Beiträge von emineo

    Der erste Tag:


    Morgens gegen halb sieben nahm ich ein leises Schmatzen wahr, also vorsichtig vom Sofa aus rübergeschielt, leise aufgestanden und erst mal Käffchen gemacht.

    Mogli lag nach wie vor auf der kleinen Decke und rührte sich nicht weiter.

    Um sieben ist er dann aufgestanden und durchs Wohnzimmer getapert, hat mich misstrauisch beäugt und war gar nicht begeistert, als ich ihm verkündete, ich würde jetzt mit ihm rausgehen.

    Nachdem ich mich vorsichtig und unter "strafenden" Blicken seinerseits, angenähert hatte, hob ich ihn hoch, trug ihn die Treppe runter und brachte ihn ins Auto.

    Zunächst wollte ich ihm keine Menschen, Autos oder sonst was städtisches zumuten.

    400m Autofahrt zur Waldgrenze später war er total gestresst, nach dem Aussteigen wurde erstmal hektisch Gras gefressen. Es hat ein paar Minuten gedauert, bis er wieder halbwegs runterkam und mit mir ein Stückchen gehen wollte.

    Und das hat mich sehr erstaunt... er zog nicht, hielt von selbst einen Abstand von ca. einem Meter ein, und war sehr darauf bedacht bloss nix falsch zu machen. Alle paar Schritte blickte er in meine Richtung.

    Wenn ein Geräusch ihn erschreckt hat, wich er sofort hinter mich um sich dann gleich wieder rechts neben mir einzuordnen.

    Wir sind auf einer kleinen Wiese etwas hin und her gestreunert, er begann zu schnüffeln und...

    setzte einen Monster-Haufen ab.


    Puh, das hatten wir hinter uns... ein paar Meter weiter dann ein weiterer Liter, der die Brennessel nahezu ertränkt hat.


    Da er immer noch sehr angespannt war (angelegte Ohren, gesenkte bis eingeklemmte Rute), beschloss ich, es erst mal gut sein zu lassen und ihn nach Hause zu bringen. Wir hatten ca. 400 Meter hinter uns.

    Promt pflanzte er sich wieder auf die noch immer mitten in der Stube liegende Decke, rollte sich zusammen und schlief ein.

    Da er bis dahin noch keinen Tropfen aus seiner Schüssel getrunken und auch das Futter noch nicht angerührt hatte, reicherte ich das Trockenfutter (Purinarm, obwohl er zur Zeit kein Allopurinol bekommen muss) mit zwei Kellen Hühnerbrühe (das Kochwasser vom Hühnerfleisch ohne irgendwas) und einem Schuss Wasser an. Um das Futter machte ich mir keine Sorgen, wohl aber um seinen Wasserhaushalt.

    Nach seinem Erschöpfungsschlaf am Vormittag hat er dann auch die Schüssel komplett leergeschlabbert.

    Ok, soweit, so gut... Futter also erst mal mit Wasser und etwas "extra-Geschmack" anbieten, Hauptsache er nimmt genug Flüssigkeit auf.


    Die Mittagsrunde lief dann ähnlich ab.

    Vorsichtig einsammeln, ins Auto, ab zum Waldrand.

    Diesmal eine etwas längere Strecke.

    Bewegung baut ja bekanntlich auch Stress ab.

    Nach ein paar hundert Metern begann er tatsächlich auch mal am Wegesrand zu schnuppern, pinkelte einmal ordentlich und markierte sogar 2 mal.

    Die Ohren waren nicht mehr permanent eingeklappt, die Rute ging mal kurzzeitig hoch.

    Für mich ein Riesenerfolg!

    Aber die Autofahrt... obwohl nur ein paar Meter, war wahnsinnig anstrengend für ihn.

    Zu Hause angkommen, war ich etwas schneller als er und platzierte die Decke auf seinem Liegekissen im Wohnzimmer. Erst etwas irritiert, legte er sich auf seine Decke, auf seinem Platz... Tiefschlaf...


    Zuhause sind die ganze Zeit, auch wegen des guten Wetters, die Fenster auf Kipp, so dass er alle "Alltagsgeräusche" von draussen von Anfang an mitbekommt. Auch die Spülmaschine lief schon, die Kaffemaschine.

    Alles wird von seinem Platz aus wahrgenommen. Meine Bewegungen und auch die meiner Tochter, kritisch beäugt. Manchmal steht er sogar auf und guckt, wo wir hingehen. Und sobald ich mich ruhig verhalte, weil ich lese oder auch mal döse, wird geschlafen.


    Abends also ohne Auto.

    Eine kleine Runde rund um die Fussgängerzone, kaum Menschen, kaum Autos, immer wieder kleine Grünflächen zum lösen.

    Nervös, aber neugierig, haben wir seine neue "Hood" erkundet.

    Ich bin wahnsinnig stolz auf den kleinen Racker!

    Trotz all seiner Ängste und Unsicherheiten folgt er mir klaglos. Wenn er stehen bleibt, weil ihn etwas irritiert, gucken wir gemeinsam aus der Entfernung, bis es nicht mehr sooo gruselig ist. Und gehen dann gemeinsam daran vorbei. Wenn es möglich ist laufen wir einen Bogen. Es wird von Begegnung zu Begegnung weniger angespannt.


    Zu Hause angekommen hab ich ihm erstmals das Geschirr abgenommen. Tat, glaub ich, ganz gut. Vorm Einschlafen wurde das Futter zwar nicht angerührt (hat er dann nachts um 1 nachgeholt) aber erst mal ausgiebig Körperpflege betrieben. Hier kratzen, dort mit den Zähnen gnuppsen, das Gesicht durchrubbeln,,,, und dann pennen.,


    Das Abenteuer geht weiter....

    Ein fröhliches Hallo! in die Runde!




    Wir, Mogli und Frauchen Miriam, sind ganz neu hier und möchten uns vorstellen.




    Miriam lebt mit ihrer 17-jährigen Tochter in einer Kleinstadt, ist 41 Jahre alt und schrecklich verliebt.... nämlich in Mogli, unsere Hauptperson in diesem Thread!!!




    Achtung, der folgende Text wird laaang...




    Mogli ist ein 4 1/2 jähriger Podenco Mix aus Andujar in Spanien.


    Mit ca. einem halben Jahr wurde er mit seinen Brüdern Fuchur und Benji von dem Refugio der "Vergessene(n) Pfoten e.V." aufgenommen.


    Seitdem sind 4 Jahre vergangen... Fuchur war der erste, der in eine Familie ausziehen durfte. Vor ca 2 Monaten folgte dann auch endlich Benji. Beide sind heute glückliche Hunde, die ihre Scheu verloren haben und sich in ihren Familien wohlfühlen.




    Nur für Mogli fand sich kein Adoptant.


    Er hat Leishmaniose, ist sehr ängstlich und scheu und noch dazu ein Podenco Mix.


    Würde nur eins davon auf ihn zutreffen, so hätte er bestimmt längst ein Zuhause gefunden, denn er ist ein bildhübscher, bezaubernder kleiner Bub.


    Aber alles auf einmal scheint die Menschen abzuschrecken.AF1QipNPeJTyf5lKm_7j9pUeWZU1hzwAHzcXQ_I_qNoK




    Und dann hab ich den kleinen Kerl auf einem Vermittlungsportal gefunden.


    Ja, seine Krankheit hat auch mich zunächst abgeschreckt.




    Aber er ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Es war Liebe auf den ersten Blick.




    Also schrieb ich seine Vermittlerin von "Vergessene Pfoten e.V." an, dass ich ihm gern die Chance bieten möchte zu erleben, dass es auch Menschen ausserhalb des Refugios gibt, die ein schönes Leben mit ihm teilen möchten. Das es noch so viel mehr da draussen gibt.




    Also wurde eine Vorkontrolle terminiert. Mein Gott war ich da schon aufgeregt!




    Ich habe keinen Garten anzubieten-suboptimal


    Wir wohnen in einer Fussgängerzone-suboptimal


    Er muss eine Treppe hoch-suboptimal


    Es ist kein souveräner Ersthund da, an dem er sich orientieren kann-suboptimal


    Ich habe keine explizite Erfahrung mit Angsthunden- mehr als suboptimal


    Und natürlich: Es ist zwar nicht mein erster Hund, aber der erste Pflegehund




    Die Vorraussetzungen sind also nicht der Kracher!


    Und doch... ich war und bin fest überzeugt dass wir diesen Weg mit Mogli zusammen gehen können!


    Und scheinbar haben wir keinen so schlechten Eindruck gemacht, wie ich befürchtet hatte.


    Nach ein paar Tagen kam die Rückmeldung, dass wenn sich eine "Notpflegestelle" (als doppeltes Netz, falls bei uns alles schiefgehen sollte) fände, seiner Ausreise zu uns eigentlich nichts im Wege stünde.




    Wahnsinn! Ich war super happy! Und hibbelig... und ungeduldig... wann würde es wohl losgehen?


    Das war Ende April.


    Nach einigen Telefonaten und diversem Austausch über what´s app kam dann endlich die Nachricht: Notpflegestelle ist gefunden... er wird am 29.05. ausreisen!!!




    Jetzt konnte ich mich also vorbereiten... Näpfe, Liegeplätze, Leinen, Bauchgurt, etc.


    Und dann zog sich die Zeit wie Kaugummi.




    Am Mittwoch vor Abfahrt wurde eine what´s app Gruppe erstellt, damit alle Adoptanten, Vermittler und Helfer Infos über den Transport erhalten können und auf dem neuesten Stand sind.




    Und dann war er endlich da... DER TAG!




    Morgens um 9 sind wir Richtung Köln aufgebrochen, reichlich Zeit um zwischendurch Pause zu machen oder einen eventuellen Stau zu kompensieren. Ankunft wurde auf 13:10 terminiert, um ca.14:10 sollte der Transporter ankommen.


    Alles lief zunächst wie geplant, dann die Nachricht, es gäbe eine Verspätung... guuut, nicht so schlimm, solange es den Hunden gutgeht, alles chillig... dann bei uns am Auto ein "Klack", ein "Peng" und wir hatten einen Riss in der Frontscheibe... Steinschlag!


    In dem Moment schossen mir Tränen in die Augen. Konnten wir so weiterfahren? Es durfte doch heute nichts schiefgehen!


    Gott sei Dank sind wir mit reichlich Zeitreserve losgefahren und so krochen wir mit phänomenalen 90km/h gen Köln. Carglass gab uns telefonisch das OK, dass wir weiterfahren können, solange die Sicht nicht behindert ist.




    Am Treffpunkt angekommen ( wir waren tatsächlich die ersten) trudelten nach und nach die anderen ein. Es wurde ein bisschen geschnackt, immer wieder auf´s Handy geguckt....




    Da kam er...ein weisser Transporter.... sie kommen!!!


    Mir war schlecht vor Aufregung, mir standen Tränen in den Augen, gleich würde ich ihn kennenlernen!




    Im Transporter wurde das Sicherheitsgeschirr, Halsband und Leine angelegt, er wurde an Olga ( die Helferin vor Ort, der ich nochmal auf diesem Weg ganz herzlich danken möchte) übergeben und ich durfte kommen und ihn im Empfang nehmen.




    Ein eingeschüchtertes, zartes Geschöpf, dass die Welt nicht mehr versteht. Am liebsten wäre er wohl im Erdboden versunken.


    Er war weder mit Hühnchen, noch mit gut zureden in irgendeine Richtung zu bewegen. Nach einer kleinen Weile (ich wollte ihm noch die Möglichkeit geben, sich eventuell zu lösen), nahm ich ihn auf den Arm und trug ihn zum Auto.


    Angeschnallt auf dem Rücksitz stand er dann hechelnd neben meiner Tochter, schnappte sich ein paar Brocken Huhn, guckte sich das angebotene Wasser irritiert an und dann ging es auch schon los, Richtung "Heimat". Wir hatten ja noch knapp 300km vor uns und mussten wegen des Risses in der Scheibe etwas mehr Zeit einplanen.


    Anfangs noch sehr nervös, legte sich Mogli nach knapp 20 Minuten hin und schlief total erschöpft ein. Er hat sich die ganze weitere Fahrt nicht mehr gerippelt.AF1QipOs2vs4bYmz8xVC1Urv7C4cSCTdM5b30SyNQouU




    Um ca. halb 9 kamen wir zu Hause an. Ein kurzer, freiwilliger Abstecher in die komplett leere Fussgängerzone, den ersten Baum beschnuppert, den zweiten, der dritte war dann ok. Der darunter gepflanzte Rosenbusch wurde mit einem gefühlten Liter begossen. Und ich war sehr erleichtert, dass er sich lösen konnte. Blöderweise wollte Mogli dann einfach stehen bleiben... genau da... hmmmm... also doch die paar Meter nach Hause tragen.


    Meine Tochter schloss die Tür auf, damit wir gleich in eins die Treppe weitermarschieren konnten.




    Im Wohnzimmer angekommen, wurde er abgeleint und konnte sich erst mal alles erschuppern. Um halb 11 war dann aber quasi Feierabend. Total platt hat er sich mitten im Wohnzimmer niedergelegt. Auf´s kahle Laminat...AF1QipOqvZcesEWOsQGSiTd2dvZTqNfy5REN4Ah_Qqrd


    Vorsichtig hab ich eine Decke danebengeschmuggelt, in der Hoffnung er würde sich nochmal "umplatzieren".


    Und tatsächlich: nach einem Powernap hat er sich dort niedergelassen. Zwar immer noch mitten in der Sube, aber mir war das wurscht, solange er sich endlich den verdienten Schlaf holen konnte.


    Er war so erschöpft, dass er sich die ganze weitere Nacht nicht mal bewegt hat.AF1QipOqvZcesEWOsQGSiTd2dvZTqNfy5REN4Ah_Qqrd






    Dieses war nur der Anfang... ich weiss, sehr wortreich, aber dieser Thread hat mehrere "Aufgaben"


    1. Es ist schön, sich an alles zu erinnern.


    2. Seine Vermittler und die Helfer der "Vergessenen Pfoten" können jederzeit gucken, wie er sich so entwickelt


    3. Bei Rückschritten kann ich mir vor Augen führen, welche Fortschritte er schon gemacht hat, anstatt darauf zu schauen, was vieleicht grade nicht so klappt.


    4. Die Adoptanten von Fuchur und Benji können sich unkompliziert mit uns austauschen


    5. Vieleicht kommt in den Antworten der eine oder andere Tipp, Trick oder Stupser, wie ich es besser machen könnte.




    In diesem Sinne...


    Fortsetzung folgt.