Artgenossen. Hunde wollen sich an den Menschen anschließen.
Woran würde ich das Hierarchiedenken von Hunden jetzt konkret festmachen? Vielleicht daran, dass ein Hund nicht damit leben kann, wenn niemand die Spitze übernimmt und damit die Verantwortung für die Sicherheit der Gruppe. Gibt es ein Vakuum in der ( ich nenn es mal) Führung, dann sieht sich der Hund gezwungen in die Bresche zu springen, weil einer muss es ja machen. Die wenigsten Hunde sind aber glücklich damit, weil es sie stresst.
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Ja, das glaube ich auch, Sunti. Hunde wollen harmonische Beziehungen, genau wie wir Menschen. Und es ist ja ein tolles Gefühl, wenn diese beidseitige Harmonie herrscht.
Aber das widerspricht ja nicht der These, dass Hunde eine hierarchische Ordnung brauchen. Einen, der das letzte Wort hat. Und ich denke, dass es sehr große individuelle Unterschiede gibt, wie statusbewusst ein Hund ist. Kaya ist das nicht besonders, denke ich.
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Ja, Status, Rang, Hierarchie (Rudelgedöns) gilt in weiten Kreisen der HH als überholt. Die neuere Forschung, nicht an Gehegewölfen sondern Hunden selbst, sieht bei Hunden ein klares Hierarchiedenken. Heisst ja nicht, dass man nicht nett sein darf zu seinem Hund und die Hundeplatzmethoden von anno dunnemal durchziehen muss.
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Wann und wodurch ist denn eine soziale Beziehung geklärt? Die Beziehungen zu meinen Hunden entwickeln sich. Wachsen. Leben verändert sich. Und da gibts Umbauphasen, aus verschiedensten Gründen. Bei Second Hand Hunden (ggf. mit Verhaltensauffälligkeiten) macht sich das vielleicht öfter bemerkbar, aber es kann doch auch bei anderen Hunden vorkommen. Interessenskonflikte gibts halt mal - in allen sozialen Beziehungen. Und das ist keine Beleidigung, keine Zumutung und kein Armutssignal.
Wichtig ist, wie es gelöst wird.
Aber da widersprechen wir uns doch nicht. Eine soziale Beziehung wächst und man lässt Konflikte tunlichst nicht so eskalieren, dass es in Knurren und Beissen enden muss.
Auch haben viele HH hier geschrieben, dass ihr eigener Hund sie noch nie angeknurrt hat oder dass es in 30 Jahren Hundehaltung vier Mal passiert ist. Das bedeutet doch im Umkehrschluss, Knurren ist keine gängige und normale Kommunikation in einer funktionierenden Hund- Halter Beziehung. Aber warum knurrt die überwiegende Mehrheit der Hunde ihre Halter nicht an? Doch nicht, weil der Hund nie genervt ist oder überfordert oder auf irgendwas keine Lust hat. Auch wird nicht jeder Halter hier seinen Hund in jeder Situation perfekt lesen und immer angemessen reagieren.
Meine These ist, dass die Hunde den höheren Status ihres Halters akzeptieren und deshalb deeskalierend kommunizieren. Und natürlich piesacken die meisten Halter hier ihre Hunde ja nicht, sondern verhalten sich ihnen gegenüber fair und angemessen.