Huhu :)
Ich mag auch noch einige persönliche Erfahrungen beisteuern, was es bedeutet für einen Hund den Alltag umstrukturieren zu müssen:
Meine Luna kam vor ca. 3 Monaten aus dem rumänischen Tierschutz zu mir und ich dachte ähnlich wie du, dass ich mir einen Hund wünsche, der mich einfach fast überall hin begleiten kann und falls das mal nicht geht halt für 3-4 Stunden alleine bleibt. Ich bin selber erst 24 und studiere noch, bin also dementsprechend auch gerne mal mit Freunden unterwegs, unternehme gerne mal etwas spontan usw. Mit Luna habe ich wirklich großes Glück. Sie war allerdings auch vorher auf einer Pflegestelle und ihre Charaktereinschätzung stimmen weitestgehend mit dem überein, was die PS berichtet hat. Sie ist weitestgehend unkompliziert. Und dennoch ist so einiges anders, als ich mir das ursprünglich vorgestellt hätte.
Die ersten 2 Monate (und bei einigen Hunden dauert das noch viel viel länger) haben mich manchmal wirklich an meine Grenzen gebracht. Egal wie süß Luna ist, egal wie lieb ich sie schon von Tag 1 an hatte, ein Hund bedeutet eine größere Umstellung, als ich das anfangs gedacht hätte und das muss man dann erstmal verarbeiten.
Ein paar Beispiele:
- Ich dachte ich kann mit Luna richtig tolle Ausflüge machen, vor allem jetzt im Sommer vielleicht mal an einen Badesee o.Ä. - Tja. Luna findet Autofahren richtig blöd. Also: Geduld! Ich möchte meinen Hund nicht stressen und vor allem nicht unsere Vertrauensbasis missbrauchen, also wird Autofahren erstmal kleinschrittig geübt. Bis das klappt muss ich meinen Alltag so strukturieren, dass wir so selten wie möglich zusammen Autofahren müssen. Ist belastend, weil zu meinem Freund komme ich bspw. nur mit dem Auto, heißt er muss öfter zu mir kommen, als ich zu ihm und wenn ich mal mit Luna zu ihm fahre, dann immer so dass es sich auch lohnt und ich direkt für mehrere Tage da bleiben kann.
- Einkaufen: Luna bleibt nicht gerne alleine. Bzw. ist es seehr tagesformabhängig bei ihr, wie das klappt. Vor allem klappt es wenn dann auch nur bei mir zuhause und nicht bei meinem Freund. Das heißt zB wir können nicht zusammen einkaufen fahren oder mal für 2 Stunden in die Stadt o.Ä. und der Hund bleibt zuhause.
- Wenn ich mal was ohne Luna unternehmen möchte/muss, dann muss ich immer schauen, dass jemand auf sie aufpassen kann. Das übernimmt meine Oma. Luna findet das besser als alleine bleiben aber richtig toll findet sie es ohne mich einfach nicht. Also habe ich ständig ein schlechtes Gewissen, wenn ich sie mal woanders parke.
- Ein aktuelles Beispiel von gestern: Ich hatte Geburtstag und wir hatten zum Glück schönes Wetter und konnten im Garten feiern. Aus dem Haus hier waren meine Oma und meine Eltern da. Mein Freund war auch da. Das sind alles Personen die Luna von Tag 1 hier kennt und (mit viel Arbeit!) akzeptiert. Dann sind noch meine Schwester + Freund gekommen und die findet Luna irgendwie nicht so cool. Die wurden angeknurrt und angebellt. Blöde Situation. Alleine im Haus lassen geht vielleicht für 30 min, länger kann sie noch nicht alleine bleiben. Im Garten rumlaufen lassen war mir zu heikel, nachher findet sie meine Schwester oder Freund doch mal so blöd, dass was passiert. Also: Geschirr und Leine dran und managen. Heißt konkret: nicht direkt bei allen dazwischen sitzen, sondern mit etwas Abstand, der für Luna okay ist, etwas außerhalb sitzen. Zwischendurch ist dann meine Oma reingegangen und hat Luna mitgenommen. Dann war sie natürlich für die Zeit auf meinem Geburtstag nicht dabei, das war schade. Und das ist zB eine Situation mit der ich vorher nie gerechnet hätte. Natürlich habe ich in Erwägung gezogen, dass Mein Hund fremde Leute erstmal blöd finden kann und anbellt, aber dass sie meine Schwester, die ja auch mal öfter hier ist, vielleicht auf Dauer blöd finden könnte, hatte ich nicht eingeplant. Ich hatte sogar eher gedacht, dass ich Luna vielleicht auch mal dort parken könnte. Das wird wohl nicht gehen.
- Meine beiden besten Freundinnen fahren für ein paar Tage nach Holland: früher wäre ich sofort dabei gewesen, jetzt muss ich abwägen ob die Autofahrt und der Ortswechsel zu stressig sein könnten für Luna und ob Hunde in dem Ferienhaus überhaupt erlaubt sind. (Ende vom Lied: ich bin nicht mitgefahren, obwohl ich immer dachte "ach, dann kann ich ja meinen Hund immer mitnehmen, dann kann der am Strand spielen, das ist doch toll.")
Also du siehst, es sind super viele Kleinigkeiten in denen man eingeschränkt ist, über die man (oder zumindest ich und ich denke viele andere Ersthundbesitzer*innen auch) nicht nachdenken. Natürlich kann man vieles davon mit Training, Zeit und Geduld hinbekommen (wir sind auf einem guten Weg beim Autofahren, Alleinebleiben und ich weiß auch, wie ich am besten vorgehen muss, wenn Luna neue Personen kennenlernt), aber eben auch nicht alles. Und der Weg dahin ist wirklich nervenaufreibender als man sich das anfangs vorstellt und kann zB auch eine Partnerschaft belasten, wenn plötzlich weniger Kapazitäten da sind gemeinsam Sachen zu unternehmen und spontan zu sein.
Zum Thema jagen:
Luna wiegt nur 12 kg und hat zum Glück nur einen leichten Jagdtrieb. Aber beim ersten mal, als uns ein Hase über den Weg lief, war sie an der Schlepp und als sie losbretterte tat die Schlepp in meinen Händen weh und ich hätte mich fast hingelegt. Wenn ich mir vorstelle, dass das ein schwererer Hund gewesen wäre und ich das täglich händeln müsste bis man das einigermaßen trainiert hat... puuuh.
Vor Luna hatte ich 2 Gassigehhunde: Erst ein Jahr lang einen Beagle und danach noch ein halbes Jahr lang einen rumänischen TS-Hund. Meine Spaziergänge mit dem Beagle (Jagdhund) sahen ständig so aus:
Damals dachte ich noch, dass ich alle Hunde toll finde, weil Hunde einfach Hunde sind. Aber ich bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung mit dem Beagle machen durfte, denn seitdem weiß ich, dass Jagdhunde absolut nichts für mich sind. Hinzu kam auch noch, dass sie nicht sonderlich gut erzogen war, aber von ihrem Wesen her konnte man schon ganz gut abschätzen, was ein Jagdhund so mit sich bringt (und deiner wird anfangs ja auch noch gar nicht erzogen sein, also wird meine Erfahrung mit dem Beagle ja vielleicht eine ganz gute Einschätzung sein). Dieser Hund war 98% der Zeit unserer Spaziergänge mit der Nase auf der Erde. Die hat sich null dafür interessiert, wenn ich sie angesprochen habe. Wenn sie eine interessante Fährt aufgenommen hat, dann konnte sie nichts davon abhalten dieser nachzugehen. Die hat gezogen ohne Ende und die Spaziergänge haben so wirklich überhaupt keinen Spaß gemacht. Also wie gesagt, ich liebe Hunde, aber dieser hat mir auf Dauer gar keine Freude bereitet. Die haben auch am Stadtrand gewohnt und es war leider viel zu wenig Grün in der Nähe. Der Wohnort hatte zur Folge, dass überall Essensreste rumlagen und wenn die mal ein Stück weggeworfenes Fleisch o.Ä. gerochen hat, dann konntest du die nicht davon abhalten, der Fährte nachzugehen. So schnell wie das was Essbares gerochen hat, konnte man gar nicht gucken. Die Besitzerin hat diesen Hund geliebt, aber ich bin mir sicher, dass der da kein schönes Leben hat. Das sind harte Worte, aber die hätte auf's Land gehört, wo nicht überall Essen rumliegt und wo man ordentlich mit ihr hätte arbeiten können. Die konnte man auch auf gar keinen Fall ableinen (hat die Besitzerin trotzdem ab und zu gemacht und da ist der Hund einmal auf die Hauptstraße gerannt und Rufe haben sie Null interessiert.)
Das sind meine Erfahrungen mit einem wirklich reinrassigen Jagdhund.
Die rumänische TS-Hündin hatte auch etwas Jagdtrieb und wollte zB immer Vögeln hinterher. Wenn du am Stadtrand wohnst gibt es doch bestimmt auch einige Tauben, oder? Glaub mir, das ist wirklich anstrengend wenn der Hund alle paar Meter in die Leine springt.
Und nun zu deiner Ausgangsfrage: Einem Hund aus dem TS würde ich erstmal wirklich viel Zeit zum Ankommen geben und wirklich gar nichts erwarten. Ich würde mich darauf einstellen, dass man viel managen muss und umplanen, damit Hundis Bedürfnisse erfüllt werden. Viel ist natürlich sonst davon abhängig, ob es sich eher um einen ängstlichen Hund handelt, wie er sich drinnen und draußen verhält etc.
Hier ist zB ein Thread, da geht es um rumänische TS-Hunde: Schönes und Schweres - zeigt Eure Rumänen Deiner kommt zwar nicht aus Rumänien, aber ich finde den Thread zum Querlesen trotzdem sehr hilfreich.
Ach so und p.s. zum Thema Katze: Da wurde ja schon viel geschrieben und ich bin da keine Expertin, aber du hattest ja glaube ich geschrieben, dass du einen jungen Hund möchtest, weil der sich dann besser an die Katzen gewöhnen kann. Da weiß ich nicht, ob das so richtig ist. Vor allem musst du vorsichtig sein, weil dein Hund noch ein sehr junger Hund sein wird und zB das Jagdverhalten ggf. noch gar nicht ausgeprägt ist. Es kann sein, dass am Anfang alles super läuft und er mit ca. einem Jahr anfängt Jagdverhalten zu entwickeln und es dann erst kritisch wird mit deiner Katze. Da wäre es dann wiederum wichtig sich mit Jagdverhalten und -anzeichen auszukennen, ebenso mit Körpersprache um Warnsignale rechtzeitig deuten zu können. Nicht, dass der Hund dann das Jagen für sich entdeckt und du denkst, dass mit der Katze alles super klappt und dann kommst du eines Tages nach Hause und es ist doch nicht mehr so super.
Dass du einen Hund aus den TS bei dir aufnehmen willst finde ich sehr toll dafür wünsche ich Dir auch alles Gute! Ich zu meinem Teil muss aber sagen, dass ich sehr froh bin, einen noch verhältnismäßig unkomplizierten Hund erwischt zu haben, weil selbst der schon genug Baustellen hat mit denen man als Ersthundhalterin erstmal mehr als beschäftigt ist.